Straßennamen

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Joseph II. ordnete 1782 an, Straßennamen mit Farbe an die Eckhäuser der einzelnen Straßen zu schreiben. Wohl einen der frühesten bildlichen Belege dafür bietet die Ansicht des Kohlmarkts von Carl Schütz (Ausschnitt Großes Michaelerhaus an der Ecke zum Michaelerplatz), 1786
Daten zum Eintrag
Datum von
Datum bis
Objektbezug Frühe Neuzeit, Langes 19. Jahrhundert, Mittelalter, Revolution 1848, Zwischenkriegszeit, NS-Zeit, 1945 bis heute, Alliierte Besatzung
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Letzte Änderung am 1.12.2023 durch WIEN1.lanm08uns
Bildname Straßennamen Michaelerplatz.jpg
Bildunterschrift Joseph II. ordnete 1782 an, Straßennamen mit Farbe an die Eckhäuser der einzelnen Straßen zu schreiben. Wohl einen der frühesten bildlichen Belege dafür bietet die Ansicht des Kohlmarkts von Carl Schütz (Ausschnitt Großes Michaelerhaus an der Ecke zum Michaelerplatz), 1786

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In Wien Geschichte Wiki sind alle Verkehrsflächen (Straßen, Gassen, Plätze, Wege) enthalten, ebenso (soweit sie erfassbar waren) historische Bezeichnungen sowie nichtamtliche Benennungen.

Orientierungsplan und Schema der Straßennummerierung von Wien, 1862/63. Das Verzeichnis bietet eine Konkordanz der alten und neuen Straßennamen nach der Eingemeindung der Vorstädte im Jahr 1850
Der Dr.-Karl-Lueger-Ring wurde 2012 in Universitätsring umbenannt.
Straßenschild 1971
Inhalt:
  1. Historische Entwicklung der Benennung
    1. Mittelalter und Frühe Neuzeit
    2. Vorstädte
    3. 18. Jahrhundert
    4. Revolution 1848
    5. Stadterweiterung 1850
    6. Ringstraßenära
    7. Stadterweiterung 1890/1892
    8. Erste Republik, NS- und Besatzungszeit
    9. Zweite Hälfte 20. Jahrhundert
  2. HistorikerInnen-Kommission zur Prüfung der Wiener Straßennamen
    1. Konsequenzen aus dem Bericht
    2. Umgang mit kritischen Straßennamen
  3. Nomenklatur
    1. Evidenz und Schreibung
  4. Zuständigkeit für Benennungen
  5. Geschlechterverteilung bei der Verkehrsflächenbenennung
  6. Lexikon der Straßennamen
  7. Quellen
  8. Literatur
  9. Weblinks
  10. Referenzen

Historische Entwicklung der Benennung

Mittelalter und Frühe Neuzeit

Die Benennung der Gassen, Straßen und Plätze ist in Wien seit dem 13. Jahrhundert urkundlich und seit 1547 auf Plänen nachweisbar. Die Benennungen waren ursprünglich lageabhängig und bezogen sich auf Geländegegebenheiten (beispielsweise Am Steig, An der Hülben, Graben, Grünangergasse, Kumpfgasse, Salzgries, Tiefer Graben), Heilige beziehungsweise Klöster, Kirchen und katholische Orden (beispielsweise Annagasse, Augustinerstraße, Dominikanergasse, Dorotheergasse, Franziskanerplatz, Himmelpfortgasse, Johannesgasse, Laurenzerberg, Michaelerplatz, Minoritenplatz, Petersplatz, Ruprechtsplatz, Salvatorgasse, Schottengasse, Stephansplatz), Friedhöfe (An ... freithof), Hausschilder (beispielsweise Schönlaterngasse), Gebäude wie Palais, Höfe, Theater oder Schulen (beispielsweise Ballgasse, [später auch Ballhausplatz ], Bischofsgasse, Köllnerhofgasse, Komödiengasse, Schulerstraße, Universitätsplatz, später beispielsweise Lobkowitzplatz, Stallburggasse), Märkte (beispielsweise Bauernmarkt, Fleischmarkt, Hoher Markt, Kohlmarkt, Neuer Markt, Roßmarkt, Wildpretmarkt), Handwerk und Gewerbe (Bäckerstraße, Bogner-, Goldschmied-, Kurrent-, Nagler-, Seiler-, Spengler- und Spiegelgasse, Seilerstätte, Wiltwerkerstraße, Tuchlauben, Wollzeile), Zielrichtungen in der Stadt (da man ... geht) bzw. Zielrichtungen nach Gebieten außerhalb der Stadt (Kärntner Straße), Befestigungsanlagen und Tore (beispielsweise Rotenturmstraße, Dominikanerbastei, Stubenbastei, Schottenbastei, Mölker Bastei, Gonzagabastei), Hausbesitzer (Geschlechter; auch Herrengasse) und historische Ereignisse oder historische Überlieferungen (Am Hof, Berghof, Brandstätte, Grashofgasse, Judengasse, Judenplatz, Schulhof, Weihburggasse); es gab jedoch keinerlei Benennung zwecks Ehrung einer Persönlichkeit, ausgenommen Angehörige des kaiserlichen Hofs (beginnend bei Brückenbenennungen).

