Adolf Eichmann

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Adolf Eichmann während des Prozesses in Israel 1961
Daten zur Person
Personenname Eichmann, Adolf
Abweichende Namensform Barth, Adolf; Klement, Ricardo
Titel
Geschlecht männlich
PageID 64789
GND 118529447
Wikidata Q28085
Geburtsdatum 19. März 1906
Geburtsort Solingen
Sterbedatum 1. Juni 1962
Sterbeort Ramla bei Tel-Aviv
Beruf Verkäufer, Obersturmbannführer
Parteizugehörigkeit NSDAP
Ereignis Zweiter Weltkrieg
Nachlass/Vorlass
Objektbezug Zweiter Weltkrieg
Quelle Gedenktage-NG
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Letzte Änderung am 10.11.2023 durch DYN.krabina
Begräbnisdatum
Friedhof
Grabstelle
Bildname Adolfeichmann 1.jpg
Bildunterschrift Adolf Eichmann während des Prozesses in Israel 1961

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Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft
  • Leiter der Zentralstelle für jüdische Auswanderung (1938, bis: 1940)
  • Leiter des Referates IV B 4 Juden und Räumungsangelegenheiten in Berlin (1941, bis: 1944)
  • Organisator der Deportationen von Juden aus Ungarn (1944, bis: 1944)

Palais Rothschild (1938)

Adolf Eichmann, * 19. März 1906 Solingen, † 1. Juni 1962 in Ramla bei Tel-Aviv, Mechaniker, SS-Obersturmbannführer.

Biografie

Jugend und beruflicher Werdegang

Adolf Eichmann wurde als ältester von sechs Kindern, als Sohn des Buchhalters Karl Adolf Eichmann, in Solingen geboren. Die Familie zog 1914 nach Linz, wo im Jahr 1916 Eichmanns Mutter starb. Karl Adolf Eichmann heiratete in zweiter Ehe Maria Zawrzel. Adolf Eichmann besuchte in Linz die Kaiser-Franz-Staatsoberrealschule, die er nicht abschloss, und wechselte in die Höhere Bundeslehranstalt für Elektrotechnik, Maschinenbau und Hochbau, an der er ebenfalls 1921 scheiterte. Ab diesem Zeitpunkt nahm Adolf Eichmann Gelegenheitsarbeiten an. Von 1923 bis 1925 arbeitete er, wie auch sein Vater, in der Untersberger Bergbaugesellschaft und von 1925 bis 1927 als Verkäufer für die Oberösterreichische Elektrobau AG. Von 1927 bis 1933 erhielt Adolf Eichmann durch gute Beziehungen seiner Stiefmutter zu einem Verwandten, der Präsident des Österreichischen Automobilclubs war, eine Stelle als Vertreter bei der Vacuum Oil Company AG. Dort verkaufte er sehr erfolgreich in Oberösterreich Benzin und Motoröl.

1927 trat Adolf Eichmann der „Frontkämpfervereinigung Deutsch-Österreichs“ bei. Im Jahr 1932 lernte Adolf Eichmann in Linz Ernst Kaltenbrunner kennen und er trat am 1. April 1932 der NSDAP und SS bei.

Karriere in der NSDAP

1933 verlor Adolf Eichmann seine Stelle bei der Vacuum Oil Company und beschloss, nach Deutschland zu übersiedeln, wurde Mitglied der Österreichischen Legion und trat eine militärische Ausbildung bei der SS zunächst in Klosterlechfeld in Bayern, dann in Dachau an, die er nach 14 Monaten als Unterscharführer abschloss. 1934 kam Adolf Eichmann zum Sicherheitsdienst (SD) der SS in Berlin. Dort übernahm er zunächst das Referat II-111, wo er Material von Freimaurerlogen zu ordnen und katalogisieren hatte. Das Referat II-112 wurde 1935/1936 von Leopold Itz Edler von Mildenstein, SS-Offizier und Unterscharführer im Sicherheitsdienst des SD, gegründet und beinhaltete die genaue Dokumentation der jüdischen Vereins- und Presseaktivitäten und in Zusammenarbeit mit der Gestapo die Kontrolle über sie. 1935 wechselte Eichmann, dessen penible Arbeit von Leopold Itz Edler von Mildenstein, geschätzt wurde, in das Referat II-112 Juden des SD-Hauptamtes. Adolf Eichmann spezialisierte sich als Sachbearbeiter für die zionistischen Organisationen in seiner ergebenen Art, alle Aufgaben, die ihm befohlen wurden, perfekt auszuführen, auf die Themen Zionismus, Grundkenntnisse des Hebräischen, sowie Ansiedlungen im damaligen Palästina, wohin er sogar im Jahr 1937 reiste. Er lernte das Judentum auf seine Art kennen, indem er in Akten und Büchern genügend Gründe für seine antisemitische Weltanschauung und seine Überzeugung von der jüdischen Weltverschwörung fand und später daraus folgend, seine Erkenntnisse über die einzige Lösung, die Vernichtung des jüdischen Volkes, in die Tat umsetzte.

