Stephanie Endres

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Titelblatt von "Der Rhythmus der kindlichen Bewegung in Spiel, Tanz und Darstellung" (1927), Wienbibliothek im Rathaus, Druckschriftensammlung, A-151833
Daten zur Person
Personenname Endres, Stephanie
Abweichende Namensform Endres, Steffi; Göschka, Stephanie; Endres, Stefanie
Titel Dr., Oberstudienrat
Geschlecht weiblich
PageID 71725
GND 1292823186
Wikidata Q27907876
Geburtsdatum 26. Dezember 1891
Geburtsort Wien 4066009-6
Sterbedatum 5. März 1974
Sterbeort Wien 4066009-6
Beruf Lehrerin, Funktionärin
Parteizugehörigkeit
Ereignis
Nachlass/Vorlass
Objektbezug
Quelle Gedenktage
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Letzte Änderung am 16.08.2023 durch WIEN1.lanm09p15
Begräbnisdatum 15. März 1974
Friedhof Zentralfriedhof
Grabstelle Gruppe 40, Reihe 2, Nummer 28
Bildname Endres.jpg
Bildunterschrift Titelblatt von "Der Rhythmus der kindlichen Bewegung in Spiel, Tanz und Darstellung" (1927), Wienbibliothek im Rathaus, Druckschriftensammlung, A-151833
  • 7., Kandlgasse 16 (Wohnadresse)
  • 7., Kandlgasse 15/11 (Wohnadresse)
  • 13., Dr.-Schober-Straße 3 (Wohnadresse)
  • 14., Baumgartner Höhe 1 (Sterbeadresse)
Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft
  • Leiterin der Frauengewerbeschule der Stadt Wien (1929 bis 1934)

  • Oberstudienrat (Übernahme: 10. November 1954)
  • Silbernes Ehrenzeichen der Republik Österreich (Übernahme: 1962)
  • Goldenes Ehrendiplom der Universität Wien (Übernahme: 5. November 1965)

Stephanie Endres, * 26. Dezember 1891 Wien, † 5. März 1974 Wien, Lehrerin, Schulleiterin, Funktionärin, Förderin des Mädchen- und Frauensports.

Biografie

Stephanie Endres kam als Tochter des Exporteurs Gabriel Göschka und dessen Ehefrau, der Volksschullehrerin Marianne, geborene Thielen, in Wien zur Welt und wuchs im 7. Bezirk auf. Nach dem Besuch der Volksschule (1896 bis 1902) absolvierte sie bis 1905 die dreijährige städtische Bürgerschule und anschließend das Mädchen-Obergymnasium des Vereins für erweiterte Frauenbildung. Die Reifeprüfung legte sie im Juli 1911 ab. Im Herbst desselben Jahres inskribierte sie an der Universität Wien Geographie und Geschichte. 1915 promovierte sie mit einer Arbeit "Zur historischen Geographie der dalmatischen Inseln". Bei der Promotionsfeier am 6. November 1915 lernte Stephanie Göschka ihren späteren Ehemann, den Historiker Robert Endres, kennen. Das Paar heiratete am 19. Juni 1917, die Ehe blieb kinderlos.

Parallel zum Studium absolvierte Stephanie Endres Lehramtskurse. Die Lehrbefähigungsprüfung für Mittelschulen in den Fächern Geschichte und Geografie legte sie um die Jahreswende 1915/16 ab. Im April 1916 absolvierte sie zudem die Prüfungen zur Lehrbefähigung für Bürgerschulen für die Fächer Deutsch, Geschichte und Geographie. 1917 und 1923 erweiterte sie ihr Portefeuille um die Fächer Religion, Gesang und Turnen.

