Hans Carl Artmann

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H. C. Artmann, Langenlois, 1992, Foto: Christian Thanhäuser. WBR, HS, Nachlass Artmann, ZPH 1317, Archivbox 4, 3.6.2
Daten zur Person
Personenname Artmann, Hans Carl
Abweichende Namensform Artmann, H. C.
Titel Dr.phil.h. c.
Geschlecht männlich
PageID 30064
GND 118504533
Wikidata Q45250
Geburtsdatum 12. Juni 1921
Geburtsort Wien
Sterbedatum 4. Dezember 2000
Sterbeort Wien
Beruf Schriftsteller, Mundartdichter, Übersetzer
Parteizugehörigkeit
Ereignis
Nachlass/Vorlass Wienbibliothek im Rathaus
Objektbezug 1945 bis heute
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien, Gedenktage, Gedenktage-GW
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Letzte Änderung am 3.11.2023 durch WIEN1.lanm09fri
Begräbnisdatum 19. Dezember 2000
Friedhof Feuerhalle Simmering
Grabstelle Abteilung 1, Ring 1, Gruppe 2, Nummer 3
Ehrengrab ehrenhalber gewidmetes Grab
Bildname HCArtmann.jpg
Bildunterschrift H. C. Artmann, Langenlois, 1992, Foto: Christian Thanhäuser. WBR, HS, Nachlass Artmann, ZPH 1317, Archivbox 4, 3.6.2
  • 14., Kienmayergasse 43 (Geburtsadresse)
Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft
  • Großer Österreichischer Staatspreis (Übernahme: 20. November 1974)
  • Preis der Stadt Wien für Literatur (Übernahme: 31. Mai 1977)
  • Ehrenpreis des Österreichischen Buchhandels (Übernahme: 18. November 1997)
  • Georg-Büchner-Preis (Übernahme: 18. November 1997)
  • Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst Erster Klasse (Verleihung: 25. März 1986)
  • Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kultur (Verleihung: 26. April 1991, Übernahme: 21. Oktober 1991)
  • Franz Nabl-Preis (Übernahme: 1989)
  • Literaturpreis der Stadt Salzburg (Verleihung: 1991)
  • Johann-Nestroy-Ring (Verleihung: 29. November 1996, Übernahme: 21. Mai 1997)
  • Ring der Stadt Salzburg (Übernahme: 1981)
  • Ehrenmedaille der Stadt Wien in Gold (Verleihung: 25. September 1986, Übernahme: 8. April 1987)
  • Großes Goldenes Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich (Verleihung: 2000)

H(ans) C(arl) Artmann, * 12. Juni 1921 Wien, † 4. Dezember 2000 Wien, Schriftsteller, Übersetzer.

Biografie

Der Sohn des Schuhmachermeisters Johann Artmann und dessen Frau Marie (geborene Schneider) absolvierte nach dem Besuch der Volks- und Hauptschule von 1935 bis 1938 eine kaufmännische Lehre bei der jüdischen Firma Ignaz Reisinger (7., Zieglergasse). Eigenen Angaben zufolge war er danach als Briefträger im Postdienst tätig.

Im November 1940 wurde Artmann zur Wehrmacht eingezogen (6./Infanterie-Ersatzbataillon II/131, Engerau). An der Ostfront erlitt er am 11. Juli 1941 eine schwere Verwundung, der bis April 1942 etliche Aufenthalte in Lazaretten folgten, zuletzt in Wien. Dem erneuten Frontdienst entzog sich Artmann durch Desertion. Nach seiner Ergreifung und Verurteilung wurde er im November 1942 der Wehrmachtgefangenenabteilung Hugoslust zugeteilt.

Fortan blieb Artmann in den Fängen der Wehrmachtsjustiz. Nach einem Aufenthalt im Wehrmachtgefängnis Glatz (Schlesien) wurde er im Mai 1943 der an der Ostfront eingesetzten Feldstrafgefangenenabteilung 13 zugeteilt. Mit der Feldstrafgefangenenabteilung 19 ging es für Artmann im Mai 1944 ins Elsaß, wo er erneut desertierte und nach Wien floh. Nach seiner Ergreifung wurde Artmann erneut einer Bewährungseinheit zugeteilt, mit der er kurz vor Kriegsende bei Regensburg zu den US-Truppen überlief. Hier lernte Artmann den später als Schauspieler bekannt gewordenen Herbert Stettner kennen und folgte ihm nach Ingolstadt, wo er bis zum 1. Dezember 1945 gemeldet war. Dort entstanden erste Texte.