Adolf Eichmann und seine Tätigkeit in Wien

Sehr bald nach dem Anschluss wurde Adolf Eichmann nach Wien beordert, um in Österreich im SS-Oberabschnitt Donau ein Referat II-112 aufzubauen. Eichmann befand sich ab 16. März 1938 in Wien. Während einer Aktion in den Räumen der Israelitischen Kultusgemeinde 1., Seitenstettengasse 4, am 18. März 1938 wurden der Leiter der Israelitischen Kultusgemeinde Desider Friedmann und der Amtsdirektor Josef Löwenherz verhaftet, die Büros der Israelitischen Kultusgemeinde wurden geschlossen. Die Hauptaufgaben Eichmanns bestanden zunächst aus der strengen Kontrolle der im Mai 1938 wieder eröffneten, Israelitischen Kultusgemeinde, sowie der Beschleunigung der jüdischen Auswanderung. Unter dieser Prämisse konnten alle jene Organisationen ihre Tätigkeiten wieder aufnehmen, die entweder „jüdisch-neutral" oder zionistisch ausgerichtet waren. Die Vertreter der zionistischen Organisationen wurden oftmals zu Eichmann zitiert und mussten stehend seine Befehle und Anordnungen entgegennehmen. Zum selben Zeitpunkt konnten auch die zionistischen Jugendbünde, das Palästinaamt und die als Dachverband fungierende Pionierorganisation Hechaluz ihre Aktivitäten unter der Bedingung der forcierten Auswanderung wieder fortsetzen. Die vormals zersplitterten Organisationen und Vereine wurden neben der Israelitischen Kultusgemeinde in zwei Dachorganisationen zusammengefasst: Palästinaamt und Zionistischer Landesverband für Deutsch-Österreich mit zugehörigen Bezirkssektionen und Unterorganisationen arbeiteten aufs Engste zusammen. Adolf Eichmann setzte sich zunächst vehement dafür ein, so viele Juden wie möglich zur Auswanderung zu bringen. Dazu mussten die Israelitische Kultusgemeinde und dessen Leiter Josef Löwenherz kooperieren und jeden Befehl seitens Eichmanns ausführen. Im Kontakt mit Josef Löwenherz trat Eichmann als erbarmungsloser Verhandler auf, indem er die Israelitische Kultusgemeinde dazu zwang, ihr eigenes Vermögen und das der jüdischen Vereine und Stiftungen zu liquidieren, um die Fürsorge für sogenannte „nicht auswanderungsfähige Juden“ zu finanzieren. Ähnliche Zentralstellen wurden in Berlin und Prag geschaffen.