Beruflicher Werdegang

Ihre berufliche Laufbahn begann sie als "provisorische Bürgerschullehrerin" im 9. Bezirk. Später unterrichtete sie an Mädchengymnasien im 1. und 8. Bezirk (von 1916 bis 1922) sowie an der Schwarzwaldschule. Ab 1920 war sie "definitive Bürgerschullehrerin". 1922 berief Otto Glöckel Stephanie Endres in die allgemeine Mittelschule im 5. Bezirk, wo sie bis 1929 Geschichte, Geographie, Deutsch, Turnen und Gesang unterrichtete. Daneben lehrte sie auch noch an anderen Institutionen wie beispielsweise im Verein "Freie Schule – Kinderfreunde", an der Bildungsanstalt für Kindergärtnerinnen sowie am Pädagogischen Institut der Stadt Wien. Im Herbst 1929 wurde sie Leiterin der Frauengewerbeschule der Stadt Wien in der Sperrgasse und führte dort innovative Unterrichts- und Lehrkonzepte ein. Stephanie Endres war mit bedeutenden Protagonisten des Roten Wien bekannt und wirkte aktiv an den Schulreformprozessen dieser Periode mit, indem sie Fachreferate hielt, an Lehrplanberatungen teilnahm oder Versuchs- und Hospitierklassen führte.

Über Ludo Hartmann, einer ihrer Universitätslehrer, kam Stephanie Endres ab 1915 an das Ottakringer Volksheim und somit in den Bereich der Erwachsenenbildung. Hier leitete sie von 1919 bis 1922 die "Geographische Fachgruppe". Ab 1933 hielt sie Kurse und Vorträge an verschiedenen Volkshochschulstandorten über Erziehung, Sport und Tanz. Ebenfalls in den frühen 1930er Jahren wirkte Stephanie Endres im Programm von Radio Wien mit und gestaltete Sendungen zu Themen wie "Musik und Leibesübungen", "Körperkultur und Lebensgestaltung" oder "Mann und Frau im Sport".

Ab Mitte der 1920er Jahre publizierte Stephanie Endres zu verschiedenen Themenbereichen wie Sport, Erziehung, Mädchen und Frauen im Sport, aber auch über das Freidenkertum. In "Die Österreicherin", dem Organ des Bundes österreichischer Frauenvereine, setzte sie sich beispielsweise 1931 in ihrer Funktion als Leiterin der Frauengewerbeschule der Stadt Wien für ein breiteres Berufsangebot für Mädchen ein und betonte die Bedeutung einer bewusst getroffenen Berufswahl. 1927 gab sie mit "Der Rhythmus der kindlichen Bewegung in Spiel, Tanz und Darstellung" ein Praxisbuch für den Kindergarten und die Grundschule heraus, für welches sie auch die Einleitung verfasste. 1930 folgte der gemeinsam mit Erich Schenk herausgegebene Band "Freudvolle Bewegungsstunden“.

Engagement im außerschulischen Sport

Im 1924 gegründeten ASKÖ (Arbeiterbund für Sport und Körperkultur in Österreich) fand Stephanie Endres ein weiteres Betätigungsfeld. Sie hielt Vorträge und Kurse, gestaltete das Frauensportprogramm des ASKÖ mit und gehörte dem Frauenausschuss an. Gemeinsam mit Marie Deutsch-Kramer verfasste sie den Festspielentwurf für die Maifestspiele des ASKÖ 1932, die mit rund 6.000 Mitwirkenden im Wiener Stadion abgehalten wurden. Gemeinsam mit Hans Kratky zeichnete sie dabei auch für den Bereich Tanzentwürfe und Bewegungstechnik verantwortlich. Im Sport sah die bekennende Sozialdemokratin eine Chance, junge Menschen mit neuen, modernen Weltanschauungen vertraut zu machen. Für sie stellte die vereinsmäßig organisierte sportliche Betätigung in den 1930er Jahren ein Gegenmodell zur Propaganda des Nationalsozialismus dar. Neben ihren Tätigkeiten im Bildungsbereich und dem ASKÖ war Stephanie Endres in weitere intellektuelle Netzwerke eingebunden. Sie war Mitglied im Freidenkerbund und dem Verein Ernst Mach.

Im Mai 1934 wurde Stephanie Endres von der Leitung der Frauengewerbeschule der Stadt Wien enthoben und aus politischen Gründen in den dauernden Ruhestand versetzt. Daraufhin gründete sie eine eigene Turn- und Sportschule, über deren Existenz allerdings kaum etwas bekannt ist. 1938 stellte sie einen Antrag für die Aufnahme in den Reichsverband deutscher Turn-, Sport- und Gymnastiklehrer und zur staatlichen Anerkennung als Turnlehrerin. Von 1941 bis 1944, als kriegsbedingt ein Mangel an Lehrern herrschte, wurde sie als Hilfslehrerin an Oberschulen eingesetzt.

