Servitenkirche

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Servitenkirche, Ecke Müllnergasse/Grünentorgasse, um 1903
Daten zum Bauwerk
Art des Bauwerks Katholische Kirche
Datum von 1651
Datum bis
Andere Bezeichnung Maria Verkündigung
Frühere Bezeichnung
Benannt nach Serviten
Einlagezahl
Architekt Carlo Martino Carlone, Francesco Martinelli, Sebastian Blümel
Prominente Bewohner
PageID 16761
GND
WikidataID
Objektbezug Kirchen, Sakralbauten, Erzdiözese Wien, Kirchenmappe
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Letzte Änderung am 6.12.2022 durch WIEN1.lanm08uns
Bildname HMW 028408.jpg
Bildunterschrift Servitenkirche, Ecke Müllnergasse/Grünentorgasse, um 1903
  • 9., Servitengasse 9

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48° 13' 14.45" N, 16° 21' 49.58" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Die Servitenkirche auf dem Steinhausen-Plan (1710)

Servitenkirche (Roßauer Kirche; 9., Servitengasse bei 9; Pfarrkirche [1783] "Maria Verkündigung" mit anschließendem Servitenkloster).

Schrägluftaufnahme vom August 1959 vom Süden.

Die erste Niederlassung der Serviten entstand (samt Kapelle) 1639 (Dotation von Ottavio Fürst Piccolomini). Die 1651 wahrscheinlich nach Plänen von Carlo Martino Carlone begonnene Kirche in der damaligen Vorstadt Roßau (Bauunterbrechung 1656-1661, Bauleitung ab 1667 Franz und Carlo Canevale) wurde 1670 durch Bischof Wilderich Freiherr von Walderdorff geweiht, konnte aber im Inneren erst 1677 vollendet werden. 1683 wurde vor allem die Einrichtung durch die Osmanen beschädigt (Zweite Türkenbelagerung), 1684 führte Francesco Martinelli Ausbesserungen durch; bei dieser Gelegenheit erhielt das Klostergebäude ein zweites Stockwerk. Der Platz vor der Kirche war mit Bäumen und sechs Doppelstatuen auf steinernen Sockeln abgeschlossen. Der große Servitengarten wurde am 1. Februar 1787 versteigert und anschließend größtenteils verbaut.

Servitenkirche in der Roßau (1767)

1727 wurde nach Plänen von Sebastian Blümel der Bau der zweijochigen Peregrinikapelle begonnen (zu Ehren des in diesem Jahr heiliggesprochenen Serviten Peregrin; 1728 begannen Wallfahrten; Umbau: Melchior Hefele), die 1765/1766 zur heutigen Größe erweitert wurde. 1754-1756 wurden nach einem Entwurf von Franz Sebastian Rosenstingl die Türme erneuert. Der "äußere Kirchenplatz" war Prozessionsplatz und Platz des Peregrinimarkts (April). Am 9. Juli 1917 erlitten Kirche und Kloster durch ein (im Nachbarhaus ausgebrochenes) Feuer beträchtlichen Schaden (Dachstuhl). 1933-1937, 1964-1970 und ab 1974 wurden Restaurierungen vorgenommen. Die Servitenkirche ist eine der wenigen stilrein erhaltenen Frühbarockkirchen Wiens und diente als Vorbild für die Peters- und die Karlskirche; sie ist der erste und typologisch bedeutende frühbarocke längsovale Zentralkirchenbau in Wien (mit östlicher Doppelturmfassade, westlicher Choranlage und südlich dreigeschossigem Klosteranbau).

Gedenktafel an den Papstbesuch in der Peregrinikapelle der Servitenkirche vom 10. April 1782.

Am 10. April 1782 besuchte Papst Pius VI. die Kapelle und betete vor dem Altar des heiligen Peregrinus.

Innenansicht der Peregrinikapelle (Landerer, Kupferstich, 18. Jahrhundert).

Äußeres

Monogramm der Serviten (S. M. = Servi Mariae, Diener Mariens) im Giebelfeld.

Die Grundsteinlegung erfolgte im Jahr 1651. Die Barock-Kirche wurde 1677 fertiggestellt und ist mit ihrer ovalen Kuppel zum Vorbild für andere Kirchenbauten, wie beispielsweise die Karlskirche, geworden.

