Johann Nestroy

Aus Wien Geschichte Wiki
Wechseln zu:Navigation, Suche
Daten zur Person
Personenname Nestroy, Johann
Abweichende Namensform Nestroy, Johann Nepomuk Eduard Ambrosius
Titel
Geschlecht männlich
PageID 16944
GND 118587080
Wikidata Q44862
Geburtsdatum 7. Dezember 1801
Geburtsort Wien
Sterbedatum 25. Mai 1862
Sterbeort Graz
Beruf Schauspieler, Schriftsteller, Theaterdirektor, Sänger
Parteizugehörigkeit
Ereignis
Nachlass/Vorlass Wienbibliothek im Rathaus
Objektbezug Langes 19. Jahrhundert, Theater, Schauspieler, Schriftsteller, Sänger, Kärntnertortheater, Hofoper, Theater in der Josefstadt (Institution), Leopoldstädter Theater, Carltheater, Dichter, Ehrengrab, Johann-Nestroy-Theaterpreis, Josef-Kainz-Medaille, Nestroydenkmal, Nestroygasse, 2. Bezirk, Nestroygasse, 14. Bezirk, Nestroygasse (23), Nestroyhof, Nestroyplatz, Johann-Nestroy-Ring, Währinger Ortsfriedhof, Gräberhain Schubertpark
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien, Gedenktage
Export RDF-Export (Resource Description Framework) RDF
Recherche
Letzte Änderung am 10.01.2024 durch WIEN1.lanm09lue
Begräbnisdatum 22. September 1890
Friedhof Zentralfriedhof
Grabstelle Gruppe 32A, Nr. 6
Ehrengrab Ehrengrab
Bildname Johann Nestroy.jpg
Bildunterschrift Nestroydenkmal (2016)
  • 1., Bräunerstraße 3 (Geburtsadresse)
Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft

  • Direktor des Leopoldstädter Theaters (1854, bis: 1860)

Johann Nestroy, * 7. Dezember 1801 Wien, † 25. Mai 1862 Graz, Dramatiker, Schauspieler, Opernsänger, Theaterdirektor.

Handschrift: Der böse Geist Lumpazivagabundus, Wienbibliothek im Rathaus / Handschriftensammlung H.I.N.-40631

Biografie

Johann Nestroy war das zweitgeborene Kind des Hof- und Gerichtsadvokaten Johann Nestroy (1763–1834) und Maria Magdalena Constantin (1781–1814). Drei seiner insgesamt sieben Geschwister überlebten das Kleinkindalter nicht. Seine Mutter verstarb im September 1814 an Lungentuberkulose.

Nestroy verlebte seine Kindheit und Jugend in der Inneren Stadt, wo er von 1808 bis 1810 die angesehene Volksschule von St. Anna besuchte, von 1811 bis 1813 die ersten drei Grammatikklassen des Akademischen Gymnasiums und schließlich von 1813 bis 1816 die vierte Klasse sowie die beiden so genannten Humanitätsklassen (Latein, Griechisch, Religion, Geschichte, Mathematik) im Schottenstift. Nach Absolvierung der verpflichtenden drei Philosophieklassen inskribierte Nestroy 1820 an der juridischen Fakultät der Universität Wien . Wie sein Vater sollte er Jurist werden, brachte aber von Anfang an kein Interesse für diesen Beruf auf. Stattdessen entdeckte er seine Leidenschaft für das Sing- und Sprechtheater. Er vernachlässigte sein Studium und brach es 1822 komplett ab, um sich gänzlich seiner Gesangsausbildung (Stimmlage: Bassbariton) zuzuwenden. Bereits am 8. Dezember 1818 gab er sein Debüt in Georg Friedrich Händels Oratorium "Timotheus" " im Redoutensaal der Wiener Hofburg. Am 24. August 1822 sang er am k. k. Hoftheater nächst dem Kärntnertor den Sarastro in Mozarts "Zauberflöte". Die Kritik für den jungen Künstler fiel überaus positiv aus, so dass er in weiteren Rollen besetzt wurde und an der Hofoper einen Vertrag für zwei Jahre erhielt. Ein Engagement am Deutschen Theater in Amsterdam (1823–1825) brachte schließlich seinem Spieltrieb mit über zweihundert Gesangs- und Sprechrollen reiche Entfaltungsmöglichkeit.

