Eduard Suess

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Daten zur Person
Personenname Suess, Eduard
Abweichende Namensform Eduard Sueß
Titel o. Univ.-Prof.
Geschlecht männlich
PageID 21697
GND 118757709
Wikidata Q156941
Geburtsdatum 20. August 1831
Geburtsort London 4074335-4
Sterbedatum 26. April 1914
Sterbeort Wien 4066009-6
Beruf Geologe, Paläontologe, Politiker
Parteizugehörigkeit Verfassungspartei, Mittelpartei
Ereignis Aufnahme Eduard Suess' in die Wasserversorgungskommission, Bericht der Wasserversorgungskommission 1864, Beschluss des Bauprojekts zur Ersten Hochquellenleitung
Nachlass/Vorlass
Objektbezug Langes 19. Jahrhundert, Wasserversorgung, Wasserversorgungskommission, Erste Hochquellenleitung
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien, Gedenktage
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Recherche
Letzte Änderung am 22.11.2023 durch DYN.gzemann
Begräbnisdatum
Friedhof Friedhof Marzfalva, Komitat Sopron (Ödenburg), Ungarn
Grabstelle
Bildname Eduard Suess.jpg
Bildunterschrift Foto von Eduard Suess
  • 9., Afrikanergasse 2 (Sterbeadresse)
Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft
  • Abgeordneter zum Niederösterreichischen Landtag (1869)
  • Mitglied des Gemeinderates der Stadt Wien (1863 - 1873)
  • Mitglied des Gemeinderates der Stadt Wien (1882 - 1886)
  • Generalsekretär der Akademie der Wissenschaften (1890 - 1893)
  • Mitglied des Reichsrates (1873 - 1897)
  • Präsident der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften (1898 - 1911)

  • Ehrenbürger der Stadt Wien (Verleihung: 17. Oktober 1873)

Eduard Suess, * 20. August 1831 London, † 26. April 1914 Wien, Geologe, Paläontologe, Politiker.

Jugend

Eduard Suess stammte aus einer Fabrikantenfamilie. Aus Prag übersiedelte die Familie nach Wien 1845 das Akademische Gymnasium besuchte. Ab 1846 studierte er auf Wunsch seines Vaters am Polytechnikum (später auch in Prag). Das Jahr 1848 unterbrach seine Studien. 1851 veröffentlichte er seine erste wissenschaftliche Studie über Grapholithen. Seine angebliche politische Betätigung brachte ihn vor ein Kriegsgericht, doch verhalf ihm der Direktor der Geologischen Reichsanstalt, Wilhelm Karl Haidinger, wieder zur Freiheit.

Wissenschaftliche Karriere und Leistung

Am 8. Mai 1852 wurde Suess Assistent am Hofmineralienkabinett. Suess verdankte Haidinger auch seine Ernennung zum ao. Prof. für Paläontologie (1857; Emeritierung 1901). 1862 übernahm Suess die Lehrkanzel für Geologie (o. Prof. 1867) und schied aus dem Museumsdienst; sein im selben Jahr erschienenes Werk "Der Boden der Stadt Wien" begründete seinen Ruf. In der Geologie begründete er eine die historischen Dimensionen der Erdentwicklung betonende methodische Sichtweise. 1875 veröffentlichte Suess eine Studie zur Entstehung der Alpen in dem er die Erklärung der Entstehung von Kettengebirgen revolutionierte. In seinem Haupt- und Lebenswerk, „Das Antlitz der Erde" (drei Bände, 1883-1909), dehnte er sein Erklärungsmodell auf die gesamte Erde aus. Auf Suess gehen die Begriffe Tethys für jenen Urozean, der die Urkontinente Laurasia und Gondwanaland trennte, und Bio-, Litho- und Hydrosphäre zurück. Als Reformer in der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und an der Universität kämpfte er für die Modernisierung der wissenschaftlichen Infrastruktur. 1885 bis 1890 war Suess Sekretär, 1890 bis 1893 Generalsekretär, 1893 bis 1898 Vizepräsident und (nach dem Ausscheiden aus dem politischen Leben) 1898 bis 1911 Präsident der Akademie der Wissenschaften. 1888 zum Rektor der Universität gewählt resignierte er bereits 1889 auf Grund anhaltender antisemitischer Attacken deutscher Burschenschaften.

