Searchlight Tattoo - Zapfenstreich im Scheinwerferlicht
In der Woche vom 24. Juni bis zum 29. Juni 1946 veranstalteten die britischen Besatzungstruppen ein „Searchlight Tattoo“, eine Militär-Vergnügungsschau, in den Gärten von Schloss Schönbrunn für bis zu 7000 Personen pro Abend. Der Erlös wurde den bedürftigen Kindern der Stadt Wien gespendet.
Geschichte
Ein sogenanntes Military Tattoo ist eine Militärschau mit Scheinwerfern, Feuerwerk, Fackeln und dem Auftritt verschiedenster Truppenteile unter musikalischer Begleitung der Militärkapellen, in dem Fall der britischen Besatzungstruppen aus ganz Österreich, die aus der Achten Armee gebildet wurden, als man diese 1945 aufgelöst hatte.
Der Name „Tattoo“ leitet sich von dem früher jeden Abend durchgeführten letzten Schlag des Regimentstrommlers ab, um den Truppen die beginnende Nachtruhe und das Aufsuchen ihrer Quartiere mitzuteilen. Das war als "Tap to billets” bekannt, abgekürzt "Tap to" woraus dann "Tattoo” wurde. Als die Truppen kaserniert wurden, wurde dieser Brauch jedoch beibehalten und von der Kapelle, dem Korps der Trommler und Pfeifer vieler Regimenter im Kasernenhof geblasen. Daraus entwickelte sich später in gewissen militärischen Garnisonen die Gewohnheit, dass die Truppen unter Anwendung von Scheinwerfern und Fackeln im Sommer eine Woche lang eine Schau zu Gunsten der lokalen Wohltätigkeitseinrichtungen gaben.
In den Jahren unmittelbar vor dem Zweiten Weltkrieg erfuhren diese "Searchlight Tattoos", wie sie genannt wurden, eine großartige Ausgestaltung mit mehreren tausend Mitwirkenden, den vereinten Kapellen von mehr als tausend Musikern und sie wurden ein wohlbekanntes und charakteristisches Merkmal des englischen Lebens während der Sommermonate. Ein sehr bekanntes Beispiel für so eine Aufführung ist das Royal Edinburgh Military Tattoo in Schottland. Das „Vienna Tattoo“ war eine kleine Ausgabe dieser großen Aufführungen in England. Jedoch wurde auch schon hier zum Abschluss das bekannte Lied Auld Lang Syne gespielt.
Im deutschen Sprachraum ist dasselbe unter der Bezeichnung „Zapfenstreich“ bekannt, wobei es hier den kleinen bzw. den allgemeinen Zapfenstreich und den großen Zapfenstreich gibt, welcher meist nur zu feierlichen Anlässen von hohen Staatsbeamten aufgeführt wird. Daher hieß diese Militär-Vergnügungsschau im ausführlichen 13-seitigen Programm auf Deutsch auch „Zapfenstreich im Scheinwerferlicht“.
Organisatorisches
Der Alliierte Stadtkommandant Brigadier Gerald Lloyd Verney vom Britischen Hauptquartier in Wien informierte den Wiener Bürgermeister Theodor Körner über dieses Vorhaben, welcher dies sofort an die Bundesregierung und andere Staatsbehörden weiterleitete, da Schönbrunn ein Bundesgarten ist und somit nicht von der Stadt Wien verwaltet wird. Verney versicherte gleich im Vorhinein, bereits mit dem Obergärtner der Schönbrunner Gärten in Kontakt zu stehen, um eventuelle Schäden vorab minimieren zu können.
Es sollte jedoch nicht nur der Erlös den Wiener Kindern zugutekommen, sondern sie waren auch für die beiden geplante Proben am 21.6. unter Tageslicht, ab 18 Uhr und der am 22.6. bei Nacht, von 22-24 Uhr eingeladen. Dabei gab es einen kostenlosen Eintritt für Schulkinder mit ca. 6000 Sitzplätzen, jedoch ohne Begleitung der Eltern. Außerdem musste die Stadt Wien die Einladung der Kinder und deren Transport durch die Stadt selbst organisieren, die Briten boten jedoch zumindest Transportmittel zur Verfügung an.
Hier intervenierte jedoch der Stadtschulrat, der darauf hinwies, dass es unüblich und nicht pädagogisch sei, Kinder an Veranstaltungen teilhaben zu lassen, die nach 20 Uhr schließen, dies sei eigentlich bereits mit der Probe um 18 Uhr überschritten, aber noch vertretbar. Im Gegensatz zur 22 Uhr Vorstellung, dies könne nicht verantwortet werden, vor allem mit dem Hinweis auf die ungewisse Sicherheitsverhältnisse bei der Rückkehr der Kinder. Nach Rücksprache mit der Magistratsabteilung 7 gab es nur eine Einladung für die 18 Uhr Probe.
