Wiener Internationale Gartenschau

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WIG 74 (1974)
Daten zum Ereignis
Art des Ereignisses Veranstaltung
Datum von 1964
Datum bis 1974
Thema
Veranstalter
Teilnehmerzahl
Gewalt
PageID 9394
GND 1091818045
WikidataID Q2568935
Objektbezug Donaupark, Donauturm, Oberlaaer Kurzentrum, Laaer Berg, Japanischer Garten, Kurpark Oberlaa, 1945 bis heute, Donaupark Kino, Robert Kotas, Stadtplanung
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Letzte Änderung am 7.11.2023 durch WIEN1.lanm09fri
Bildname WIG.jpg
Bildunterschrift WIG 74 (1974)

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Konzept

In den Jahren 1964 und 1974 fanden zwei große internationale Gartenschauen in Wien statt. Neben der (Neu-)Positionierung Wiens als Ort der Begegnung dienten beide der Aufschließung bis dahin von der Stadtplanung vernachlässigter Grünzonen. Das Areal der Gartenschau 1964 befand sich zwischen Alter Donau und Donau und diente zuvor als Müllhalde. Die am Laaer Berg veranstaltete Gartenschau 1974 erstreckte sich über ehemalige Ziegeleien auf deren Gebiet das zuvor durch verfallene Hütten, Gerümpel und Autowracks gekennzeichnet war.[1]

1) Wiener Internationale Gartenschau 1964 (WIG 64)

Die vom Wiener Stadtgartenamt gemeinsam mit dem Verband der Erwerbsgärtner Österreichs veranstaltete erste Wiener Internationale Gartenschau fand von 16. April bis 11. Oktober 1964 im Donaupark statt, der eigens für diesen Zweck auf dem Areal der ehemaligen Mülldeponie Bruckhaufen, der ehemaligen Militärschießstätte Kagran und der informellen Siedlung Bretteldorf neu angelegt worden war. Als Vorbild für die damals größte Gartenschau Europas, an der sich 29 Staaten beteiligten, dienten jene großen Gartenschauen, die nach 1945 vor allem in der Bundesrepublik Deutschland und in der Schweiz ausgerichtet worden waren. Sie sollten nicht nur der Positionierung in der Städtekonkurrenz dienen, sondern auch den landschaftsarchitektonischen Aufbruch nach 1945 und die Hinwendung zum "modernen" Garten repräsentieren.

Auch die WIG 64 verfolgte neben städtebaulichen, tourismus- und wirtschaftspolitischen vor allem imagepolitische Ziele: Nicht nur die Größe und Gestaltung des rund 100 Hektar großen Ausstellungsareals, sondern auch die modernen Ausstellungsbauten auf der WIG 64 sollten Fortschrittlichkeit ausstrahlen und dazu beitragen, Wien nach dem Abschluss des Wiederaufbaus wieder als "Weltstadt" zu positionieren. Zu den zentralen Attraktionen des Geländes (Entwurf: Stadtgartenamtdirektor Alfred Auer), dessen Zentrum eine 180.000 Quadratmeter große "Rasenschüssel" und der 30.000 Quadratmeter große, künstlich angelegte Irissee bildeten, gehörten der neu errichtete Donauturm, eine Liliputbahn, ein Sessellift, mit dem man über die Blumenbeete schweben konnte, fünf Ausstellungshallen, ein Turmgewächshaus, eine Seebühne, eine Lesehalle, ein (von Robert Kotas errichtetes) Kino, zwei Cafés und fünf Restaurants. Zahlreiche Sonder- und Themengärten sowie zwölf "Gärten der Nationen", die von renommierten Landschaftsarchitektinnen und -architekten entworfen worden waren, informierten über aktuelle Trends in der Landschafts- und Gartengestaltung.