Politische Tätigkeit

Karrikatur Eduard Suess' mit Allegorien zu seinen beiden politischen Projekten, der Ersten Hochquellenleitung und der Donauregulierung auf der Titelseite des satirischen Wochenmagazins Der Floh vom 13. April 1873

Suess, der auch um die Lösung praktische Fragen seines Fachs bemüht war, wurde 1863 in den Gemeinderat gewählt, dem er bis 1873 und dann nochmals von 1882 bis 1886 angehörte. Der Gemeinderat beschäftigte sich seit 1861 intensiv mit dem Thema der Wasserversorgung. Dieses Thema war auch Suess ein großes Anliegen, das er in seinem im April 1862 erschienenen Buch „Der Boden der Stadt Wien“ ausführlich thematisierte. Im November 1862 kommentierte er in einem dreiteiligen Beitrag in der Wiener Zeitung die auf eine Ausschreibung des Gemeinderates zur künftigen Wasserversorgung eingereichten Projekte. Im März 1863 wurde er als Gast zu den Sitzungen der Wasserversorgungskommission des Gemeinderates eingeladen. Wohl auf Betreiben Cajetan Felders, dessen Mittelpartei er sich anschloss, wurde er im April zuerst in den Gemeinderat gewählt. Am 26. Juni 1863 wurde er als reguläres Mitglied in die Wasserversorgungskommission aufgenommen.

Als Fachmann übernahm er rasch die Leitung der Feldstudien in den in Frage kommenden Quellgebieten, auch an den Quellen der Fischa-Dagnitz, die vom Kommissions-Obmann August Zang bevorzugt wurden. Schnell gelangte er zur Überzeugung, dass alle bisher in Betracht gezogenen Quellen durch bereits eingetretene oder zukünftig zu erwartende menschgemachte Verunreinigungen ungeeignet waren und daher Quellen im Hochgebirge genutzt werden sollten:

Der Grundsatz, von dem ausgegangen werden mußte, war, daß zum menschlichen Genuße das reinste erreichbare Wasser unter Überwindung aller Schwierigkeiten geboten werden soll. Da die gefährlichste Verunreinigung, nämlich jene organischen Ursprunges, an den Wohnstätten der Menschen haftet, mußten Infiltrationsgebiete gesucht werden, die außerhalb der Besiedelung liegen. Solche waren nur auf den Hochflächen der Alpen vorhanden und die Frage war nun, ob die Quellen an dem Fuße dieser Hochflächen (Schneeberg, Rax u. a.) trotz ihrer Entfernung in Vorschlag zu bringen seien.[1]

Auf sein Betreiben wurden die Untersuchungen auf die Hochquellen Kaiserbrunn und Stixenstein sowie die Altaquelle ausgedehnt. Technische Unterstützung erhielt Suess durch den Civil-Ingenieur Carl Junker, politisch förderte Vizebürgermeister Cajetan Felder die Idee der Nutzung von Hochquellwasser. Nach dem Ausscheiden August Zangs aus der Wasserversorgungskommission und dem Gemeinderat (offiziell wegen „Ueberhäufung mit Geschäften“ [2], laut Felders Erinnerung wegen Differenzen mit Suess[3]) übernahm Cajetan Felder deren Leitung. Im Frühling 1864 legte Suess im Namen der Wasserversorgungskommission einen Bericht über die bisherigen Untersuchungen vor, dessen Ergebnisse er am 10. Juni 1864 dem Gemeinderat präsentierte. Mit seinem sowohl inhaltlich fundierten als auch emotionalen Referat und in den folgenden Debatten konnte er die Mehrheit der Gemeinderäte von der Nutzung der Hochquellen überzeugen. Am 12. Juli 1864 stimmten die Gemeinderäte mit 94 zu 2 Stimmen für das „Drei-Quellen-Projekt“.

