Urbane Ökonomie

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Im Zeitraum von Mitte des 18. Jahrhunderts bis Ende des 20. Jahrhunderts durchlebte die Wiener Wirtschaft wie die anderer entwickelter Stadtwirtschaften im Produktionssektor den Übergang vom Kundenhandwerk zur industriellen Massenproduktion der im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts von der Deindustrialisierung abgelöst wurde. Im Dienstleistungssektor wurden die vorher vorherrschenden Beschäftigungen im Bereich der persönlichen Dienstleistungen ab Mitte des 19. Jahrhunderts durch den Aufstieg des Finanzsektors, der Büroarbeit und schließlich produktionsnaher Dienste im Allgemeinen abgelöst. Der Charakter einer Konsumptionsstadt blieb aber über den gesamten Zeitraum erhalten, wenngleich der Verlust des gemeinsamen Marktes in der Donaumonarchie in der Zwischenkriegszeit für eine schwere Belastungsprobe sorgte. Im langjährigen Durchschnitt bewegte sich das reale Wirtschaftswachstum pro Kopf meist um 1 Prozent jährlich. Krisenhafte Entwicklungen mit einem Rückgang des Pro-Kopf-Einkommens bestanden in Kriegs- und Nachkriegsjahren. Das höchste Wachstumsniveau mit mit bis zu 6 Prozent jährlich wurde in den Jahren des Wirtschaftswunders 1953-1962 erreicht.

DC Towers in der Donau-City (2017)

(Proto-)Industrialisierung

Nach der Krise des 17. Jahrhunderts kam es im 18. Jahrhundert zu einem bedeutenden wirtschaftlichen Aufschwung der Kernregionen der Habsburgermonarchie zu den im Besonderen das Erzherzogtum unter der Enns mit Wien zählte. Wie anthropometrische Befunde nahelegen, dürfte dieser Aufschwung auch zu einem Anstieg des realen Pro-Kopf-Einkommens bis zum Ausbruch des Österreichischen Erbfolgekrieges beigetragen haben. Vor allem nach dem Ende der Kriegsperiode 1763 setzte eine erhebliche wirtschaftliche Dynamik ein, die in der Gründung zahlreicher Manufakturen zum Ausdruck kam.

Das rasche demographische Wachstum in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts nach der Überwindung der Bedrohung durch das Osmanische Reich förderte eine breite Differenzierung des Wiener Gewerbes, wobei neben die in Innungen organisierten Gewerbetreibenden immer mehr außerzünftische Formen (Hofbefreite, Dekretisten, „Störer“) traten. 1753/54 wurde schließlich von staatlicher Seite eine Unterscheidung zwischen für den Export arbeitende „Kommerzialgewerbe“, für die eine bloße behördliche Anmeldung genügte, und für die lokale Versorgung relevante „Polizeigewerbe“, die nach wie vor zünftischen Regeln unterworfen waren, getroffen.

Im Zeichen des Merkantilismus strebte die staatliche Politik über die Wirtschaftskommission immer stärkeren Einfluss auf die städtische Wirtschaftspolitik zu nehmen. Die Förderung der inländischen Produktion durch Privilegierung von Manufakturgründungen, die Anwerbung ausländischer Fachkräfte, die Belebung des Binnenhandels durch Liberalisierung, Importsubstitution und Verbesserung der Außenhandelsbilanz standen im Vordergrund. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts erlebten Textil- und Bekleidungsgewerbe ihren Durchbruch die durch das Zusammenspiel von dezentraler Verlagsproduktion und zentralisierter Manufaktur gekennzeichnet war. Einen besonderen Aufschwung nahm seit dem frühen 18. Jahrhundert die Seidenweberei. Vor allem im Bereich der Nahversorgungsgewerbe blieben zünftische Betriebe dominant.

Die wirtschaftliche Dynamik führte in der Regel bei den traditionellen Gewerben zu keiner wesentlichen Erhöhung der Steuerleistung der Betriebe die über die Steuerbücher zu erschließen ist. Die Steuerbücher umfassen Anschlagbücher sowie die Bücher der "Behausten" und der "Unbehausten". Die Anlage erfolgte nach Stadtvierteln. Die Anschlagbücher enthalten Hausbesitzer und Inwohner unter Zugrundelegung einer topographischen Ordnung. Hausbesitz-, Wein- und Handwerkssteuer bildeten die wesentlichen Stützen des obrigkeitlichen Haushalts der im Steueramt verortet war. Mit der Magistratsreform (1783) hatte der Politisch-ökonomische Senat die Leitung der 1785 reorganisierten Hilfsämter und damit auch des Steueramts inne. Ab 1807 bestand das Personal des Steueramtes aus einem Steueramtsverwalter oder Obereinnehmer, der zugleich k.k. Hofquartierbuchsverwalter ist, einem Kassier, einem Kontrollor, vier Liquidatoren, fünf Manipulanten, zwei Praktikern, zwei Amtsboten und vier Stadtsequestern.

Im Handel hatte die aufgesplitterte Gerichtsorganisation, die ursprünglich jeden der drei Handelsstände einem eigenen Gericht zuordnete (Niederleger der niederösterreichischen Regierung, Hofbefreite dem Hofmarschallamt, Bürgerliche dem Stadtgericht), zur Schaffung eines Wechselgerichts im Jahr 1717 geführt. Durch die Fallitenordnung von Karl VI. vom 18. August 1734 wurde das Aufgabengebiet des Gerichts erweitert. Aufgrund zahlreicher Bankrotte wurde die Führung des Merkantilprotokolls präzisiert, um sämtliche Gesellschafter eines Unternehmens sowie die Höhe des Kapitals zu erfassen. Da die Wechselordnung von 1717 nur inkonsequent umgesetzt wurde, wurde das selbständige Merkantil- und Wechselgericht mit Dekret von 2. Mai 1749 aufgehoben, doch 1762 wieder eingerichtet.