Wirken in der Nachkriegszeit

Nach 1945 unterrichtete Stephanie Endres wieder an verschiedenen Schulen, der Volkshochschule (ab 1947), hielt Kurse am Institut für Leibeserziehung der Universität Wien und hatte einen Lehrauftrag an der Bundesanstalt für Leibeserziehung. Zudem nahm sie ihre Vereinstätigkeit wieder auf. Sie war unter anderem Mitglied im neugegründeten Freidenkerbund, im Verein Aktion für Frieden und Abrüstung und im reaktivierten ASKÖ. Sie war Mitschöpferin des neuen ASKÖ-Sportprogramms und konzipierte (wieder gemeinsam mit Hans Kratky) die Tanzentwürfe und Bewegungstechnik für das Massenfestspiel im Wiener Praterstadion 1949.

Stephanie Endres war eine Vertreterin des "Natürlichen Turnens". Sie war der Ansicht, dass Kinder beim Ausleben ihres natürlichen Bewegungsdrangs unterstützt und ihnen dabei möglichst viele Freiheiten gewährt werden sollten. Sie sah im Turnen nicht nur ein Mittel der körperlichen Ertüchtigung, sondern auch eines zur Erziehung und Charakterbildung. In Zusammenhang mit reformpädagogischen Ansätzen ihrer Zeit, setzte sie sich für die Aufwertung des Schulturnens, des Unterrichtsfaches Leibeserziehung, ein. Schule war für sie, die stets die enge Verbindung zwischen Körper und Geist betonte, der Ort, an dem nicht nur die geistige, sondern auch die körperliche Ausbildung geschehen sollte. Ein besonderes Anliegen war ihr das Mädchen- und Frauenturnen. Vor der Folie eines ausgeprägten Differenzfeminismus, der für Frauen ihrer Generation nicht ungewöhnlich war, ermutigte Endres besonders Mädchen und Frauen zum Sport.

Bis ins hohe Alter verfolgte Stephanie Endres durchaus kritisch die Entwicklungen im Leistungssport, wie etwas Tendenzen in Richtung Automatisierung, Perfektionierung und Sensationslust, welche die für sie so zentrale Freude am Sport in den Hintergrund rücken ließen. Sie scheute nicht davor zurück, auch heikle Themen anzusprechen. So kritisierte sie in einem Beitrag von 1968 die schlechte Behandlung von intersexuellen Sportler*innen und den Zwang zur Geschlechtskontrolle.

Literatur

  • Rob McFarland, Georg Spitaler und Ingo Zechner [Hg.]: Das Rote Wien. Schlüsseltexte der Zweiten Wiener Moderne 1919–1934. Berlin/Boston: De Gruyter Oldenbourg 2020, S. 452–455, 464, 879–884
  • Ilse Korotin [Hg.]: biografiA. Lexikon österreichischer Frauen. Band 1: A-H. Wien/Köln/Weimar: Böhlau 2016, S. 730 [falsches Todesdatum, laut Auskunft des Wiener Stadt- und Landesarchivs (Todesbescheinigung) verstarb sie am 05.03.1974]
  • Katharina Walser: Stephanie Endres und Josefine Wedl. Die Biografien zweier Radiomitarbeiterinnen der 1930er-Jahre. Magisterarbeit. Universität Wien. Wien 2015 [inkl. ausführlichem Anhang, der zahlreiche Texte von Endres enthält]
  • Brigitta Keintzel und Ilse Korotin [Hg.]: Wissenschafterinnen in und aus Österreich. Leben – Werk – Wirken. Wien/Köln/Weimar: Böhlau 2002, S. 169–171 [falsches Todesdatum, laut Auskunft des Wiener Stadt- und Landesarchivs (Todesbescheinigung) verstarb sie am 05.03.1974]
  • Frauen in Bewegung 1848–1938: Stephanie Endres [Stand: 05.02.2021]