Mit rund 2,1 Millionen Besucherinnen und Besuchern war die WIG 64 eines der wichtigsten Großereignisse der Wiener Nachkriegszeit. An der Gartenschau beteiligten sich Aussteller aus 29 Ländern, darunter aus Australien, Brasilien, Ceylon, Indonesien, Israel, Japan, Kanada, Malaysia, Südafrika, Thayland und den USA. Im Rahmenprogramm fanden Orchester- und Chorkonzerte sowie Sportveranstaltungen statt.[2] Das ehemalige Ausstellungsareal wurde 1965 als Donaupark der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

2) Wiener Internationale Gartenschau 1974 (WIG 74)

Nach dem großen Erfolg der WIG 64 wurde vom Gemeinderat die Durchführung einer weiteren Internationalen Gartenschau beschlossen. Die Internationale Gartenschau wurde auch diesmal vom Wiener Stadtgartenamt organisiert. Als Ausrichtungsort wurde ein rund 100 Hektar großen Areal am Südhang des Laaer Berges im 10. Bezirk ausgewählt – ein Gelände, das ursprünglich Teil einer weitläufigen Abraumlandschaft war, die im 19. Jahrhundert zur Ziegelgewinnung genutzt wurde. In der Zwischenkriegszeit wurde das Areal um den Filmteich unter anderem auch als Drehort für Monumentalfilme der Stummfilmzeit verwendet. Der 1920/21 gedrehte dreistündige Film "Sodom und Gomorrha" und der 1924 hier entstandene Film "Die Sklavenkönigin" waren die opulentesten Produktionen am Laaer Berg. Das Gelände war seit den 1930er Jahren weitgehend ungenutzt und verwildert. Es bot also die besten Voraussetzungen für die Neuanlage einer großen Parklandschaft. Mit dem Projekt wurde auch eine Erweiterung des Wiener Wald- und Wiesengürtels im Südosten von Wien vorangetrieben.

Die Ausschreibung für den internationalen Ideenwettbewerb zur Gestaltung des Geländes (1969) sah auch einen Kurpark und Kuranlangen vor, da 1965 in unmittelbarer Nähe eine Schwefelquelle wiederentdeckt worden war. Am Wettbewerb nahmen 87 Architekturbüros aus insgesamt 19 Ländern teil. Der erster Preis wurde nicht vergeben, der zweite Preis ging an den Frankfurter Gartenarchitekt Erich Hanke. Für die Planung und Umsetzung wurde eine Arbeitsgemeinschaften von Landschaftsarchitekten aus verschiedenen Staaten gebildet, die die besten Entwürfe aller Projekte vereinte. Gleichzeitig wurde auch ein Wettbewerb für die Errichtung eines Kurzentrums ausgeschrieben (Oberlaaer Kurzentrum), für das ebenfalls kein erster Preis vergeben wurde. Von den beteiligten Architekten wurde schließlich das Wiener Büro Requat und Rheintaller mit dem Bau der Kurhalle, des Thermalbads, des Hotelhochhauses und der Rundhallen beauftragt.

Weitgehend auf der Basis von Hankes landschaftsarchitektonischem Konzept wurde ein großer Park geschaffen, der bis zur Per-Albin-Hansson-Siedlung reicht und den landschaftlichen Gegebenheiten angepasst wurde. Eine Vielzahl von Themengärten (unter anderem: Japanischer Garten, "Partygarten", "Utopischer Garten", Kurgarten) und mehrere Teiche wurden auf verschiedenen Höhenstufen platziert, futuristische Kinderspielplätze mit den Namen "Universum", "Mond" und "Erde" bildeten – neben einer Einschienenbahn über das Gelände – zusätzliche Attraktionen. Mit rund 2,6 Millionen Besucherinnen und Besuchern konnte die WIG 74 zwar einen noch größeren Publikumsansturm verzeichnen als die WIG 64, die Besucherzahl konnte jedoch nur durch eine großzügige Verbilligungsaktion erreicht werden. Die anvisierten 3 Millionen Besucher blieben unerreicht.