In den folgenden Jahren, in denen das Projekt technisch ausgearbeitet, Eigentum und Nutzungsrechte geklärt, der Baukonsens erwirkt, Bauunternehmen und Zulieferer beauftragt werden mussten und immer wieder heftiger Kritik ausgesetzt war, setzte sich Suess fortwährend für die Verwirklichung seiner Vision der Nutzung hygienisch einwandfreien Wassers ein: "Ich fühlte, namentlich nach einem neuerlichen Gespräch mit Skoda, eine Art von persönlicher Verantwortung dafür, daß die typhösen Erkrankungen in Wien eingedämmt werden."[4] Immer wieder mahnte er die moralische Verpflichtung zur Umsetzung des Projekts ein und wurde damit zur „Motor“[5] der Ersten Hochquellenleitung.

Während des Baus 1870 bis 1873 hatte Suess das technische Referat der Wasserversorgungskommission inne. Ende 1872 wurde im Gemeinderat über die Emission einer Anleihe zur weiteren Finanzierung diskutiert. Suess war gegen die Auflage einer Prämienanleihe, die er als Glücksspiel bezeichnete. Als der Gemeinderat diese Anfang 1873 beschloss, erklärte er am 31. März 1873 seinen Rücktritt aus dem Gemeinderat und der Wasserversorgungskommission. Bei der Eröffnung der Ersten Hochquellenleitung am 24. Oktober 1873 gab Suess auf Bitte von Cajetan Felder dennoch das Zeichen zur Inbetriebnahme des Hochstrahlbrunnens am Schwarzenbergplatz.

Neben seinem Engagement um die Wasserversorgung setzte er sich besonders für die Regulierung der Donau ein, um Wien vor der immer wiederkehrenden Überschwemmungsgefahr zu bewahren. Auch deren Kommission gehörte er ab 1867 an. Diese beiden Betätigungen brachten ihm bei Kritikern die Bezeichnung "der Wasserer" ein. Seine, gegen zahlreiche Widerstände im Gemeinderat und in der Presse durchgesetzten Projekte waren wichtige Voraussetzungen, um die sanitären und gesundheitlichen Verhältnisse in Wien zu verbessern. Suess war ab 1869 Mitglied des niederösterreichischen Landtags und 1873 bis 1897 des Reichsrats (linker Flügel der liberalen Verfassungpartei). Als Mitglied des niederösterreichischen Landtags setzte Suess im Landesausschuss die Umsetzung des Reichsvolksschulgesetzes mit Bezug auf das interkonfessionelle Schulwesen gegen Widerstand klerikaler Kreise durch.

Ehrungen

Nach Fertigstellung der ersten Hochquellenleitung, deren Bau seiner und Bürgermeister Cajetan Felders Initiative zu danken ist, ernannte ihn der Gemeinderat am zum Ehrenbürger der Stadt Wien. Er war korrespondierendes (1860) beziehungsweise wirkliches Mitglied der Akademie der Wissenschaften (1867); Mitglied fast aller europäischen Akademien; Vorstand des Geologischen Museums der Universität Wien, Vizepräsident der zoologisch-botanischen Gesellschaft. Seine "Erinnerungen" erschienen postum 1916 in Leipzig.

Siehe auch Eduard-Sueß-Gasse, Suessdenkmal, Sueßgasse; Tethysgasse.

Werke

  • Zur Kenntniss des Stringocephalus Burtini Defrance. 1853.
  • Über die Brachiopoden der Kössener Schichten. 1854.
  • Der Boden der Stadt Wien. 1862.
  • Die Wasserversorgung von Wien. I.-III. In: Wiener Zeitung, 01.11.1862, S. 313; 08.11.1862, S. 321 f.; 15.11.1862, S. 332 f.
  • Bericht über die Erhebungen der Wasser-Versorgungs-Commission des Gemeinderathes der Stadt Wien 1. Text. Wien: Selbstverlag des Gemeinderathes 1864
  • Die Entstehung der Alpen. 1875.
  • Das Antlitz der Erde, 3 Bände. 1883–1909; 1904–1924
  • Erinnerungen. 1916.