Vorstädte

Ähnlich verhielt es sich in den Vorstädten, in denen die Bezeichnungen ohne Absprache mit Nachbargemeinden vorgenommen wurden, sodass sich zahlreiche Mehrfachbenennungen ergaben. Unterschiede liegen vor allem in Benennungen nach Zielrichtungen, weil (neben vielen Nachbarorten) auch Städte und Länder gewählt wurden, die das Ziel von Fernstraßen bildeten (beispielsweise Brünner Straße, Dresdner Straße, Hainburger Straße, Klosterneuburger [ Neuburger ] Straße, Laxenburger Straße, Linzer Straße, Ödenburger Straße, Prager Straße, Triester Straße, Ungargasse, ehemalige Kremser Straße, ehemalige Preßburgerstraße), sowie bei Personen (Benennungen nach Haus- oder Grundbesitzern, die für die Trassierung einer neuen Gasse [oft kostenlos] in ihren Parzellierungsgebieten Grundstücke zur Verfügung stellten, die in einer neu eröffneten Gasse das erste Haus bauten [Anknüpfung an den Brauch, dass Hausschilder die Grundlage für die Benennung gaben] oder die sich durch karitatives Wirken [Spenden, Stiftungen] Verdienste erworben hatten).

18. Jahrhundert

Unter Maria Theresia (und ihrem ab 1765 als Kaiser für das Militärwesen zuständigen Sohn Joseph II.) kam es (nicht zuletzt aus Gründen der militärischen Konskription) zu einer Neuregelung der Häusernummerierung und im weiteren Verlauf auch zur besseren Ersichtlichmachung der Straßennamen. Auf Anordnung Josephs II. (4. Februar 1782; Straßentafeln) mussten am Anfang und Ende jeder Straße (in der Stadt und in den Vorstädten) deren Namen in schwarzer Schrift an den Hauswänden angebracht werden; diese Regelung galt bis ins 19. Jahrhundert.

Revolution 1848

Während der Revolutionsmonate kam es zur vorübergehenden inoffiziellen Umbennung zahlreicher innerstädtischer Verkehrsflächen (beispielsweise Barrikadenstraße, Constitutionsplatz, Einheitsplatz, Freiheitsgasse, Märzstraße, Revolutionsplatz, Studentenstraße, Versöhnungsstraße, Volksplatz; Brünner Platz), in den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts zu (offiziellen) Benennungen nach Märzgefallenen (beispielsweise Donhartgasse, Draxlergasse, Drewitzgasse, Erbacherweg, Gusterergasse, Herschmannweg, Kiesgasse, Kohlesgasse, Koniczekweg, Köppelweg, Lebingergasse, Paraselgasse, Schamborgasse, Scherfweg, Schmalerweg, Staargasse, Stauffergasse, Striagasse, Underreingasse, Wawragasse, Wittmannweg, Zettelweg; auch Achtundvierzigerplatz).

