Sternwartekino

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Plan des Sternwartekinos (WSTLA, M. Abt. 104, A11)
Daten zur Organisation
Art der Organisation Kino
Datum von 1913
Datum bis 21. September 1971
Benannt nach
Prominente Personen
PageID 58241
GND
WikidataID
Objektbezug Kino
Quelle
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Bildname Sternwartekino.jpg
Bildunterschrift Plan des Sternwartekinos (WSTLA, M. Abt. 104, A11)
  • 18., Währinger Gürtel 113

Frühere Adressierung

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48° 13' 44.57" N, 16° 20' 58.96" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Das Sternwartekino (18., Währinger Gürtel 113) wurde 1913 gegründet und hatte 1914 einen schmalen Saal für 176 Personen. 1931 wurde der Tonfilm eingeführt. Am 21. September 1971 wurde es geschlossen.

Von der Gründung bis 1939

Das Sternwarte Kino wurde 1913 von Johann Wagner gegründet. Ursprünglich war der zuständige Bezirksvertreter wegen „mangelndem Lokalbedarf“ gegen die Eröffnung eines weiteren Kinos. Am 19. Juni 1913 erhielt Wagner aber dennoch die Kinokonzession für den kleinen, schmalen Kinosaal, der bis zuletzt nur 176 Personen fasste.

Am 19. Juni 1920 verstarb Johann Wagner, worauf sein Frau Josefa Wagner (* 1861 Hirschbach, † 1934 Wien) das Gewerbe übernahm.

Mit 29. Oktober 1931 übergab Josefa Wagner ihrer 1902 in Wien geborenen Tochter Anna Macheiner die Geschäftsführung. Macheiner war ausgebildete Pianistin, arbeitete jedoch schon vor der Übernahme der Geschäftsführung im Familienbetrieb.

1931 wurde eine Tonfilmanlage installiert.

Am 26. Juli 1934 verstarb Josefa Wagner, worauf Anna Macheiner im Erbweg die Kinokonzession verliehen bekam.

Macheiner sowie ihre Geschwister, Helene Salomon, Johann („Hans“) Karl Wagner und Karoline Hlabacek, gründeten kurz darauf eine „Offene Gesellschaft“ zum gemeinsamen Betrieb des Kinos, wonach jeder der vier Miteigentümer 25 Prozent Anteil des Gewerbes erhielten. Dies galt ebenso für Einnahmen wie Verluste. Macheiner übernahm weiterhin die Führung des Tagesgeschäftes, während Wagner sie dabei unterstützte und Salomon und Hlabacek sich unter anderem zeitweise als Kassiererinnen beteiligten. Dabei wurde für jeden eine monatliche Vergütung festgelegt, die nach dem jeweiligen Zeitaufwand bemessen wurde.

NS-Zeit

Am 6. Dezember 1939 wurde der Reichsfilmkammer die Namensänderung zu „Sternwarte Lichtspiele“ bekanntgegeben.

Nach dem „Anschluss“ Österreichs an Deutschland erhielt das Sternwarte Kino eine „vorläufige Spielgenehmigung“. Am 30. April 1939 wurde das erste Mal ein Antrag zur Aufnahme in die Reichsfilmkammer gestellt, der vom Landesleiter der Reichskammer befürwortet wurde, wobei zur politischen Beurteilung des Betriebes nicht die Biografie Anna Macheiners, sondern ihres Bruders Hans Wagner herangezogen wurde.

Wie bereits die beiden Kinogründer Josefa und Johann Wagner waren deren vier Kinder römisch-katholisch getauft worden. Hans Wagner war Sekretär der Deutschen Arbeiterjugend und der Deutschen Arbeiterpartei sowie Werbeleiter der NSDAP gewesen. Zum Zeitpunkt seiner politischen Beurteilung war er Oberinspektor einer Krankenkasse und nicht mehr in der NSDAP tätig, wirkte jedoch weiterhin ehrenamtlich bei der Deutschen Arbeitsfront. In einem Schreiben des Landesleiters der Reichskammer an den Reichsgau Wien III wurde er dennoch als „nicht verlässlich“ bezüglich seiner politischen Überzeugung beschrieben, ein Schreiben des Ortsgruppenleiters der Ortsgruppe Annaberg bestätigte Wagners Haltung gegenüber dem NS-Regime hingegen als „einwandfrei“. Erst am 26. August 1943 bestand genug Klarheit, um die Sternwarter Lichtspiele vom Landesleiter der Reichsfilmkammer zur Eingliederung in die Reichsfilmkammer freizugegeben. Aufgrund der geringen Größe des Kinos erschien es der Reichsfilmkammer jedoch als nicht verhältnismäßig, alle vier Gesellschafter als Mitglieder aufzunehmen. Da Anna Hofbauer als einzige der Geschwister hauptberuflich in den Sternwarter Lichtspielen tätig war, drängte die Reichsfilmkammer daher darauf, den Gesellschaftsvertrag so zu ändern, dass von nun an nur Hofbauer als haftende Gesellschafterin aufscheinen und nur diese als Mitglied aufgenommen werden sollte. Aus Angst, dadurch ihre Rechte am Kino zu verlieren, weigerten sich Hofbauers Geschwister jedoch, den Vertrag entsprechend zu ändern. Letztlich konnte zwar eine Einigung erreicht werden, und der Gesellschaftsvertrag wurde dahingehend geändert, dass Wagner, Salomon und Hlabacek fortan nur noch als „stille Gesellschafter“ agierten, ihren Anteil am Gewerbe jedoch behielten.