Im ausgehenden 18. Jahrhundert verstärkten sich die Zentralisierungstendenzen in der Produktion. Es entstanden zahlreiche „Fabriken“, wobei es jedoch noch zu keinem Einsatz von Dampfmaschinen kam. Eine besondere Blüte erlebte die Produktion im Wiener Raum während der „Kontinentalsperre“, durch die Importe aus Großbritannien ausfielen, was der Textilproduktion starken Auftrieb hab. Der Boom endete jedoch mit der Öffnung der Märkte nach Ende der Napoleonischen Kriege.

Stadträumlich wurden auch aus seuchenhygienischen Gründen die innerstädtischen Marktstandorte mehr und mehr vor die Stadt verlagert. Dies wurde auch durch die Abwanderung von Handwerkern in die kostengünstigen Vorstädte begünstigt. In der Stadt verblieben vor allem Textil- und Lebensmittelhändler. Im Gastgewerbe erlebte das Wiener Kaffeehaus nach Anfängen um 1685 im späten 18. Jahrhundert seine erste Blüte. Was den Konsum in den Gasthäusern anlangt, verdrängte mehr und mehr das Bier den Wein, der freilich mit dem 1784 erlaubten steuerbegünstigten Ausschank durch die Produzenten in Heurigen eine neue Verortung besonders in einigen westlichen Vororten erfuhr. In diesem Zeitraum fielen auch die Anfänge des Friseurgewerbes.

"Kavesieder (Kaffeesieder). Un Garcon de Caffé", Kupferstich, 1777

Der Aufschwung der Textil- und Bekleidungsproduktion ermöglichte auch Unternehmerinnen in einzelnen Branchen die selbständige gewerbliche Betätigung. Auch die dauerhafte Führung von Witwenbetrieben kam immer wieder vor (zum Beispiel die Apothekerin Johanna Maximiliana Weidner). Im Handel traten Frauen manchmal als Leiterinen des Betriebs auf. Dies verstärkte sich mit dem großen Aufschwung der Textil- und Bekleidungsgewerbe im 18. Jahrhundert, in denen in einigen, wie im Fall der Visierschneiderinnen oder der Haubenmacherinnen, Frauen das Gewerbe dominierten. Zum Teil traf das auch auf den (Lebensmittel-)Kleinhandel zu (Brotsitzerinnen, Fragnerinnen). In anderen Gewerben, wie etwa bei den Seidenzeugmachern, war der Produktionsprozess in erster Linie von Frauen bestimmt.

Am Finanzplatz Wien entstand mit der 1706 gegründeten Wiener Stadtbank ein erstes langlebiges Finanzinstitut. Ab 1762 gab die Bank auch erstmals Bancozettel, also Papiergeld, aus. Zudem stiegen in dieser Zeit einzelne Wiener Großhändler zu bedeutenden Privatbankiers auf, wie etwa Johann Fries, Johann Jakob Geymüller und Nathan Adam von Arnstein, die ihren Schwerpunkt auf Staatsanleihen verlegten und Bank- und Handelsgeschäft zunehmend trennten. Langfristige Investitionskredite für die Wirtschaft blieben jedoch die Ausnahme von der Regel.

Mit dem Ausbruch der Kriege mit dem revolutionären Frankreich gerieten die Staatsfinanzen immer mehr in Unordnung. Die wachsende Ausgabe von „Banco-Zetteln“ führte schließlich zur „Hyper“-Inflation und dem Staatsbankrott von 1811. Am 15. März 1811 veröffentlichte Franz I. das auf den 20. Februar datierte kaiserliche Patent, das den Beinahmen "Bankrottpatent" erhalten sollte. Es sah eine Abwertung der Bancozettel auf 20 Prozent ihres Nennwertes und den Umtausch in die bereits erwähnten "Einlösungsscheine" vor. Die neue, auf den Einlösungsscheinen basierende Währung wurde als "Wiener Währung" (W.W.) bezeichnet und stellte ab 15. März 1811 das einzige gesetzliche Zahlungsmittel dar. Für das Gros der Bevölkerung bedeutete das Patent einen enormen Vermögensverlust; gleichzeitig löste es in vielen Lebensbereichen eine massive Teuerung aus. Das Ziel des Patents, eine Währungsstabilisierung, wurde allerdings nur bedingt erreicht. Die weiterhin hohen Staatsschulden, neue Kriege und hohe Rüstungsausgaben führten zu einer neuerlichen Inflation.

Erst nach dem Ende der Napoleonischen Kriege und dem Wiener Kongress (1814/1815) gelang die Sanierung des Finanzsystems. Dazu trug auch die Gründung der Österreichischen Nationalbank 1816 bei. Zu ihren ersten Aufgaben gehörte es, die in Misskredit geratene Wiener Währung gegen Conventionsmünze einzutauschen, ein Unterfangen, das bis 1835 weitestgehend abgeschlossen war.

Frühindustrialisierung

Die Industrialisierung setzte im Wiener Raum um 1800 ein als mit der Gründung der Pottendorfer Maschinspinnerei 1801 der Einsatz von Dampfmaschinen in die Textilindustrie Einzug hielt. Im Gründerkonsortium waren Wiener Großhändler involviert. In der Folge brachte die napoleonische Kontinentalsperre einen Gründungsboom in der Baumwollindustrie der allerdings nach und nach von der Verlagerung von Betrieben aus den Wiener Vorstädten ins niederösterreichische Industrieviertel gekennzeichnet war. Die noch wenig mechanisierte Wiener Seidenindustrie blieb vorerst auf die Vorstädte konzentriert. Ab der Mitte der 1820er Jahre begünstigte jedoch ein Konjunkturaufschwung die industrielle Produktion in den Vorstädten und Vororten in der Textilverarbeitung, vor allem bei den Stoffdruckereien. Es folgten Betriebe in der Metall-, Leder- und Papierindustrie. Es handelte sich dabei meist um wachsende Mittelbetriebe. Entscheidend für den Industriestandort Wien wurde schließlich der Eisenbahnbau der zur Entstehung der Wiener Maschinenindustrie Ende der 1830er Jahre führte. Durch die Konzentrierung des Eisenbahnbaus auf Wien entstanden zahlreiche Lokomotivfabriken. Am Vorabend der Revolution von 1848 dominierten Maschinenbau und Bekleidungsindustrie. Hinsichtlich des Maschineneinsatz bestand jedoch noch ein beträchtlicher Rückstand gegenüber Böhmen.