Stadterweiterung 1850

Nach der Eingemeindung der Vorstädte (1850) wurde es notwendig, Doppel- oder Mehrfachbenennungen von Straßen, Gassen und Plätzen zu eliminieren. Am 23. Februar 1860 stellte der Magistrat (gleichzeitig mit der Neuregelung der Häusernummerierung) einen entsprechenden Antrag. Am 3. April 1860 beschloss der Gemeinderat die gassenweise Nummerierung der Häuser; die gleichzeitig beschlossenen allgemeinen Richtlinien wurden am 16. und 25. Oktober sowie 8. November 1861 durch Benennungsgrundsätze ergänzt. Siehe dazu auch Straßentafeln; dort auch zur Art ihrer Beschriftung). 1873 wurden vom Stadtarchivar Karl Weiß Benennungsgrundsätze vorgelegt.[1] Er schlug vor, vor allem Kataster- und Grundbuchsangaben, lokale Ereignisse und berühmte Persönlichkeiten für neue Stadtnamen heranzuziehen. Diese wurden vom Gemeinderat am 28. Mai 1873 beschlossen und am 11. Oktober 1878 um Grundsätze zur Benennung nach Personen erweitert.

Ringstraßenära

Mit der Verbauung der Ringstraßenzone ergab sich ein enormer Bedarf an Namen für neu eröffnete Straßen und Plätze. Das Großbürgertum, das einen starken Anteil an den Neubauten hatte, setzte sich mit seinen Vorstellungen durch, sodass nunmehr zahlreiche Straßenzüge nach Personen des kulturellen (musikalischen, literarischen) und wissenschaftlichen Lebens benannt wurden, wobei (ähnlich wie bei Denkmälern) überwiegend der deutschsprachige Raum Berücksichtigung fand (beispielsweise Beethoven, Fichte, Goethe, Grillparzer, Hegel, Kant, Liebig, Oppolzer, Pestalozzi, Petrarca, Schellein, Schiller, Schreyvogel); außerdem (allerdings erst nach deren Ableben) Persönlichkeiten, die mit der Errichtung der Ringstraßenzone künstlerisch (Hansen, Schmidt), politisch (Felder, Stadion, Zelinka) oder als Mäzene (Dumba) verbunden waren; auch Militärs (Radetzky, Schwarzenberg, Tegetthoff) sowie Neubauten bildeten die Grundlage für Straßennamen (beispielsweise Akademie, Börse, Oper, Rathaus, Reichsrat, Universität); in einigen Fällen ehrte man auch bereits Bürgermeister der Vergangenheit (Liebenberg, Vorlauf) und ersetzte ältere Straßennamen durch die Namen historisch bedeutsamer Männer (beispielsweise Marc Aurel, Sonnenfels). Die Neugestaltung von Altstadtvierteln führte ebenfalls zu Neubenennungen in dieser Richtung (beispielsweise Führichgasse, Gluckgasse). Ein örtlicher Zusammenhang zwischen der geehrten Person und der Lage der Verkehrsfläche konnte nur in Ausnahmefällen hergestellt werden und wurde auch nicht angestrebt. In dem durch die Donauregulierung gewonnenen Bereich südlich des Hauptstroms kam es zu zahlreichen Benennungen nach Städten an der Donau (beispielsweise Donaueschingen, Pöchlarn) und Nebenflüssen der Donau (beispielsweise Kamp, Leitha, Pielach, Pulkau, Salzach, Thaya, Traisen) beziehungsweise nach Personen, die sich um die Donauregulierung Verdienste erworben hatten (beispielsweise Engerth, Pasetti, Wehli). Weitere Neubenennungen erfolgten im 19. Jahrhundert nach Schlachten und Feldherren.

