Vereinssynagoge des Israelitischen Tempel- und Schulvereins für den 10. Gemeindebezirk Favoriten

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Rekonstruierte Außenansicht des Humboldttempels
Daten zum Bauwerk
Art des Bauwerks Synagoge
Datum von 1896
Datum bis 1938
Andere Bezeichnung
Frühere Bezeichnung
Benannt nach
Einlagezahl 766, 3342
Architekt Jakob Gartner
Prominente Bewohner
PageID 49060
GND
WikidataID
Objektbezug Jüdische Geschichte
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Letzte Änderung am 7.11.2023 durch WIEN1.lanm09fri
Bildname Humboldttempel Außen.jpg
Bildunterschrift Rekonstruierte Außenansicht des Humboldttempels
  • 10., Humboldtgasse 27
  • 10., Humboldtplatz 7

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48° 10' 46.71" N, 16° 22' 40.39" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Die vom Israelitischen Tempel- und Schulverein für den 10. Bezirk Favoriten in Auftrag gegebene Vereinssynagoge in Wien 10, Humboldtgasse 27 bildete im Zeitraum von 1896 bis 1938 das gesellschaftliche, religiöse und kulturelle Zentrum für die Jüdinnen und Juden des 10. Wiener Bezirks. Die Synagoge wurde 1896 eingeweiht und während des Novemberpogroms am 10. November 1938 zerstört.[1]


Dem Israelitischen Tempel- und Schulverein für den 10. Bezirk Favoriten waren folgende Vereine angeschlossen:

Vereinsgeschichte des Israelitischen Tempel- und Schulvereins für den 10. Bezirk Favoriten

Der Israelitische Tempel- und Schulverein für den 10. Bezirk Favoriten[3] wurde im Jahr 1872 gegründet.[4] Der Verein besaß zwei Liegenschaften: Die Synagoge, Wien 10, Humboldtgasse 27, und das Wohn- und Stiftungshaus, Wien 10, Humboldtgasse 25.[5]
Die Stelle des letzten Obmanns des Vereins bekleidete Benjamin Scher, 1938 wohnhaft Wien 10, Viktor-Adler-Platz 13.[6] Die Auflösung des Israelitischen Tempel- und Schulvereins für den 10. Bezirk Favoriten, die Löschung aus dem Vereinsregister und seine Eingliederung in die Israelitische Kultusgemeinde erfolgte - unter Aufhebung der Rechtspersönlichkeit - durch den Stillhaltekommissar für Vereine, Organisationen und Verbände im Verlauf des Jahres 1939. Das Vermögen des Vereins wurde unter Abzug einer Aufbauumlage und Verwaltungsgebühr und unter Entzug der Liegenschaften in die Israelitische Kultusgemeinde eingewiesen.[7]

Vereinsgeschichte des jüdischen Frauen-Wohltätigkeitsvereins für den X. Bezirk

Die Gründung des Vereins wurde unter dem Namen Jüdischer Frauen-Wohltätigkeitsverein für den X. Bezirk am 17. Juli 1925 von der Magistratsabteilung 49 genehmigt. Präsidentin war Anna Mandel, wohnhaft Wien 10, Gudrunstraße 142, und Schriftführerin war Frieda Jetter, wohnhaft Wien 10, Gellertplatz 10. Der Vereinszweck war laut Statuten von 1925: "(…) bedürftigen Glaubensgenossen, besonders Säuglingen, Kindern, Kranken und Wöchnerinnen‚ Hilfe zu bringen, in welcher Form sie immer geboten erscheint. (§ 2) Dieser Zweck soll erreicht werden 1. durch materielle Hilfe, 2. durch Übernahme von Pflegschaften, 3. durch Erteilung von Rat und Beistand in jeglicher Art. 4. durch Anschluss an alle jüdischen Wohltätigkeitsvereine (…)". Vornehmlich die Bewohnerinnen und Bewohner des 10. Bezirks sollten in den Genuss der Leistungen des Vereins kommen (§ 3). Es gab ordentliche Mitglieder, Ehrenmitglieder, Stifter und unterstützende Mitglieder (§ 5). Die Einnahmen setzten sich laut Generalversammlung vom 19. Mai 1930 aus Mitgliedsbeiträgen, Spenden und Geldsammlungen zusammen. Die Ausgaben betrafen Geschenk- und Lebensmittelpakete an jüdischen Feiertagen, Kurbeiträge, Landaufenthalte für Kinder, "Freiplätze für Jugendliche innerhalb der Organisation 'Kinder und Frauen aufs Land'", Lebensmittel- und Milchspenden und Beträge zur Bezahlung von Mieten und Heizmaterial.[8]
Die Auflösung des Jüdischen Frauen-Wohltätigkeitsvereins für den X. Bezirk, die Löschung aus dem Vereinsregister und seine Eingliederung in die Fürsorgezentrale der Israelitischen Kultusgemeinde erfolgte - unter Aufhebung der Rechtspersönlichkeit - durch den Stillhaltekommissar für Vereine, Organisationen und Verbände im Verlauf des Jahres 1938. Das Vermögen des Vereins wurde nach Abzug von Aufbauumlage und Verwaltungsgebühr in die Israelitische Kultusgemeinde eingewiesen. Die Stelle der letzten Obfrau bekleidete Anna Mandel.[9]

