Zweites Alliiertes Kontrollabkommen

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Letzte Änderung am 26.11.2014 durch DYN.sophie ellensohn

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Das Zweite Alliierte Kontrollabkommen wurde durch den Alliierten Rat während der Besatzungszeit in Österreich beschlossen und trat am 28. Juni 1946 in Kraft. Dadurch löste es das Erste Kontrollabkommen ab. Das Zweite Kontrollabkommen stellte einen wesentlichen Schritt in der Begrenzung der Eingriffsmöglichkeiten in die österreichische Politik durch die Alliierten dar. Dadurch wurde der österreichischen Regierung, die am 25. November 1945 bei den ersten freien Wahlen nach der Zeit des Nationalsozialismus gewählt worden war, mehr Eigenständigkeit zugestanden. Die Besatzungsmächte verloren hingegen Kompetenzen und erhielten die Vorgabe neuer Arbeitsstrukturen. Die alliierten Einrichtungen wurden überdies vermehrt als Kontrollinstanzen eingesetzt. Das Abkommen bedeutete jedoch keine Souveränität und Unabhängigkeit des österreichischen Staats.

Inhaltlich bezog sich das Abkommen auf Zugeständnisse an Österreich durch die alliierten Besatzungsmächte. Es schuf die Möglichkeit für die österreichische Regierung, eigenständiger zu handeln: Sie konnte nun bilaterale Verträge mit einzelnen Alliierten abschließen und diplomatische Beziehungen mit Staaten aufnehmen, die in den Vereinten Nationen vertreten waren.

Weiters traten nun Gesetze, die der Nationalrat beschloss, automatisch in Kraft, wenn der Alliierte Rat nicht innerhalb von 31 Tagen einstimmig Einspruch dagegen erhob. Dies galt allerdings nicht für Gesetze mit Verfassungsrang. So hatte die Alliierte Besatzung weiterhin das Recht, Gesetzesbeschlüsse oder Verwaltungsmaßnahmen außer Kraft zu setzen – allerdings veränderte sich ihr Einfluss dahingehend, dass durch die Umkehr des Einstimmigkeitsprinzips anstelle der zuvor nötigen einstimmigen Befürwortung eines Gesetzes die Notwendigkeit eines einstimmigen Vetos trat.

In einigen Bereichen verfügte die Alliierte Besatzung jedoch weiterhin über direkte Eingriffsrechte. So waren die Alliierten nach wie vor für die Entmilitarisierung Österreichs, den Schutz und die Sicherheit der alliierten Streitkräfte, die Verfolgung von KriegsverbrecherInnen und die Verwaltung des deutschen Eigentums sowie für Kriegsgefangene und sogenannte versetzte Personen (‘displaced persons‘). zuständig.

Eine weitere Regelung des Abkommens bezog sich darauf, dass sich die Alliierten verpflichteten, Beschränkungen im Verkehr zwischen den Besatzungszonen aufzuheben. Dies stellte einen wichtigen Beitrag zur Vereinheitlichung des österreichischen Bundesgebiets dar, dessen Grenzen zwischen den Zonen bis dahin häufig nur schwer überwindbar waren. Die alliierte Kontrolle an den Zonengrenzen bestand jedoch weiterhin.

Zuletzt erhielten die Landesregierungen durch das Abkommen fast alle Kompetenzen zurück und die Mitglieder des Alliierten Rates wurden in Hochkommissare (zuvor: Militärkommissare) umbenannt.

In Folge ergab sich für die österreichische Regierung die Möglichkeit, Gesetze rascher umzusetzen und ihren Einfluss auf das gesamte Staatsgebiet auszuüben sowie dessen Verwaltung nach eigenen Vorstellungen zu gestalten. Weitere Konsequenzen stellte der erleichterte Personen- und Güterverkehr zwischen den Besatzungszonen und die verringerte Anzahl an aktiven Eingriffen der Alliierten durch die Verkleinerung der Militärregierungen und die Veränderung der alliierten Einrichtungen in Kontrollinstanzen dar.

Die Bestimmungen des Zweiten Kontrollabkommens blieben die Grundlage der alliierten Kontrolle in Österreich bis zum 27. Juli 1955, als der Österreichische Staatsvertrag in Kraft trat.


Literatur

  • Gustav Bihl, Gerhard Meißl, Lutz Musner: Vom Kriegsende 1945 bis zur Gegenwart. In: Wien. Geschichte einer Stadt. Bd. 3: Von 1790 bis zur Gegenwart. Hg. Von Peter Csendes, Ferdinand Opll. Wien / Köln / Weimar: Böhlau Verlag 2006, S. 545-815, hier: 558.
  • Peter Fritz: Das alliierte Kontrollsystem in Österreich. In: „Österreich ist frei!“ Der Österreichische Staatsvertrag 1955. Beitragsband zur Ausstellung auf Schloss Schallaburg 2005. Hg. von Stefan Karner, Gottfried Stangler. Wien: Verlag Berger 2005, S. 88-94, hier: 91 f.
  • Klaus Eisterer: Österreich unter Alliierter Besatzung 1945-1955. In: Österreich im 20. Jahrhundert. Ein Studienbuch in zwei Bänden. Band 2: Vom Zweiten Weltkrieg bis zur Gegenwart. Hg. von Rolf Steininger, Michael Gehler. Wien / Köln / Weimar: Böhlau Verlag 1997, S. 147-216, hier: 159 ff.
  • Harald Knoll, Barbara Stelzl-Marx: Der Sowjetische Teil der Alliierten Kommission für Österreich. Struktur und Organisation. In: Die Rote Armee in Österreich. Sowjetische Besatzung 1945-1955. Beiträge. Hg. von Stefan Karner, Barbara Stelzl-Marx (=Veröffentlichungen des Ludwig-Boltzmann-Instituts für Kriegsfolgen-Forschung, Sonderband 4), S. 179-217, hier: 184 f.
  • Wolfgang Mueller: Die sowjetische Besatzung in Österreich 1945-1955 und ihre politische Mission. Wien / Köln / Weimar: Böhlau Verlag 2005, S. 37.