Stadterweiterung 1890/1892

Ähnlich wie bei den Vorstädten ergab sich auch bei den 1890/1892 eingemeindeten Vororten die Notwendigkeit, die zahlreichen Doppel- und Mehrfachbenennungen sowie Benennungen nach Nachbarorten, in welche Straßen führten, auszumerzen (besonders häufig vertreten waren beispielsweise Feldgasse, Friedhofsgasse, Hauptstraße, Herrengasse, Kirchengasse, Sackgasse, Schulgasse, Wiener Straße, aber auch Beethovengasse oder Schubertgasse); am 7. Februar 1894 fasste der Stadtrat einen entsprechenden Beschluss.[2] Eine Benennung nach lebenden Personen wurde ausgeschlossen (betraf aber in der Praxis nicht Angehörige der kaiserlichen Familie), die Benennung nach wichtigen, historischen Ereignissen und berühmten (verstorbenen) Personen sollte Hauptstraßenzügen und großen Plätzen vorbehalten bleiben. Um 1890 wurde erstmals auch der Versuch unternommen, anstelle von Straßennamen Straßennummern einzuführen (so 1895 in Simmering bei der 1. bis 8. Haidequerstraße und bei der 1. bis 6. Landengasse), doch kam man bald wieder davon ab. Nach der Eingemeindung von Ortsgemeinden am linken Donauufer (1904) beschloss der Stadtrat am 19. Juni 1907 neuerlich Bestimmungen für Straßenbenennungen und für deren Schreibweise (vor allem wurde bei dieser Gelegenheit beschlossen, Straßen, die nach Orten oder Ländern benannt sind und auf –er enden, getrennt zu schreiben (beispielsweise Alser Straße, Dresdner Straße, Kärntner Straße, Linzer Straße, Mariahilfer Straße, Währinger Straße) sowie die Begriffe -straße, -gasse, -platz und so weiter unmittelbar mit dem Hauptbegriff zu verbinden (beispielsweise Bognergasse statt Bogner Gasse).

Erste Republik, NS- und Besatzungszeit

Politische Veränderungen führten zu zahlreichen Um- und Rückbenennungen von Verkehrsflächen und Brücken, so etwa beim Ende der Monarchie 1918, nach der Etablierung des Ständestaats 1934, mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1938, Alliierte Besatzung beziehungsweise mit der Wiedereinführung der Republik 1945. Nach 1918 wurden insbesondere Benennungen nach Angehörigen des Geschlechts Habsburg-Lothringen weitgehend beseitigt (Ausnahmen bilden beispielsweise Elisabethstraße, Franz-Josefs-Kai, Rudolfsplatz); auch bei Stiftungen oder Namen von humanitären Einrichtungen (beispielsweise Franz-Josef-Spital, Kaiserin-Elisabeth-Spital, Krankenhaus Rudolfstiftung, Sophienspital) wurde von Umbenennungen abgesehen.

Danach kam es in den 1920er und beginnenden 1930er Jahren zur ehrenden Benennung nach zahlreichen sozialdemokratischen Arbeiterführern (auch bei städtischen Wohnhausbauten), aber auch nach Gefallenen der Revolution 1848. Nach den Februarkämpfen 1934 wurden die Benennungen nach Sozialdemokraten, 1938/1939 Benennungen nach Gegnern der Nationalsozialismus aus allen politischen Lagern und solche nach verdienten Juden konsequent beseitigt.[3]

Nach dem Zweiten Weltkrieg kam es vereinzelt zu Neubenennungen in der sowjetrussischen Besatzungszone (Tolbuchinstraße, Stalinplatz, Straße beziehungsweise Brücke der Roten Armee, Malinowskijbrücke), die 1956 rückgängig gemacht wurden. 1945/1949 wurden zahlreiche Benennungen aus der Zeit 1934/1939 rückgängig gemacht[4] (ausgenommen eine Reihe von Umbenennungen, bei denen der neue Name kulturell oder wissenschaftlich akzeptiert werden konnte). Zusätzlich kam es zu einer Reihe von Benennungen nach Mitgliedern des Republikanischen Schutzbunds und Widerstandskämpfern gegen den Nationalsozialismus.

Zweite Hälfte 20. Jahrhundert

Straßennamensschild mit Zusatztafel, auf der relevante biografische Fakten Platz finden.