Vereinsgeschichte des Humanitätsvereins für den 10. Gemeindebezirk Wiens

Der Humanitätsverein für den 10. Gemeindebezirk Wiens wurde 1874 gegründet. Vereinszeck war: 1. "Die Unterstützung Bedürftiger, die im X. Bezirke ihren ordentlichen Wohnsitz haben"; 2. den Vereinsmitgliedern bei Sterbefällen in deren Familien "rituellen Beistand (…) zu leisten" (§ 3). Der Verein kümmerte sich um alle Amtswege nach einem Todesfall und stellte sicher, dass bei der Beisetzung die rituell vorgeschriebene Anwesenheit von zehn Personen gewährleistet war (§ 4), sowie in der ersten Trauerwoche jeden Morgen und Abend die Gebete in der Wohnung des Verstorbenen abgehalten wurden (§ 6, Statuten 1901).[10]
Der letzte Obmann war Albert Schläfrig, 1938 wohnhaft Wien 10, Quellenstraße 91. Die Auflösung des Humanitätsvereins für den 10. Bezirk, die Löschung aus dem Vereinsregister und seine Eingliederung in die Fürsorgezentrale der Israelitischen Kultusgemeinde erfolgte - unter Aufhebung der Rechtspersönlichkeit - durch den Stillhaltekommissar für Vereine, Organisationen und Verbände im Verlauf des Jahres 1938. Das Vermögen des Vereins wurde nach Abzug von Aufbauumlage und Verwaltungsgebühr in die Israelitische Kultusgemeinde eingewiesen.[11]

Vereinsgeschichte der Kinderbewahranstalt der zionistischen Bezirkssektion Favoriten[12]

Der Kindergarten wurde laut Akten des Stillhaltekommissars im Oktober 1933 ins Leben gerufen und hatte den Zweck der "Kleinkinder-Beschäftigung durch eine Kindergärtnerin". Obfrau war Martha Brandweiner, 1938 wohnhaft Wien 10, Favoritenstraße 147.[13] Aus den Planunterlagen der Magistratsabteilung 37 geht hervor, dass der Kindergarten im Hoftrakt bereits 1928 bestanden hatte.[14] Im Zuge der Auflösung und Umbildung der Vereine durch den Stillhaltekommissar für Vereine, Organisationen und Verbände wurde festgestellt, dass diese Organisation nicht als selbständiger Verein gegolten hatte.[15] Im Juni 1938 hatte der Kindergarten noch zehn eingeschriebene Kinder.[16]

Rekonstruierte Innenansicht des Humboldttempels

Baugeschichte der Vereinssynagoge des Israelitischen Tempel- und Schulvereins für den 10. Bezirk Favoriten