Die schlichte Ostfassade besitzt einen zweigeschossigen, vorspringenden, zwischen die beiden viergeschossigen Türme eingespannten Mittelteil. Die Türme (Höhe 60 Meter) tragen barocke Doppelzwiebelhelme mit Laternen. Das mittlere Ädikulaportal weist eine ionische Pilaster- und Halbsäulenrahmung und eine eisenbeschlagene Holztür auf; Wappen von fünf Stiftern. In der Mitte des Giebelfelds Monogramm der Serviten (S. M. = Servi Mariae, Diener Mariens).

Die Servitenkirche im Jahr 2017.

Inneres

Ovaler Hauptraum, von zwei Kreuzarmen durchzogen; der Längsarm im Osten für den Mönchschor merklich verlängert, die Eingangshalle im Westen infolge der Turmkapellen mit Querorientierung; die Eingangshalle wird vom Hauptraum durch ein prächtiges Schmiedeeisengitter getrennt (um 1670). Der Querarm des Kreuzes ist nur in den beiden rechteckigen Seitenaltarnischen erkennbar. Zwischen den Kreuzarmen vier völlig gleichartige Altarnischen. Flachkuppel, Eingangsjoch mit Orgelempore, tonnengewölbter, gerade schließender Chor. Turmkapellen (von der Eingangshalle aus zugänglich): Kapelle der heiligen Juliana Falconieri; sie führt in die Arme-Seelen-Kapelle mit einem dem Kremser Schmidt zugeschriebenen Altarblatt. Johannes-Nepomuk-Kapelle (gestiftet 1723 von Ernestine Gräfin Herberstein; Stukkaturen von Giovanni Santino Bussi); von hier gelangt man in die Lourdes-Grotte. Der Hochaltar, ursprünglich von Benedikt Stöber (1711), wurde 1832-1847 stark verändert (konkave Holzädikula in Grün- und Brauntönen mit korinthischen Pilastern, Halbsäulen und vorgestellten Säulen; nazarenisches Altarblatt "Maria Verkündigung" von Leopold Schulz, 1847); der Unterbau und die seitlichen Figuren von Stöber stammen vom alten Hochaltar (1711). Rechts vom Hochaltar an der Chorwand überlebensgroßes Kruzifix (ehemals [bis 1786] gotisches Galgenkreuz vom Rabenstein, um 1420 [Teile des Lendenschurzes barock ergänzt]).

Altarnischen: Das vordere Altarpaar bilden die sogenannten Pestaltäre (Pest 1713); sie sind den Pestpatronen Sebastian und Liborius geweiht. Hinten links ein von Martin Stier gestifteter Altar (1669) mit Altarblatt von Tobias Pock (heiliger Philipp Benizi, der größte Heilige des Servitenordens); das Muttergottesbild erinnert an das Attentat auf Franz Joseph I. (1853; Stiftung von Arbeitern der Roßauer Zigarrenfabrik). Hinten rechts ein von Ferdinand Maximilian Graf Sprinzenstein gestifteter Altar (1677) mit Altarbild "Johannes der Täufer" von Grabenberger.

Seitenaltäre: Der rechte Altar ist dem heiligen Antonius (Altarbild von Tobias Pock, 1668), der linke der Schmerzhaften Muttergottes geweiht (Grabstätte des Kirchenstifters Ottavio Fürst Piccolomini). Barocke Kanzel (1739); die vier Evangelisten an der Brüstung und die drei göttlichen Tugenden stammen von Balthasar Ferdinand Moll, alle übrigen Schnitzarbeiten vom Laienbruder Josef Hilber. Vor der Kirche befindet sich ein Obelisk mit Steinfigur Maria Immaculata (bezeichnet Fidelis Kümmel, 1885).

Pfarre

Pfarrlich gehörte die Roßau zu den Schotten; die Serviten besorgten nur die Versehgänge. Siehe Roßau (Pfarre)

Peregrin

Zum Gedenken an die wohltätigen Brotspenden des heiligen Peregrin begann der Roßauer k. k. Hofbäcker Ludwig Plank (9, Servitengasse 6) mit der Produktion der Peregrinikipfel. Ebenfalls nach dem heiligen Peregrin benannt ist die Peregringasse - die Verlängerung der Wipplingerstraße im 9. Bezirk - sowie die oben erwähnte Peregrinikapelle.

Ein Fiaker vor der Servitenkirche (Ecke Müllnergasse / Grünentorgasse, 2020).

