Sibylle Bolla-Kotek

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Daten zur Person

Sibylle Bolla-Kotek, * 8. Juni 1913 Pressburg (Bratislava, Slowakei), † 22. Februar 1969 Wien, Rechtshistorikerin.

Biografie

Sibylle Bolla wurde als Tochter des Husaren Gedeon Bolla von Csáford und Jobbaháza und dessen Frau Margarethe, geb. Lieblein geboren. Die Familie übersiedelte 1923 nach Teplitz-Schönau (Teplice, Tschechien), wo sie das Gymnasium besuchte. 1931 bis 1935 studierte sie Rechtswissenschaften an der Deutschen Universität in Prag. Auf Anraten ihres Lehrers Egon Weiss schlug die antike Sprachen hervorragend beherrschende Juristin eine universitäre Karriere ein und habilitierte sich 1938 mit einer Arbeit über "Die Entwicklung des Fiskus zum Privatrechtssubjekt mit Beiträgen zur Lehre vom arerarium" für das Gebiet Römisches Recht und Antike Rechtsgeschichte. In dieser Zeit verbrachte sie auch einen Forschungsaufenthalt bei Leopold Wenger an der Universität Wien. In München setzte sie ihre Studien zum altorientalischen Recht (Papyri und Urkunden in Keilschrift) fort, die im Werk "Untersuchungen zur Tiermiete und Viehpacht im Altertum" gipfelten.

1944 wurde die Rechtshistorikerin in Prag zur "außerplanmäßigen" Professorin ernannt, stand aber unter Beobachtung der Gestapo und musste im März 1945 nach Tirol zu Verwandten flüchten. In Wien war sie eine Zeitlang als Sachbearbeiterin in der Textilindustrie tätig, ehe sie 1947 die Lehrbefugnis an der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien erhielt. Sie avancierte 1949 zur außerordentlichen und 1958 zur ordentlichen Professorin und war damit die erste Ordinaria an einer juridischen Fakultät in Österreich. Neben ihren rechtshistorischen Schwerpunkten beschäftigte sich die Juristin, die 1950 den Arzt Alfred Kotek geheiratet hatte, nun auch verstärkt mit Erbrecht und internationalem Privatrecht. Ihre Publikationen spiegeln das breite Interesse wider, so etwa "Aus römischem und bürgerlichem Erbrecht" (1950) oder "Grundriß des österreichischen Internationalen Privatrechts" (1952).

Bolla-Kotek war neben ihrer wissenschaftlichen Tätigkeit auch in rechtspraktischen Funktionen tätig, etwa als Beisitzerin im Kartellobergericht beim Obersten Gerichtshof ab 1968. Sie starb 1969 an den Folgen eines schweren Reitunfalls. Zum Andenken an die Rechtswissenschaftlerin wurde eines der Tore am Wiener Universitätscampus "Bolla-Kotek-Tor" benannt.

Literatur

  • Gerhard Strejcek: Statt ins Kloster an die Universität. In: Wiener Zeitung, 07.06.2013
  • Elisabeth Berger: Sibylle Bolla-Kotek. In: Brigitta Keintzel/Ilse Korotin [Hg.]: Wissenschafterinnen in und aus Österreich. Leben – Werk – Wirken. Wien/Köln/Weimar: Böhlau 2002, S. 81–84
  • Theo Mayer-Maly: Sibylle Bolla-Kotek zum Gedächtnis. In: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte. Romanistische Abteilung 86 (1969), S. 570–573

Weblinks