Vermählungsanzeige
Vermählungsanzeigen (auch: Heiratsanzeigen) sind angefertigte Karten, Briefe sowie Annoncen in Zeitungen (Heiratsannoncen), welche eine anstehende Vermählung beziehungsweise Hochzeit zweier Brautleute ankündigen. Im Gegensatz zu einer Verlobungsanzeige kann eine Vermählungsanzeige auch zugleich eine Einladung für die bevorstehende Hochzeit sein.
Begriff und Etymologie
Der Begriff Vermählungsanzeige setzt sich aus den Nomen "Vermählung" und "Anzeige" zusammen. Die Bedeutung der beiden Wörter lässt sich anhand der Wortentwicklung der sich daraus ergebenden Verben ableiten.
"Vermählung" beziehungsweise das dazu korrespondierende Verb "vermählen" geht auf das mittelhochdeutsche "vermahelen", "vermehelen" (verloben, verheiraten) zurück, welches wie das althochdeutsche "gimahalen" und das mittelhochdeutsche "gemahelen", "gemehelen" eine Präfixbildung zum althochdeutschen "mahalen" (reden, ein Übereinkommen, einen Vertrag schließen, zur Braut, zur Frau nehmen) beziehungsweise zum mitteldeutschen "mālen", "mēlen" (vor Gericht laden, anklagen, versprechen, zur Frau nehmen (erkaufen), verloben, vermählen) ist. [1]
Das Wort "Anzeige" (zurückzuführen auf das Verb "zeigen": althochdeutsch "zeigōn", mittelhochdeutsch "zeigen") hat ab dem 15. Jahrhundert die Bedeutungen "Meldung, Mitteilung, Bekanntmachung, Inserat" und gehört mit den Verben "anzeigen" (ankündigen, mitteilen, durch offizielle Anzeige bekanntmachen), "bezeigen" (unter anderem bekunden) und "erzeigen" (jemandem etwas erweisen, zuteilwerden lassen) zusammen. [2]
Das Wort Vermählungsanzeige vereinigt diese beiden Wörter und bezeichnet ein (Lebens-)dokument, welches für einen temporären Gebrauch bestimmt ist. Jenes Dokument verkündet die Brautleute, das Datum und/oder Ort der bevorstehenden Vermählung/Hochzeit. Dokumente wie Vermählungsanzeigen zählen zu den sogenannten Gebrauchsgraphiken.
Historische Entwicklung und Aufbau
Historische Entwicklung
Die erste Vermählungsanzeige in einer deutschen Zeitung stammt vom 9. Juli 1732. Sie erscheint im Intelligenzblatt "Frankfurter Wöchentliche Frag- und Anzeigungsnachrichten" und verkündet, knappgehalten: "Wir haben geheiratet. W. Schlüter, Fabrikant zu Schaumburg, Charlotte Schlüter, geborene Fachmann."[3] Die Heiratsanzeige in der Zeitung – welche es auch in der nach eine*r Ehepartner*in suchenden Variante gibt, und nicht nur in der verkündenden Form – ist die eher informelle Ausformulierung der Vermählungsanzeige. Die formelle und persönlichere Gestaltung jener Anzeigen ist die (Gruß-)karte, welche an bestimmte Rezipient*innen versandt wird.

Die historische Vermählungsanzeige stand in ihrer Form als Gebrauchsgraphik im "Dienste der Höflichkeit." [4] Sie ist immer auch ein Produkt ihrer Zeit. Die Vermählungsanzeige richtet sich in ihrem Aussehen nach zeitgenössischen Geschmäckern, in ihrer Sprache nach gesellschaftlichen Gepflogenheiten und in ihrem Zweck nach historischen standesgemäßen Umgangsformen. Sie lassen sich als Gebrauchsgraphiken und Ephemera unterschiedlichen Funktionen und Formen zuschreiben.
Aufbau und Form
Obwohl es unterschiedliche Varianten von Vermählungsanzeigen gibt, folgen sie in ihrem Aufbau einem grundlegenden Muster. Meist verkünden Eltern die bevorstehende Heirat ihrer Kinder. Die Nachricht über die Vermählung kann entweder aufgeteilt, jeweils in die andere Richtung, verfasst werden – oder auf einer gemeinsamen Karte. Außerdem war es üblich, die jeweiligen Berufe und/oder Titel der Brautleute (vor allem bei Adelsfamilien) anzuführen. Kündigen zwei Elternpaare gemeinsam die Hochzeit ihrer Kinder an, so wird im Regelfall die zukünftige Braut zuerst genannt. Neben dem Datum und Ort der Vermählung konnte auch eine Einladung zur Hochzeit ausgesprochen werden. Vermählungsanzeigen gab es jedoch nicht nur für bevorstehende Hochzeiten, sondern konnten auch verschickt werden, um bereits stattgefundene Vermählungen zu verkünden.