In den frühen Nachkriegsjahren knüpfte Artmann in Wien Verbindungen zu wichtigen Figuren des literarischen Lebens wie René Altmann ("Neue Wege"), Rudolf Felmayer (Radio Wien), Albert Paris Gütersloh ("Art-Club"), Andreas Okopenko ("publikationen einer wiener gruppe junger autoren"), Ferry Radax und Wieland Schmied. Mit Friedrich Achleitner, Konrad Bayer, Gerhard Rühm und Oswald Wiener begegnete er in den Jahren 1952/1953 den Mitgliedern der sogenannten Wiener Gruppe, an deren Gründung er wesentlich mitgewirkt hatte und der er bis Ende der 1950er Jahre angehörte.

Es entstand die "Acht-Punkte-Proklamation des poetischen Actes" und am 22. August 1953 kam es zur "Ersten Poetischen Demonstration" in der Wiener Innenstadt. Mit öffentlichen Auftritten sorgte er fortan regelmäßig für Gesprächsstoff. Seine "erweiterte poetik" präsentierte er am 13. Dezember 1954. Am 17. Mai 1955 machte das von 25 Personen gezeichnete Manifest gegen die Wiederbewaffnung Österreichs von sich reden, doch die dazugehörige Demonstration begleiteten nur sieben Teilnehmer. Außerdem entwickelte Artmann eine rege Reisetätigkeit (1954 Holland, Belgien, Frankreich, Italien; 1955 Spanien; 1958 Irland).

Seine erste Buchveröffentlichung "med ana schwoazzn dintn" (Salzburg: Otto Müller 1958) wurde ein Bestseller, der sich bis heute großer Beliebtheit erfreut. Seinen Ruf als innovativer Dichter im Wiener Dialekt festigte Artmann mit dem Band "hosn rosn baa" (Wien: Frick 1959), den er mit Friedrich Achleitner und Gerhard Rühm vorlegte. Die gemeinsame Lesung am 9. Dezember 1959 im Mozartsaal des Wiener Konzerthauses geriet zum veritablen Skandal und war der letzte Auftritt Artmanns im Umfeld der Wiener Gruppe. Im selben Jahr erschienen Übertragungen aus dem Keltischen unter dem Titel "Der Schlüssel des Heiligen Patrick" (Salzburg: Otto Müller) sowie die postbarocken Geschichten "Von denen Husaren und anderen Seil-Tänzern" (München: Piper). Die beiden Bände bildeten den Auftakt für eine rege literarische Produktion Artmanns, die in den nächsten vier Jahrzehnten in Buchform oder in Zeitschriften (beispielsweise "eröffnungen") auf den Markt kam.

Es folgten unstete Wanderjahre, die Artmann nach Stockholm (1961), West-Berlin (1962, 1965, 1968), Lund und Malmö (1963), Graz (1966) und Rennes (1969) führten. Zur Ruhe kam er 1972, wo er sich – frisch mit Rosa Pock verheiratet – in Salzburg niederließ. 1973 war Artmann Gründungsmitglied und später zeitweise Präsident der Grazer Autorenversammlung ("Anti-P.E.N."), die er 1978 verließ. Ebenfalls 1973 wurde Artmann Mitglied der Akademie der Künste in West-Berlin.

1995 übersiedelte er nach Wien, wo er eine Lehrtätigkeit an der Wiener Schule für Dichtung annahm, die sich in dem Band "Lyrik als Aufgabe" (Wien: Passagen-Verlag 1995) widerspiegelt. Der FPÖ-Obmann Jörg Haider sorgte während des Wiener Gemeinderatswahlkampfs mit der Unterstellung, Artmann begleiche Steuerschulden mit Fördermitteln des österreichischen Wissenschaftsministeriums, für einen Skandal. Es kam zu zahlreichen Solidaritätsaktionen, unter anderem im Literaturhaus Wien.

Artmanns literarisches Lebenswerk erfuhr 1997 mit der Verleihung des Georg-Büchner-Preises in Darmstadt sowie des Friedenspreises des Österreichischen Buchhandels ihren Höhepunkt. Er starb am 4. Dezember 2000 in Wien.

2002 wurde der H.-C.-Artmann-Park in Breitensee nach dem Literaten benannt und 2016 eine Gedenktafel an seinem Geburtshaus in der Kienmayergasse (ebenfalls in Breitensee) enthüllt. 2004 übernahm die Wienbibliothek im Rathaus Artmanns literarischen Nachlass sowie dessen Bibliothek. Die Stadt Wien stiftete ihm zu Ehren im gleichen Jahr den H.C.-Artmann-Preis, der alle zwei Jahre verliehen wird.

