Tandelmarkt

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Tandelmarkt (1949) in der Berggasse 34
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Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Bildname Tandelmarkt.jpg
Bildunterschrift Tandelmarkt (1949) in der Berggasse 34

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Dienstmann beim Tandelmarkt (1910)

Brandstätte

Das Gewerbe der Tandler erhielt, obwohl die Zunft der "Käufler", wie die Hallentrödler früher genannt wurden, schon im 16. Jahrhundert auf der Brandstätte erwähnt wird, erst im 17. Jahrhundert eine festere Organisation.

Der Markthandel mit gebrauchten Kleidungsstücken und diversen Gebrauchsgegenständen fand in Wien schon früh eine feste Heimat. Bereits 1404 fand ein Tandelmarkt auf der Brandstätte, gegenüber dem Riesentor des Stephansdoms, statt. 1614 wurde der Markt zum Kärntnertor verlegt.

Vor dem Kärntnertor

Durch die Jahrhunderte wurde der Markt abwechselnd in der Leopoldstadt und der Nähe des Kärntnertors abgehalten.

"Trödeljud" - Der Kaufruf in Wien. 40 Wiener Typen nach dem Kupferstichwerk aus dem Jahre 1775

Eine Verordnung Ferdinands II. schuf 1623 die "wohlehrbare Zunft der bürgerlichen Tandler". Nach der Gepflogenheit, gleichartige Gewerbe an einem Punkt zu vereinigen, wurde dieser Trödelzunft ein Areal vor dem Kärntnertor zugeteilt. Als sich die Lage vor dem Kärntnertor als ungünstig erwies, verlegte Leopold I. den Tandelmarkt 1671 (nach der Räumung der Judenstadt (2)) in den (nunmehr Leopoldstadt benannten) Unteren Werd und erteilte den dortigen Bewohnerinnen und Bewohnern das Privileg, an drei Tagen wöchentlich einen "Tandel Marckt" abzuhalten, wo er bis 1730 verblieb. Der Name der Tandelmarktgasse erinnert noch heute daran.

1730 wies Karl VI. den Tandlern wieder Verkaufsstellen vor dem Kärntnertor (etwa auf dem Areal vor der heutigen Technischen Universität) zu, wo sie 300 zu Gassen vereinigte Bretterbuden errichteten, die nachweislich bis 1821, vielleicht sogar einige Jahre länger, bestehen blieben. 1821 wurde er nach dem Bau des Polytechnischen Instituts (1815), der heutigen Technischen Universität, aus der Gegend des heutigen Resselparks in den Bereich des Karolinentors, etwa an die Stelle des heutigen Eislaufvereins, verlegt.

Die heutige Technikerstraße hieß damals Tandlerplatz.

Tandelmarkt (1895)

Spittelberg

Etwa gegen Ende der 20er Jahre des 19. Jahrhunderts übersiedelte der Tandelmarkt vorübergehend auf den Spittelberg.

3, Schwarzenbergplatz 4 (Am Heumarkt 12, Lothringerstraße 12)

Für einige Jahrzehnte (bis 1863) wurde der Tandelmarkt auf einem Areal am rechten Wienufer zwischen Karolinentor und Heumarktkaserne angesiedelt (heute Haus der Industrie); er wird hier von Adalbert Stifter in seinen Skizzen "Aus dem alten Wien" beschrieben.

9., Berggasse 34

Tandelmarkt (1912)

1862 musste der Markt weichen. Dies erfolgte auf Empfehlung der "Wiener Stadterweiterungs- und Verschönerungs-Commission". Der Grund war die mit der Anlage des Stadtparks einhergehende Neugestaltung seiner Umgebung. Danach erwarb eine Gesellschaft von rund 200 Trödlern vom Stadterweiterungsfonds einen Grund auf dem Roßauer Glacis, zwischen der Berggasse und der Türkenstraße, und ließ dort durch Heinrich Förster eine ebenerdige Halle bauen, die im September 1864 vollendet war und in welche die Trödler am 20. Oktober 1864 einzogen. 1944 wurde die Halle durch Bomben schwer beschädigt und nach Kriegsende demoliert.

Nachkriegszeit

Die Wiener Hallentrödlergesellschaft verkaufte am 24. Mai 1952 das Grundstück der Allgemeinen Invalidenversicherungsanstalt, welche Ende 1954 mit den Bauarbeiten für ein von Franz Schuster entworfenes Bürohochhaus begann, das 1957 von der nunmehrigen Pensionsversicherungsanstalt für Arbeiter bezogen wurde. Seit 2013 sind die Fakultät für Mathematik und die Fakultät für Wirtschaftswissenschaften der Universität Wien in dem Gebäude untergebracht. An die Tradition des Tandelmarkts knüpft unter veränderten Verhältnissen der Flohmarkt an.

Quellen

Literatur

  • Gerlinde Sanford: Wörterbuch von Berufsbezeichnungen aus dem siebzehnten Jahrhundert. Gesammelt aus den Wiener Totenprotokollen der Jahre 1648-1668 und einigen weiteren Quellen. Bern / Frankfurt am Main: Lang 1975 (Europäische Hochschulschriften. Reihe 1: Deutsche Sprache und Literatur, 136), S. 136 (Tändler)
  • Gottfried Heindl: Wien. Brevier einer Stadt. Wien [u.a.]: Neff 1972, S. 194 f.
  • Renate Wagner-Rieger [Hg.]: Die Ringstraße. Bild einer Epoche. Die Erweiterung der Inneren Stadt Wien unter Kaiser Franz Joseph. 11 Bände. Wiesbaden: Steiner 1969-1981, S. 11, 223 ff.
  • Gustav Gugitz: Bibliographie zur Geschichte und Stadtkunde von Wien. Hg. vom Verein für Landeskunde von Niederösterreich und Wien. Band 2: Die Gemeinde, ihre Verwaltung und sozialen Belange, Wirtschaftsleben, Handel, Industrie, Gewerbe und Landwirtschaft, Volkskunde, Naturwissenschaft, Klimatologie, Meteorologie, Naturereignisse, Varia und Kuriosa. Wien: Jugend & Volk 1955, S. 94 f.
  • Joachim Heinrich Jäck: Wien und dessen Umgebungen. Weimar: Landes-Industrie-Comptoir 1822, S. 244
  • Denkwürdigkeiten aus Alt-Österreich (herausgegeben von Gugitz-Schlossar), S. 13, 381
  • Karl Fajkmajer: Skizzen aus Alt-Wien (o. J.), S. 46 f.
  • Magistratsabteilung 59 - Marktamt