Schulkino Tschechische Realschule Herbststraße 104

Aus Wien Geschichte Wiki
Wechseln zu:Navigation, Suche
Daten zur Organisation
Art der Organisation Kino
Datum von 1924
Datum bis
Benannt nach
Prominente Personen
PageID 61094
GND
WikidataID
Objektbezug
Quelle
Export RDF-Export (Resource Description Framework) RDF
Recherche
Letzte Änderung am 13.04.2021 durch DYN.krabina
  • 16., Herbststraße 104

Es wurden noch keine Bezeichnungen erfasst.

Es wurden noch keine Personen erfasst.

Die Karte wird geladen …

48° 12' 28.37" N, 16° 19' 5.56" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Das Schulkino in der Tschechischen Realschule Herbststraße 104 war ein Kino in Wien. Es wurde von 1924 bis 1937 an der Adresse 16., Herbststraße 104 betrieben.

Gründung

Die erste tschechische Schule des Schulvereins Komenský wurde im September 1883 in 10., Quellenstraße 72 eröffnet. Das Interesse an der Schule war damals so groß, dass nicht alle angemeldeten Kinder angenommen werden konnten. Das Gebäude wurde vom Baumeister Alois Katscher errichtet und später von ihm um zwei Stockwerke erweitert. Im Jahre 1889 hatte die Schule bereits 741 Schülerinnen und Schüler.

Das Interesse an der Schule wuchs weiter, sodass ab dem Jahr 1923 zahlreiche Bauaktionen, unter anderem in der Herbststraße 104 im 16. Bezirk begannen. Architekt und Bauleiter des neuen Gebäudes war Michael Rosenauer (1884−1971).

Am 9. Juli 1924 meldete der Schulverein Komenský der Polizeidirektion Wien, seine Mittelschule in die Herbststraße verlegen zu wollen und dafür ein neues Gebäude samt Kinolokal für Schulzwecke zu bauen. Die Bauverhandlung begann am 11. Juli 1924. Das Ansuchen um die Baubewilligung des Kinosaals wurde am 12. Juli 1924 von der Magistratsabteilung 52 bewilligt.

Am 21. August 1924 erschien Baumeister Katscher als Vertreter des Architekten Rosenauer in der Polizeidirektion Wien und teilte mit, dass der Schulverein Komenský nicht beabsichtigte, dass Kino als öffentliches zu führen, sondern es lediglich zum Vorführen lehrhafter, wissenschaftlicher und politischer Inhalte für Schüler und Vereinsmitglieder nutzen zu wollen. Da der Umstand, dass auch Vereinsmitglieder Zugang haben sollten, jedoch einen öffentlichen Charakter des geplanten Kinos implizierte, wurde Katscher darauf aufmerksam gemacht, dass eine Kinolizenz nötig wäre, der Erhalt einer solchen angesichts der schlechten wirtschaftlichen Lage der Wiener Kinos jedoch vermutlich aussichtslos sei.

Aus einer Aufnahmeschrift der Magistratsabteilung 52 vom 1. Oktober 1924 geht hervor, dass an jenem Tag ein Ortsaugenschein im Neubau in der Wielandgasse zur Beurteilung der vom Verein eingereichten Pläne stattfand. Es sollten zwei Räume unter anderem als Kino genutzt werden: Im Tiefparterre sollte ein Kino- und Theatersaal für Vereinsmitglieder errichtet und im ersten Stock des Anbaus in der Arltgasse zudem ein kleineres Schulkino, zugleich Physiksaal, für Schüler errichtet werden. Die Notwendigkeit einer Kinolizenz sollte insofern vermieden werden, als in diesem Saal nur „streng lehrhafte“ oder wissenschaftliche Inhalte unter „Ausschluss Erwachsener“ gezeigt werden sollten. Im größeren Saal sollten hingegen fallweise szenische Vorführungen für Vereinsmitglieder oder namentlich genannte Gäste stattfinden. Für die Kinovorführungen sollte kein „Regiebeitrag“ eingehoben werden und die Vorführungen würden nicht angekündigt werden, sodass das Schulkino in keiner Weise mit Bestrebungen kommerzieller Kinos interferierte.

Am 29. November 1924 schrieb die Magistratsabteilung 52 an den Schulverein Komenský, dass es keine Einwände gegen die Errichtung eines Schulkinos gäbe, sofern es nur für Schüler zugänglich wäre und exklusiv zur Vorführung „streng lehrhaften oder wissenschaftlichen Inhaltes“ diene. Der Fassungsraum des geplanten Schulkinos im ersten Stock betrug lediglich 82 Personen. Die Kapazität des Theatersaales im Tiefparterre umfasste hingegen 320 Personen. In Letzterem gab es 15 Reihen zu je 20 Sitzen sowie 20 Sitze in Logen.