Für den Bau der Vereinssynagoge des Israelitischen Tempel- und Schulvereins für den 10. Bezirk Favoriten wurde 1886 ein Baukomitee gegründet und 1893 mit Spenden- und Darlehensgeldern ein Eckgrundstück in Wien 10, Humboldtgasse 27, Humboldtplatz 7 erworben. Laut Messungen aus dem Jahr 1938 hatte das Grundstück ein Ausmaß von 645,24 m2.[17] Als Architekt konnte Jakob Gartner gewonnen werden. Die Pläne "zur Erbauung eines neuen israel. Tempels für den Tempelbau-Verein im X. Bezirke Humboldtgasse 27 und Humboldtplatz 7" wurden aber bereits am 2. Dezember 1885 vom magistratischen Bezirksamt für den 10. Bezirk genehmigt.[18] Die Einweihung fand am 6. September 1896 knapp nach dem jüdischen Versöhnungstag statt.[19] Im Dezember 1896 verkündete der Israelitische Tempel- und Schulverein für den 10. Bezirk Favoriten dem Magistratischen Bezirksamt für den 10. Bezirk, dass der Bau "vollendet'", die "Aborte" und "Stiegengeländer (…) vorschriftsmäßig ausgeführt", die "Betstühle (…) aufgestellt" seien und nur noch der "Anstrich" fehle und man um die Erteilung des endgültigen "Benützungs-Consenses" bitte.[20] Der etwas unregelmäßig angelegte viereckige Bauplatz bot für den Bau zwei freistehende Seiten (Süd- und Westfront). Die Unregelmäßigkeit konnte durch eine keilförmige Anordnung von Stiege, Vestibül und Garderobe ausgeglichen werden. Die Bauzeit betrug nur zwei Jahre von 1895 bis 1896.[21] Die feierliche "Schlusssteinlegung" fand am 13. Mai 1898 zu Ehren des 50. Regierungsjubiläums von Kaiser Franz Joseph I. statt.[22] Der Betraum bildete parallel zum Humboldtplatz ein regelmäßiges Viereck mit 428 Sitzen für Männer. Auf der Galerie fanden 277 Frauen Platz. Vier mit Stuck verkleidete Kuppelständer trugen die Galerien und in "Dachhöhe" die mächtige Kuppel von "oktogonaler Grundform".[23] Die Synagoge hatte jeweils an der West- und Südfront Mittelrisalite und an der Westfront als Fortsetzung der Seitenrisalite zwei große Zwiebeltürme. Insgesamt war der Betraum von acht Zwiebeltürmen gekrönt, "welche als Fortsetzung der Eckpfeiler den Eindruck von Minaretten erweckten". Man betrat die Synagoge durch drei bogenförmige Haupteingänge in der Humboldtgasse und gelangte über ein Vestibül in den Betraum der Männer.[24] und über Stiegenaufgänge zu den Frauengalerien. An der Humboldtgasse links befanden sich Kanzleien sowie die Portierloge und rechts die Garderobe. Im Hof links wurde der "Alltagstempel" errichtet, der über eine "Passage" von der Synagoge aus betreten werden konnte. Über dem Thoraschrein auf der Frauenempore stand eine Orgel, vor dieser war Platz für den Chor. Ein weiteres, eindrucksvoll gestaltetes Eingangstor, gekrönt von den zwei Tafeln mit den zehn Geboten, befand sich am Humboldtplatz.[25]