Nach dem vermehrten Auslaufen und Verlängern der Frist zur Einreichung des neuen Gesellschaftsvertrags willigte die Wiener Außenstelle der Reichsfilmkammer ein, im Falle dieses Kinos eine Ausnahme zu machen, doch am 8. November 1944 wurde der Antrag zur Eingliederung in die Reichsfilmkammer gänzlich zurückgezogen.

1944 wurde Helga Macheiner, Anna Hofbauers (geschiedene Macheiner) Tochter aus erster Ehe, als kaufmännische Angestellte des Familienbetriebs angemeldet.

Im Verlauf des Zweiten Weltkriegs musste das kleine Kino mehrmals für Renovierungsarbeiten geschlossen werden, unter anderem, um einen zweiten Bildwerfer einzubauen. 1941 wurde den Betreiberinnen und Betreibern mitgeteilt, dass sich das Kino zum Zwecke der Rohstoffersparnis von nun an mit den Schubert Lichtspielen und den Union Lichtspielen zwei Wochenschauen teilen müsse. Für jeweils ein halbes Jahr durfte sich eines der drei Kinos eine Wochenschau behalten, während die beiden anderen Kinos die zweite Wochenschau „pendeln“ mussten.

Nachkriegszeit

Am 4. Oktober 1945 suchte Anna Hofbauer erneut um die Konzession des Kinos an, das nun wieder unter dem alten Namen „Sternwarte Kino“ aufschien. Diese wurde ihr erneut verliehen, und sie blieb Eigentümerin des Familienbetriebs bis zu dessen Schließung.

Am 28. September 1960 wurde ihr eine Strafverfügung zugestellt, nachdem bei einer Prüfung fünf Jugendliche in einem nicht jugendfreien Film „erwischt“ wurden. Der zeittypische Vorfall hatte auch mediale Folgen: Unter dem Titel „Kinobesitzer als Prügelknaben“ erschien am 25. Dezember 1961 in der Tageszeitung Kurier ein „Leserbrief“ von Franz Balogh, in dem das Vorgehen gegen Kinobesitzerinnen und Kinobesitzer scharf kritisiert wurde:

Kinobesitzer als Prügelknaben

Es ist mir bekannt, daß es jugendverbotene Filme gibt und der Einlaß von Jugendlichen zu solchen Vorstellungen verboten und strafbar ist. Was ich nicht verstehen kann, ist die Tatsache, daß Kinobesitzer, denen unter Hunderten oder vielleicht Tausenden einmal ein oder zwei Jugendliche in den Kinosaal durchrutschen, mit schweren Geldstrafen und unter Umständen noch anderen unangenehmen Folgen rechnen müssen.
Mir wurde sogar ein Fall erzählt, wo ein Kinogeschäftsführer bestraft wurde und als Begründung „die unbedenklichen Zeugenaussagen“ die Jugendlichen angegeben waren. Als ob Personen, die selbst straffällig wären „unbedenkliche Zeugen“ sein könnten. So etwas wäre bei Gericht unmöglich, wieso gibt es das eigentlich im Verwaltungsstrafverfahren?

Wäre es nicht möglich, dem Kinobesitzer mindestens die gleiche „unbedenkliche“ Aussagefähigkeit zuzubilligen wie dem beanstandeten Jugendlichen? Vor allem, wenn es sich nicht um eine nachweisliche grundsätzliche Fahrlässigkeit, sondern um einen einmaligen Vorfall handelt.

Schließung

1968 wurde Anna Hofbauers Sohn Karl als neuer Geschäftsführer des Betriebs eingetragen. Anfang 1969 erhielt Anna Hofbauer zum ersten Mal die „unbefristete Kinokonzession“, im Oktober desselben Jahres wurde diese auch an Karl erteilt, erst im Jänner 1969 legte Anna Hofbauer ihre Konzession offiziell zurück. Am 21. September 1971 meldete Karl Hofbauer die Einstellung des Betriebs.

Fassungsraum

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Siehe auch: Kino

Quellen

Literatur

  • Franz Balogh: Kinobesitzer als Prügelknaben. In: Kurier, 25.12.1961, S. 20
  • Werner Michael Schwarz: Kino und Kinos in Wien. Eine Entwicklungsgeschichte bis 1934. Wien: Turia & Kant 1992, S. 283