Im Finanzsektor war es zwar mit Gründung der Ersten Österreichischen Sparkasse im Jahr 1819 und den ersten Versicherungen zu Neugründungen gekommen, doch dominierten nach wie vor Privatbankiers die ihre Geschäfte vornehmlich mit Staatsanleihen und der Heeresfinanzierung machten. Erst mit dem Eisenbahnbau trat diese Schicht auch erstmals im Gründungsgeschäft stärker in Erscheinung. Das älteste Versicherungsinstitut wurde am 24.Dezember 1824 als „k.k.private (wechselseitige) Brandschaden-Versicherung-Anstalt“ gegründet. 1839 folgte die „Allgemeine wechselseitige Capitalien- und Rentenversicherungsanstalt“, die 1865 in „Janus wechselseitige Lebensversicherungs-Anstalt“ umbenannt wurde.

Der Arbeitsmarkt war durch die Verbreitung von freier Lohnarbeit gekennzeichnet. Starke Konjunkturschwankungen führten immer wieder zu Absatzkrisen begleitet von Arbeitslosigkeit und Massenarmut. Das Wirtschaftsbürgertum, in dem einige Familien zu großem Reichtum gelangten, verbreiterte sich durch den neuen Typus des „Privatbeamten“, Vorläufer der Angestellten. Die fortschreitende Bürokratisierung ließ die Zahl der Beamten deutlich anwachsen. Deren Einkommen wurde jedoch durch den Wertverlust der Währung immer wieder geschmälert.

Von dem wirtschaftlichen Aufschwung der Frühindustrialisierungsphase profitierte nur ein kleiner Teil der Gesellschaft, vor allem das Wirtschaftsbürgertum. Die Kaufkraft sank insbesondere in Phasen von Absatzkrisen. Besonders die städtischen Unterschichten litten unter den sich verschärfenden ökonomischen und sozialen Ungleichheiten die verstärkt durch schlechte Ernten in der zweiten Hälfte der 1840er Jahre zu Hungerprotesten und schließlich zum Ausbruch der Revolution von 1848 führten.

Zwischen Revolution und Börsenkrach

Die Revolution von 1848, deren Auslöser eine schwere Wirtschaftskrise seit Mitte der 1840er Jahre war, wurde zwar niedergeschlagen, führte jedoch als Konzession an das aufstrebende Bürgertum zu einer Liberalisierung im Bereich der Wirtschaft. Die 1848 gegründete Handelskammer vertrat nunmehr unternehmerische Interessen. Die Gewerbeordnung von 1859 brachte eine weitgehende Liberalisierung der gewerblichen Tätigkeiten. Sie besiegelte das Schicksal der Innungen die durch Zwangsgenossenschaften abgelöst wurden, Macht und Einfluss jedoch verloren. Die allermeisten Gewerbe waren nur mehr gegenüber der Behörde meldepflichtig. Einige wenige aus dem Bereich Gastgewerbe und Beherbergung, sowie Transportgewerbe wurden zu konzessionierten Gewerben erklärt und deren Ausübung an formale Bedingungen geknüpft.

Im industriellen Bereich entwickelte sich vor allem die Wiener Maschinenindustrie auf Grund von großen Aufträgen der Eisenbahngesellschaften. Größere Betriebseinheiten entstanden auch im metallverarbeitenden Gewerbe in Verbindung mit dem Bauboom der Gründerzeit. In der Nahrungsmittelindustrie sorgten Innovationen („Lager-Bier“) für einen ausgeprägten Konzentrationsprozess verbunden mit Produktionssteigerungen. Hingegen setzte ab den 1850er ein Niedergang der Wiener Textilindustrie ein, während das Wiener Bekleidungsgewerbe vom Übergang von der Kundenarbeit zur Marktproduktion geprägt war. Ende der 1850er kamen die ersten Nähmaschinen in Gebrauch. Dieses Gewerbe hatte nunmehr die höchste Zahl an Beschäftigten im produzierenden Bereich. Von der Liberalisierung 1859 bis zum Börsenkrach 1873 kam es zu einer starken Vermehrung der gewerblichen Klein- und Mittelbetriebe.

Im Finanzsektor sorgte die Gründung von Mobilbanken, 1853 die der Niederösterreichischen Eskomptegesellschaft, 1855 der Creditanstalt für Handel und Gewerbe, für eine Revolution. Diese Universalbanken denen weitere Bankgründungen folgen sollten engagierten sich im Industriegründungsgeschäft was schließlich nach 1867 zu einem Gründungsboom führte. Durch Überspekulation endete dieser allerdings im Börsenkrach von 1873 dem eine tiefe Rezessionsphase folgte.

Im Zuge der Neuorganisation der Gerichtsbehörden 1848 wurde das Handelsgericht als Nachfolgegericht des Merkantil- und Wechselgerichts am 1. Juli 1850 eingerichtet (RGBl 234). Zwischen 1856 (RGBl 2, 140) und 1932 (RGBl 6, 244) war das Handelsgericht auch für Verlassenschafts-, Pflegeschafts- und Vormundschaftssachen von Firmeneigetümern zuständig. Mit der Einführung des „Allgemeinen Handelsgesetzbuchs“ am 1. Juli 1863 kam es zu einer umfassenden Änderung der Handelsangelegenheiten. Das Handelsgericht wurde mit der Führung des Handelsregisters betraut.