Novemberpogrom

Das Brand-Tagebuch der Wiener Feuerwehr vermerkte den Beginn des Feuerwehreinsatzes am 10. November 1938 um 10 Uhr 20 und bezeichnete die Einsatzstelle als "Lockeres Mauerwerk": "Sprengung des Tempels: Umliegende Häuser untersucht, keine Bauschäden vorgefunden".[26] Karl Smejkal (*27. Jänner 1906 in Wien), Angestellter der Gemeinde Wien, der vor dem Volksgericht Wien wegen § 3, § 4, § 6 und § 7 Kriegsverbrechergesetz und § 10 und § 11 Verbotsgesetz angeklagt wurde, war an der Schändung der Synagoge Wien 10, Humboldgasse, Humboldtplatz durch seine Teilnahme an der Plünderung von Möbeln und Aneignung eines roten Teppichs beteiligt (S. 5 und S. 13). Bei der Befragung sagte der Angeklagte Folgendes aus: "Am 9. XI. nachmittags erhielt ich den Auftrag, als SA-Mann mich an Aufräumungsarbeiten des am Humboldtplatz gelegenen jüdischen Tempels zu beteiligen. Beim Wegschaffen der Einrichtung fiel mir ein nicht mehr neuer ca. 6m langer roter Kokosläufer auf, den ich brauchen konnte. Ich bat den Kreisleiter Dörfler darum, welcher mir gestattete ihn wegzunehmen. Ich schaffte ihn daher einige Tage später mittels eines Autos in meine Wohnung. Nach 2-3 Tagen fand bei mir eine Hausdurchsuchung statt, bei welcher der Teppich gefunden und ich selbst beauftragt wurde, denselben bei der NSV zurückzugeben." (S. 112 f.) Karl Smejkal wurde 1946 wegen Misshandlung von Juden und Plünderung sowie Denunziation zu zwei Jahren Haft verurteilt (Urteil).[27]
Die Abtragung der Synagogenruinen begann Ende 1938. Die Grundstücksabteilung des Stillhaltekommissars, Referent König, erteilte dazu am 1. Dezember 1938 den Auftrag an Stadtbaumeister Anton Simersky, Wien 10, Laxenburger Straße 7: "Hierdurch bestätige ich die mit Ihnen getroffene Vereinbarung, wonach Sie den Abbruch des jüdischen Tempels Humboldtgasse übernommen haben. Sie erhalten für den Abbruch keinerlei bare Entschädigung, sondern die anfallenden Materialien gehen in Ihren Besitz über. Die Baustelle ist vollständig vom Schutt zu reinigen, sodass von dem zukünftigen Besitzer Beanstandungen in dieser Richtung nicht gemacht werden können. (…) Ich lege Wert darauf, dass die Arbeiten schnellstens beendet werden." Die Akten des Vereins sowie Zinsabrechnungen wurden am 10. November 1938 von der Gestapo aus der Kanzlei der Synagoge in den Keller des Rothschildpalais gebracht.[28] Am 17. April 1939 wandte sich der ehemalige Portier der Synagoge, Othmar Svejkovsky, der durch die Zerstörung Wohnung und Einkommen verloren hatte, an Gauleiter Josef Bürckel mit dem Begehren einer Schadensgutmachung: "Wenn ich mir heute erlaube, Ihnen Herr Gauleiter, auf diesem Wege eine Bitte vorzubringen, so geschieht es aus dem Grunde weil ich in meiner Angelegenheit mir keinen Rat mehr weiß (…). Um meine Familie nicht der Not und dem Elend auszuliefern, war ich vor 13 Jahren gezwungen, den Posten eines Portiers im Tempel Wien X anzunehmen und verblieb in dieser Stellung bis zu dessen Zerstörung. Gerade die nahe Berührung mit den Juden brachte es in kürzester Zeit mit sich, dass ich leidenschaftlicher Antisemit wurde und ich wurde schon 1933 Mitglied der NSDAP. Die Exponiertheit meiner Stellung mitten unter den Juden und ihren Organisationen zwang mich, in der Verbotszeit meine Tätigkeit in der Partei zu unterbrechen, ich meldete aber sofort nach der Befreiung im Sinne ihres Erlasses sofort [sic!] meine Anwartschaft bei der NSDAP an (…). Es kam dann der Tag der endgültigen Vernichtung des Tempels heran und damit meiner Wohnung und meines Existenz. (…) leider wurde auch ein großer Teil meines Eigentums an Wäsche, Kleider usw. – ich darf es ja frei heraussagen - gestohlen, teils in Unkenntnis, dass es mir gehörte, auf die Straße geworfen und gleich verschleppt".[29] Im Dezember 1939 meldete das Baupolizeireferat der Verwaltung des Reichsgaues Wien an das Ministerium für innere und kulturelle Angelegenheiten, dass die Vereinssynagoge Wien 10, Humboldtplatz 7 "abgetragen sei".[30] Der nunmehrige Besitzer Richard Vojta ließ als Bauwerber und Eigentümer der Liegenschaft im Jahr 1940 eine "Einfriedungsplanke an den Baulinien" der ehemaligen Synagoge errichten.[31]

