Gerhard van Swieten

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Gerard Van Swieten. In: Ignaz Wurz: Trauerrede auf... Gerard Freyherrn van Swieten...Wien: Trattner 1772
Daten zur Person
Personenname Swieten, Gerhard van
Abweichende Namensform Swieten, Gerard van
Titel Dr. med., Freiherr
Geschlecht männlich
PageID 22315
GND 118758055
Wikidata Q711132
Geburtsdatum 7. Mai 1700
Geburtsort Leiden, Niederlande
Sterbedatum 18. Juni 1772
Sterbeort Schönbrunn
Beruf Arzt, Staatsmann
Parteizugehörigkeit
Ereignis
Nachlass/Vorlass
Objektbezug Maria-Theresien-Denkmal, Frühe Neuzeit
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien, Gedenktage, Gedenktage-GW
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Letzte Änderung am 1.02.2024 durch WIEN1.lanm09fri
Begräbnisdatum
Friedhof Augustinerkirche
Grabstelle Georgskapelle
Bildname GerardVanSwieten.jpg
Bildunterschrift Gerard Van Swieten. In: Ignaz Wurz: Trauerrede auf... Gerard Freyherrn van Swieten...Wien: Trattner 1772

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Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft

  • Präses der medizinischen Fakultät (1749, bis: 1753)
  • Präfekt der Hofbibliothek (1745, bis: 1772)

Gerhard (Gerard) van Swieten, * 7. Mai 1700 Leiden, Niederlande, † 18. Juni 1772 Schönbrunn (Kaiserstöckel), Arzt, Staatsmann.

Biografie

Einem alten holländischen Geschlecht entstammend, studierte Swieten zunächst Philosophie in Löwen und dann Medizin an der Universität Leiden bei Herman Boerhaave (Dr. med. 1725). Er praktizierte zunächst als Arzt und habilitierte sich 1736. Zwar vertrat er Boerhaave während einer Erkrankung, konnte als Katholik aber nicht sein Nachfolger an der protestantischen Universität Leiden werden.

Im Sommer 1745 wurde der Mediziner von Franz I. als Leibarzt für Maria Theresia nach Wien berufen und zugleich zum Präfekten der Hofbibliothek bestellt – eine Funktion, die er bis zu seinem Tod bekleidete. Van Swieten wurde Inspektor des medizinischen Unterrichts in Österreich, reorganisierte als Präses der medizinischen Fakultät (1749–1753) die universitäre Ausbildung der Ärzte und gestaltete das zivile und militärische Sanitätswesen in den Erblanden um. Er initiierte den Bau der Aula für die Universität (heute Österreichische Akademie der Wissenschaften), holte (unterstützt durch Wenzel Graf Kaunitz) bedeutende Wissenschaftler wie beispielsweise Anton de Haen, Anton von Störck und Maximilian Stoll) als Lehrer nach Wien, richtete chemische und physikalische Labors ein und begründete die erste Wiener Schule für Tierärzte (die heutige Veterinärmedizinische Universität), Hebammenschulen und Findelhäuser.

Mit Hilfe des Sanitätsreferenten Joseph Freiherr von Quarin reorganisierte Swieten die verwahrlosten Spitäler und Heilanstalten. Die Chirurgie machte er zu einem eigenen Lehrfach, lehrte selbst als erster Physiologie und Pathologie (in einem Hörsaal der Hofbibliothek) und etablierte in Österreich den direkten Unterricht der Studenten am Krankenbett. Er führte das Sublimat zur Behandlung der Syphilis ("Liquor Swieteni") und neue Methoden in der Blatternbekämpfung ein. Auch die Anlage des Botanischen Gartens am Rennweg geht auf einen Vorschlag van Swietens zurück. Mit diesen und anderen Reformen gilt er als der Begründer der Älteren Wiener Medizinischen Schule.

Auch jenseits der Medizin wirkte er im Geist der Aufklärung. Van Swieten richtete in der Hofbibliothek erstmals einen Lesesaal ein und öffnete die Bibliothek damit für weite Leserkreise. Außerdem ließ er aktuelle wissenschaftliche Literatur aus westeuropäischen Städten für die Bibliothek ankaufen. In seiner Funktion als Leiter der Studien- und Bücherzensur-Hofkommission bewirkte er eine bedeutende Lockerung der Zensurbestimmungen. Auch im Kampf gegen mancherorts verbreiteten Aberglauben machte sich der Niederländer einen Namen. So konnte er angeblichen Vampirismus als Ergebnis natürlicher Prozesse dekonstruieren.

