Sieveringer Kirche

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Sieveringer Kirche am 26. April 1914.
Daten zum Bauwerk
Art des Bauwerks Katholische Kirche
Datum von 1330
Datum bis
Andere Bezeichnung Pfarrkirche „Heiliger Severin"
Frühere Bezeichnung
Benannt nach Severin
Einlagezahl
Architekt Martin und Josef Schömer
Prominente Bewohner
PageID 19131
GND
WikidataID
Objektbezug Kirchen, Sakralbauten, Erzdiözese Wien
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Letzte Änderung am 12.09.2022 durch WIEN1.lanm08trj
Bildname SieveringerKirche1914.jpg
Bildunterschrift Sieveringer Kirche am 26. April 1914.
  • 19., Fröschelgasse 18
  • 19., Sieveringer Straße

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48° 15' 8.07" N, 16° 19' 15.43" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Sieveringer Kirche (19., Sieveringer Straße, Fröschelgasse; Pfarrkirche "Heiliger Severin").

Die Sieveringer Pfarrkirche stellt sich heute als eine spätgotische dreischiffige, vierjochige Halle mit Rechteckchor und einem auf der Nordseite angebauten Turm sowie einer zwischen Chor und Turm befindlichen Sakristei dar, die im Zuge der neugotischen Ausgestaltung um 1896 entstanden ist. Bis 1786 war die Kirche von einem Friedhof umgeben.

Schriftliche Überlieferung

Eine Kapelle zu Sievering wird 1330 erstmals genannt. Ob die bevorstehende Weihe beziehungsweise Vollbringung der "Capelle ze Suferingen"[1] einen kompletten Neubau oder eine Erweiterung und Vollendung einer bestehenden, allerdings in keiner Schriftquelle erwähnten älteren Kirche bedeutete, bleibt ungewiss. 1344 wird Jakob der "Maedler" als Priester, "Sohn von der Heiligenstadt" erstmals in einer Urkunde genannt, in der auch die "Pharr dacz Sueferinge" vorkommt. Daraus wird das bestehende Abhängigkeitsverhältnis von der Pfarre Heiligenstadt deutlich.[2] Vier Jahre später urkundet Jakob als Pfarrer zu Sievering.[3] 1349 stiftet Andreas‚ Kämmerer Herzog Albrechts II. der Pfarrkirche einen Gesellenpriester.[4] 1429 wird erstmals ein St.-Severin-Altar genannt.[5] 1431 heißt es: "in parochia ad Sanctum Andream zu Sivering, auf Sanct Severinsaltar".[6] Somit sind das Andreas-Patrozinium sowie die Verehrung des hl. Severin zu dieser Zeit bezeugt. Martin von Leibnitz, Abt des Wiener Schottenstiftes (1446–1461), überlieferte als Erster die Herleitung des Ortsnamens Sievering vom hl. Severin. Die Lokalisierung des in der Vita Severini des Eugippius († nach 533) genannten „ad Vineas“ (zu den Weinbergen), wohin sich Severin zeitweilig in eine kleine Zelle zurückgezogen habe, beziehe sich daher auf Sievering, in dem von jeher Weinbau betrieben werde. Im 14. Jahrhundert ist eine Beziehung zwischen Sievering und dem hl. Severin offenbar noch nicht überliefert. Die Theorie zur Herleitung des Namens wurde offensichtlich erst im 15. Jahrhundert entwickelt und blieb in der Historiografie bis ins 19. Jahrhundert präsent.

Aus dem späten Mittelalter sind die Namen der Pfarrer zu Sievering überliefert: zum Beispiel 1431 Caspar Gerhart, 1445 Bernhard Pauer, 1490 bis 1506 Johannes Kaltenmarkter.[7] Letzterer verzichtete freiwillig auf die Pfarre, damit sie im Jahr 1500 durch Papst Alexander VI. dem Stift Klosterneuburg inkorporiert werden konnte.[8] In einer Urkunde von 1517 wird immer noch St. Andreas ("St. Andreas Gotteshaus zu Mitterhofen") als Patron genannt.[9] Der Wechsel des Patroziniums zu St. Severin fand wohl erst im 17. Jahrhundert statt.[10] 1666 bat die dortige, 1631 erstmals überlieferte St.-Andreas-Bruderschaft um Erlaubnis, das Fest des St. Severin besonders feierlich begehen zu dürfen.[11] Im Jahr 1683 kam es offenbar im Zuge der Zweiten Türkenbelagerung zum Brand und zum Einsturz der Decke in der Kirche.[12] Wiederholt mussten im 18. und 19. Jahrhundert Reparaturen am Kirchendach vorgenommen werden.[13]

Baugeschichte

Die Mauerwerkstruktur des Chores und des Turmes mit Eckbuckelquadern spricht für eine Entstehung wohl in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts. Die Errichtung der Westfassade dürfte erst um/bis nach 1300 erfolgt sein. Vielleicht kann von einer längeren Bauzeit ausgegangen werden. Dieser erste erkennbare Bau war vermutlich eine Saalkirche mit Chorquadrat. Der Chor als älterer Bauteil ist aus der heutigen Mittelachse gerückt. Eine Südkapelle mit heute fragmentiertem 5/8-Schluss stellte wohl die erste Erweiterung dar.