Schon vor seinem Aufenthalt in Amsterdam hatte Nestroy Wilhelmine von Nespiesny kennengelernt, die er im September 1823 heiratete. Im April kam der gemeinsame Sohn Gustav (1824–1869) zur Welt. Am 13. August 1825 stand Nestroy das letzte Mal in Amsterdam auf der Bühne. Er ging zunächst nach Brünn, danach trat er abwechselnd auf der Grazer und der Preßburger Bühne auf. Nachdem ihn 1827 Wilhelmine wegen eines anderen Mannes verlassen hatte, lernte er in Graz die Schauspielerin Marie Weiler kennen, mit der ihn eine lebenslange, nicht immer friktionsfreie Beziehung verband und mit ihr die beiden (1858 legitimierten) Kinder Karl Johann Anton (1831–1880) und Maria Cäcilia (1840–1873) hatte. Zu dieser Zeit wandte sich Nestroy zunehmend von Gesangsrollen ab und entwickelte sich zum Komiker in Sprechstücken. Ende 1828 schrieb er mit dem Zauberspiel "Dreißig Jahre aus dem Leben eines Lumpen" sein erstes abendfüllendes Stück. Es folgten 1829 "Die Verbannung aus dem Zauberreiche" (eine Bearbeitung von "Dreißig Jahre"), "Der Einsilbige" und "Der Tod am Hochzeitstage" sowie 1830 die beiden Quodlibets "Der unzusammenhängende Zusammenhang" und "Magische Eilwagenreise durch die Comödienwelt".

Nestroys Wanderjahre an den verschiedenen Provinzbühnen endeten 1831, als er nach einem Gastspiel im März 1831 im Theater in der Josefstadt und einem von der Cholera überschatteten Gastspiel in Lemberg die Chance erhielt, durch einen Vertrag mit dem bekannten Theaterdirektor Carl Carl am Theater an der Wien und etwas später im Leopoldstädter Theater aufzutreten. Der Vertrag enthielt zugleich die Verpflichtung, jährlich zwei neue Stücke abzuliefern. Für Nestroy bedeutete dieser - gleichwohl ausbeuterische - Kontrakt Aufstieg und Sicherung der bürgerlichen Existenz, die er in den nächsten Jahrzehnten mit entscheidendem Mitwirken von Marie Weiler zur Wohlhabenheit ausbauen konnte. In den Jahren 1841 bis 1847 begeisterte er bei Gastspielreisen auch das Publikum in Deutschland und legte so den Grundstein für seine weit über Wien und Österreich hinausreichende Wirkung. Nach dem Tod von Carl Carl übernahm Nestroy 1854 die Direktorenstelle des Carl-Theaters, des vormaligen Leopoldstädter Theaters, die er bis 1860 innehatte. Danach verbrachte er seinen Lebensabend in Graz.

Wie als Schauspieler erreichte Nestroy auch als Bühnenautor um 1830 seinen Durchbruch bei Publikum und Kritik. 1833 entstand das bis heute bekannteste und am meisten gespielte Werk aus seiner Zauberspielphase, nämlich "Der böse Geist Lumpazivagabundus“, das zwischen 1833 und 1881 über tausendmal gespielt wurde. Einen zweiten Schwerpunkt dieser Phase bilden die frühen Parodien, z. B. "Nagerl und Handschuh“ (1832), "Robert der Teuxel“ (1833), "Weder Lorbeerbaum noch Bettelstab“ (1835) oder "Die verhängnisvolle Faschingsnacht“ (1839) sowie die Possen "Zu ebener Erde und erster Stock“ (1835), "Die beiden Nachtwandler“ (1836), "Eine Wohnung ist zu vermieten in der Stadt [...]“ (1837) und "Das Haus der Temperamente“ (1837).

