Verlag Artaria & Co

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Geschäftsportal der Verlagsbuchhandlung Artaria, Kohlmarkt 9, entworfen im Jahr 1900 von Max Fabiani. Freytag-Berndt & Artaria mietete dieses Lokal bis 2014.
Daten zur Organisation
Art der Organisation Verlag
Datum von 1770
Datum bis
Benannt nach
Prominente Personen
PageID 27438
GND 2030321-X
WikidataID
Objektbezug Verlagsgeschichte, Frühe Neuzeit, Langes 19. Jahrhundert
Quelle Murray G. Hall: Österr. Verlagsgeschichte
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Letzte Änderung am 3.02.2024 durch DYN.bl7
Bildname Verlag Artaria.jpg
Bildunterschrift Geschäftsportal der Verlagsbuchhandlung Artaria, Kohlmarkt 9, entworfen im Jahr 1900 von Max Fabiani. Freytag-Berndt & Artaria mietete dieses Lokal bis 2014.
  • 23., Brunner Straße 69

Frühere Adressierung
  • Artaria & Company (1770)
  • Freytag-Berndt und Artaria (1940)
  • Freytag-Berndt und Artaria KG (Juli 1964)

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48° 8' 18.38" N, 16° 17' 54.28" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Straßenszene vor den Auslagen von Artaria & Co im Dreilauferhaus am Kohlmarkt, 1786

Verlag Artaria & Co. Um 1750 wanderten die Brüder Cesare, Domenico (I.) und Giovanni Artaria aus Blevio bei Como als reisende Kunsthändler durch Mitteleuropa. 1765 begründet Giovanni ein Geschäft in Mainz (später nach Mannheim verlegt), während seine Neffen Francesco (1744–1808, Sohn des Domenico [I.]) und Carlo (1747–1808, Sohn des Cesare) 1768 nach Wien kamen und hier ihre Kupferstiche anboten. Sie traten damit in Konkurrenz zu den Künstlern, die damals ihre Werke selbst vertrieben, und zu den "Bildkrämern", die vorwiegend auf Märkten Stiche, Bilder, Kalender und Gebetbücher anboten.

Die mit Privilegium von 12. Februar 1770 von Carlo und Francesco gegründete Wiener Firma "Artaria & Company" (Gesellschaftsvertrag von 2. Februar 1770) erhielt das Recht, auch außerhalb der Marktzeiten in einem öffentlichen Gewölbe Handel zu treiben. Mit 15. Oktober 1770 zeigte sie ihre Kunsthandlung "Zum König von Dänemark" im Hochholzerhof (1., Tuchlauben 5) an, 1775 übersiedelte sie ins Dreilauferhaus (1., Kohlmarkt 18, Herrengasse 2) und begann darüber hinaus Mitte der 1780er Jahre aufgrund eines am 28. Jänner 1782 erteilten Druckprivilegs mit der Herausgabe von kartographischen Werken. Ab 1789 befand sich das Geschäftslokal, das nach einem Neubau 1901 auch zu Ausstellungszwecken wesentlich vergrößert wurde, im Haus "Zum englischen Gruß" (1, Kohlmarkt 9), in unmittelbarer Nachbarschaft zum Kunsthändlers Hieronymus Löschenkohl.

Ab den frühen 1800er Jahren wurde das Unternehmen von Domenico Artaria (III.) weitergeführt, der die Bedeutung Artarias als Musikverlag forcierte. Ihm folgte 1842 dessen Sohn August Artaria nach, der wiederum die kartographische Sparte der Firma ausbaute. Auch dessen Söhne wirkten im Familienunternehmen mit, ehe 1936 mit Dominik Artaria (IV.) der letzte Chef des Unternehmens starb.

Artaria & Co betrieb drei Handels- und Verlagzweige: eine Kunstabteilung, eine Musikalienabteilung (ab Oktober 1776, und bald darauf einen Musikverlag) und eine kartographische Abteilung (Kartenvertrieb ab 1776). Als Kunsthändler verlegte Artaria die Kupferstiche von Jakob Schmutzer. 1775/1776 erschien das erste große Kupferstichwerk von ehemaligen Schülern der neu gegründeten "Kupferstecher-Akademie" (Kaufruf in Wien nach Zeichnungen von Johann Christian Brand). Ab 1778 vertrieb Artaria auch handschriftliche und gedruckte Musikalien aus dem Ausland. Der Musikverlag erlangte mit Wolfgang Amadeus Mozart und Joseph Haydn bald Weltruf; ein freundschaftliches Verhältnis entwickelte sich besonders zu Haydn. 1793 folgte Ludwig van Beethoven, später Franz Schubert und Gioacchino Rossini. 1778 begann die Herausgabe der Stiche des Ansichtenwerks ("Sammlung von 36 Aussichten der Residenzstadt Wien von ihren Vorstädten und einigen umliegenden Oertern", 1785) von Carl Schütz, Johann Ziegler und Laurenz Janscha. Zudem erschienen Stadtpläne von Wien sowie Karten verschiedener europäischer Länder (darunter auch topographische und Postroutenkarten).