Im fortgeschrittenen 15. Jahrhundert erfolgte ein großzügiger Gesamtausbau der Kirche, in dem das südliche und das nördliche Seitenschiff sowie die Empore errichtet und die alten Langhausmauern abgebrochen wurden. Damit einher gingen die Erhöhung des Daches und die Aufstockung des Turms. Das Südschiff weist vergiebelte Strebepfeiler, zweibahnige Maßwerkfenster und unterhalb der Dachtraufe eine Reihe kreisrunder, gefaster Lüftungsöffnungen aus der Bauzeit auf. An der Südfassade findet sich auch ein Ölbergrelief aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Das Nordschiff, das im Osten den Turm miteinbezieht, hat zwei dreikantige, ebenfalls vergiebelte Pfeiler und zwei Maßwerkfenster, die primär im Mauerwerk verankert sind.

In der Barockzeit wurden die Gewölbe errichtet und die Pfeiler im Inneren ummantelt. Die Kirche wurde in den Jahren 1895 und 1896 nach Plänen von Baumeister Martin Schömer und Architekt Josef Schömer aus Klosterneuburg umgebaut und renoviert.[14] Die Westfassade, das Südportal, das Dach, die Fenster des Chores und der Glockenstuhl des Turms wurden verändert, die alte Sakristei südlich des Chores abgebrochen und eine neue Sakristei im Norden errichtet. Die Fensterrahmen wurden teilweise überarbeitet und mit neuen Glasmalereien versehen. 1913/14 kam es zur Renovierung des Inneren der Kirche und zum Bau eines neuen Kanzelaufganges. 1977–1980 und 2016/2017 erfolgten weitere Renovierungen. Die Kreuzblumen auf den Strebepfeilern der Südfassade stammen vom späthistoristischen Umbau, eine Pelikanplastik wurde im 20. Jahrhundert aufgesetzt.

Ausstattung

Das Taufbecken entstammt dem 16. Jahrhundert. Die meisten Grabsteine, Skulpturen und Gemälde im Inneren der Kirche sind aus dem 18. Jahrhundert. Die Seitenaltäre wurden im 17. Jahrhundert aufgestellt (im Süden „Madonna mit dem Kind" in Rundbogennische, im Norden Josefaltar), die Kanzel datiert um 1700. Der im 18. Jahrhundert errichtete Hochaltar der Kirche zeigt die Apotheose des hl. Severin über Wien. Das Bildnis von Papst Gregor XVI. wurde von Leopold Schulz gemalt.

Zwei Grabsteine an der Südfassade stammen aus dem 18. Jahrhundert, ein Rotmarmorgrabstein mit Inschrift 1357 wurde 1913 aus dem Inneren des Chores an der Ostfassade der neuen Sakristei angebracht.

Die Orgel stammte aus dem Zentralkino (2., Taborstraße 8). Sie war dort 1925 für den Film "Die zehn Gebote" eingebaut worden, die bis zum Umbau in eine Tonkino 1930 zum Einsatz kam. Nach dem Umbau wurde die Orgel der Sieveringer Kirche übergeben, wo sie bis 1962 betrieben wurde.

Quellen

Literatur

  • Wolfgang J. Bandion: Steinerne Zeugen des Glaubens. Die Heiligen Stätten der Stadt Wien. Wien: Herold 1989, S. 378 ff.
  • Felix Czeike: Wien. Kunst und Kultur-Lexikon. Stadtführer und Handbuch. München: Süddeutscher Verlag 1976, S. 154 f.
  • Dehio Wien. X. bis XIX. und XXI. bis XXIII. Bezirk. Wien: Schroll 1996 (Bundesdenkmalamt: Die Kunstdenkmäler Österreichs), S. 543 ff.
  • Döbling. Eine Heimatkunde des 19. Wiener Bezirkes in drei Bänden. Hg. von Döblinger Lehrern. Wien: Selbstverlag der Arbeitsgemeinschaft "Heimatkunde Döbling" 1922, S. 231 ff.
  • Rudolf Geyer: Handbuch der Wiener Matriken. Ein Hilfswerk für Matriken-Führer und Familienforscher. Wien: Verlag d. Österr. Inst. für Genealogie, Familienrecht und Wappenkunde [1929], S. 92 (Sprengel), S. 277 f. (Matrikenbestand)
  • Gustav Gugitz: Bibliographie zur Geschichte und Stadtkunde von Wien. Hg. vom Verein für Landeskunde von Niederösterreich und Wien. Band 3: Allgemeine und besondere Topographie von Wien. Wien: Jugend & Volk 1956, S. 273
  • Heike Krause / Gerhard Reichhalter: „Die einzige Merkwürdigkeit des Dorfes ist die Kirche“ – Ein Beitrag zum „Burgenstandort Sievering“ und zur Baugeschichte der Sieveringer Pfarrkirche. In: Fundort Wien 9 (2006), S. 192 ff.
  • Alfred Missong: Heiliges Wien. Ein Führer durch Wiens Kirchen und Kapellen. Wien: Wiener Dom-Verlag ³1970, S. 251 f.
  • Hans Petschnig: Die Kirche zu Sievring. In: Mittheilungen k. k. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale 13 (1868), S. I–V
  • Floridus Röhrig: Das Stift Klosterneuburg und die Pfarre Sievering. In: 650 Jahre Kirche Sievering. Wien: Gerold 1980, S. 9 ff.
  • Justus Schmidt / Hans Tietze: Dehio Wien. Wien: A. Schroll 1954 (Bundesdenkmalamt: Die Kunstdenkmäler Österreichs), S. 186
  • Sievering 1330-1930. [zur Feier des sechshundertjährigen Bestandes der Sieveringer Kirche]. Hg. vom Festausschuß. Wien: Graphia 1930
  • Hans Tietze: Die Denkmale der Stadt Wien (XI. - XXI. Bezirk). Wien: Schroll 1908 (Österreichische Kunsttopographie, 2), S. 465 ff.
  • Erich Widder: Schutzpatron St. Severin. Ein Beitrag zur Patrozinienkunde und zur Geschichte der Severinverehrung. In: Severin – zwischen Römerzeit und Völkerwanderung. Ausstellung des Landes Oberösterreich. Linz: Amt der Oberösterreichischen Landesregierung, Abteilung Kultur 1982, S. 41–55

