Hilde Spiel

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Daten zur Person
Personenname Spiel, Hilde
Abweichende Namensform Spiel, Hilde Maria Eva; Mendelssohn, Hilde de; Grace Hanshaw; Jean Lenoir
Titel Dr. phil., Prof. h. c.
Geschlecht weiblich
PageID 6162
GND 118751980
Wikidata Q93872
Geburtsdatum 19. Oktober 1911
Geburtsort Wien
Sterbedatum 30. November 1990
Sterbeort Wien
Beruf Schriftstellerin, Journalistin, Übersetzerin
Parteizugehörigkeit
Ereignis
Nachlass/Vorlass Wienbibliothek im Rathaus
Objektbezug Hilde-Spiel-Gasse, NS-Zeit, 1945 bis heute
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien, Gedenktage
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Letzte Änderung am 22.11.2023 durch WIEN1.lanm09ua1
Begräbnisdatum
Friedhof Friedhof Bad Ischl
Grabstelle
  • 19., Cottagegasse 63 (Sterbeadresse)
  • 19., Probusgasse 5 (Letzte Wohnadresse)
  • 3., Stanislausgasse 2 (Wohnadresse)
Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft

  • Generalsekretärin des Österreichischen PEN-Clubs (1966, bis: 1971)

  • Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst I. Klasse (Verleihung: 28. Dezember 1971)
  • Goldenes Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien (Verleihung: 23. März 1972)
  • Preis der Stadt Wien für Publizistik (Verleihung: 19. Oktober 1976)
  • Julius Reich-Preis (Verleihung: 1933)
  • Donauland-Sachbuchpreis (Übernahme: 9. November 1981)
  • Goethe-Medaille (Übernahme: 1990)

Hilde Maria Eva Spiel, * 19. Oktober 1911 Wien, † 30. November 1990 Wien, Schriftstellerin, Journalistin, Übersetzerin.

Biografie

Hilde Spiel wuchs in einer assimilierten jüdischen Familie des Wiener Bürgertums auf. Nach dem Besuch der Reformschule der Eugenie Schwarzwald studierte sie von 1930 bis 1936 Philosophie an der Universität Wien. Sie besuchte Lehrveranstaltungen unter anderem bei Charlotte und Karl Bühler sowie bei Moritz Schlick. Von 1933 bis 1935, während des Studiums, war sie Mitarbeiterin der Wirtschaftspsychologischen Forschungsstelle, wo sie unter anderem Paul Lazarsfeld und Marie Jahoda kennenlernte. Über dieses Umfeld kam sie mit der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei in Kontakt, der sie 1933 beitrat. 1936 schloss sie ihr Studium an der Universität Wien mit der Promotion ab. Die zunehmend angespannter werdende politische Stimmung in Wien, die Hilde Spiel im Umfeld der Universität erlebte, und nicht zuletzt die Ermordung Moritz Schlicks veranlassten sie nach London zu emigrieren, wo sie noch im selben Jahr den deutschen Schriftsteller und Journalisten Peter de Mendelssohn heiratete.

Bereits als Jugendliche begann Hilde Spiel mit dem Schreiben. Als sie in der Wiener Kaffeehausszene im Café Herrenhof debütierte, ging sie noch zur Schule. Ab 1929 erschienen ihre Kurztexte – teilweise unter den Pseudonymen Grace Hanshaw und Jean Lenoir - beispielsweise im Neuen Wiener Journal oder der Neuen Freien Presse. Neben belletristischen Texten, hauptsächlich Erzählungen, veröffentlichte sie auch Kulturberichte und Texte zum Thema Film, dem Gegenstand ihrer Dissertation, die den Titel "Versuch einer Darstellungstheorie des Films" trug. 1933 erschien ihr Debütroman "Kati auf der Brücke", der im darauffolgenden Jahr mit dem "Julius Reich Preis" ausgezeichnet wurde. Ihr zweiter Roman, "Der Sonderzug", wurde vermutlich aufgrund der im Text vorkommenden politischen Anspielungen nicht gedruckt. 1935 folgte "Verwirrung am Wolfgangsee".

Im Exil waren Hilde Spiel und ihr Ehemann um eine rasche Integration in die britische Gesellschaft bemüht. 1938 gelang es Spiel auch ihre Eltern nach London zu holen und sie so vor Verfolgung zu schützen. 1941 erhielten Hilde Spiel und ihr Ehemann die britische Staatsbürgerschaft. Durch die Auseinandersetzung mit zeitgenössischen britischen Autoren perfektionierte Spiel ihr Englisch. Zunächst mit der Unterstützung ihres Ehemannes, der ihr bei Übersetzungen half, und bald auch eigenständig schrieb und publizierte sie in der Sprache des Gastlandes. Einige ihrer Erzählungen wurden beispielsweise im "Daily Express" veröffentlicht, doch fiel es ihr schwer, einen Verlag für ihre Bücher zu finden. "Flute and Drums" (1939) und "The Fruits of Prosperity" (1941) waren ihre ersten in englischer Sprache verfassten Romane. Da sie von ihrer schriftstellerischen Arbeit allein nicht leben konnte, war Hilde Spiel auch als Redakteurin und Übersetzerin tätig. Als Essayistin schrieb sie für die Zeitung "New Statesman".

