St. Ulrich (Vorstadt)

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Die Vorstädte St. Ulrich, Neubau und Spittelberg mit ihren Siegelbildern (1734)
Daten zum Objekt
Art des Objekts Vorstadt
Datum von 1202
Datum bis 1850
Name seit
Andere Bezeichnung Neubau, Platzel, Neudegg, Schotten Unteren Guts
Frühere Bezeichnung
Benannt nach Ulrichskirche
Bezirk 6, 7, 8
Prominente Bewohner
Besondere Bauwerke
PageID 21407
GND
WikidataID
Objektbezug
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Letzte Änderung am 20.12.2023 durch WIEN1.lanm08trj
Bildname A-9374 0069.jpg
Bildunterschrift Die Vorstädte St. Ulrich, Neubau und Spittelberg mit ihren Siegelbildern (1734)

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48° 12' 18.80" N, 16° 21' 9.15" E  zur Karte im Wien Kulturgut

St. Ulrich, Vorstadt auf dem Boden des heutigen 7. Bezirks (Neubau).

Die älteste Ortschaft am rechten Ufer des Ottakringer Bachs war Zeismannsbrunn, das 1202 erstmals erwähnt wird. 1211 stiftete Dietrich der Reiche, ein Günstling Leopolds VI., bei seinem Gutshof in Zeismannsbrunn zu Ehren des Hl. Ulrich eine Kapelle (Ulrichskirche); der Name des Kirchenpatrons übertrug sich bald auf das Pfarrgebiet und schließlich (ab Anfang des 14. Jahrhunderts) auf den ganzen Ort. Dietrichs Erben verkauften die Grundobrigkeit an den Ritterbürger Greif bei Maria am Gestade. 1302 übernahm das Schottenstift das Patronat, und Nikolaus von Hundsheim verkaufte einen Hof in der Nähe des Pfarrhofs an den passauischen Offizial Meister Andreas. Die Vorstadt entstand demnach aus dem "alten" Schottengrund, dem Grund der Ulrichskapelle, den Grundstücken aus dem Gut des Adlold sowie dem (passauischen) Neudeggerlehen und dem (landesfürstlichen) Oberhof.

Gemeindehaus von St. Ulrich (heute St.-Ulrichs-Platz 5)

In der Folge verschmolzen Patronat und Grundherrschaft. Wie alle Orte in der Nähe Wiens litt auch St. Ulrich unter Epidemien, kriegerischen Ereignissen, Bränden und Überschwemmungen; die Pest wütete 1481, 1654, 1679 und 1713. Das Dorf war ein Grabenangerdorf, tief eingebettet in die Talsohle des Ottakringer Bachs, durch die heutigen Straßenzüge Lerchenfelder Straße und Burggasse begrenzt; die hoch oben am rechten Bachufer stehende Kirche (Ulrichskirche) war nur über Treppen erreichbar. Im 14. Jahrhundert kam es zur Erweiterung unter dem Namen Neustift in Richtung über die Döblergasse hinaus. St. Ulrich war zur Zeit der Reformation ein Hauptsitz der Protestanten. 1660 griff die Verbauung auf das linke Ufer des Ottakringer Bachs über (Altschafferhaus). Dass Kara Mustapha 1683 hier sein Zelt aufgeschlagen haben soll, ist falsch; sein Prunkzelt stand auf der Schmelz. Wohl aber befand sich auf den Trautsonschen Gründen ein Gefechtsstand, von dem aus die Hauptangriffe gegen die Burgbastei geleitet wurden. Nach der Gründung von Neustift ("oberen Gutes") hieß St. Ulrich auch "Neustift unteren Gutes". 1741 hatte ein Hochwasser des Ottakringer Bachs ausgedehnte Überschwemmungen zur Folge. 1770-1790 wurden die Häuser auf dem Neudegger Grund (Neudegger- und Piaristengasse) erbaut.

Am 11. August 1835 zerstörte ein Großbrand fast die gesamte Ortschaft. Nur geringe Reste des Ortsbilds haben sich bis heute erhalten (St.-Ulrichs-Platz).

Siegel

Die Vorstadt St. Ulrich führte ein Grundgerichtssiegel, das den heiligen Ulrich als ganze Figur im bischöflichen Ornat mit Inful und Stab, in der Rechten ein aufgeschlagenes Buch, auf diesem anscheinend ein Fischchen als Attribut des Heiligen. Umschrift: • SIGIL · S · VLRICH · VNTERN · SCHOTISCHEN GRVNT ̴

Das Siegel war 1904 eine Grundlage für die Gestaltung des Bezirkswappens Neubau.