Für die Hauptaufführungen gab es Einladungen an diverse Persönlichkeiten der Bundes- und Stadtverwaltung. Bürgermeister Körner folgte dieser Einladung am 26. Juni, da er zu der ursprünglichen am 28. Juni nicht konnte und stattdessen einige Stadträte und den Magistratsdirektor als Vertretung schickte.
Verwendung des Erlöses
Der Erlös der Vorführung sollte laut dem Amtsführenden Stadtrat für das Wohlfahrtswesen Dr. Ferdinand Freund je zur Hälfte auf das Kindererholungsheim im Schloss Wilhelminenberg und auf das Wiener Jugendhilfswerk aufgeteilt werden. Da es jedoch auch ein Ansuchen um finanzielle Hilfe des Kinderheims der Schwestern vom armen Kinde Jesu Am Himmel (19, Am Gspöttgraben) gab, die 60 der ärmsten Kinder Wiens beherbergten, deren Haus jedoch zuerst von sowjetischen Truppen, dann von Flüchtlingen besetzt wurde, währenddessen alles gestohlen und inzwischen neu gekauft wurde und diese daher ca. 10.000 Schilling Schulden hätten, forderten die Briten eine Verteilung an alle mittellosen Kinder, in allen 21 Bezirken, unabhängig von den Besatzungszonen oder ob diese von der Stadt Wien oder privat geführt werden. Da hierzu noch der hohe Reinerlös von 400.000 Schilling kam, wurde dafür ein eigenes Komitee gegründet, bestehend aus dem Oberkommandierenden der britischen Besatzungstruppen in Österreich General James Steele, dem Wiener Bürgermeister Theodor Körner, dem Stadtrat für das Wohlfahrtswesen Dr. Ferdinand Freund und dem britischen Finanzoffizier Major W.C.G. Holl.
Die umgesetzten Verwendungsbedingungen für den Fonds des Wiener Scheinwerfer Tattoos waren dann folgende:
- Geld für bedürftige Kinder, unabhängig von deren Religion, politischer Einstellung oder dem Wohnort in Wien.
- Zur Überwachung des Fonds wird ein Komitee erstellt, mit dem Bürgermeister von Wien, dem Stadtrat für Wohlfahrtsamt und dem rangältesten Finanzoffizier für zivile Angelegenheiten des britischen Elements.
- Der Oberkommandierende der britischen Streitkräfte in Österreich erhält Recht zum Nachbesetzen.
- Fonds auf einem Konto von dem Bankhaus Creditanstalt-Bankverein, Hauptanstalt (1., Schottengasse 2-6) eingelegt und darf nur behoben werden, nach Genehmigung aller Mitglieder.
- Der Fonds gilt für einen Erhalt der Plätze im Heim Wilhelminenberg, in anderen Herbergen und Heimen im Rahmen der Wiener Jugendhilfswerke.
- Wirklich nur sehr bedürftige Kinder, also sehr arm oder krank, welche von den städtischen Sanitätsbehörden und der städtischen Mutterberatungsstelle ausgewählt werden, bekommen einen Platz.
- Fonds stellt nur Zusatz, nicht Ersatz für regelmäßige finanzielle Mittel dar.
- Beim Verlassen der Kinder bekommt jedes eine Erinnerungskarte, was ihm ermöglicht wurde und während des Aufenthaltes wird ein Schild am Bett angebracht auf dem steht: „Gast der britischen Militärbehörde, die ihm guten Aufenthalt und beste Erholung wünscht“
Mit dem Erlös konnten grob gerechnet 2400 Kinder einen Platz für je 6 Wochen bekommen. Die Grundlage für die Dauer und die Anzahl der geförderten Bettplätze ergibt sich aus dem errechneten Beitrag für ein Kind von 4 Schilling pro Tag, für 300 Betten auf die Dauer eines Jahres. 2400 Freiplätze für Kinder durch 6 Wochen: 8 Turnusse a 42 Tage = 336 Tage x 4S = 1344S x 300 = 403.200 Schilling.
Überreicht wurde der Check durch General Steele am 26. Oktober 1946 im Rathaus im Rahmen einer kleinen Feier, bei der Kinder ein 30-minütiges Programm von Tänzen aufführten.
Quellen
Literatur
- British Troops in Austria: Searchlight Tattoo, Schönbrunn Palace : Proceeds to be given to the children of Vienna = Britische Truppen in Österreich, Scheinwerfer Tattoo, Schloss Schönbrunn : Der Ertrag ist für Kinder von Wien bestimmt. Wien 1946