Seine eigenen Erfahrungen und klinischen Beobachtungen veröffentlichte van Swieten als "Kommentare" zu den Aphorismen seines Lehrers Boerhaave sowie im Rahmen anderer Publikationen, so auch über den "Vampyrismus" (1768). Er war Mitglied zahlreicher gelehrter Gesellschaften. 1753 erhielt er den Titel Freiherr, 1758 jenen eines Reichsfreiherrn.

In Wien finden sich zahlreiche Spuren der Erinnerung an den Mediziner. Hier befinden sich der Sitz der Internationalen Van Swieten Gesellschaft, die Van-Swieten-Gasse im 9. Bezirk sowie der 1896 errichtete Van-Swieten-Hof in der Inneren Stadt. In der Augustinerkirche ist sein Grabmal. Neben den Swietendenkmal ist sein Standbild auch Teil des Maria-Theresien-Denkmals. Der Standort des Heeresspitals in Wien-Floridsdorf wurde 1967 Van-Swieten-Kaserne genannt.

Literatur

  • Christian Blankenstein: Ein Mann des Fortschritts. In: Wiener Zeitung, 13.03.2010, Extra S. 2
  • Sabine Fellner / Katrin Unterreiner: Medizin in Wien. Semmelweis, Billroth & Co. Wien: Metroverlag 2010, S. 21 ff.
  • Franz Hawla: Was wäre Wien ohne ... Von zugewanderten echten Wienerinnen und Wienern. Wien: Verband Wiener Volksbildung 2001, S. 391 ff.
  • Hanns Jäger-Sunstenau: Die Ehrenbürger und Bürger ehrenhalber der Stadt Wien. Wien: Deuticke 1992 (Forschungen und Beiträge zur Wiener Stadtgeschichte, 23), S. 21
  • Maria Pötzl-Malikova: Das Grabmal Gerhard van Swietens in der Augustinerkirche in Wien. In: Alte und moderne Kunst. Österreichische Zeitschrift für Kunst, Kunsthandwerk und Wohnkultur 29 (1984), Heft 196/197, S. 25 ff.
  • Biographisches Wörterbuch zur deutschen Geschichte. Begründet von Hellmuth Rössler und Günther Franz, bearbeitet von Karl Bosl [u. a.]. Band 3: S–Z. Register. München: A. Francke 1975
  • Erna Lesky / Adam Wandruszka [Hg.]: Gerhard van Swieten und seine Zeit. Internationales Symposium, veranstaltet von der Universität Wien im Institut für Geschichte der Medizin, 8.–10. Mai 1972. Wien: Böhlau 1973
  • Henry E. Sigerist: Große Ärzte. Eine Geschichte der Heilkunde in Lebensbildern. München: Lehmann 1970, S. 183 ff.
  • Erna Lesky: Die Wiener medizinische Schule im 19. Jahrhundert. Wien [u. a.]: Böhlau 1965 (Studien zur Geschichte der Universität Wien, 6)
  • Erna Lesky: Österreichisches Gesundheitswesen im Zeitalter des aufgeklärten Absolutismus. In: Archiv für Österreichische Geschichte 122 (1959), Heft 1
  • Hugo Glaser: Wiens große Ärzte. Wien: Wiener Volksbuchverlag 1947, S. 27 ff.
  • Otto Bergmeister: Gerhard van Swieten. In: Wiener klinische Wochenschrift 21 (1908), Heft 10
  • Ernst van Leyden: Van Swieten und die moderne Klinik. In: Münchner medizinische Wochenschrift 41 (1894), S. 786 f., Deutsche Medizinische Woche 20 (1894), S. 750 ff.
  • Egydius Freiherr von Swieten: Die Reform des Universitätsstudiums in Österreich durch Gerhard van Swieten. In: Österreich-Ungarische Revue Neue Folge 6 (1888), S. 197 ff., Neue Folge 7 (1888/1889), S. 21 ff.
  • Alexander Gigl: Gerhard van Swietens Berufung als Leibarzt der kaiserlichen Familie und dessen persönliche Beziehungen zur Kaiserin Maria Theresia. In: Österreich-Ungarische Revue Neue Folge 6 (1888), S. 113 ff.
  • Willibald Müller: Gerhard van Swieten. Biographischer Beitrag zur Geschichte der Aufklärung in Österreich. Wien: Braumüller 1883
  • Constantin von Wurzbach: Biographisches Lexikon des Kaiserthums Österreich. Enthaltend die Lebensskizzen der denkwürdigen Personen, welche 1750 bis 1850 im Kaiserstaate und in seinen Kronländern gelebt haben. Band 41. Wien: Verlag der typografisch-literarisch-artistischen Anstalt 1880, S. 37 ff.
  • August Fournier: Gerhard van Swieten als Censor. Wien: Gerold 1877

Weblinks