Das Gelände der WIG 74 aus der Luft kurz vor der Eröffnung (April 1974)

Bereits während der Ausstellung wurde die WIG 74 von der Fach- und Tagespresse im Hinblick auf die Gestaltung stark kritisiert. Fritz Wotruba hinterfragte die aufwändige Gestaltung eines Grünraums in städtischer Randlage. Bekannte Architekten wie Gustav Peichl und Roland Rainer hätten eine Begrünung der Innenstadt vorgezogen und kritisierten hohen Kosten (etwa 600 Millionen Schilling). Rainer vermisste etwa eine simple Fußballwiese. Verteidigung kam von Seiten der Politik: Bruno Kreisky bezeichnete den neu gestalteten Garten als "Schönbrunn des 20. Jahrhunderts" und Bürgermeister Leopold Gratz hielt in seiner Eröffnungsrede fest, dass man nicht zulassen werde, dass nur im Stadtzentrum Gärten wären und an der Peripherie Mülldeponien.

Ende 1974 wurde das Ausstellungsgelände als Kurpark Oberlaa der Öffentlichkeit zugänglich gemacht; die meisten Themengärten der WIG 74 sind erhalten geblieben. Jedoch erwiesen sich gerade die als besonders utopisch angelegten Themenschauen als am wenigsten zukunftsbeständig. So erwies sich etwa die Einschienenbahn als Fehlinvestition und wurde nur wenige Jahre nach ihrer Eröffnung eingestellt und abgebaut.

Videos

Einst und jetzt: WIG 1964 (1963), Zitat: WStLA, Filmarchiv der media wien, 240A-C (Ausschnitt)
Treffpunkt Wien - WIG 64 (1964), Zitat: WStLA, Filmarchiv der media wien, 222AB (Ausschnitt)
Ballonflug - WIG 1964 (1964), Zitat: WStLA, Filmarchiv der media wien, 408 (Ausschnitt)

Literatur

  • Der Aufbau. Fachschrift der Stadtbaudirektion Wien. Band 5/6. Wien: Compress / Jugend & Volk 1974, S. 151 ff. (Kurzentrum Oberlaa: 177 ff.)
  • Gustav Bihl: Wien 1945-2005. Eine politische Geschichte, in: Peter Csendes / Ferdinand Opll (Hg.: Wien. Geschichte einer Stadt. Band 3, Wien / Köln / Weimar 2006, S. 545-650.
  • Ulrike Krippner, Lilli Lička: Wiener Internationale Gartenschauen 1964 und 1974. Aufbruch in die Postmoderne? In: Die Gartenkunst 2 (2007), S. 381-398.
  • Ulrike Krippner, Lilli Lička, Martina Nußbaumer (Hg.): WIG 64. Die grüne Nachkriegsmoderne (Ausstellungskatalog Wien Museum), Wien 2014.
  • Martina Nußbaumer: "Weltstadt im Grünen". Die WIG 64 und die Visionen der Wiener Stadtplanung nach 1945, in: Ulrike Krippner / Lilli Licka / Martina Nußbaumer (Hrsg.): WIG 64. Die grüne Nachkriegsmoderne, Wien: Metroverlag 2014, S. 30-38.
  • Rathauskorrespondenz, 16.04.1964, 18.04.1974
  • Karl Ziak (Red.): Wiedergeburt einer Weltstadt. Wien 1945-1965, Wien / München: Jugend & Volk 1965, S. 160
  • H. Mathys: Pro und kontra WIG 74. In: Bund Schweizer Landschaftsarchitekten und Landschaftsarchitektinnen (Hrsg.): Anthos: Zeitschrift für Landschaftsarchitektur. Band 13, Nr. 2, 1974, S. 33–35

Weblinks

Einzelnachweise:

  1. Gustav Bihl: Wien 1945-2005. Eine politische Geschichte, in: Peter Csendes / Ferdinand Opll (Hg.: Wien. Geschichte einer Stadt. Band 3, Wien / Köln / Weimar 2006, S. 582 f.
  2. Karl Ziak (Red.): Wiedergeburt einer Weltstadt. Wien 1945-1965, Wien / München: Jugend & Volk 1965, S. 160.