Die ehemaligen Kompagnons Tranquillo Mollo und Giovanni Cappi gründeten 1798 beziehungsweise 1801 eigene Firmen. Als sich nach dem Wiener Kongress die Qualität der Produkte verbesserte, errang der Verlag eine Zeitlang eine führende Stellung unter den Kartenverlagen der Monarchie. Der Verlag hielt im Gegensatz zur Konkurrenz lange am teuren und zeitaufwendigen Kupferstich fest, da er gegenüber dem Steindruck feinere Ausführungen erlaubte. Seit der Mitte der 1850er Jahre setzten sich (Farb-)Lithographien durch. Der 1862 zum Verlag gekommene Anton Steinhauser erneuerte das Verlagsprogramm (erste Höhenschichtenkarten für den Schulgebrauch, Gegenüberstellung physikalischer und politischer Karten, Schulwandkarten, geologische Karten); seit 1858 erschienen Eisenbahnkarten, seit 1873 Touristenkarten. Außerdem gab Artaria zahlreiche Stadt- und Bezirkspläne von Wien heraus. 1891 übernahm mit Karl Peucker ein hervorragender Kartograph die wissenschaftliche Leitung, 1892 erschien der "Atlas für Commercielle Lehranstalten" und 1896 der "Atlas für Handelsschulen". Nach dem Tod von August Artaria (1893) beschränkte man sich auf überarbeitete Neuausgaben älterer Karten.

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurde der Kunstverlag eingeschränkt und im Oktober 1894 wurde der gesamte Musikverlag an den Musikverleger Josef Weinberger verkauft.

Im November 1922 vereinigten sich Artaria & Co und der Kunsthändler Gustav Nebehay zu einer Interessengemeinschaft. Rund zehn Jahre später wurde beschlossen, die Kunsthandlung Artaria & Co zu verkaufen. Im Jahre 1931 erfolgte dann die Liquidierung. Eine Folgefirma, Artaria & Co. Nachf. Gilbert Schiviz, wurde am 9. Oktober 1934 ins Handelsregister in Wien eingetragen.

1920 wurde die kartographische Abteilung von Artaria dem Verlag G. Freytag & Berndt angegliedert. 1940 wurde schließlich die Firma Geographischer Verlag und Landkartenhandlung Artaria Ges. in. b. H. mit der Kartographischen Anstalt Freytag-Berndt A.G. fusioniert. Die Firma hieß nun: Kartographische Anstalt Freytag-Berndt und Artaria K.G. Ab Juli 1964 lautete der handelsgerichtlich eingetragene Firmenname: Freytag-Berndt und Artaria K.G., Kartographische Anstalt. 2014 übersiedelte Freytag-Berndt und Artaria aus wirtschaftlichen Gründen vom historischen Geschäftslokal Kohlmarkt 9 in die Wallnerstraße, die einzige Seitengasse des Kohlmarkts. Die Firmenzentrale befindet sich im 23. Bezirk.

1985 wurde eines der Gräber der Familie Artaria, jenes auf dem Hütteldorfer Friedhof (Gruppe 3, Nummer G1), ehrenhalber auf Friedhofsdauer gewidmet und in die Erhaltung der Stadt Wien übernommen.

Das Artaria-Verlagsarchiv befindet sich in der Wienbibliothek im Rathaus.

Quellen

Literatur

  • Murray G. Hall: Österreichische Verlagsgeschichte 1918–1938. Band I. Geschichte des österreichischen Verlagswesens. Wien: Böhlau 1985
  • Die „Bildkrämer" vom Kohlmarkt. In: Rendezvous Wien. Vierteljahreszeitschrift für Freunde Wiens in aller Welt 5 (1977), S. 25 ff.
  • Johannes Dörflinger: Die österreichische Kartographie im 18. und zu Beginn des 19. Jahrhunderts unter besonders Berücksichtigung der Privatkartographie zwischen 1780 und 1820. 2 Bände. Wien 1984-1989 (weitere Literatur)
  • Johannes Dörflinger: Dauer und Kosten des Karten-Kupferstiches - dargestellt an Hand von Karten des Wiener Verlags Artaria & Company aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. In: Internationales Jahrbuch Kartographie 21 (1981), S. 75 f.
  • Das Ende einer Kulturdynastie. In: Neue Freie Presse, 10.01.1936, S. 3
  • Friedrich Slezak: Geschichte der Firmen Artaria & Compagnie. Wien: Freytag-Berndt und Artaria 1970
  • Friedrich Slezak: Beethovens Wiener Originalverleger. Wien: Deuticke 1987 (Forschungen und Beiträge zur Wiener Stadtgeschichte, 17) (dort weitere Literatur), S. 23 ff. (Artaria & Company), S. 23 ff. (Mathias Artaria)
  • Der Verlag Artaria. Veduten und Wiener Alltagszenen. Wien 1959-2003. Wien 2003 (Katalog zur Sonderausstellung des Historischen Museums der Stadt Wien, 72)


Artaria und Compagnie im Katalog der Wienbibliothek im Rathaus.