Julia Reichert

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Daten zur Person

Julia Reichert, * 18. Februar 1950 München, † 29. Oktober 2024 Wien, Bibliothekarin, Lyrikerin, Regisseurin, Puppenmacherin, Puppenspielerin, Dramatikerin.

Biografie

Die Tochter der Schauspielerin Elisabeth Amann und des Schauspielers, Komikers und Varietékünstlers Willy Reichert leitete nach der Ausbildung zur Bibliothekarin die Münchner Autorenbuchhandlung am Wiener Platz. Während dieser Tätigkeit gelang es ihr, Kontakte zu Verlagen sowie zu Autorinnen und Autoren zu knüpfen, unter ihnen Helmut Eisendle, der ihr ein "magisches Quadrat" aus ihrem Geburtsdatum widmete. 1979 veröffentlichte sie selbst ihren ersten Lyrikband "Gedichte aus der Asche".

Mit Eisendle ging Julia Reichert für einige Jahre nach Norditalien und begann mechanische Figuren und Musikautomaten zu bauen. Unterstützt wurde sie dabei von der Puppenmacherin und Kostümbildnerin Burgis Paier. 1980, am "Nihilistenkongress" im Triestiner Goethe-Institut, wurden erstmals Julia Reicherts Arbeiten gezeigt. Weitere Ausstellungen sollten folgten, wie beispielsweise "Sati(e)re" 1982 in Graz. Für den Katalog schrieb Wolfgang Bauer das Vorwort. 1985 ging Julia Reichert nach Graz. Sie fertigte unter anderem Reklamefiguren für den Hanser Verlag und Masken für Aufführungen des "steirischen herbsts" an, ehe sie 1989 gemeinsam mit Christopher Widauer in einem ehemaligen Pfarrkindergarten das Kabinetttheater als Figurentheater etablierte. 1996 übersiedelte das Theater in die Wiener Porzellangasse 49. Ab 2010 leitete sie das Theater alleine. Das Kabinetttheater wurde von Reichert wie ein Salon geführt, in dem Bühne, Zuschauerraum, Bar und Wohnung der Prinzipalin ineinander übergingen. Den Hof des im Hinterhaus befindlichen Theaters verwandelte sie in ein grünes Foyer.

Im Repertoire des Kabinetttheaters finden sich über 40 Dramolette, darunter Auftragswerke von Wolfgang Bauer, Anselm Glück oder Gerhard Rühm. Hugo Balls dadaistisches Krippenspiel ist ein alljährlicher Fixpunkt in der Vorweihnachtszeit. Zudem spielte das Kabinetttheater im gesamten deutschen Sprachraum, gastierte bei wichtigen internationalen Festivals wie Erlangen und Braunschweig, den Ludwigsburger Schlossfestspielen oder den Bregenzer Festspielen, aber auch in der Schweiz und in Italien, in der Ukraine oder in Übersee, sowie in Südkorea und Thailand.

2004 wurde das Theater für seine außergewöhnlichen Produktionen, im Speziellen für "Sündenfälle", als beste Off-Produktion mit dem Johann-Nestroy-Theaterpreis ausgezeichnet. Ab 2016 wirkte Julia Reichert als Jurorin beim "H.C.-Artmann-Preis" der Stadt Wien.

Auf Wunsch von Julia Reichert wird der Theaterbetrieb auch nach ihrem Tod weitergeführt.

Literatur


Julia Reichert im Katalog der Wienbibliothek im Rathaus.