Eigentumsverhältnisse: Arisierung und Restitution der Synagoge

Eigentümer der Liegenschaft war bis 1938 der Israelitische Tempel- und Schulverein für den 10. Bezirk Favoriten. Die Liegenschaft wurde dem Verein entzogen und kam in das Eigentum der Aufbaufond Vermögensverwaltungs Ges.m.b.H. Die Grundstücksabteilung des Stillhaltekommissars schätzte den Wert des "Baugrundstückes" auf 6.500 Reichsmark. Nach "Abtragung der Mauerreste und Planierung bis zur Straßengleiche" war der Wert auf 10 bis 12 Reichsmark pro Quadratmeter geschätzt worden.[32] Am 8. November 1939 kam es zum Kaufvertrag zwischen der Aufbaufond Vermögensverwaltungs Ges.m.b.H und Friedrich Vojta, 1949 Handelsangstellter, wohnhaft Wien 10, Laubeplatz 4, zu einem Viertel, sowie Richard Vojta, 1949 Kaufmann, Wien 10, Schelleingasse 4, zu drei Viertel. Der Kaufpreis betrug 8.000 Reichsmark. Die Liegenschaft wurde der Israelitischen Kultusgemeinde als Rechtsnachfolgerin des nicht mehr wieder errichteten Israelitischen Tempel- und Schulverein für den 10. Bezirk Favoriten im Jahr 1948 zurückgestellt und in der Folge kam es 1954 zum Kaufvertrag zwischen der Israelitischen Kultusgemeinde und der EMKA - Wirtschaftsgenossenschaft von Wiener Molkereien, Käsereien und Milchgroßhandel, die in Wien 10, Humboldtplatz 7 einen Molkereizubau errichtete. 1954 erfolgte die Errichtung eines Wohnhauses, 1956 wurde der Verein der Freunde des Wohnungseigentums Eigentümer.[33]

Eigentumsverhältnisse: Arisierung und Restitution des Wohnhauses

Eigentümer des zunächst einstöckigen, dann vierstöckigen Wohnhauses war bis 1938 der Israelitische Tempel- und Schulverein für den 10. Bezirk Favoriten. Die Pläne wurden 1884 eingereicht und am 12. Juni 1884 vom Wiener Magistrat genehmigt. In diesem Haus befanden sich im Erdgeschoß das Gasthaus des Gastwirtes Leo Karl inklusive seines Weinkellers, sowie ein Geschäftslokal.[34] Leo Karl bewarb sich beim Stillhaltekommmissar um den "Kauf der Liegenschaft als bereits langjährig bestehendes Ziel" seines Lebens: "Ist doch der Erwerb dieses Hauses gleichbedeutend mit der Sicherung meiner Existenz als Gastwirt in diesem Hause. (…) Ich bemerke nur, dass unter der zweiten Konskriptionsnummer 766 ein im Hofe befindlicher einstöckiger Trakt zu verstehen ist. Das Erdgeschoss dieses Traktes wurde von den Juden wegen der leichteren Heizbarkeit als Wintertempel benützt. Für mich wäre dieses Erdgeschoss als Garage sehr geeignet". Am 15. Dezember 1938 kam es zum Kaufvertrag zwischen der Aufbaufond Vermögensverwaltungs Ges.m.b.H und Leo Karl und am 25. April 1939 zur Einverleibung des Eigentumsrechts zugunsten von Leo Karl. Der Kaufpreis von 32.536,56 Reichsmark ging auf das Konto des Stillhaltekommissars für Vereine, Organisationen und Verbände.
Am 16. Dezember 1938 erstellte die Grundstücksabteilung des Stillhaltekommissars einen Bericht über den Zustand der Liegenschaft Humboldtgasse 25: Das im Jahr 1938 ca. 30 Jahre alte, vierstöckige, unterkellerte Wohnhaus befand sich in "gutem Bauzustande". Leo Karl ließ im Jahr 1939 den im Erdgeschoß befindlichen Saal, der offensichtlich vom Israelitischen Tempel- und Schulverein für den 10. Bezirk Favoriten genutzt wurde, zu einem "Fass-Lagerraum" für seinen Weinkeller umbauen. Den "Alltagstempel" funktionierte er durch Raumteilung in einen "Einstellraum für einen Personen-Kraftwagen", sowie zwei Lagerräume um.[35]
Im Jahr 1949 richtete die Rückstellungskommission beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien ein Erkenntnis an die Antragstellerin, die Israelitische Kultusgemeinde Wien, als Rechtsnachfolgerin des Israelitischen Tempel- und Schulverein für den 10. Bezirk Favoriten, der sich nicht wieder begründet hatte.[36] Die Rückstellung wurde darin als "nicht tunlich" bezeichnet. Dafür musste Leo Karl an die Israelitische Kultusgemeinde die Liegenschaft Wien 5, Siebenbrunnengasse 30 "lastenfrei" übergeben. Im November 1946 hatte die Liegenschaft einen Wert von 42.500 Schilling.[37]