In einer zweiten Phase dramatischen Schaffens von etwa 1840 bis 1849 wandte sich Johann Nestroy noch stärker der sprachlichen und dramaturgischen Ausformung der satirischen Posse zu. Nestroy fing in den Komödien dieser Zeit – etwa "Der Färber und sein Zwillingsbruder“ (1840), "Der Talisman“ (1840), "Das Mädl aus der Vorstadt“ (1842), "Die Papiere des Teufels“ (1842), "Einen Jux will er sich machen“ (1842), "Liebesgeschichten und Heiratssachen“ (1843), "Der Zerrissene“ (1844) – sein gesellschaftliches Umfeld, die Welt der Bürger und Spießer ein und entwickelte sich zum politischen Satiriker. Mit "Der Unbedeutende“ (1846) und "Der Schützling“ (1847) schrieb er sozialkritische Volksstücke. "Freiheit in Krähwinkel“ (1848), "Lady und Schneider“, "Der alte Mann mit der jungen Frau“, "Höllenangst“ (alle 1849) beweisen das gesellschaftspolitische Engagement des Satirikers Nestroy. Die Stücke der letzten Phase, von 1850 bis 1859, sind weniger satirisch-aggressiv, sie wirken eher resignativ, von bitterem Pessimismus getönt, so etwa "Mein Freund“ (1851) und "Kampl“ (1852). Mit den letzten Einaktern "Frühere Verhältnisse“ und "Häuptling Abendwind“ beweist Nestroy jedoch in seinem Todesjahr noch einmal die nicht erlahmte satirische Kraft seiner Dichtung.

Nach seinem Rückzug nach Graz stand er am 29. April 1862 zum letzten Mal auf der Bühne. Er starb an den Folgen eines Schlaganfalls am 25. Mai 1862 in Graz. Von hier nach Wien überführt, wurde Nestroys Leichnam auf dem Währinger Friedhof beigesetzt und fand 1881 zusammen mit den sterblichen Überresten von Marie Weiler in einem Ehrengrab auf dem Wiener Zentralfriedhof seine letzte Ruhestätte. Sein dichterischer Nachlass kam 1923 in die Obhut der damaligen Wiener Stadtbibliothek, wo er noch heute das Zentrum der Nestroyforschung in der ganzen Welt darstellt.

Würdigungen: 20-Schilling-Münze (2001). Schaffung eines Johann-Nestroy-Theaterpreises, der zwei bisher verliehene Auszeichnungen, nämlich den Nestroyring und die Josef-Kainz-Medaille, ersetzt.