Auf die Auswanderungsabteilung der Israelitischen Kultusgemeinde kam ein kaum zu bewältigender Ansturm an Gesuchen für die Auswanderung zu, die betroffenen Jüdinnen und Juden hatten nahezu keine Chance, alle notwendigen Dokumente zu beschaffen und daher regten Funktionäre der Israelitischen Kultusgemeinde selbst, an, eine zentrale Stelle dafür zu schaffen. Die Zentralstelle für jüdische Auswanderung wurde am 20. August 1938 im arisierten Rothschildpalais (4., Prinz-Eugen-Straße 20-22) eingerichtet. Die formale Leitung hatte der SD-Führer des Oberabschnitts Donau, Franz Walter Stahlecker inne, tatsächlich aber wurde die Zentralstelle von Adolf Eichmann kontrolliert. Die Mitarbeiter der „Beraubungsinstitution“ Zentralstelle für jüdische Auswanderung setzten die jüdischen Betroffenen so sehr unter Druck, dass sie in Form willkürlich angesetzter hoher Gebühren ihres Vermögens vollkommen beraubt wurden. Eichmann selbst gab eine Zahl von 50.000 Menschen an, die bis Ende September 1938 ausgewandert waren, diese Zahl wurde jedoch vom Historiker Hans Safrian in seinem Buch „Die Eichmann-Männer“ auf Seite 46 als eine von „überhöhten Vertreibungszahlen“ bezeichnet. In jedem Fall wurde die Zentralstelle in Wien als höchst erfolgreich und effizient angesehen, sodass sie als Modell für das gesamte Reichsgebiet eingesetzt werden sollte. Diese Frage stellte sich besonders nach dem Novemberpogrom, als die Zahl der verzweifelten Juden, die fliehen mussten, noch weiter angestiegen war.

In Prag wurde nach dem Vorbild Wiens eine von Adolf Eichmann geleitete Zentralstelle für jüdische Auswanderung im Sommer 1939 gegründet.

Erste Deportationen von Juden aus Wien und Mährisch-Ostrau nach Nisko am San

Eichmanns ganzes Bestreben lag auch noch 1939/1940 darin, so viele Juden wie möglich aus dem Reichsgebiet zu vertreiben. Da die Auswanderungsmöglichkeiten mit Ausbruch des Zweiten Weltkriegs am 1. September 1939 noch weiter eingeschränkt wurden, plante und organisierte Adolf Eichmann 1939 die erste Deportation von jüdischen Männern in den Osten. Tausende Juden aus Kattowitz, Mährisch-Ostrau und Wien sollten in ein Reservat östlich von Nisko am Fluss San umgesiedelt werden. Die Auswahl von 1000 bis 1200 angestrebten Personen aus Wien wurde der Israelitischen Kultusgemeinde auferlegt. Die ersten Transporte aus Mährisch-Ostrau mit 900 Männern wurden am 18. Oktober 1939 und aus Wien mit 912 Männern am 20. Oktober 1939 losgeschickt. Aus Wien waren insgesamt 1600 Männer zwangsverpflichtet. Gepäck und schweres Gerät zum Barackenbau mussten mitgenommen werden. Bei der Ankunft aber wurden die meisten Männer schwer misshandelt, mussten Zwangsarbeit leisten, waren sich selbst überlassen oder wurden in Richtung russische Grenze weitergebtrieben. Das Projekt scheiterte, ein Teil der Deportierten aus Wien konnte 1940 zurückkehren. Ein ähnlicher Plan Eichmanns zur massenweisen Ansiedlung von Juden in Madagaskar wurde nicht realisiert.

Adolf Eichmann - Organisator des Holocaust

Ende 1939/Anfang 1940 wurde Adolf Eichmann zum Leiter des Referates IV D 4 (Räumungsangelegenheiten und Reichszentrale für jüdische Auswanderung) des Reichssicherheitshauptamtes bestellt. Als 1941 die gesamte Auswanderung für Juden verboten wurde, begann der Weg der sogenannten „Endlösung der Judenfrage“ durch Deportationen, Einrichtungen von Ghettos, Konzentrations- und Vernichtungslagern. Um das erreichen zu können, benötigte man einen Koordinator. Nach der Umstrukturierung des Reichssicherheitshauptamtes wurde das Referat IV D 4 zum Referat IV B 4 Juden und Räumungsangelegenheiten umbenannt. Eichmann wurde für die Organisierung und den reibungslosen Ablauf der Transporte mit Zügen verantwortlich. Im Herbst 1941 fanden in der Vernichtungsstätte Kulmhof (Chelmno) bei Łŏdz erstmals Vergasungen in Gaswägen statt, worüber sich Eichmann auch an Ort und Stelle informierte. Ebenfalls 1941 besuchte er die Vernichtungslager Belzec und Auschwitz-Birkenau. Auf der Wannseekonferenz vom 20. Jänner 1942 wurde die „Endlösung“ beschlossen, Adolf Eichmann spielte auch hier eine der Hauptrollen. Er führte das Protokoll. 1944 wurde Adolf Eichmann verantwortlich für die Deportation der ungarischen Juden.