Bedeutende Rabbiner und Kantoren

Der Verein beschäftigte ab 1889 den Rabbiner David Löwy, der bei der Einweihung am 6. September 1896 die Festrede hielt. Als Rabbiner fungierten weiters in den 1920er Jahren Aron Levi Mandl und von 1929 bis 1938 Rabbiner Albert Weiner.[38] Der letzte Oberkantor war Josef Schlesinger, 1938 wohnhaft Wien 10, Humboldtgasse 25. Nach seiner Entlassung wandte er sich mit der Bitte um Abfertigung aus dem Erlös der Liegenschaft an den Stillhaltekommissar, da er selbst im 71. Jahr sowie seine 67-jährige Frau völlig mittellos wurden.[39]

Gedenken

An die Synagoge und ihre Zerstörung erinnern drei Gedenkzeichen:

Quellen

Literatur

  • Pierre Genée: Wiener Synagogen. Wien: Löcker 2014, S. 93-95
  • Bob Martens / Herbert Peter: Die zerstörten Synagogen Wiens. Virtuelle Spaziergänge. Budapest: Mandelbaum Verlag 2009, S. 113-122
  • Elisheva Shirion: Gedenkbuch der Synagogen und Jüdischen Gemeinden Österreichs. Hg. vom Synagogen Memorial, Jerusalem. Wien: Berger-Horn 2012 (Synagogen Gedenkbücher Deutschland und Deutschsprachige Gebiete, 5: Österreich), S. 76 f.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Bob Martens / Herbert Peter: Die zerstörten Synagogen Wiens. Virtuelle Spaziergänge. Budapest: Mandelbaum Verlag 2009, S. 113-122.
  2. Im Wiener Stadt- und Landesarchiv existiert dazu kein Vereinsakt.
  3. Im Wiener Stadt- und Landesarchiv existiert dazu kein Vereinsakt.
  4. Elisheva Shirion: Gedenkbuch der Synagogen und Jüdischen Gemeinden Österreichs. Hg. vom Synagogen Memorial, Jerusalem. Wien: Berger-Horn 2012 (Synagogen Gedenkbücher Deutschland und Deutschsprachige Gebiete, 5: Österreich), S. 75.
  5. Österreichisches Staatsarchiv, Archiv der Republik, Stillhaltekommissar Wien, Referat König: Mappe 23a, Schachtel 973.
  6. Österreichisches Staatsarchiv, Archiv der Republik, Stillhaltekommissar Wien, IV Ac 31: A 10/3, Schachtel 556.
  7. Österreichisches Staatsarchiv, Archiv der Republik, Stillhaltekommissar Wien, IV Ac 31: A 10/3, Schachtel 556.
  8. Wiener Stadt- und Landesarchiv, M.Abt. 119, A32: 7922/1925.
  9. Österreichisches Staatsarchiv, Archiv der Republik, Stillhaltekommissar Wien, IV Ac 31: G 11, Schachtel 560, und Wiener Stadt- und Landesarchiv, M.Abt. 119, A32: 7922/1925.
  10. Wiener Stadt- und Landesarchiv, M.Abt. 119, A32: 1370/1932.
  11. Österreichisches Staatsarchiv, Archiv der Republik, Stillhaltekommissar Wien, IV Ac: L 19, Schachtel 564.
  12. Im Wiener Stadt- und Landesarchiv existiert dazu kein Vereinsakt.
  13. Österreichisches Staatsarchiv, Archiv der Republik, Stillhaltekommissar Wien, IV Ac 31: C 6, Schachtel 559.
  14. Magistratsabteilung 37 - Gebietsgruppe Süd, Planarchiv, KG Favoriten, EZ 764: Bescheid des Magistratischen Bezirksamts für den 10. Bezirk, 23. März 1928.
  15. Österreichisches Staatsarchiv, Archiv der Republik, Stillhaltekommissar Wien, IV Ac 31: C 6, Schachtel 559.
  16. Central Archives for the History of the Jewish People (CAHP), A/W 1573,1.