In der Zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts versuchte man fallweise (nachdem bereits knapp vor dem Ersten Weltkrieg mit dem Nibelungenviertel ein Anfang gemacht worden war), in Aufschließungsgebieten thematisch einheitliche Benennungen durchzuführen (beispielsweise Blumenviertel, Edelsteinviertel, Per-Albin-Hansson-Siedlung [nach schwedischen Städten und Persönlichkeiten], Planetenviertel). Ab den 1960er Jahren mehrten sich die Benennungen, die auch den Vornamen, fallweise sogar zusätzlich den Titel von Personen enthielten. Während nach wie vor kaum eine Chance bestand, Straßenbenennungen nach Personen mit der örtlichen Lage der Verkehrsfläche in Einklang zu bringen (am ehesten gelang dies noch, da im Laufe der Zeit die Bezirksvertretungen ein Vorschlagsrecht erhielten, hinsichtlich des Wohnbezirks der auf diese Weise Geehrten), wurde bei der Benennung nach historischen Ried- oder Flurbezeichnungen, Tieren oder- Pflanzen ein Naheverhältnis zur örtlichen Lage angestrebt.

Seit den 1980er Jahren ging man weitgehend davon ab, Umbenennungen durchzuführen, weil durch diese die Bevölkerung zu stark belastet würde (Änderungen der Dokumente, Drucksorten, Firmenpapiere, Visitkarten und so weiter); man wählte den Ausweg, Örtlichkeiten zu finden, die keine Hauseingänge aufweisen (beispielsweise Robert-Stolz-Platz). In einigen Fällen kam es zu Änderungen wegen nachgewiesener nationalsozialistischer oder antisemitischer Einstellung (beispielsweise Kernstockplatz oder Pfarrer-Deckert-Platz).

HistorikerInnen-Kommission zur Prüfung der Wiener Straßennamen

Im Auftrag der Stadt Wien hat eine HistorikerInnen-Kommission die historische Bedeutung jener Persönlichkeiten, nach denen Wiener Straßen benannt sind von 2011 bis 2013 untersucht. Die Kommission bestand aus Univ.-Prof. DDr. Oliver Rathkolb (Leitung), Mag.a Birgit Nemec, Dr. Peter Autengruber und Mag. Florian Wenninger. Im Juli 2013 wurden die Ergebnisse vorgelegt: Das Straßennetz Wiens besteht aus circa 6.600 Verkehrsflächen, davon sind 4.379 personenbezogenen. 159 (3,6 Prozent) sind als historisch kritisch einzustufen. Diese kritischen Straßennamen wurden von der Kommission in drei Kategorien gewichtet: Kategorie A beschreibt Fälle mit intensivem Diskussionsbedarf, Kategorie B Fälle mit Diskussionsbedarf und Kategorie C Fälle mit demokratiepolitisch relevanten biographischen Lücken.[5]

Konsequenzen aus dem Bericht

Den Bericht der HistorikerInnen-Kommission nahm die Stadt Wien zum Anlass, die Kriterien für die Benennung von Verkehrsflächen zu überdenken und einen Katalog mit Empfehlungen zu erarbeiten. Straßennamen sollen sich künftig durch Erkennbarkeit, Unterscheidbarkeit, Kürze und Wien-Bezug auszeichnen. Insbesondere bei personenbezogenen Straßennamen sollen objektivierbare Verdienste vorliegen, historische Vorabprüfungen durchgeführt sowie die migrantische Diversität und Gendergerechtigkeit berücksichtigt werden.

Umgang mit kritischen Straßennamen

Es gibt vielfältige Möglichkeiten, mit kritischen Straßennamen umzugehen. Häufig kommen Zusatztafeln zum Einsatz. Aber auch künstlerische Interventionen finden sich im Stadtbild. Des Weiteren haben ausführliche Informationen zu Biographien Eingang ins Wien Geschichte Wiki finden. Umbenennungen sollen weiterhin die Ausnahme bleiben.

Nomenklatur

Nachdem jahrhundertelang die Schreibweise ungeregelt geblieben war, kam es mit Stadtratsbeschluss von 19. Juni 1907 (beispielsweise getrennte Schreibung von auf -er ausgehenden Namen nach Orten [ Josefstädter Straße, Kärntner Straße, Lerchenfelder Straße, Linzer Straße, Mariahilfer Straße, Triester Straße und so weiter]) und mit Gemeinderatsbeschluss vom 30. Jänner 1981 (Antrag der im Wiener Stadt- und Landesarchiv unter Felix Czeike konstituierten Wiener Nomenklaturkommission), durch den insbesondere die Durchkoppelung zusammengesetzter Namen (beispielsweise Dr.-Karl-Renner-Ring, Stock-im-Eisen-Platz, Unter-St.-Veit und so weiter) und die Zusammenschreibung bei Namen, die mit Alt-, Neu-, Unter-, Ober-, Groß- und Klein- beginnen (beispielsweise Alterlaa, Neuleopoldau, Untermeidling, Obersievering, Großenzersdorf [im Gegensatz zur amtlichen niederösterreichischen Schreibung Groß-Enzersdorf ] und so weiter) zu tiefergreifenden Neuregelungen der Schreibweise führten, im übrigen aber die (oftmals nicht effektuierten) Bestimmungen von 1907 erneuert wurden. Siehe auch Straßentafeln.