Werke (Auswahl)

  • H. C. Artmann: das suchen nach dem gestrigen tag oder schnee auf einem heißen brotwecken. Olten: Walter 1964
  • H. C. Artmann: verbarium. Olten: Walter 1966
  • H. C. Artmann: allerleirausch. Berlin: Rainer 1967
  • H. C. Artmann: Grünverschlossene Botschaft. Salzburg: Residenz 1967
  • H. C. Artmann: Fleiß und Industrie. Frankfurt/M.: Suhrkamp 1967
  • H. C. Artmann: ein lilienweißer brief aus lincolnshire. Frankfurt/M.: Suhrkamp 1969
  • H. C. Artmann: die fahrt zur insel nantucket. Neuwied / Berlin: Luchterhand 1969
  • H. C. Artmann: Die Anfangsbuchstaben der Flagge. Salzburg: Residenz 1969
  • H. C. Artmann: The Best of H. C. Artmann. Frankfurt/M.: Suhrkamp 1970
  • H. C. Artmann: Das im Walde verlorene Totem. Salzburg: Residenz 1970
  • H. C. Artmann: Detective Magazine der 13. Salzburg: Residenz 1971
  • H. C. Artmann: How much, schatzi? Frankfurt/M.: Suhrkamp 1971
  • H. C. Artmann: Der aeronautische Sindtbart. Salzburg: Residenz 1972
  • H. C. Artmann: Von der Wiener Seite. Berlin: LCB 1972
  • H. C. Artmann: Unter der Bedeckung eines Hutes. Salzburg: Residenz 1974
  • H. C. Artmann: Aus meiner Botanisiertrommel. Salzburg: Residenz 1975
  • H. C. Artmann: Die Jagd nach Dr. U. Salzburg: Residenz 1977
  • H. C. Artmann: Nachrichten aus Nord und Süd. Salzburg / Wien: Residenz 1978
  • H. C. Artmann: Grammatik der Rosen. Gesammelte Prosa in drei Bänden. Salzburg / Wien: Residenz 1979
  • H. C. Artmann: Kein Pfeffer für Czermak. Wien / München: Sessler 1980
  • H. C. Artmann: Die Sonne war ein grünes Ei. Salzburg / Wien: Residenz 1982
  • H. C. Artmann: Im Schatten der Burenwurst. Salzburg / Wien: Residenz 1983
  • H. C. Artmann: gedichte von der wollust des dichtens in worte gefaßt. Salzburg / Wien: Residenz 1989
  • H. C. Artmann: Das Poetische Werk in 10 Bänden. Berlin: Rainer sowie München / Salzburg: Renner 1993/94
  • H. C. Artmann: Register der Sommermonde und Wintersonnen. Salzburg / Wien: Residenz 1994
  • H. C. Artmann: Gesammelte Prosa in vier Bänden. Salzburg / Wien: Residenz 1997
  • H. C. Artmann: Eine Lektion in Poesie wird vorbereitet. Graz: Droschl 1998
  • H. C. Artmann: Sämtliche Gedichte. Salzburg / Wien: Residenz 2003

Übersetzungen, Nachdichtungen

  • Carl von Linné: Lappländische Reise. Frankfurt/M.: Insel 1964
  • Bram Stoker: Dracula. München: Hanser 1967
  • François Villon: Baladn. Frankfurt/M.: Insel 1968
  • H. P. Lovecraft: Cthulhu. Frankfurt/M.: Insel 1968
  • Carlo Goldoni: Der Diener zweier Herren. Wien, München: Sessler 1981
  • Da Legionäa Asterix. Wien: Egmont 1999
  • Carlo Goldoni: Stücke. Salzburg / Wien / Frankfurt/M.: Residenz 2001

Quellen

Literatur

  • Ö 1: Der Provokateur im Anzug, 29.07.2018 [Stand: 04.02.2021]
  • Heide Kunzelmann: Ich bin ja der Proteus. H. C. Artmanns Poetik der Wandelbarkeit. Wien: Sonderzahl 2013
  • Marc-Oliver Schuster: Aufbau wozu. Neues zu H. C. Artmann. Würzburg: Königshausen & Neumann 2010
  • Marcel Atze / Hermann Böhm [Hg.]: "Wann ordnest Du Deine Bücher?" Die Bibliothek von H. C. Artmann. Wien: Sonderzahl 2005
  • Stadt Wien übernimmt H. C. Artmann-Nachlass. In: Rathaus-Korrespondenz, 08.09.2004
  • Helene Röbl: Die Fahrt zur Insel Nantucket. Einige ausgewählte Theaterstücke als Beispiel für H. C. Artmanns poetische Verfahren. Stuttgart: Heinz 1998 (Stuttgarter Arbeiten zur Germanistik, 355)


H. C. Artmann im Katalog der Wienbibliothek im Rathaus.

Weblinks