Winkelschulen

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Unterricht in einer Knaben-Volksschule um 1750
Daten zum Eintrag
Datum von
Datum bis
Objektbezug Wiener Schulen, Mittelalter, Frühe Neuzeit
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Letzte Änderung am 12.11.2021 durch WIEN1.lanm08trj
Bildname Unterricht in einer Knabenvolkschule 1750.jpg
Bildunterschrift Unterricht in einer Knaben-Volksschule um 1750

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Seit dem Spätmittelalter führten Privatpersonen Schulen, die Elementarkenntnisse im Lesen, Schreiben und Rechnen vermittelten, die weder von der Stadt noch von kirchlichen Institutionen zugelassen waren und daher illegalen Charakter trugen. Die Lehrer besaßen auch des Öfteren keine spezifische Ausbildung. Dennoch hatten diese Schulen für die Elementarbildung ärmerer städtischer Schichten eine nicht unwesentliche Bedeutung, weil sie dazu beitrugen den Analphabetismus zu reduzieren. Nach dem durch die Maßnahmen der Gegenreformation erzwungenen Ende des evangelischen Schulwesens, nahm der zuvor von konfessionellen Streitigkeiten überdeckte Kampf der bürgerlichen Schulhalter "deutscher Schulen" gegen Winkelschullehrer eine neue Dimension an. Letztere entzogen sich der Zahlung der bürgerlichen Lasten und mussten auch dem Rektor keine Aufnahmstaxen bezahlen. Nicht der Stadt unterstehende Schulen mit dem Charakter von Winkelschulen befanden sich auch auf manchen Freigründen. Im Jahr 1718 sah sich die Stadt daher veranlasst, den Richtern in einigen Vorstädten zu befehlen, die unbefugten Schulhalter abzuschaffen. Der Erfolg dieser Maßnahmen blieb zunächst gering, weil der Bedarf offensichtlich gegeben war und die Grundherren durchaus ein Interesse an der Weiterführung der Winkelschulen hatten.[1]

Mit der Theresianischen Schulreform wurde die Durchsetzung des Verbots von Winkelschulen zur staatlichen Aufgabe. Trotzdem wurden Winkelschulen weiterhin manchmal geduldet, weil sie Witwen nach Schullehrern ein Einkommen verschafften und besonders in der Mädchenbildung noch eine gewisse Rolle spielten. Insgesamt verdrängten aber Trivialschulen letztlich die Winkelschulen auch aufgrund der Androhung von Gefängnisstrafen für Winkelschullehrerinnen und -lehrer.[2] Meist kurzlebig waren die jüdischen Winkelschulen. In ihnen wurde dieselbe Allgemeinbildung wie in den Trivialschulen vermittelt und lediglich mit Bezug auf religiöse Unterweisung unterschieden sich die Lehrinhalte.[3]

Literatur

  • Ulrike Denk: Schulwesen und Universität. In: Karl Vocelka / Anita Traninger [Hg.]: Die frühneuzeitliche Residenz (16. bis 18. Jahrhundert). Wien / Köln / Weimar: Böhlau 2003 (Wien. Geschichte einer Stadt, 2), S. 365-421
  • Ernst Gerhard Eder: Schüler/innen, Schulen und Bildungspolitiken seit 1770. In: Andreas Weigl / Peter Eigner / Ernst Gerhard Eder [Hg.]: Sozialgeschichte Wiens 1740-2010. Soziale und ökonomische Ungleichheiten, Wanderungsbewegungen, Hof, Bürokratie, Schule, Theater. Innsbruck / Wien / Bozen: StudienVerlag 2015 (Geschichte der Stadt Wien, 8), S. 585-780
  • Helmut Engelbrecht: Geschichte des österreichischen Bildungswesens. Erziehung und Unterricht auf dem Boden Österreichs. Band 1-3. Wien: Österreichischer Bundesverlag 1985-1986
  • Albert Hübl: Die Schulen. In: Geschichte der Stadt Wien. Hg. vom Altertumsverein zu Wien. Wien: Holzhausen 1897-1918, Band 5, 1914, S. 331-459.
  • Tirza Lemberger: Einiges zum jüdischen Erziehungswesen in Wien, in: Reinhard Buchberger u.a. [Hg.]: Tafelkratzer, Tintenpatzer. Schulgeschichten aus Wien, Wien: Metropolisverlag 2016, S. 79-83.

Einzelnachweise

  1. Albert Hübl: Die Schulen. In: Geschichte der Stadt Wien. Hg. vom Altertumsverein zu Wien. Wien: Holzhausen 1897-1918, Band 5, 1914, S. 359-361.
  2. Helmut Engelbrecht: Geschichte des österreichischen Bildungswesens. Erziehung und Unterricht auf dem Boden Österreichs. Band 3. Wien: Österreichischer Bundesverlag 1986, S. 114 f.
  3. Tirza Lemberger: Einiges zum jüdischen Erziehungswesen in Wien, in: Reinhard Buchberger u.a. [Hg.]: Tafelkratzer, Tintenpatzer. Schulgeschichten aus Wien, Wien: Metropolisverlag 2016, S. 81.