Nach Kriegsende reiste Hilde Spiel im Auftrag des "New Statesman" als Korrespondentin für einige Wochen nach Wien. Die Eindrücke dieser Reise verarbeitete sie später im Werk "Rückkehr nach Wien. Ein Tagebuch". 1946 übersiedelte die Familie nach Berlin, wo Spiel als Übersetzerin und Literatur- und Theaterkritikerin für verschiedene deutsche und britische Zeitungen und Zeitschriften arbeitete. Ab 1948 lebte die Familie wieder in Großbritannien und Spiel war als Kulturkorrespondentin für deutsche Tageszeitungen, Zeitschriften (beispielsweise die Neue Zeitung, Süddeutsche Zeitung, Tagesspiegel, Weltwoche) und Rundfunkanstalten tätig.

Ab 1955 intensivierte sich der Kontakt zu Österreich wieder. Gemeinsam mit ihrem Mann erwarb Hilde Spiel ein Haus in St. Wolfgang im Salzkammergut, das als Sommersitz genutzt wurde und zum Treffpunkt der österreichischen Künstlerszene avancierte. 1963 kehrte Hilde Spiel endgültig nach Wien zurück, wo sie als Kulturkorrespondentin für die Frankfurter Allgemeine Zeitung arbeitete.

Hilde Spiel veröffentlichte zahlreiche Romane, Erzählungen und Essaybände. Zu ihren Hauptwerken zählen "Fanny von Arnstein oder Die Emanzipation" (1962) und "Rückkehr nach Wien" (1968). Kurz vor ihrem Tod gelang es ihr die beiden Erinnerungsbände "Die hellen und die finsteren Zeiten. Erinnerungen 1911–1946" (1989) und "Welche Welt ist meine Welt? Erinnerungen 1946–1989" (1990) fertigzustellen. In ihrem "Brotberuf" als Kulturjournalistin schrieb sie für zahlreiche namhafte deutsch- und englischsprachige Zeitungen und Zeitschriften. Als Übersetzerin übertrug sie englische Romane und Theaterstücke ins Deutsche, darunter Werke von Graham Greene, Angus Wilson und James Saunders.

Sie war Mitglied des Österreichischen PEN-Clubs und von 1966 bis 1971 als dessen Generalsekretärin aktiv. Für ihr Schaffen erhielt sie zahlreiche Auszeichnungen.

Die Wienbibliothek im Rathaus verwahrt in der Sammlung Hilde Spiel zahlreiche Briefe der Autorin.

Am 11. Februar 2003 wurde in Liesing eine Hilde-Spiel-Gasse benannt.

Quellen

Literatur

  • Austria-Forum: Hilde Spiel [Stand: 07.01.2019]
  • Literaturepochen: Spiel, Hilde [Stand: 07.01.2019]
  • Deutsche Biographie: Spiel, Hilde Maria Eva [Stand: 07.01.2019]
  • Ilse Korotin [Hg.]: biografiA. Lexikon österreichischer Frauen. Band 3. Wien / Köln / Weimar: Böhlau 2016, S. 3118
  • Maria Czwik: "Wann habe ich eigentlich studiert?". Hilde Spiel in Wien bis 1936. Diplomarbeit. Universität Wien. Wien 2013
  • Elke Krasny: Stadt und Frauen. Eine andere Topographie von Wien. Wien: Metroverlag 2008, S. 140, 183
  • Hans A. Neunzig / Ingrid Schramm [Hg.]: Hilde Spiel. Weltbürgerin der Literatur. Wien: Zsolnay 1999.
  • Gunther Martin: Damals in Döbling... Gestalten und Schauplätze einer Wiener Stadtlandschaft. Wien: Dachs 1993, S. 47
  • Isabella Ackerl / Friedrich Weissensteiner: Österreichisches Personenlexikon [der Ersten und Zweiten Republik]. Wien: Ueberreuter 1992
  • Ingo Hermann [Hg.]: Hilde Spiel, die grande dame. Gespräch mit Anne Linsel in der Reihe "Zeugen des Jahrhunderts". Göttingen: Lamuv 1992
  • Marcel Reich-Ranicki: Reden auf Hilde Spiel. München: List 1991
  • Sylvia M. Patsch [Hg.]: Österreichische Schriftsteller im Exil. Wien: Brandstätter 1986, S. 301 f.
  • Die Vertreibung des Geistigen aus Österreich. Zur Kulturpolitik des Nationalsozialismus. [Zusammenstellung der Ausstellung: Hochschule für Angewandte Kunst in Wien. Katalog: Gabriele Koller ... Für den Inhalt verantwortlich: Oswald Oberhuber]. Wien: Zentralsparkasse 1982
  • Werner Röder / Herbert A. Strauss: Biographisches Handbuch der deutschsprachigen Emigration nach 1933 / International biographical dictionary of Central European émigrés 1933-1945. Hg. vom Institut für Zeitgeschichte München und von der Research Foundation for Jewish Immigration. München [u.a.]: Saur 1980-1999
  • Hans Giebisch / Gustav Gugitz: Bio-Bibliographisches Literaturlexikon Österreichs von den Anfängen bis zur Gegenwart. Wien: Hollinek 1963
  • Kürschners biographisches Theater-Handbuch. Hrsg. von Herbert A. Frenzel [u.a.]. Berlin: de Gruyter 1956


Hilde Spiel im Katalog der Wienbibliothek im Rathaus.

Weblinks