Häuser

  • 1766: 47
  • 1778: 91
  • 1783: 106
  • 1790: 120
  • 1796: 127
  • 1840: 155
  • 1851: 163
  • 1857: 165

Einwohner

  • 1783: 6.195
  • 1796: 7.007
  • 1840: 7.526
  • 1857: 9.402

Häusernummerierungen und -schematismen

In der Vorstadt St. Ulrich wurden 1770 zum ersten Mal Konskriptionsnummern vergeben, in den Jahren 1795 und 1821 erfolgte eine Neunummerierung (Zur Übersicht über die Phasen der Nummerierungen der Häuser [Konskriptionsnummern] in der Vorstadt siehe: Häusernummerierung). Die folgenden Verlinkungen zu den Häuserschematismen sind chronologisch geordnet.

Nummerierung 1770

Nummerierung 1795

Nummerierung 1821

Ortsrichter

  • Josef Teyber (1789-1791)
  • Leopold Rauch (1794)
  • Benedikt Hallmayr (1833-1834)
  • Michael Leitner (1840-1844)

Literatur

  • Jakob Dont [Hg.]: Der heraldische Schmuck der Kirche des Wiener Versorgungsheims. Mit dem Anhang: Beschreibung der Siegel der ehemaligen Wiener Vorstädte und Vorort-Gemeinden. Wien: Gerlach & Wiedling 1910, S. XI, Taf. E
  • Elfriede Faber: Heimatkunde, S. 7, S. 14
  • Elfriede Faber: Der Hof zu St. Ulrich. Ein Beitrag zur Geschichte des 7. Wiener Gemeindebezirks. In: Jahrbuch des Vereins für Geschichte der Stadt Wien. Wien: Verein für Geschichte der Stadt Wien 44/45 (1988 / 1989), S. 27 ff.
  • Anton Jung: Beschreibung und Abdruck der Grundgerichts-Siegeln sämmtlicher Vorstädte und Gemeinden der k.k. Haupt- und Residenzstadt Wien, [Wien] 1829, S. 36
  • Robert Messner: Die Josefstadt im Vormärz. Historisch-Topographische Darstellung der westlichen Vorstädte (nördliche Hälfte) und westlichen Vororte Wiens auf Grund der Katastralvermessung. Wien: Verband der Wissenschaftlichen Gesellschaften Österreichs 1973 (Topographie von Alt-Wien, 3), S. 25, S. 51 ff, S. 134 ff., S. 251, S. 261 f.
  • Hans Rotter: Die Josefstadt. Geschichte des 8. Wiener Gemeindebezirkes. Wien: Selbstverlag 1918, S. 61 f.
  • Hans Rotter: Neubau. Ein Heimatbuch des 7. Wiener Gemeindebezirkes. Wien: Deutscher Verlag für Jugend und Volk 1925, S. 20 ff.
  • Wolfgang Mayer: VII. Neubau. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1983 (Wiener Bezirkskulturführer, 7)
  • Ferdinand Opll: Alte Grenzen im Wiener Raum. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1986 (Kommentare zum Historischen Atlas von Wien, 4), S. 56
  • Gustav Gugitz: Bibliographie zur Geschichte und Stadtkunde von Wien. Hg. vom Verein für Landeskunde von Niederösterreich und Wien. Band 4: Profane Topographie nach den 21 Bezirken (2.-21. Bezirk). Wien: Jugend & Volk 1958, S. 183 f.

Bevölkerungsgeschichte

  • Andreas Weigl: Eine Neuberechnung der Bevölkerungsentwicklung Wiens nach Bezirken 1777-1869. In: Wiener Geschichtsblätter 50 (1995), S. 219-238. * Ignaz de Luca: Topographie von Wien. Bd. 1, Wien: Thad. Schmidbauer 1794, S. 61.
  • Ignaz de Luca: Statistische Fragmente. Wien: C.P. Rehm 1797, S. 50.
  • Johann Karl: Detaillirte Darstellung der Bevölkerung der k.k. Haupt- und Residenzstadt Wien und der Vorstädte ... nach der letzten Conscription im Jahre 1840.
  • Niederösterreichische Handels- und Gewerbekammer (Hg.), Statistische Übersicht der wichtigsten Productionszweige in Oesterreich unter der Enns. Wien: L. Sommer 1855.
  • G.A. Schimmer: Die Bevölkerung von Wien. In: Blätter für Landeskunde von Niederösterreich 1 (1865), S. 14, 26.