Stadtrechtsprivilegien Kaiser Friedrichs II. und Herzog Friedrichs II.

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Abschrift des Stadtrechtsprivilegs Kaiser Friedrichs II. im Eisenbuch fol. 33r
Daten zum Eintrag
Datum von
Datum bis
Objektbezug Mittelalter, Stadtverfassung, Friedrich II. der Streitbare, Friedrich II.
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Bildname Stadtrechtsprivileg1237.jpg
Bildunterschrift Abschrift des Stadtrechtsprivilegs Kaiser Friedrichs II. im Eisenbuch fol. 33r

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Seit dem Jahr 1235 war das Verhältnis zwischen Kaiser Friedrich II. und Babenbergerherzog Friedrich II. wegen der Ungarnpolitik des Herzogs gestört. Einem Hoftag und Ladungen blieb der Babenberger fern, ging schließlich 1236 seiner Länder verlustig und verfiel der Acht. Die Vollstreckung der Acht drängte ihn völlig in die Defensive. Im Herbst desselben Jahres besserte sich seine Lage und er konnte sogar zwei seiner Widersacher, die Bischöfe von Passau und Freising gefangen nehmen. Daraufhin griff der Kaiser ein, traf im Jänner 1237 in Wien ein, wo er ein Vierteljahr residierte. In dieser Zeit beurkundete Friedrich Verträge und bestätigte Urkunden. Im April erhielt die Stadt Wien selbst ein Privileg. Dieses Stadtrechtsprivileg begründete kein neues Stadtrecht, unterstellte Wien allerdings der direkten Herrschaft des Kaisers. Das Privileg ergänzte jenes erste Wiener Stadtrechtsprivileg Leopolds VI. von 1221 um acht Artikel.

Inhalt

Das Ziel Kaiser Friedrichs II. war es wohl, Österreich samt seiner Hauptstadt Wien für das Herrscherhaus zu gewinnen, indem er es zuerst dem Reichsgut einverleibte. Nach der Feststellung der Herrschaftsverhältnisse folgen acht Artikel, die den direkten Einfluss des Kaisers in der Stadt festigen sollten. Im ersten wird festgehalten, dass der Kaiser den Stadtrichter einsetzt. Den Bürgern wird für den Fall, dass es notwendig werden sollte, ein Mitspracherecht eingeräumt und Schutz vor Willkür des Richters zugesichert. Im zweiten Artikel wird eine Begünstigung der Wiener beim Kriegsdienst festgeschrieben. Sie müssen hierfür ihre Stadt nie für mehr als einen Tag verlassen. Der dritte Artikel schließt Juden für die Zukunft von allen Ämtern aus. Der vierte Artikel bekräftigt die bewährten Rechte und Gewohnheiten der Stadt und sichert den Bürgern den Gerichtsstand vor ihren Standesgenossen zu. Ausgenommen davon sind lediglich Majestätsverbrechen und Stadtverrat. Der fünfte Artikel gesteht den Wiener Bürgern zu, sich mit sieben Eideshelfern vom gerichtlichen Zweikampf zu lösen. Der sechste Artikel setzt fest, dass nunmehr der Kaiser der Patron der Bürgerschule sein soll und er auch den Schulmeister bestellen solle. Artikel sieben behandelt die Neuankömmlinge in der Stadt. Sie sollen nach einem Jahr von jeder Unfreiheit gelöst und in die Herrschaft von Kaiser und Reich aufgenommen werden. Schließlich werden die Kaufleuten von der Grundruhr[1] befreit.

Kunstvolle Initiale des Privilegs in der Abschrift des späten 13. Jahrhunderts. ÖNB, Codex 352 Han, fol. 70r

Schicksal

1239 musste sich Wien wieder Herzog Friedrich II. ergeben, nachdem sich dieser mit dem Kaiser ausgesöhnt hatte. Der Kaiser gestattete, das Privileg von 1237 durch Zerbrechen des Siegels außer Kraft zu setzen. 1244 verlieh Herzog Friedrich II. von sich aus den Wienern ein Privileg, das eine Bestätigung und Erweiterung des Stadtrechts von 1221 darstellte. Nach dem Tod des Herzogs im Jahr 1246 ließ sich die Stadt im darauffolgenden Jahr wiederum das kaiserliche Diplom von 1237 in Form eines Transsumpts erneuern. Beide Kaiserurkunden, genauso wie die Herzogsurkunde von 1244 sind nicht im Original überliefert. Die ältere Königsurkunde könnte bereits 1239 vernichtet worden sein, die jüngere vermutlich 1288, als Herzog Albrecht I. nach einem Aufstand die Privilegien der Stadt kassierte.

Überlieferung

Alle drei Stadtrechtsprivilegien sind lediglich abschriftlich überliefert (siehe dazu unten „Quellen“). Die Überlieferung erfolgte in zwei Strängen. Der erste manifestiert sich in der Eintragung aus der Mitte des 14. Jahrhunderts im großen Wiener Stadtrechtsbuch, dem Eisenbuch. Dort fertigte man auch eine deutsche Übersetzung des Privilegs Kaiser Friedrichs II. an. Diese Abschrift weist eine starke Übereinstimmung mit dem Transsumpt von 1247 auf, das in einer Wilheringer Handschrift überliefert ist. Der andere Strang geht auf den Wiener Codex 352 HAN des ausgehenden 13. Jahrhunderts zurück, der möglicherweise aus dem Koster St. Niklas vor dem Stubentor stammt sowie eine Handschrift, die in der ehemaligen Kartause Seitz entstand und dem 14. Jahrhundert zuzuweisen ist.

Siehe auch Stadtverfassung

Quellen

  • April 1237, Kaiser Friedrich II.: nicht im Original erhalten; abschriftlich in Österreichische Nationalbibliothek Wien, Codex 352 Han, fol. 70-71; im Eisenbuch fol. 33r, v, deutsche Übersetzung ebenda fol. 37-38
  • 1. Juli 1244, Herzog Friedrich II.: nicht im Original erhalten; abschriftlich in Österreichische Nationalbibliothek Wien, Codex 352 Han, fol. 66-68
  • April 1247, Kaiser Friedrich II.: nicht im Original erhalten; abschriftlich in der Stiftsbibliothek Wilhering, Codex 60, fol. 211-213
  • Edition: Peter Csendes (Hg.): Die Rechtsquellen der Stadt Wien. Wien-Köln-Graz: Hermann Böhlaus Nachfolger 1986 (=Fontes rerum Austriacarum. Österreichische Geschichtsquellen, 3. Abteilung: Fontes iuris 9. Band), S. 39-47 und S. 49-58

Literatur

  • Peter Csendes, Die Stadtrechtsprivilegien Kaiser Friedrichs II. für Wien. In: Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters, 43. Jahrgang, Heft 1. Wien-Köln, Böhlau 1987, S. 110-134

Referenzen

  1. Die Grundruhr ist ein Rechtsgrundsatz, demzufolge die Ladung eines Schiffes oder Floßes, das gestrandet oder auf einem Fluss auf Grund gelaufen war, als herrenlos und als dem jeweiligen Grundherrn verfallen anzusehen war. Für die Ladung von Frachtwagen sowie für die Wagen selbst, die auf Brücken oder in Furten umgestürzt waren bzw. auf schlechten Straßen Achs- oder Radbruch erlitten hatten, sowie für Waren, die von der Ladefläche fielen, galt ein entsprechendes Aneignungsrecht bzw. Anspruch auf eine entsprechende Geldsumme.