Quellen

Literatur

  • Otto Basil: Johann Nestroy. Reinbek: Rowohlt 2001
  • Peter Csendes [Hg.]: Österreich 1790-1848. Kriege gegen Frankreich, Wiener Kongreß, Ära Metternich, Zeit des Biedermeier, Revolution von 1848. Das Tagebuch einer Epoche. Wien: Brandstätter 1987, S. 215 f.
  • Döbling. Eine Heimatkunde des 19. Wiener Bezirkes in drei Bänden. Hg. von Döblinger Lehrern. Wien: Selbstverlag der Arbeitsgemeinschaft "Heimatkunde Döbling" 1922, S. 182, S. 222
  • Hans Giebisch / Gustav Gugitz: Bio-Bibliographisches Literaturlexikon Österreichs von den Anfängen bis zur Gegenwart. Wien: Hollinek 1963
  • Murray G. Hall / Gerhard Renner: Handbuch der Nachlässe und Sammlungen österreichischer Autoren. Wien [ u.a.]: Böhlau 1992 (Literatur in der Geschichte, Geschichte in der Literatur, 23)
  • Jürgen Hein: Nestroy und die Nachwelt – Internationale Nestroy-Gespräche 1975–2000: Ergebnisse und Perspektiven. Wien: Lehner 2001
  • Jürgen Hein / Claudia Meyer: Theaterg’schichten: Ein Führer durch Nestroys Stücke. Wien: Lehner 2001
  • Rudolf Holzer: Die Wiener Vorstadtbühnen. Alexander Girardi und das Theater an der Wien. Wien: Österreichische Staatsdruckerei 1951, S. 472 ff.
  • Das Josefstädter Heimatmuseum 2, S. 43 ff, S. 46 f.
  • Kurt Kahl: Johann Nestroy oder der wienerische Shakespeare. Wien [u.a.]: Molden 1970
  • Gerhardt Kapner: Freiplastik in Wien. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1970, S. 377 f.
  • Michael Lorenz: "An Unknown Child of Johann Nestroy". Wien 2015
  • Hans Markl: Kennst du alle berühmten Gedenkstätten Wiens? Wien [u.a.]: Pechan 1959 (Perlenreihe, 1008), S. 20, S. 85
  • Hans Markl: Die Gedenktafeln Wiens. Wien: ABZ-Verlag 1949, S. 47
  • Hans Markl: Kennst du die berühmten letzten Ruhestätten auf den Wiener Friedhöfen? Band 1: Zentralfriedhof und Krematorium (Urnenhain). Wien: Pechan 1961, S. 76f.
  • Franz H. Mautner: Nestroy. Heidelberg: Stiehm 1974
  • Johann Nestroy: Ausgewählte Werke. Hg. von Hans Weigel. Gütersloh: Mohn [ca. 1962]
  • Johann Nestroy. Ausstellung anläßlich der hundertsten Wiederkehr seines Todestages. Juni - August 1962. Wien: Eigenverlag der Museen der Stadt Wien 1962 (Sonderausstellung des Historischen Museums der Stadt Wien, 10)
  • Neue österreichische Biographie. 1815 – 1918. Band 9. Wien [u.a.]: Amalthea-Verlag 1956
  • Walter Obermaier: Aus Johann Nepomuk Nestroys Familie. Dokumente und Aktenstücke. In: Jahrbuch des Vereins für Geschichte der Stadt Wien 52/53 (1996/1997), S. 307 ff.
  • Alfred Orel: Opernsänger Johann Nestroy. In: Jahrbuch des Vereins für Geschichte der Stadt Wien 14 (1958), S. 94 ff.
  • Österreichisches biographisches Lexikon 1815–1950. Hg. von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften / Wien/Graz: Böhlau 1954-lfd. (Werk- und Literaturverzeichnis, Hauptrollen)
  • Walter Pollak [Hg.]: Tausend Jahre Österreich. Eine biographische Chronik. Band 2. Wien / München: Jugend & Volk 1973, S. 44
  • Gerhard Renner: Die Nachlässe in der Wiener Stadt- und Landesbibliothek. Wien 1993
  • Hans Rotter: Die Josefstadt. Geschichte des 8. Wiener Gemeindebezirkes. Wien: Selbstverlag 1918, S. 213
  • Adalbert Schmidt: Dichtung und Dichter Österreichs im 19. und 20. Jahrhundert. Band 2. Salzburg: Bergland-Buch 1964, S. 409 ff. (Werkverzeichnis)
  • Wendelin Schmidt-Dengler: Nestroy – Die Launen des Glücks. Wien/München: Deuticke 2001
  • Dieter Schmutzer: Wienerisch g'redt. Geschichte der Wiener Mundartdichtung. Wien: Der Apfel 1993, S. 305 ff.
  • Heinz Schöny: Neues zur Stammtafel Nestroys, in: Zeitschrift Adler. Band 6 (1962-1964), H. 15/16, S. 193 f.
  • Heinz Schöny: Die Vorfahren des Dichters Johann Nestroy. In: Adler. Zeitschrift für Genealogie und Heraldik 11 (1977/1979), Heft l, S. 3 ff.
  • Walter Schübler: Nestroy. Eine Biografie in 30 Szenen. Wien: Residenz Verlag 2001
  • Leo Tönz: Die künstlerische Eigenständigkeit und Eigenart Nestroys. Diss. Univ. Wien. Wien 1969
  • Reinhard Urbach [Hg.]: Nestroy. Stich- und Schlagworte. Wien [u.a.]: Jugend und Volk 1976
  • Währing. Ein Heimatbuch des 18. Wiener Gemeindebezirks. Wien: Selbstverlag Währinger Heimatkunde 1923-1925, S. 569
  • Das Wiener Heimatbuch – Mariahilf. Hg. von der Arbeitsgemeinschaft des Mariahilfer Heimatmuseums. Wien: Austria Press 1963, S. 192, S. 217
  • Constantin von Wurzbach: Biographisches Lexikon des Kaiserthums Österreich. Enthaltend die Lebensskizzen der denkwürdigen Personen, welche 1750 bis 1850 im Kaiserstaate und in seinen Kronländern gelebt haben. 60 Bände. Wien: Verlag der typografisch-literarisch-artistischen Anstalt 1856-1891ff.


Johann Nestroy im Katalog der Wienbibliothek im Rathaus.

Weblinks