In den folgenden Jahren wurde die Schule um einen Zubau in der Arltgasse 27 sowie den Trakt 16 in der Possingergasse 28 erweitert. Da sich der Gesandte der Tschechoslowakischen Republik in Österreich Kamil Krofta (1876−1945) sehr um den Bau bemühte, wurde die Schule zu seinen Ehren nach ihm benannt. Der erste Unterricht fand hier am 13. November 1924 statt, die offizielle Eröffnung erfolgte am 27. September 1925.

Wie aus einem Schreiben des Schulvereins von 12. April 1926 an die Magistratsabteilung 52 hervorgeht, wurden nach der Eröffnung mehrfache Kontrollen durch die Wiener Polizeidirektion durchgeführt, aus denen sich die Korrektheit der Angaben der Schulleitung ergaben: So wurden im kleineren Saal keine öffentlichen Filmvorführungen durchgeführt, und auch im größeren Raum hätte nur eine einzige Probevorführung vor geladenen Gästen im Frühjahr 1925 stattgefunden. Im Mai 1926 folgte eine Untersuchung der Räumlichkeiten (Kollaudierung) in Hinblick auf deren Sicherheit, aus der hervorgeht, dass den erteilten Aufträgen zur Gänze entsprochen worden war.

Nachdem im März 1927 mehrfach um öffentliche Vorführungen von „Vorträgen mit Filmbildern“ angesucht wurde, zu denen auch die tschechische Gesandtschaft und das Konsulat geladen waren, reichte der Verein, vertreten durch Rechtsanwalt Artur Kantor und den Geschäftsführer des Theatersaals, Eduard Tesar, am 26. März 1927 bei der Magistratsabteilung 52 um die Erteilung einer „Schulkinokonzession“ für den Theatersaal ein, die nach einer weiteren Kollaudierung im November des Jahres genehmigt wurde. Im Jahr darauf trat der Schulverein dem Schulkinobund (Sitz: 5., Stöbergasse 13) bei, was dazu führte, dass um eine Verlängerung der Konzession angesucht wurde, die vorerst bis Ende 1930 und im November 1930 bis Ende 1932 verlängert wurde. 1933 folgte nach einer Reihe weiterer baupolizeilicher Prüfungen der Einbau einer Tonfilmanlage. Das Schulkino konnte sich auch in den folgenden Jahren weiterhalten und zeigte unter anderem auch internationale Langfilme wie den Paramount-Streifen „Mit Byrd am Ende der Welt“ über die zweite Südpol-Expedition Admiral E. Byrds.

Schließung in der NS-Zeit

Am 16. Februar 1942 wurde der Schulverein Komenský von der Staatspolizei aufgelöst und dessen Besitz konfisziert, die Schule blieb jedoch erhalten und wurde auch während der Kriegsjahre genutzt, wobei sich die Schülerzahl massiv reduzierte: Waren im Schuljahr 1936/1937 noch 4.294 Kinder an der Schule gemeldet, waren es im Schuljahr 1940/1941 nur noch 1.127.

Nachkriegszeit

1945 konnte der Verein wiedererrichtet werden, sodass Artur Kantors Nachfolger Jan Jiljí am 11. August 1945 dem tschechoslowakischen Außenministerium einen Bericht über den Zustand der Schulgebäude vorlegte, aus dem hervorgeht, dass das Schulgebäude in der Herbststraße das am besten erhaltene sei, die Schule jedoch während der NS-Zeit so ungünstig umgebaut worden war, dass für eine Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes umfangreiche Umbauarbeiten notwendig wären.

Da die Schülerzahl in den 1950er Jahren noch einmal massiv zurückging, sodass 1960 nur noch knapp 250 Schülerinnen und Schüler eingetragen waren, sah sich der Verein gezwungen, seine Gebäude unter anderem an das österreichische Bildungsministerium, die Kommunistische Partei Österreichs, die Vereinigung der Tschechen und Slowaken in Österreich und andere Vereine zu vermieten, um es weiterhin zu erhalten, ehe er gezwungen war, auch das Schulgebäude in der Herbststraße Ende der 1960er Jahre gänzlich zu veräußern. Zeitgleich plante der Verein, das „erste tschechische Nationalhaus“ zu eröffnen. Die dafür nötigen finanziellen Mittel wurden durch den Verkauf weiterer Grundstücke aufgebracht, zu denen auch das erste Schulgebäude des Vereins in der Quellenstraße zählte.

Ab dem Jahr 1970 konzentrierte sich schließlich das gesamte Schulleben des Schulvereins auf das neue Gebäude auf dem Sebastianplatz 3 im 3. Bezirk.

Quellen

Literatur

  • Vlasta Valeš: Der Schulverein Komenský. 150 Jahre Tschechisches Schulwesen in Wien/Školský spolek Komenský. 150 let českého školství ve Vídni. Wien: Schulverein Komenský 2020