Von der Hochindustrialisierung zum Ersten Weltkrieg

Der ab Mitte der 1890er Jahre einsetzende wirtschaftliche Aufschwung wurde vom Aufstieg der Leichtindustrien (Elektro-, Chemische-, Fahrzeugindustrie) getragen. Damit einher ging die Randwanderung der Industrieunternehmen die nunmehr als industrielle Großbetriebe erheblichen Raumbedarf hatten. Weiterhin für den Wiener Standort von großer Bedeutung blieb die Maschinenindustrie. Als Zulieferer behielt das Wiener produzierende Gewerbe jedoch seine Bedeutung. Mit dem Aufstieg der Leichtindustrien nahm auch Frauenerwerbstätigkeit in der Industrie erheblich zu. Am industriellen Arbeitsmarkt kam es zu einer Zweiteilung zwischen Facharbeiterschaft und Hilfsarbeit.

Führend Industriebranche war die Elektroindustrie. Im Jahr 1884 gründete Johann Kremenezky mit Ignaz Mayer die Firma Kremenezky, Mayer & Co. Fabrik für elektrische Beleuchtung und Kraftübertragung, aus der sich das größte österreichische Starkstromunternehmen entwickelte. Weiter unter der Leitung von Kremenezky ging das Unternehmen 1896 in den Besitz der am 31. Dezember 1885 gegründeten Nürnberger Schuckert & Co AG über, die es in die Österreichischen Schuckert-Werke AG umwandelten. Im Jahr 1899 übersiedelte das Unternehmen in den neu errichteten Fabrikskomplex in der Vorgartenstraße in Brigittenau. 1903 kam es zur Fusion mit Siemens & Halske, ab 1908 auch einschließlich des Kabelwerks in Leopoldau (21., Siemensstraße 88-92). 1910 wurde das Werk durch eine Drahtfabrik und ein Kupferwalzwerk erweitert. Mit seinen drei Wiener Werken sowie Beteiligungen und Außenstellen avancierte Siemens-Schuckert zum größten Elektrounternehmen der Donaumonarchie.

Unter den Leichtindustrien erlebte auch der Fahrzeugbau einen besonderen Aufschwung. Als erste Firma stellten die Lohner-Werke ein Automobil her. Bahnbrechend war die Konstruktion eines Elektromobils System „Lohner-Porsche" (1899/1900; Zwei-Zylinder-Motor, 12 PS), bei dem Ferdinand Porsche seine Erfindungs- und Konstruktionsgedanken verwirklichte. Auch die Firma Gräf & Stift erzeugte 1898-1914 Autos mit Vorderradantrieb. Ab 1912 begann auch der Flugzeugbau in Eßling [mit Werksflugplatz]) Fuß zu fassen.

Der Aufstieg der Großindustrie erfolgte in enger Verflechtung mit den Wiener Großbanken die im Industriegründungsgeschäft eine zentrale Rolle einnahmen. Erhebliche Teile der Industrie zählten zu ihrem Einflussbereich, den sie über Aktienpakete und Sitze im Vorstand absicherten. Die größte Rolle spielte dabei die Creditanstalt und die Bodencreditanstalt. Im Dienstleistungssektor führte das Größenwachstum im Finanzsektor und Großhandel zum Aufstieg der neuen Beschäftigtenkategorie der Angestellten. Im Versicherungswesen erfolgte die Gründung der „Städtischen Kaiser Franz Joseph- Jubiläums-Lebens- und Renten-Versicherungs-Anstalt“. Mit der Gründung dieser Lebensversicherung wurde der jeweilige Wiener Bürgermeister per Gesetz zum Aufsichtsratsvorsitzenden der Wiener Städtischen gewählt.

Nach der Jahrhundertwende kam es zu einer Welle von Kommunalisierungen im Bereich der Energieversorgung und im öffentlichen Verkehr. Am 21. und 27. Oktober 1896 fasste der Gemeinderat die erforderlichen Beschlüsse zum Bau des städtischen Gaswerks Simmering. Die Gemeinde Wien schloss mit der Imperial-Continental-Gas-Association 1899 einen außergerichtlichen Vergleich, der die bestehenden Beleuchtungsverträge von unterschiedlicher Dauer für die Vororte annullierte und durch einen einheitlichen Vertrag mit einer Laufzeit bis 31. Dezember 1910 ersetzte. 1914 wurden die Gaswerke Simmering und Leopoldau durch eine Hochdruckleitung verbunden. 1899 erwarb die Gemeinde Wien 1899 die Konzession für die Erweiterung beziehungsweise Elektrifizierung des Pferdestraßenbahnnetzes (Bau- und Betriebsgesellschaft, Pferdestraßenbahn, Straßenbahn). Der Gemeinderat beschloß am 11. Mai 1900 den Bau eines städtischen Elektrizitätswerks Simmering. 1907-1914 wurden die bestehenden privaten Werke übernommen; seit 1. Juli 1914 verfügt die Gemeinde Wien über das Monopol der Stromerzeugung.

Infolge der Wirtschaftskrise nach dem Börsenkrach von 1873 kam es ab den 1880er Jahren zu gesetzlichen Änderungen die erstmals die Arbeitnehmerrechte etwas stärker berücksichtigten. Mit Gesetz von 27. 11. 1896 (Reichsgesetzblatt 218) wurde zur Austragung von gewerblichen Rechtsstreitigkeiten zwischen gewerblichen Unternehmern und Arbeitern sowie zwischen Arbeitern desselben Betriebs untereinander die Errichtung von Gewerbegerichten mittels vom Justizminister im Einvernehmen mit den beteiligten Ministern zu erlassenden Verordnungen angeordnet, in denen Berufsrichter und Vertreter der Arbeitgeber- und -nehmer zusammenwirkten. Am 1. Juli 1898 erhielt das Gericht die Bezeichnung „K. k. Gewerbegericht Wien".

