Zwangsarbeiterlager Lobau

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Daten zur Organisation
Art der Organisation NS-Institution Zwangsarbeiterlager
Datum von 1944
Datum bis 1945
Benannt nach
Prominente Personen
PageID 59857
GND
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Letzte Änderung am 7.11.2023 durch WIEN1.lanm09fri

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Frühere Adressierung
  • 22 (Lobau, von: 1944, bis: 1945)

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48° 10' 42.64" N, 16° 30' 22.89" E  zur Karte im Wien Kulturgut

In 22. befand sich von 1944 bis 1945 das "Lager Lobau" der Firma Sager & Woerner für ungarisch-jüdische Deportierte und Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter der nationalsozialistischen Zeit.

Die Wiener Niederlassung der Münchener Hoch-, Tief- und Straßenbaufirma Sager & Woerner residierte in 4., Brucknerstraße 2. Bereits im Juni 1941 hatte sie laut damaligem Wiener Fernsprechbuch ein eigenes "Baubüro Lobau" mit Lokalisierung "XXII, Wien-Lobau", offenbar im Kontext der dortigen Erdöl-Umschlaganlage.

Für die im Sommer 1944 aus Ungarn nach Wien deportierten Jüdinnen und Juden gab es in der Lobau offenbar zumindest zwei getrennte Lager: Einerseits das Lager Wifo-Lobau, andererseits in nächster Nähe ein eigenes Lager für die Firma Sager & Woerner. In diesem waren laut einer aus dem Sommer 1944 stammenden Auflistung in Bezug ausschließlich auf die ungarisch-jüdischen Insassinnen und Insassen 123 Menschen, darunter 71 Frauen, 25 Männer und 27 Kinder. Von den 123 wurden anfangs 85, also 69 Prozent, als "arbeitsfähig" eingestuft. Laut einer undatierten Auflistung aus etwa derselben Zeit war das Lager Wifo-Lobau direkt mit der Firma Schmitt & Junk verbunden, hingegen das Lobauer Lager von Sager & Woerner eindeutig getrennt davon.

Die dort zu leistende Zwangsarbeit betraf unter anderem Bauarbeiten beziehungsweise Ausbesserungsarbeiten von Sager & Woerner im Kontext der von der "Wirtschaftlichen Forschungsgesellschaft" betriebenen "Umschlaganlage Wien-Lobau" für rumänisches Erdöl (Tanklager und Ölhafen), die ab September 1944 mehrfach bombardiert wurde. Weiters waren auch Aufräumarbeiten nach Bombardierungen sowie Schneeschaufeln rund um die Ölanlagen zu verrichten.

In das Lobauer Umfeld konnten aber auch heimische Widerstandskämpfer als Strafeinsatz nach diversen "eigentlichen" Inhaftierungen kommen. So wurde dort von Juli 1944 bis März 1945 ein Wiener Widerstandskämpfer für "Schwertransporte und Schweißarbeiten" eingesetzt.

Ein weiteres Lager von Sager & Woerner mit ungarisch-jüdischen Deportierten war auch im Lagerkomplex Strasshof (außerhalb des damaligen "Groß-Wien"), dort in Form eines Doppellagers (mit Zaun dazwischen) für serbisch(-nichtjüdische) und ungarisch-jüdische Personen. Beide Gruppen arbeiteten vor allem an einem Flugpistenbau.

Für die Sager & Woerner-Standorte Lobau und Strasshof gab es spezielle "SA WOE-Stunden-Karten". Diese waren in den Details wie "Leistungslohn, Zeitlohn, Ausfall-Lohn, Vorschuß, Essensausgabe" zwar auf relativ "normale" Arbeitskräfte zugeschnitten, wurden in reduzierter Form aber anscheinend auch für Zwangsarbeiter verwendet.

Zum multiplen Lagerstandort Strasshof außerhalb des damaligen Groß-Wiens sind zahlreiche Dokumente ("Vorläufige Fremdenpässe" etc.) mit Aussteller "Der Polizeipräsident in Wien, Ausländererfassungslager Straßhof" erhalten. Diese Einrichtung diente zwar ganz wesentlich der Beschaffung von Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern verschiedener Art für das heutige Wiener Gemeindegebiet, agierte aber außerhalb davon.

Weiters nennt auch eine Liste des Wilhelminenspitals[1] ein Lager 22., Lobau für griechische und tschechische Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter. Die Lage dieses Lagers ist unklar.

Diese Liste des Wilhelminenspitals verzeichnet die dort zwischen 1942 und 1945 behandelten Ausländerinnen und Ausländer. Die Liste enthält Aufnahmezahl, Vor- und Zuname, Geburtsdatum, Geburtsort (Land), Eintritt, Austritt, "Bestimmungsort" mit Firma und Wohnadresse (mit den zeitgenössischen Straßennamen).[2]

Auch im Volksgerichtsakt von Dr. Siegfried Seidl befindet sich eine Liste eines jüdischen Arztes, der diese 1946 als Zeuge im Prozess gegen Seidl vorgelegt hat.[3] Es handelt sich dabei um Lager ungarisch-jüdischer Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter in den Bezirken 10 bis 25 und außerhalb Wiens sowie die Firmen, denen die Lager zugeordnet waren. Demnach befand sich bei der "Ostm. Mineralöl, Lobau" ein Lager für ungarisch-jüdische Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter der Firma "Schmitt und Junk, Singerstr. 27.I." sowie ein Lager der Firma "Sager & Wörner".

Laut Volksgerichtsakt umfasste das Lager "Sager & Woerner" zum Zeitpunkt einer Inspektion durch den jüdischen Lagerarzt 123 Personen (25 Männer, 71 Frauen und 27 Kinder), von denen anfangs 85 als "arbeitsfähig" eingestuft waren.

Siehe auch: Zwangsarbeit, Zwangsarbeiterlager, Lager in Wien

Quellen

Weblinks

Literatur

  • Stefan August Lütgenau: Zwangsarbeit im "Reichsgau" Wien 1938-1945. In: Studien zur Wiener Geschichte. Jahrbuch des Vereins für Geschichte der Stadt Wien 59 (2003), S. 167-186
  • Hermann Rafetseder: Lager und lagerartige Unterkünfte der NS-Zeit in Wien für das Online-Lexikon "Wien Geschichte Wiki", auf Basis von Material des Österreichischen Versöhnungsfonds. 108 Lager-Artikel und vier "Bonus-Tracks", erstellt im Auftrag des Wiener Stadt- und Landesarchivs. Linz: Eigenverlag 2017
  • Hermann Rafetseder: NS-Zwangsarbeits-Schicksale. Erkenntnisse zu Erscheinungsformen der Oppression und zum NS-Lagersystem aus der Arbeit des Österreichischen Versöhnungsfonds. Bremen: Wiener Verlag für Sozialforschung in EHV Academicpress GmbH 2014, S. 219, 594-595, 598 und 607 (zum "Ausländererfassungslager": S. 134, 182, 230, 453 f. und 593)

Einzelnachweise

  1. Wiener Stadt- und Landesarchiv, M.Abt.209 - Wilhelminenspital, A1 – Direktionsakten: Mappe 47: "Suchaktion Ausländer".
  2. Irrtümer bei den Bezirken und Hausnummern sind nicht ausgeschlossen. In die Bearbeitung aufgenommen wurden nur jene Adressen, bei denen "Lager" angegeben war, beziehungsweise nur jene Firmenlager, die als solche bezeichnet wurden.
  3. Wiener Stadt- und Landesarchiv, Volksgericht, A1 - Vg Vr-Strafakten: Vr 770/1946: Dr. Siegfried Seidl & Mittäter.