Quellen

Literatur

  • Richard Charmatz: Lebensbilder aus der Geschichte Österreichs. Wien: Danubia-Verlag 1947, S. 153 ff.
  • Ludwig Eisenberg: Das geistige Wien. Künstler- und Schriftsteller-Lexikon. Mittheilungen über Wiener Architekten, Bildhauer, Bühnenkünstler, Graphiker, Journalisten, Maler, Musiker und Schriftsteller. Wien: Daberkow Band 2 1892 ff.
  • Paul Kortz: Wien am Anfang des 20. Jahrhunderts. Ein Führer in technischer und künstlerischer Richtung. Hg. vom Oesterreichischen Ingenieur und Architekten-Verein. Wien: Gerlach & Wiedling 1905. Band 1, 1905
  • Theresia Mayerhofer: Der Lehrkörper der Philosophischen Fakultät von 1848 bis 1873. Diss. Univ. Wien. Wien 1982, S. 283 ff.
  • Neue österreichische Biographie. 1815 – 1918. Wien [u.a.]: Amalthea-Verlag 1923-1935. Band 1 (1923), S. 70 ff., 78 ff.
  • Österreichische Akademie der Wissenschaften: Almanach. Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften 64 (1914), S. 356 ff.
  • Österreichische Naturforscher und Techniker. Hg. von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Wien: Verlag der Gesellschaft für Natur und Technik 1951, S. 72 ff.
  • Rathaus-Korrespondenz. Wien: Presse- und Informationsdienst, 24.04.1989
  • Johannes Seidl, Eduard Sueß. In: Österreichisches Biographisches Lexikon 1815-1950. Band 14, Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften 2015, S. 32 f.
  • Johannes Seidl (Hg.), Eduard Suess und die Entwicklung der Erdwissenschaften zwischen Biedermeier und Sezession. Wien/Göttingen: Vandenhoeck&Ruprecht (Schriften des Archivs der Universität Wien, 14)
  • Hanns Jäger-Sunstenau: Die Ehrenbürger und Bürger ehrenhalber der Stadt Wien. Wien: Deuticke 1992 (Forschungen und Beiträge zur Wiener Stadtgeschichte, 23), S. 56
  • Alexander Tollmann: Zum 75. Todestag von Eduard Suess. In: Briefmarkenabhandlung der Postdirektion anläßlich des Erscheinens von österreichischen Briefmarken, 26.04.1989
  • Constantin von Wurzbach: Biographisches Lexikon des Kaiserthums Österreich. Enthaltend die Lebensskizzen der denkwürdigen Personen, welche 1750 bis 1850 im Kaiserstaate und in seinen Kronländern gelebt haben. 60 Bände. Wien: Verlag der typografisch-literarisch-artistischen Anstalt 1856-1891. Register 1923
  • Rudolf Stadler: Die Wasserversorgung der Stadt Wien in ihrer Vergangenheit und Gegenwart. Denkschrift zur Eröffnung der Hochquellen-Wasserleitung im Jahre 1873. Wien: Gemeinderat 1873

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Eduard Suess: Erinnerungen. Leipzig: Hirzel 1916, S. 153 f.
  2. Fremden-Blatt, 3.10.1863, S. 5
  3. Cajetan Felder: Erinnerungen eines Wiener Bürgermeisters. Hg. Von Felix Czeike. Wien [u.a.]: Forum Verlag 1964, ²1984, S. 192
  4. Eduard Suess: Erinnerungen. Leipzig: Hirzel 1916, S. 156 f.
  5. Gerhard Meißl: Hochquellenleitungen und Unratsschiffe. Zur Geschichte der Wiener Wasserver- und -entsorgung vor 1914. In: Sylvia Hahn & Reinhold Reith (Hrsg.): Umwelt-Geschichte. Arbeitsfelder – Forschungsansätze – Perspektiven. Wien: Verlag für Geschichte und Politik 2001, S. 163