Zwischenkriegszeit

Vom Zerfall des gemeinsamen Wirtschaftsraums war die Wiener Wirtschaft in besonders starker Weise negativ betroffen. Die überregional ausgerichteten Produktions- und Dienstleistungsbetriebe versuchten zumeist in Form einer "Donauraumstrategie" der neomerkantilistischen Politik der Nachfolgestaaten entgegenzuwirken, was nur temporär gelang. Spätestens mit dem Ausbruch der Weltwirtschaftskrise zeigte sich die Beschränkung auf den kleinen nationalen Markt in ihren vollen Konsequenzen. Innerhalb Österreichs nahm die Wiener Wirtschaft eine überdominante Stellung ein. Zwar ging der Anteil Wiens an den Berufstätigen im Produktionssektor von 1910 bis 1934 von 44 auf 40 Prozent zurück und jener im Dienstleistungssektor von 53 auf 49 Prozent, doch blieb die Konzentration nach wie vor ganz erheblich. Die Tertiärisierung schritt nur langsam voran, weil die Wiener Industrie über zahlreiche Großbetriebe in den jungen industriellen Leitsektoren wie der Elektroindustrie, der Fahrzeugindustrie und im Maschinenbau verfügte die zumindest in den 1920er Jahren in der Regel eine günstige Entwicklung zeigten. Beispielsweise die Zahl der Elektromotoren in Wiener Betrieben verdoppelte sich im Zeitraum 1910-1928 beinahe. Auch die Wiener Bekleidungsindustrie bewahrte ihre Stellung weitestgehend, zumindest auf dem nationalen Markt. Auch der Dienstleistungssektor wies innerösterreichisch eine sehr hohe Konzentration auf Wien auf. Dies betraf den Handel, die Wirtschaftsdienste, besonders aber das Kreditwesen. Mit der "Nationalisierung" des Bankwesens ging ein Rückgang des Bankgeschäfts einher. Deren Industriekonzerne gingen Großteils an die Nachfolgestaaten verloren.

Um ihre überregionale Position nicht zu verlieren, vergaben die Wiener Banken langfristige Kredite an Unternehmen in den Nachfolgestaaten denen jedoch nur kurzfristige Kredite von westlichen Finanzgebern gegenüberstanden. Gleichzeitig schrumpfte der aufgeblähte Finanzsektor. Immer mehr Banken krachten. Als die Creditanstalt-Bankverein 1929 mehr oder minder gezwungen die angeschlagene Bodencreditanstalt übernahm war das der Anfang vom Ende des Wiener Bankplatzes. Im Zuge der CA-Krise 1931 musste die einzige verbliebene Großbank, sieht man von der 1934 geschlossenen Niederösterreichischen Eskomptegesellschaft ab, mit enormen Staatsmitteln gerettet werden. Nach der Sanierung beschränkte sie sich im Wesentlichen auf ein stark reduziertes nationales Geschäft. Auch der Versicherungssektor erlebte im Skandal um die Phoenix einen Höhepunkt der krisenhaften wirtschaftlichen Entwicklung.

Der Wiener Arbeitsmarkt war einerseits durch eine Zunahme der Frauenerwerbstätigkeit andererseits durch eine Zunahme des Angestelltenanteils gekennzeichnet was für eine hohe Marktintegration spricht. Von 1910 bis 1923 sprang der Angestellten- und Beamtenanteil an den Erwerbstätigen von 14 auf 22 Prozent. In der Folge verlief der Anstieg kontinuierlich auf 25 Prozent bis 1934. Im Jahr 1939 waren 30 Prozent erreicht. Dafür waren zum Teil Konzentrationsprozesse in der österreichischen Industrie, die durch die Verwerfungen der Kriegsproduktion und der darauffolgenden Überproduktionskrise verstärkt wurden, verantwortlich. Aber auch im tertiären Sektor sorgten Konzentrationsprozesse, fortschreitende innerbetriebliche Arbeitsteilung und strukturelle Verlagerungen für eine erhöhte Nachfrage nach Angestellten. In Wien standen einem starken Anstieg der Beschäftigung im Handel und in den Verkehrsgewerben – beides Bereiche mit einer bereits sehr entwickelten Angestelltentradition – ein etwa gleich hoher Rückgang der "häuslichen Dienste" gegenüber, für die Angestelltenverhältnisse die Ausnahme der Regel bildeten. Besonders wie weibliche Angestelltenquote machte im Zeitraum 1910 bis 1923 einen Sprung von 7 auf 17 Prozent. Auch in der Folge stieg sie überproportional an und erreichte 1934 25 Prozent. Die Zunahme beruhte allerdings primär auf der Zunahme weiblicher Angestellter im Niedriglohnbereich (Sekretärin, Telefonistin, Kindergärtnerin). Sektoral betrachtet kam über den gesamten betrachteten Zeitraum rund ein Viertel der Angestellten und Beamten aus dem Produktionssektor. Der Anteil stieg zunächst bis Mitte der 1930er Jahre an, um dann nach dem "Anschluss" um rund 2 Prozentpunkte zu fallen.

Das Wiener Kleingewerbe erlebte in den 1920er Jahren einen Rückgang, ehe im Zug der Weltwirtschaftskrise die Anzahl der Betriebe wieder zunahm. Viele kleine Handelsfirmen hatten jüdische Besitzer.