  17. Österreichisches Staatsarchiv, Archiv der Republik, Stillhaltekommissar Wien, Referat König: Mappe 23, Schachtel 973.
  18. Magistratsabteilung 37 - Gebietsgruppe Süd, Planarchiv, KG Favoriten, EZ 766.
  19. Pierre Genée: Wiener Synagogen. Wien: Löcker 2014, S. 93 und 95; Elisheva Shirion: Gedenkbuch der Synagogen und Jüdischen Gemeinden Österreichs. Hg. vom Synagogen Memorial, Jerusalem. Wien: Berger-Horn 2012 (Synagogen Gedenkbücher Deutschland und Deutschsprachige Gebiete, 5: Österreich), S. 76.
  20. Wiener Stadt- und Landesarchiv, M.Abt. 635, A3/10 – Baupolizei, 10. Bezirk: 1. EZ Reihe: KG Favoriten, EZ 766.
  21. Bob Martens / Herbert Peter: Die zerstörten Synagogen Wiens. Virtuelle Spaziergänge. Budapest: Mandelbaum Verlag 2009, S.113 und 117.
  22. ANNO - AustriaN Newspapers Online: Die Neuzeit, 13. Mai 1898.
  23. Pierre Genée: Wiener Synagogen. Wien: Löcker 2014, S. 93.
  24. Pierre Genée: Wiener Synagogen. Wien: Löcker 2014, S. 93 f.
  25. Magistratsabteilung 37 - Gebietsgruppe Süd, Planarchiv, KG Favoriten, EZ 766.
  26. Archiv des Wiener Feuerwehr Museums, Brand-Tagebuch 1938, II. Teil.
  27. Wiener Stadt- und Landesarchiv, Volksgericht, A1: Vg 4 Vr 3472/1945.
  28. Österreichisches Staatsarchiv, Archiv der Republik, Stillhaltekommissar Wien, Referat König: Mappe 23a, Schachtel 973.
  29. Österreichisches Staatsarchiv, Archiv der Republik, Stillhaltekommissar Wien, IV Ac 31: A 10/3, Schachtel 556.
  30. Wiener Stadt- und Landesarchiv, M.Abt. 119, A6: 22874/1939.
  31. Magistratsabteilung 37 - Gebietsgruppe Süd, Planarchiv, KG Favoriten, EZ 766: Verständigung des magistratischen Bezirksamts für den 10. Bezirk, 12. Jänner 1940, und Bescheid der Bezirkshauptmannschaft für den 10. Bezirk, 16. November 1940.
  32. Österreichisches Staatsarchiv, Archiv der Republik, Stillhaltekommissar Wien, IV Ac 31: A 10/3, Schachtel 556.
  33. Bob Martens / Herbert Peter: Die zerstörten Synagogen Wiens. Virtuelle Spaziergänge. Budapest: Mandelbaum Verlag 2009, S. 122; Wiener Stadt- und Landesarchiv, M.Abt 119, A41: 10. Bezirk, Zahl 479; Wiener Stadt- und Landesarchiv, M.Abt. 635, A11/10 – Statik: 1. Reihe: 10, Humboldtgasse 25-27; Österreichisches Staatsarchiv, Archiv der Republik, Stillhaltekommissar Wien, Referat König: Mappe 23a, Schachtel 973.
  34. Magistratsabteilung 37 - Gebietsgruppe Süd, Planarchiv, KG Favoriten, EZ 764.
  35. Magistratsabteilung 37 - Gebietsgruppe Süd, Planarchiv, KG Favoriten, EZ 764: Bescheide der Bezirkshauptmannschaft Favoriten, 30. Jänner 1939 und 16. März 1939.
  36. 59 RK 29/48; Akt nicht mehr existent.
  37. Wiener Stadt- und Landesarchiv, M.Abt 119, A41: 10. Bezirk, Zahl 407 und Archiv der Israelitischen Kultusgemeinde nach 1945, B 3/AD und B 11/AD.
  38. Elisheva Shirion: Gedenkbuch der Synagogen und Jüdischen Gemeinden Österreichs. Hg. vom Synagogen Memorial, Jerusalem. Wien: Berger-Horn 2012 (Synagogen Gedenkbücher Deutschland und Deutschsprachige Gebiete, 5: Österreich), S. 76.
  39. Österreichisches Staatsarchiv, Archiv der Republik, Stillhaltekommissar Wien, IV Ac 31: A 10/3, Schachtel 556.