Meist gibt der Inhalt der Vermählungsanzeigen die Form dieser vor. Die bei einer Druckerei in Auftrag gegebenen Karten und Briefe werden je nach Geschmack in Fraktur oder Antiqua gedruckt (wobei sich eine Entwicklung hin zur mehrheitlichen Verwendung von Antiqua ab dem 20. Jahrhundert feststellen lässt). Oftmals simpel gestaltet, wurden auch Zierrahmen und Symbole, sowie aufwendig gestaltete Monogramme auf die Karten gedruckt oder eingeprägt. Der Aufwand der formalen Gestaltung war eine Frage von finanziellen Ressourcen. Vermählungsanzeigen können auch wichtiges linguistisches Quellenmaterial sein, da sich anhand der Veränderung der verwendeten Sprache gesellschaftshistorische Entwicklungen feststellen lassen.
Sammlungen
Eigens angefertigte Vermählungsanzeigen sind Lebensdokumente, die sich oftmals in Nachlässen von verstorbenen Personen finden lassen. Zusätzlich gibt es Sammlungen solcher Ephemera in Archiven und Bibliotheken. Dokumente wie Vermählungs- und Verlobungsanzeigen sind historische Quellen, die wichtig für Forschungen zu spezifischen Personen sind. Sie geben Auskunft über zeitliche Rahmenbedingen einer Lebensgeschichte und stellen Verknüpfungspunkte zwischen Personen dar. Für geschlechtsspezifische Forschungsansätze sind sie außerdem hilfreich, da sie den oftmals nicht bekannten Geburtsnamen von verheirateten Frauen wiedergeben.
Die Wienbibliothek im Rathaus bewahrt mehrere hundert Vermählungsanzeigen in ihrer Sammlung auf. Dieses Konvolut ist alphabetisch sortiert und wird in drei Archivboxen aufbewahrt. Circa 750 der Vermählungsanzeigen aus dem Bestand der Wienbibliothek sind digitalisiert und können in der Wienbibliothek Digital nach Name und Vermählungsdatum durchsucht werden. Da eine Texterkennung durchgeführt wurde, sind auch die Inhalte der Bekanntmachungen durchsuchbar.
Quellen
- Wienbibliothek im Rathaus: Konvolut von diversen Vermählungsanzeigen, Signatur: E-74843
- Wienbibliothek Digital: Vermählungsanzeigen
- Walter von zur Westen: Vom Kunstgewand der Höflichkeit. Glückwünsche, Besuchskarten und Familienanzeigen aus sechs Jahrhunderten. Berlin: Otto von Holten 1921
Literatur
- Wolfgang Pfeifer [Hg.]: Etymologisches Wörterbuch des Deutschen. Berlin: Akad.-Verl. 1993
- Duden. Eintrag "Vermählungsanzeige" [Stand: 27.03.2025]
- Duden: Eintrag "Heiratsanzeige" [Stand: 27.03.2025]
- Wikipedia: Eintrag "Ephemera" [Stand: 27.03.2025]
Einzelnachweise
- ↑ "Vermählung", in: Wolfgang Pfeifer [Hg.]: Etymologisches Wörterbuch des Deutschen. Berlin: Akad.-Verl. 1993, digitalisierte und von Wolfgang Pfeifer überarbeitete Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache [Stand: 13.02.2025]
- ↑ "Anzeige", in: Wolfgang Pfeifer [Hg.]: Etymologisches Wörterbuch des Deutschen. Berlin: Akad.-Verl. 1993, digitalisierte und von Wolfgang Pfeifer überarbeitete Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache [Stand: 13.02.2025]
- ↑ WDR ZeitZeichen. Wolfgang Meyer: 9. Juli 1732 - Erste Heiratsanzeige in einer deutschen Zeitung. Westdeutscher Rundfunk Köln: 09.07.2022 [Stand: 14.02.2025]
- ↑ Walter von zur Westen: Vom Kunstgewand der Höflichkeit. Glückwünsche, Besuchskarten und Familienanzeigen aus sechs Jahrhunderten. Berlin: Otto von Holten 1921, S. V.