NS-Zeit und Zweiter Weltkrieg

Zu den ökonomischen Motiven für den "Anschluss" von deutscher Seite zählten im Fall von Wien besonders die brachliegenden Reserven an teilweise hochqualifizierten Arbeitskräften, unterausgelastete Industriebetriebe und das Südosteuropa-Know-How des Wiener Finanzsektors. Während unmittelbar nach dem "Anschluss" die Arbeitslosigkeit in Wien nicht fiel, setzte erst ab dem Hochsommer der im übrigen Österreich früher zu beobachtende Beschäftigungsboom ein. Verantwortlich dafür war der höhere Anteil der Konsumgüterindustrie die von Aufträgen aus dem "Altreich" wenig profitierte. Erst im Lauf der Frühjahrs 1939 endete die Phase der Massenarbeitslosigkeit. Der Beschäftigungsboom beruhte zunächst weniger auf öffentlichen Aufträgen, sondern auf Beschäftigungseffekte der vor- und nachgelagerten Industrien. Zudem kam die bereits spürbare Rüstungskonjunktur. Auch der private Konsum sprang an, was in ein "explosives" Weihnachtsgeschäft 1938 mündete. Ab 1939 erfolgte die mehr oder minder kontinuierliche Umstellung der Produktion auf Kriegsindustrie, was andererseits zu Entlassungen in nicht kriegswichtigen Industrien führte. Schließlich sorgten die Einrückungen für ein praktisches Ende der Arbeitslosigkeit und Arbeitskräftemangel, der in den Einsatz einer immer größeren Zahl von Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern mündete. Deren Höchstzahl war im September 1944 erreicht.

Innerhalb der Großindustrie kam es zu wenigen Neugründungen, doch verschob sich die Eigentümerverhältnisse im Sinn einer Germanisierung. Am Wiener Industriestandort erlangte während des Krieges die Lokomotivproduktion, die Flugzeugproduktion und die Metallindustrie größere Bedeutung. Der Aktienbesitz der Creditanstalt-Bankverein ging von der öffentlichen Hand mehrheitlich vorerst an die Vereinigte Industrie-Unternehmungen AG (VIAG) unter der Kontrolle von Hermann Göring, später an die "Deutsche Bank", die auch die Geschäftspolitik bestimmte. Der umfangreiche Industriekonzern der Creditanstalt-Bankverein wurde von Hermann Göring über die VIAG in Besitz genommen. Dazu zählte unter anderem die Simmeringer Waggonfabrik, die Floridsdorfer Paukerwerke und die Donaudampfschifffahrtsgesellschaft DDSG. Auch andere industrielle Großbetriebe gingen auf Druck von Göring zu Dumpingspreisen mehrheitlich an deutsche Eigentümer die der NSDAP nahe standen. Dazu zählten die Hofherr-Schrantz Landwirtschaftliche Maschinen-Fabrik, die Wiener Glashüttenwerke AG, die Porr AG und die Österreichische Automobilfabriks AG (vormals Austro-Fiat). "Arisierungen", die Enteignung von Betrieben und Betriebsvermögen jüdischer Eigentümer, betrafen in der Regel Klein- und Mittelbetriebe. "Ariseure" stammten zum größeren Teil aus Österreich.

Metallspende für die Rüstungsindustrie während des Zweiten Weltkriegs

Bereits im Frühjahr 1939 waren zahlreiche Wiener Betriebe in Arbeiten für den Bau des Westwalls involviert. In diesem Zeitraum begann auch die Umstellung von Rüstungsbetrieben (Betriebe die für die Wehrmacht produzierten) für die Kriegsproduktion. Dazu zählten die Wiener Lokomotivfabrik, Schember, Wertheim, Goerz, Kapsch, die Kabelfabrik und die Paukerwerke. Ab dem Sommer 1940 lief die Geschützrohrproduktion bei Wertheim und der Lokomotivfabrik an. Im August 1941 begann die Rohöldestillation im Ölhafen Lobau. Die eigentliche volle Rüstungsproduktion setzte jedoch erst 1942 ein und war durch Verlagerungen in den ostösterreichischen Raum gekennzeichnet. Von den Wiener Betrieben stieg die Lokomotivfabrik im Rahmen des Baus von Kriegslokomotiven zum größten Produzenten in NS-Deutschland auf. Wertheim und die Ostmarkwerke im Arsenal steigerten die Flakproduktion in Rekordhöhen. Im Bereich der Herstellung von Munition war Wien ebenfalls ein wichtiger Standort. Ab Juni 1944 geriet Wien schließlich auch immer mehr in die Reichweite Alliierter Bomber, was zu zahlreichen Produktionsunterbrechungen vor allem in den Betrieben der Außenbezirke führte. Zu entscheidenden Produktionseinbrüchen kam es jedoch nicht, was auch an den zahlreichen Klein- und Mittelbetrieben als Zulieferer in der Munitionsfabrikation lag. Die Wiener Nachrichtengeräteindustrie musste allerdings Großteils als Folge der Bombenangriffe nach Niederösterreich verlagert werden. Besonders erfolgreich war allerdings die "Öloffensive" der Alliierten in deren Folge die Raffinerien in Schwechat, Kagran und Floridsdorf schwer getroffen wurden und deren Wiederaufbau durch gezielte weitere Luftschläge wirkungsvoll gestört wurde. Zum allmählichen Zusammenbruch der Kriegsproduktion trugen in der Folge die Zerstörung von Transportwegen und Arbeitskräftemangel wesentlich bei. In den letzten Kriegsmonaten des Jahres 1945 sorgten effiziente Luftangriffe der Alliierten für das praktische Ende der Rüstungsproduktion in Groß-Wien.