Einzelnachweise

  1. Hartmann Zeibig: Urkundenbuch des Stiftes Klosterneuburg bis zu Ende des 14. Jahrhunderts. Wien: Staatsdruckerei 1857 (Fontes rerum Austriacarum, Bd. II/10), S. 235 f. Nr. 238. Eine weitere Urkunde bezieht sich ebenfalls auf die Vollbringung der "capelle ze Sufringe" : WStLA, HA-Urkunde Nr. 124, 1330 Mai 12 in: http://monasterium.net/mom/AT-WStLA/HAUrk/124/charter (abgerufen am 1. August 2017).
  2. Stiftsarchiv Klosterneuburg, Urkunde 1344 XI 25.
  3. Stiftsarchiv Klosterneuburg, Urkunde 1348 IV 04.
  4. Stiftsarchiv Klosterneuburg, Urkunde 1349 I 06.
  5. Karl Uhlirz [Hg.]: Urkunden und Regesten aus dem Archive der k. k. Reichshaupt- und Residenzstadt Wien 1289–1439. In: Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses 16 (1895), Reg. 13915.
  6. Vincenz Darnaut: Historische und topographische Darstellung von Klosterneuburg und der Umgegend mit besonderer Rücksicht auf Pfarren, Stifte, Klöster, milde Stiftungen und Denkmäler. Wien: Archiv-Verlag 2003. Reprint der Ausgabe 1819 (Topographie des Erzherzogthums Oesterreich 1), S. 226.
  7. Floridus Röhrig: Das Stift Klosterneuburg und die Pfarre Sievering, in: 650 Jahre Kirche Sievering. Wien: Gerold 1980, S. 16; Hartmann Zeibig: Urkundenbuch des Stiftes Klosterneuburg bis zu Ende des 14. Jahrhunderts. Wien: Staatsdruckerei 1857 (Fontes rerum Austriacarum, Bd. II/10), S. 378, Nr. 387; Stiftsarchiv Klosterneuburg, Karton 78, AKB XLIV, fol. 128 Nr. 7.
  8. Ferdinand Schönsteiner: Die kirchlichen Freiheitsbriefe des Stiftes Klosterneuburg. Urkundensammlung mit rechtlichen und geschichtlichen Erläuterungen. Wien: Braumüller 1916 (Jahrbuch des Stiftes Klosterneuburg 7/2), Nr. LXVII.
  9. Stiftsarchiv Klosterneuburg, Urkunde 1517 VIII 29.
  10. Erich Widder: Schutzpatron St. Severin. Ein Beitrag zur Patrozinienkunde und zur Geschichte der Severinverehrung. In: Severin – zwischen Römerzeit und Völkerwanderung. Ausstellung des Landes Oberösterreich. Linz: Amt der Oberösterreichischen Landesregierung, Abteilung Kultur 1982, S. 50.
  11. Floridus Röhrig: Das Stift Klosterneuburg und die Pfarre Sievering, in: 650 Jahre Kirche Sievering. Wien: Gerold 1980, S. 9.
  12. Hans Petschnig: Die Kirche zu Sievring. In: Mittheilungen k. k. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale 13 (1868), S. I; Floridus Röhrig: Das Stift Klosterneuburg und die Pfarre Sievering, in: 650 Jahre Kirche Sievering. Wien: Gerold 1980, S. 15.
  13. Stiftsarchiv Klosterneuburg, Karton 2446, Karton 2655, Nr. 29 und Karton 2678, fol. 144, Nr. 71.
  14. Stiftsarchiv Klosterneuburg, Pläne PZ 925–927, PZ 1195, PZ 1196.