Gemeinderatsbeschluss vom 17. Dezember 1999: In Abänderung des Gemeinderatsbeschlusses vom 30. Jänner 1981 wurden für die Schreibung von Verkehrsflächenbezeichnungen und geografischen Namen die Grundsätze der Wiener Nomenklaturkommission dahingehend ergänzt, dass grundsätzlich die Neue Rechtschreibung Anwendung findet. Auf Straßentafeln, Orientierungsnummerntafeln und dergleichen sowie in Personaldokumenten ist die geänderte Schreibweise nur bei Neuanbringung beziehungsweise Neuausstellung zu berücksichtigen. Die Neue Rechtschreibung kommt für alle seit dem 17. Dezember 1999 benannten Verkehrsflächen zur Anwendung. Alle davor benannten Verkehrsflächen behalten ihre ursprüngliche Schreibweise.

Evidenz und Schreibung

Die Evidenz der Verkehrsflächen wurde von 1855 bis 1948 in einem handschriftlichen Buch geführt, das im Konskriptionsamt angelegt wurde.[6] 1950 gab die Magistratsabteilung 7 unter Mitarbeit der Magistratsabteilung 18 das erste gedruckte amtliche Straßenverzeichnis der Stadt Wien heraus. Das Straßenregister wird von der Magistratsabteilung 21A geführt.[7]

Die Schreibung von Verkehrsflächen im Wien Geschichte Wiki richtet sich nach der von der Magistratsabteilung 21A geführten Verkehrsflächenevidenz. Der von der Stadt Wien veröffentlichte digitale Stadtplan gibt die im Register hinterlegte offizielle Schreibweise wieder: offizieller Stadtplan der Stadt Wien

Zuständigkeit für Benennungen

Während des Mittelalters und der Frühen Neuzeit spielte die Benennungsfrage eine untergeordnete Rolle. Straßen wurden nach der Topografie, ansässigen Handwerkergruppen etc. benannt - jedoch nicht amtlich. Die Frage von amtichen Verkehrsflächenbenennungen wurde in Wien erst mit der Eingemeindung der Vorstädte 1850 - und dann wieder 1890 mit der Eingemeindung der Vororte - ernsthaft relevant.

Die politische Kompetenz zur Straßenbenennung lag in der Monarchie beim Stadtrat, in den niederösterreichischen Ortsgemeinden beim dortigen Gemeinderat. Seit 1848 war sie beim Gemeinderat, ab dem Gemeindestatut vom Dezember 1890 in der des Stadtrats, 1919 bis 1934 und 1946 bis 2015 beim für kulturelle Angelegenheiten zuständigen Gemeinderatsausschuss (für Kultur), im Ständestaat beim Bürgermeister und in der NS-Zeit anfangs beim Bürgermeister, von 1939 (bis 1945) mit der Schaffung des Kulturamts bei dessen Leiter. Derzeit erfolgt - nach der Einleitung des Prüfverfahrens durch die Kulturabteilung der Stadt Wien (MA 7) - eine Vorberatung in dem eigens vom Wiener Gemeinderat eingesetzten Unterausschuss für Verkehrsflächenbenennungen. Die endgültige Entscheidung wird im Gemeinderatsausschuss für Kultur und Wissenschaft getroffen.[8]