Mit dem "Anschluss" tat die restlose Vertreibung und Ermordung des jüdischen Wirtschaftsbürgertums ein Übriges, um die bestehenden Eliten schwer zu dezimieren. Der gesamte durch das NS-Regime betriebene Vermögensentzug der jüdischen Bevölkerung Wiens kann mit einiger Genauigkeit mit 131 Millionen Euro beziffert werden. Das Vermögen der Vermögenssteuerpflichtigen betrug im Jahr 1933 in Wien 2,8 Milliarden Schilling (203 Millionen Euro). Von dem geraubten jüdischen Vermögen wurde nach 1945 im Zuge von Restitutionsverfahren nur ein kleinerer, jedoch nicht genau bezifferbarer Teil restituiert. Auf Grund des Umstands, dass ein großer Teil nicht erfolgreicher Restitutionen in der "Verbringung von Vermögen in das "Altreich" begründet war, kam es jedoch auch nur bedingt zu einer dauerhaften Vermögensumschichtung zu Gunsten österreichischer Ariseure. Insgesamt trugen abseits der Bereicherungen von NS-Funktionären und NS-Anhängern mittelfristig vor allem die Entwertung von Vermögen durch Kriegszerstörungen, die Geldentwertung und die Beschlagnahme von "Deutschen Eigentum" durch die sowjetische Besatzungsmacht im und nach Kriegsende zu einer erheblichen Nivellierung der Einkommen und Vermögen bei.

Von den Trümmerjahren zum "Wirtschaftswunder"

Nach Kriegsende war die Wiener Wirtschaft von den Kriegseinwirkungen schwer betroffen. Im April 1945 waren rund 25 Prozent der Industrieanlagen völlig zerstört, besonders in den Bezirken Favoriten, Simmering und Floridsdorf. Noch im August 1946 produzierten ein Viertel der Industriebetriebe nicht, fast die Hälfte nur mit weniger als 50 Prozent Kapazität. Im Dezember 1945 betrug die Zahl der unselbständig Beschäftigten lediglich 518.000. Am 5. Juli 1946 wurden Industriebetriebe im sowjetischen Sektor in Wien von der sowjetischen Besatzungsmacht beschlagnahmt und im USIA-Konzern zusammengefasst. In Wien und Niederösterreich umfassten diese Betriebe rund 30 Prozent des industriellen Produktionsvolumens. Als weiterer Nachteil erwies sich, dass die Hilfsmittel aus dem Marshallplan nur zu etwa 20 Prozent in die östlichen Bundesländer flossen. Die unmittelbare Nachkriegszeit war daher vom Wiederaufbau geprägt. Da sich jedoch die Zentralstellen der wichtigsten österreichischen Betriebe die durchwegs 1946 und 1947 verstaatlicht worden waren in Wien befanden, erholte sich die Wiener Wirtschaft rasch. In den 1950er und 1960er Jahren erlebte Wien auch dank der Auswirkungen der Marshallplan-Hilfe wie auch des Endes der Beschlagnahmungen von Industrieanlagen durch die sowjetische Besatzungsmacht einen enormen wirtschaftlichen Aufschwung der als "Wirtschaftswunder" bezeichnet wird. Reale Wachstumsraten von 5-7 Prozent jährlich waren keine Seltenheit.

Nach einer kurzen "Stabilisierungskrise" mit einem Anstieg der Arbeitslosenrate auf 9 Prozent wurde durch massive Investitionen bis zu Beginn der 1960er Jahre beinahe Vollbeschäftigung erreicht. Aufgrund des enormen Nachholbedarfs bestimmte zunächst fordistische Massenproduktion den sekundären Sektor. Im Produktionssektor boomte die Elektro-, Chemische- und Metallverarbeitende Industrie sowie der Maschinenbau und das Bauwesen. Hingegen begann der Abstieg der Bekleidungsindustrie. Eine erste Auslagerungswelle von Betrieben in die Außenbezirke fand statt. In der Stadtplanung wurde die funktionalistische Trennung von Wohnen und Arbeiten propagiert und forciert. In den 1960er Jahren konzentrierten sich die industriellen Kapazitäten immer mehr auf wissensbasierte Teile der Betriebe, während Massenfertigungen zunehmend ausgelagert wurden. Als Problem erwies sich die primäre Ausrichtung der Wiener Industrie auf den österreichischen Binnenmarkt. Dadurch blieb die Rationalisierungs- und Innovationsorientierung unterdurchschnittlich.

Nach dem Zweiten Weltkrieg beschloss der Wiener Gemeinderat am 23. Dezember 1948, die Elektrizitätswerke, Gaswerke und Verkehrsbetriebe unter Beibehaltung ihres Zwecks und Umfangs mit 1. Jänner 1949 zu einer Unternehmung "Wiener Stadtwerke" zu vereinigen, deren Gesamtleitung seither einer Generaldirektion obliegt. Die Wiener Vewrkehrsbetriebe wurden in die Wiener Stadtwerke (nunmehr „Wiener Stadtwerke- Verkehrsbetriebe") eingegliedert.

1938 bis 1945 waren die Landesgerichte für Zivilrechtssachen und Strafsachen, das Handelsgericht und der Jugendgerichtshof in Wien zum Landgericht Wien zusammengefasst. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Handelsgericht neuerlich errichtet. Die diesbezügliche Verordnung vom 9. August 1945 nennt unter anderem auch das Bezirksgericht für Handelssachen. Die sachliche Zuständigkeit zwischen Bezirksgericht und Handelsgericht unterliegt juridischen Kriterien: so entscheidet etwa bei Handelssachen die Höhe des Streitwerts. Ab 20. oder 21. August 1945 war das Gericht wieder in der Riemergasse 7 untergebracht. Der Zuständigkeitsbereich änderte sich mit den Sprengeländerungen, die auch das Landesgericht für Zivilrechtssachten betrafen.