Quellen

Literatur

  • Viktor Böhm: Das Lateinische Erbe der Serviten in Wien. Beiträge zur Servitengeschichte in der Rossau. Wien: Verein "Freunde der Serviten Rossau" Wien 2009
  • Bundesdenkmalamt [Hg.]: Dehio-Handbuch. Die Kunstdenkmäler Österreichs. Wien. II. bis IX. und XX. Bezirk. Wien 1993, S. 377 ff.
  • Gabriele Praschl-Bichler: Wien speziell. Architektur des Barock. Wo finde ich Schlösser, Palais, Öffentliche Profanbauten, Kirchen, Klöster, Bürgerhäuser, Denkmäler, Brunnen, Museen, Sammlungen in Wien. Wien: Christian Brandstätter Verlag 1990, S. 128 f.
  • Wolfgang J. Bandion: Steinerne Zeugen des Glaubens. Die Heiligen Stätten der Stadt Wien. Wien: Herold 1989, S. 190 ff.
  • Maria Pötzl-Malikova: Die Kanzel der Servitenkirche in Wien und die Bozzetti der theologischen Tugenden von B. F. Moll im Kunstgewerbemuseum in Köln. In: Österreichische Zeitschrift für Kunst und Denkmalpflege 1/2 (1987), S. 1-8
  • Karl Albrecht-Weinberger / Johann Weissensteiner [Zsstellung]: Josephinische Pfarrgründungen in Wien. 22. Februar bis 9. Juni 1985. Wien: Museen der Stadt Wien 1985 (Historisches Museum der Stadt Wien: Sonderausstellung, 92), S. 84
  • Servitenkonvent Wien [Hg.]: Servitenkirche Wien. Salzburg 1986
  • Peter Csendes: Erinnerungen an Wiens Türkenjahre. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1983 (Wiener Bezirkskulturführer, 29), S. 46 ff.
  • Adolf Wolf: Alsergrund-Chronik. Von der Römerzeit bis zum Ende der Monarchie. Wien: Selbstverlag 1981, S. 76 f.
  • Felix Czeike: Wien. Kunst und Kultur-Lexikon. Stadtführer und Handbuch. München: Süddeutscher Verlag 1976, S. 153 f.
  • Karl Lechner: Kirche und Kloster der Serviten in der Roßau in Geschichte und Kunst. Gedenkschrift zur 300. Wiederkehr des Weihetages der Kirche. Wien: Prior u. Konvent, Servitenkloster Wien 1970
  • Alfred Missong: Heiliges Wien. Ein Führer durch Wiens Kirchen und Kapellen. Wien: Wiener Dom-Verlag ³1970, S. 168 ff.
  • Richard Riccabona: Servitenkirche Wien. München [u.a.]: Schnell & Steiner 1965
  • Gustav Gugitz: Bibliographie zur Geschichte und Stadtkunde von Wien. Hg. vom Verein für Landeskunde von Niederösterreich und Wien. Band 3: Allgemeine und besondere Topographie von Wien. Wien: Jugend & Volk 1956, S. 258 ff.
  • Gustav Gugitz: Österreichs Gnadenstätten in Kult und Brauch. Band 1: Wien. Wien: Hollinek 1955, S. 76 ff.
  • Gustav Gugitz: Das Jahr und seine Feste im Volksbrauch Österreichs. Studien zur Volkskunde Band 1. Wien: Hollinek 1949 (Buchreihe Österreichische Heimat, 14), S. 206 ff.
  • Rudolf Geyer: Handbuch der Wiener Matriken. Ein Hilfswerk für Matriken-Führer und Familienforscher. Wien: Verlag d. Österr. Inst. für Genealogie, Familienrecht und Wappenkunde [1929], S. 86 (Sprengel), S. 252 (Matrikenbestand)
  • August Leutmötzer: Die Kirche Marias Verkündigung. Geschichte und Beschreibung der Pfarrkirche und des Klosters der PP. Serviten in der Roßau. 1919
  • Wilhelm Kisch: Die alten Straßen und Plätze von Wiens Vorstädten und ihre historisch interessanten Häuser. (Photomechan. Wiedergabe [d. Ausg. v. 1895]). Cosenza: Brenner 1967, Band 3, S. 600 ff.
  • Carl Hofbauer: Die Roßau und das Fischerdörfchen am oberen Werd. Historisch-topographische Skizzen zur Schilderung der alten Vorstädte Wien's. Wien: Dirnböck 1859, S. 81 ff.
  • Hugo M. Körbel: Der heilige Peregrin. Wien: Wiener Servitenkonvent o.J.