Administrativ lag die Zuständigkeit ab 1786 beim Konskriptionsamt, ab 1902 bei der Magistratsabteilung XVI (in Fortführung des Departements XVI), 1919/20 bei der Bauamtsabteilung I, 1920 bis 1927 bei der Magistratsabteilung 18, 1927 bis 1934 bei der Magistratsabteilung 45 und 1934 kurz bei der Magistratsabteilung 23 bevor sie im Laufe des Jahres 1934 in das Volksbildungsreferat des Bürgermeisters wanderten, um schließlich ab 1938 bei der neugeschaffenen Magistratsabteilung 50 bzw. in der Hauptabteilung D (Kultur- und Gemeinschaftspflege), dem Kulturamt der Stadt zu landen. Seit 1946 ist die Magistratsabteilung 7 mit der Administration der Verkehrsflächenbenennung befasst. Die Zuständigkeit der Stadt bezieht sich heute auf alle öffentlichen Verkehrsflächen. Die Benennung wird als hoheitlicher Akt der Stadt vollzogen.

NamensgerberIn der Straße: männlich, weiblich, andere: genderATlas: Straßennamen in Wien

Geschlechterverteilung bei der Verkehrsflächenbenennung

Mit Stand 2015 waren 54,6 Prozent oder 1984 Wiener Straßenkilometer neutral benannt, 42,4 Prozent oder 1540 km männlich und lediglich 3 Prozent oder 109 km weiblich benannt. Damit trugen 2015 5,2 Prozent oder 356 Verkehrsflächen in Wien weibliche Namen. Seit 2012 werden mehr Straßen nach Frauen als nach Männern (neu-)benannt.[9]

Siehe auch: Häuserschematismen und Häusernummerierung

Lexikon der Straßennamen

Quellen

Grundsätzlich kann festgehalten werden, dass sich in den Quellen generell kein Meinungsbildungsprozess wie auch keine Diskussion von Benennungsvorschlägen wiederspiegelt. Akten und Amtsblatt geben nur das Faktum des Beschlusses, das beschließende Gremium und das Datum des Beschlusses wieder.

Literatur

Allgemein

  • Friedrich Javorsky: Lexikon der Wiener Straßennamen. Wien 1964
  • Rudolf Geyer: Handbuch der Wiener Matriken. Wien 1929, S. 135 ff.
  • Handbuch Reichsgau Wien. 1941
  • Ludwig Rossa: Straßenlexikon von Wien. Wien 1929, ²1947
  • Franz Rudolf: Die Wiener Straßennamen. Wien 1901
  • Roman Uhl: Beiträge zur Geschichte der Stadt in Wien. In: Wiener Geschichtsblätter 1/3 (1946), S. 1 ff.
  • Friedrich Umlauft: Namenbuch der Stadt Wien. Wien 1905
  • Verwaltungsbericht der Stadt Wien 1923-1928, S. 740 ff., S. 1402 ff., 2929 ff.