Das Verfahren gegen Adolf Eichmann vor dem Volksgericht Wien

Das Strafverfahren gegen Adolf Eichmann und weitere Angehörige des Reichssicherheitshauptamtes sowie der Zentralstelle für jüdische Auswanderung wurde vor dem Volksgericht Wien im September 1946 eingeleitet, aber am 27. Jänner 1948 abgebrochen, da Eichmann unbekannten Aufenthalts war. Nach Zeitungsberichten aus dem Jahr 1954, nach denen Eichmann in Altaussee gesehen worden wäre, brachten das Verfahren der Aufenthaltsermittlung wieder in Gang und Ende September 1955 wurde das Strafverfahren wieder fortgesetzt, ohne dass man auch zu dieser Zeit wusste, wo sich Eichmann befand. Dieses Strafverfahren, welches nach Ende der Volksgerichtsbarkeit beim Landesgericht für Strafsachen weitergeführt wurde, befindet sich im Wiener Stadt- und Landesarchiv.

Adolf Eichmann 1945 bis 1962

Eichmann hielt sich zunächst im Ausseerland auf, übersiedelte dann nach Deutschland und wurde dort von Amerikanern verhaftet. Es gelang ihm jedoch, aus dem Internierungslager der Amerikaner in Oberdachstetten zu fliehen, sich eine neue Identität zu beschaffen und zunächst in Deutschland und ab 1950 in Argentinien unter falschem Namen (Ricardo Klement) zu leben. Auf Betreiben des hessischen Generalstaatsanwaltes Fritz Bauer wurde Eichmann am 11. Mai 1960 vom Israelischen Geheimdienst Mossad gefangengenommen und nach einem spektakulären Prozess in Israel am 15. Dezember 1961 zum Tod durch Erhängen verurteilt, das Urteil wurde am frühen Morgen des 1. Juni 1962 vollstreckt.

Quellen

Literatur

  • Gabriele Anderl: Flucht und Vertreibung 1938-1945. In: Traude Horvath / Gerda Neyer [Hg.]: Auswanderungen aus Österreich. Von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis zur Gegenwart. Wien / Köln / Weimar: Böhlau 1996
  • Gabriele Anderl / Dirk Rupnow: Die Zentralstelle für jüdische Auswanderung als Beraubungsinstitution. Wien / München: Oldenbourg 2004
  • Shoshana Duizend-Jensen: Jüdische Gemeinden, Vereine, Stiftungen und Fonds. „Arisierung“ und Restitution. Wien: Manz 2004 (Österreichische Historikerkommission, 21/2)
  • Alan Levy: Die Akte Wiesenthal. Wien: Überreuter Verlag 1995
  • Doron Rabinovici: Instanzen der Ohnmacht. Wien 1938-1945. Der Weg zum Judenrat. Frankfurt am Main: Suhrkamp 2000
  • Werner Renz [Hg.]: Interessen um Eichmann. Israelische Justiz, deutsche Strafverfolgung und alte Kameraden. Frankfurt / New York: Campus Verlag 2012 (Wissenschaftliche Reihe des Fritz Bauer Instituts, 20)
  • Herbert Rosenkranz: Verfolgung und Selbstbehauptung. Die Juden in Österreich 1938-1945. Wien: Herold 1978
  • Hans Safrian: Eichmann und seine Gehilfen. Frankfurt am Main: Fischer 1997
  • Siegfried Sanwald: Adolf Eichmann und die österreichische Justiz. Neue Aspekte auf der Grundlage des Akts des Bundesministeriums für Justiz der Republik Österreich (“Ministeriumsakt): In: Zeithistoriker, Archivar, Aufklärer. Festschrift für Winfried R. Garscha. Hg. von Claudia Kuretsidis-Haider und Christian Schindler im Auftrag des Dokumentationsarchivs des Österreichischen Widerstandes und der Zentralen österreichischen Forschungsstelle Nachkriegsjustiz. Wien: Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes 2017, S. 243-256
  • Irmtrud Wojak: Die Rechtfertigungen des Adolf Eichmann. In: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht 53/12 (2002), S. 727-736

Weblinks