Siegfried Charoux
Siegfried Charoux, * 15. Oktober 1896 Wien, † 26. April 1967 London, akademischer Bildhauer.
Biografie
Siegfried Charoux kam als Sohn der Kleidermacherin Anna Buchta, geborene Charous, und des technischen Beamten Joseph Kinich zur Welt. Nach seiner Heirat mit Margarethe Treibl nahm er 1926 den Künstlernamen "Charoux" an.
Im Anschluss an sein Studium an der Kunstgewerbeschule (bei Anton Hanak) und an der Akademie der bildenden Künste (bei Hans Bitterlich) betätigte sich Charoux unter dem Pseudonym "Chat Roux" als Karikaturist für die "Arbeiter-Zeitung", wandte sich dann aber der Bildhauerei zu (Stein- und Bronzearbeiten, eigene Terrakottatechnik). Er nahm Privatunterricht bei Josef Heu und studierte von 1922 bis 1924 an der Akademie der bildenden Künste in der Klasse von Hans Bitterlich.
Seine Denkmäler für Robert Blum (siehe Robert-Blum-Hof), Matteotti (siehe Matteottihof), Herz und Lessing (1., Judenplatz, 1929, siehe Lessingdenkmal) wurden vom Ständestaat beziehungsweise von den Nationalsozialisten entfernt und eingeschmolzen. Weitere Arbeiten waren etwa das Hochrelief "Fries der Arbeit" am Zürcher Hof (10., Laxenburger Straße 49–51, 1928/1929) sowie das Herzigdenkmal (1935).
1935 emigrierte Charoux nach London, wo er Büsten bedeutender britischer Staatsmänner und die Terrakottastatue "Jugend" (Tate Gallery) entwarf. Nach dem Zweiten Weltkrieg kehrte er nach Wien zurück und wurde 1948 mit dem Preis der Stadt Wien für Bildhauerei für seine Arbeit ausgezeichnet.
In den folgenden Jahren schuf Siegfried Charoux zahlreiche Werke, darunter Denkmäler für Richard Strauss (3., Am Modenapark 9, 1954; "Die Lauschenden") und Bertha von Suttner (4., Bertha-von-Suttner-Hof; Suttnerdenkmal "Die Waffen nieder", 1959), das neue Lessingdenkmal (1968), die Figurengruppen "Mutter mit Kindern" (14., Hugo-Breitner-Hof, 1959), "Freunde" (5., Grünwaldgasse 2–6, 1957), "Singende Knaben" (3., Hofmannsthalgasse 12–24, 1961) und "Junge Menschen" (23., Altmannsdorfer Straße 164–182, 1966) sowie die Bronzeplastik "Mutter und Kind" (1961).
Charoux war an der Königlich-Britischen Akademie, an der er in einer Bildhauerklasse lehrte, korrespondierendes (1949) beziehungsweise ordentliches Mitglied (1956). In Langenzersdorf wurde am 12. Juni 1982 ein Charoux-Museum eröffnet. 1977 benannte man in Penzing den Siegfried-Charoux-Weg nach dem Künstler.
In der Handschriftensammlung der Wienbibliothek im Rathaus werden Korrespondenzstücke von Charoux an Hans Ankwicz-Kleehoven, Gertrud Knecht, Bettina Ehrlich, Georg Ehrlich sowie Hans Mandl aufbewahrt.
Quellen
- Meldezettel von Siegfried Charoux (WStLA, BPD Wien: Historische Meldeunterlagen, K11)
- Wienbibliothek im Rathaus, Dokumentation, Tagblattmappe Siegfried Charoux, TP-007286
Literatur
- Gregor-Anatol Bockstefl: Siegfried Charoux. Bildhauer und Maler. Langenzersdorf: Charoux-Museum 2017
- Hans Kurt Groß: Die Wiener Jahre des Karikaturisten und Bildhauers Siegfried Charoux. St. Pölten: NP-Buchverlag 1997
- Werner Röder / Herbert A. Strauss: Biographisches Handbuch der deutschsprachigen Emigration nach 1933 / International biographical dictionary of Central European émigrés 1933–1945. Hg. vom Institut für Zeitgeschichte München und von der Research Foundation for Jewish Immigration. München [u. a.]: Saur 1980–1999
- Niederösterreichische Kulturberichte 1 (1986), S. 8
- Herbert Tschulk: X. Favoriten. Wien [u. a.]: Jugend & Volk 1985 (Wiener Bezirkskulturführer, 10), S. 23, 44
- Felix Czeike: III. Landstraße. Wien [u. a.]: Jugend & Volk 1984 (Wiener Bezirkskulturführer, 3), S. 5, 16
- Felix Czeike: I. Innere Stadt. Wien [u. a.]: Jugend & Volk 1983 (Wiener Bezirkskulturführer, 1), S. 86
- Elisabeth Koller-Glück: Prof. Siegfried Charoux, 1896 Wien – 1967 London. Zur Eröffnung des Charoux-Museums in Langenzersdorf am 12. Juni 1982. Langenzersdorf: Charoux-Museum 1982
- Die Vertreibung des Geistigen aus Österreich. Zur Kulturpolitik des Nationalsozialismus. [Zusammenstellung der Ausstellung: Hochschule für Angewandte Kunst in Wien. Katalog: Gabriele Koller ... Für den Inhalt verantwortlich: Oswald Oberhuber]. Wien: Zentralsparkasse 1982, S. 115 f.
- Rudolf Schmidt: Österreichisches Künstlerlexikon. Von den Anfängen bis zur Gegenwart. Wien: Tusch 1974–1980
- Felix Czeike: XIV. Penzing. Wien [u. a.]: Jugend & Volk 1980 (Wiener Bezirkskulturführer, 14), S. 43
- Felix Czeike: IV. Wieden. Wien [u. a.]: Jugend & Volk 1979 (Wiener Bezirkskulturführer, 4), S. 11 f.
- Gerhardt Kapner: Freiplastik in Wien. Wien [u. a.]: Jugend & Volk 1970
- Robert Waissenberger: Siegfried Charoux 1896 – 1967. Wien: Rosenbaum [ca. 1967]
- Lebendige Stadt. Almanach. Band 10. Wien: Amt für Kultur, Volksbildung und Schulverwaltung der Stadt Wien 1963
- Hans Vollmer [Hg.]: Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler des 20. Jahrhunderts. 6 Bände. München: Deutscher Taschenbuch-Verlag 1953–1962
- Robert Teichl: Österreicher der Gegenwart. Lexikon schöpferischer und schaffender Zeitgenossen. Wien: Verlag der Österreichischen Staatsdruckerei 1951