Speziell

  • Peter Autengruber / Birgit Nemec / Oliver Rathkolb / Florian Wenninger: Umstrittene Wiener Straßennamen. Ein kritisches Lesebuch. Wien: Pichler Verlag 2014
  • Renate Banik-Schweitzer [u.a.]: Wien in der liberalen Ära. Festgabe des Wiener Stadt- und Landesarchivs anläßlich des 14. Österreichischen Historikertages Wien 1978. Wien: Verein für Geschichte der Stadt Wien 1978 (Forschungen und Beiträge zur Wiener Stadtgeschichte, 22)
  • Brigittenau. S. 246 ff.
  • Peter Csendes / Wolfgang Mayer: Die Wiener Straßennamen. In: Wiener Geschichtsblätter 42 (1987), Beiheft 2
  • Döbling. Eine Heimatkunde des 19. Wiener Bezirkes in drei Bänden. Hg. von Döblinger Lehrern. Wien: Selbstverlag der Arbeitsgemeinschaft "Heimatkunde Döbling" 1922, S. 538 ff.
  • Dorn: S. 395 ff.
  • Gustav Greiner: Ferdinand Strobl. In: Landstraße, S. 239 ff.
  • Hans Havelka: Was Simmeringer Gassennamen zu erzählen wissen. Wien 1985
  • Hans Havelka: Simmeringer Gassennamen erzählen Bezirk- und Stadtgeschichte. Wien 1992
  • R. Hinkel. Donaufeld. Wien 1984, S. 165 ff.
  • Raimund Hinkel / Bruno Sykora / Richard Vogl: Erstes Floridsdorfer Straßenverzeichnis. Wien 1977
  • Maria Jandl / Ludwig Rossa: Straßen, Gassen und Plätze Ottakrings. In: Ottakring, S. 411 ff.
  • "Kein Aushängeschild". In: Augustin, Nr. 386, 18.03.2015, S. 23
  • Christine Klusacek / Kurt Stimmer: Leopoldstadt. Eine Insel mitten in der Stadt. Wien: Mohl
  • Karl Koller: Woran erinnert dieser Straßenname im 14. Bezirk?. In: Penzinger Museum BH. Beilage 1969. S. 71
  • Marie Kupka. Was Mariahilfer Gassen- und Straßennamen erzählen. In: Blaschek, S. 172 ff.
  • Ferdinand Lettmayer [Hg.]: Wien um die Mitte des XX. Jahrhunderts - ein Querschnitt durch Landschaft, Geschichte, soziale und technische Einrichtungen, wirtschaftliche und politische Stellung und durch das kulturelle Leben. Wien 1958, S. 661 ff.
  • Franz Messner: Innere Stadt, Leopoldstadt, Landstraße, Wieden, Josefstadt, Alsergrund
  • Hans Mück: Quellen zur Geschichte des Bezirks Alsergrund. Wien: Verein für Geschichte der Stadt Wien 1978 (Forschungen und Beiträge zur Wiener Stadtgeschichte, 3), S. 14 ff.
  • Richard Perger: Straßen, Türme und Basteien. Das Straßennetz der Wiener City in seiner Entwicklung und seinen Namen. Wien 1991
  • Isabella Peter: Die Geschichte der Wiener Straßennamen 1848-1918. Diplom-Arb. Univ. Wien. Wien 1991
  • Schriftenreihe Simmeringer Bezirkmuseum. S. 10 ff.
  • Patrick Svensson-Jajko: (Um)erinnern. Veränderung der Straßennamenlandschaft in Budapest und Wien zwischen 1918 und 1934. Wien: New Academic Press 2018 (Mitteleuropäische Geschichte und Kultur - Studienreihe, 4)
  • Währing. Ein Heimatbuch des 18. Wiener Gemeindebezirks. Wien: Selbstverlag Währinger Heimatkunde 1923-1925, S. 727 ff.
  • Das Wiener Heimatbuch – Mariahilf. Hg. von der Arbeitsgemeinschaft des Mariahilfer Heimatmuseums. Wien: Austria Press 1963, S. 72 ff.
  • Adolf Wolf: Alsergrunder Verkehrsflächenverzeichnis. In: Heimatmuseum Alsergrund 72 (1977). Wien: Museumsverein Alsergrund 1960 - lfd.
  • Anton Zach: Straßen-, Gassen- und Brücken-, Plätze- und Parknamen. In: Hietzing, S. 343 ff.

Weblinks

Referenzen

  1. Wiener Stadt- und Landesarchiv, M.Abt. 438, A 1, 641/1873
  2. Ein gedrucktes Exemplar der Normen samt Motivenbericht findet sich beim Akt: Wiener Stadt- und Landesarchiv, M.Abt. 116, A 15/9, Schachtel 2 (Q9), 4665/1909,
  3. Wiener Stadt- und Landesarchiv, M.Abt. 350, A1, 1204/1938
  4. Wiener Stadt- und Landesarchiv, M.Abt. 350, A1, 1052/1947
  5. HistorikerInnen-Bericht über Wiens Straßennamen
  6. Dort wurde auch ab 1855 die Evidenz der Verkehrsflächen geführt: Wiener Stadt- und Landesarchiv, Konskriptionsamt, B 53.27: Handschriftliches Verzeichnis (1855-1948).
  7. Die Geschäftseinteilung des Magistrats sieht als Aufgabe vor: "Führung des Straßenregisters als amtliches Verkehrsbezugssystem, des Gebietsregisters (Baublöcke, Zählgebiete, Zählbezirke) sowie des räumlichen Namensregisters."
  8. Benennung von Verkehrsflächen in Wien - heutige Zuständigkeit
  9. genderATlas: Straßennamen Wien