Entwicklung seit den 1960er Jahren

Die kommunale Wirtschaftspolitik trat Ende der 1960er Jahre in eine neue Ära. 1968 beschloss der Wiener Gemeinderat angesichts einer Konjunkturdelle erstmals ein Sonderinvestitionsprogramm. Die 1969 gegründete Wiener Betriebsansiedlungsgesellschaft versuchte dem Auslagerungstrend entgegen zu steuern. Durch die zunehmende Arbeitskräfteknappheit begann die zunächst organisierte Anwerbung von Gastarbeitern aus Jugoslawien, ab etwa 1970 auch verstärkt aus der Türkei. Mit der zunehmenden Kaufkraft der Bevölkerung stieg der Massenkonsum. Während 1951 lediglich 50.000 PKW gemeldet waren, stieg deren Zahl auf 400.000 Mitte der 1970er Jahre. Ab Mitte der 1960er Jahre setzte ein massiver Deindustrialisierungs- und Tertiärisierungsprozess ein. Handel und andere Dienstleistungen wuchsen rasant, allerdings abgeschwächt durch den Bau der Shopping City Süd (1976) und die Verlagerung von Wohnsitzen nach Niederösterreich und das Burgenland. Dem traditionellen Einzelhandel erwuchs im späten 20. und im beginnenden 21. Jahrhundert zunehmend auch Konkurrenz durch Einkaufszentren auf Wiener Gebiet (unter anderem Donauzentrum, Lugner-City, Shopping Center Nord) sowie Niederlassungen internationaler Handelsketten.

Ab den 1970er Jahren, besonders nach dem Ölpreisschock von 1973, erlangte die regionale Wirtschaftsförderung auch im Sinn des Austrokeynesianismus immer größere Bedeutung. Dem trug die Stadt Wien mit der Gründung des Wiener Wirtschaftsförderungsfonds 1982 Rechnung. In den 1980er Jahren kam es zur staatlich geförderten Ansiedlung von Zweigniederlassung internationaler Konzerne wie dem General Motors Austria Motorenwerk in Aspern und des Philips-Videowerks in Meidling.

Im Rahmen der seit den 1950er Jahren entwickelten Sozialpartnerschaft vertreten die Handelskammern die Interessen der Wirtschaft. Das Handelskammergesetz vom 24. Juli 1946 bildet die Grundlage für die Kammerorganisation in der Zweiten Republik. 1950 fanden die ersten freien Kammerwahlen statt. Nachdem 1993 der Name in "Wirtschaftskammer" geändert worden war, stellte das Wirtschaftskammer-Gesetz die Kammern ab Jänner 1999 auf eine modernisierte rechtliche Basis. Neben der Wirtschaftskammer Österreich als Dachorganisation existiert in jedem Bundesland eine eigene Wirtschaftskammer, wobei die Wirtschaftskammer Wien die mitgliederstärkste Landesorganisation bildet.

Das Handelsregister wurde 1991-1994 durch das Firmenbuch ersetzt. Das Firmenbuch ist eine automationsgestützte Datenbank, die zentral im Bundesrechenamt gespeichert wird und die wichtigste Informationsquelle über Gesellschaften des Handelsrechts und deren Vermögenswerte umfasst. Es stellt damit eine wichtige Quelle zur Ermittlung von Firmenunterlagen dar. Eingetragen werden Einzelkaufleute, offene Handelsgesellschaften, Kommanditgesellschaften, offene Erwerbsgesellschaften, Kommandit-Erwerbsgesellschaften, Aktiengesellschaften, Gesellschaften mit beschränkter Haftung, Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften, Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit und auch Sparkassen.

Durch den Beitritt Österreichs zur Europäischen Union befand sich der Wiener Wirtschaftsstandort verstärkt in der internationalen Städtekonkurrenz. Durch die Ostöffnung war es möglich bis zu einem gewissen Grad eine Drehscheibenfunktion zu erfüllen. Wien punktete vor allem bei den weichen Standortfaktoren. Ende der 1990er Jahre gelang es mit dem Biotechnologie-Cluster in Erdberg und dem Techgate Vienna 2002 wichtige Impulse in der Positionierung als High-Tech-Standort zu setzen. Schon in den 1980er Jahren hatte ein dauerhafter Städtetourismusboom eingesetzt, der zu stark steigenden Nächtigungszahlen führte, von denen vor allem die Wiener 4-Stern- und 5-Stern-Hotelerie profitierte. Auch ein Beisl-Boom trug zur Attraktivierung der Tourismusdestination bei.

Ab den 1990er Jahren nahm die Beschäftigung einerseits in den produktionsnahen Diensten zu, andererseits kam es zu einer Gründungswelle von Klein- und Kleinstunternehmen der "creative industries" und in den "persönlichen Dienstleistungen". Eine Folge war eine starke Zunahme der "neuen Selbstständigen", aber auch von atypischen Beschäftigungsformen. Sowohl was die Betriebsneugründungen als auch was -schließungen anlangt, entstand seit den 1990er Jahren eine hohe Dynamik. In der Städtekonkurrenz weisen ab der Jahrtausendwende einschlägige Rankings Wien als internationalen Standort mit der höchsten oder zumindest einer der höchsten Lebensqualität weltweit aus. Die kommunale Wirtschaftspolitik ist daher auch bemüht, diesen an Bedeutung gewinnenden Standortvorteil für Neuansiedlungen von internationalen Betrieben und Organisationen zu nutzen.

Um die Wiener Stadtwerke (zu denen die Wiener Linien gehören) auf künftige Marktkonkurrenz vorzubereiten, wurde dem Unternehmen eine marktadäquate Gesellschaftsform gegeben. Im November 1996 wurde im Wiener Koalitionsübereinkommen zwischen Sozialdemokratischer Partei Österreichs und Österreichischer Volkspartei die Ausgliederung der Wiener Stadtwerke als Ziel festgeschrieben. Mit dem im Gemeinderat am 24. Juni 1998 gefassten Grundsatzbeschluss wurde die entscheidende Weichenstellung für die Ausgliederung der Stadtwerke und deren Umwandlung in eine Aktiengesellschaft vorgenommen. Am 11. Juni 1999 wurde die "Wiener Stadtwerke Holding AG" ins Firmenbuch eingetragen, am 12. Mai 1999 auch deren Tochter, die Wiener Linien. Im November 2001 wurde ein Vertrag abgeschlossen, in dem die Wiener Linien unter genau festgelegten Bedingungen mit der Erbringung der bisher gewohnten Dienstleistungen bis 2009 beauftragt wurden.