Rotenturmstraße 20

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Rotenturmstraße 20 (Oktober 2018)
Daten zum Bauwerk
Art des Bauwerks Gebäude
Datum von
Datum bis
Andere Bezeichnung Zum goldenen Hirschen, Fechtschule, Residenzpalast
Frühere Bezeichnung
Benannt nach
Einlagezahl
Architekt Arthur Baron
Prominente Bewohner Dr. Faust
PageID 43851
GND
WikidataID
Objektbezug
Quelle Paul Harrer: Wien, seine Häuser
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Letzte Änderung am 25.04.2021 durch DYN.krabina
Bildname Rotenturmstraße 20.jpg
Bildunterschrift Rotenturmstraße 20 (Oktober 2018)
  • 1., Rotenturmstraße 20
  • Nr.: 678 (Bezirk: Innere Stadt, 1770, bis: 1795)
  • Nr.: 700 (Bezirk: Innere Stadt, 1821, bis: 1862)
  • Nr.: 728 (Bezirk: Innere Stadt, 1821, bis: 1862)
  • Nr.: 744 (Bezirk: Innere Stadt, 1795, bis: 1821)
  • Nr.: 750 (Bezirk: Innere Stadt, 1770, bis: 1795)
  • Nr.: 774 (Bezirk: Innere Stadt, 1795, bis: 1821)

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48° 12' 39.34" N, 16° 22' 33.00" E  zur Karte im Wien Kulturgut

1., Rotenturmstraße 20, identisch mit Fleischmarkt 1 und Steyrerhof 1, bestand ursprünglich aus zwei Häusern mit den Konskriptionsnummern 728 und 700.

Haus Stadt 728

Das Haus Stadt 728 bildete ein Eckhaus Rotenturmstraße/Fleischmarkt das unter dem Schildnamen "Zum goldenen Hirschen" eine interessante geschichtliche Vergangenheit aufzuweisen hat. Erstmals urkundlich erwähnt wurde es im Jahr 1406. Nach vielfachem Besitzerwechsel und zwischenzeitlicher Teilung, war es um 1500 wieder zu einem Objekt unter einem Besitzer vereint worden. Schon damals befand sich dort ein Gasthof, das "Zum goldenen Hirschen" beschildert war und in dem laut Joseph von Hormayr hauptsächlich Ungarn Quartier nahmen.

In dieser Zeit war der angesehene Bürger und Ratsherr Matthäus Heuperger, der Verfasser des Buchs über die Heiltümer bei St. Stephan (Wiener Heiligtumbuch) Besitzer des Hauses. Heuberger ließ an die Stelle des bisherigen Hauses ein neues Gebäude erbauen, dessen Hauptfront gegen die Rotenturmstraße lag. Der Schildname wurde durch einen zwischen dem ersten und zweiten Stockwerk angebrachten Hirschenkopf unterstrichen. Der Weinzeiger über dem breiten Einfahrtstor, das in einen geräumigen Hof führte, wies auf die im Haus befindliche Gaststätte hin.

Dr. Faust

An das Haus knüpft sich eine Fausttradition. Danach soll bei Heuberger der aus Krakau gebürtige Hofsteinmetz Paul Khölbl gewohnt haben, dieser hatte in seiner Heimat Faust als Studenten kennen gelernt, und später nach Wien eingeladen. Zeitlich könnte es korrekt sein, da der Tod des sagenhaften Dr. Faust um 1539 gemeldet wird und Khölbl tatsächlich vor dieser Zeit als Baumeister in Wien beschäftigt war. Heuberger verstarb 1529. Zeit und Personen stehen hier also in richtigem Verhältnis. Was aber über diese Feststellung hinaus Wahrheit oder Legende ist, entzieht sich der Klarstellung.

In diesem Haus befand sich, im 17. Jahrhundert, auch eine bekannte Fechtschule.

1650 war der kaiserliche Diener und Ratsherr Oktavius Lumago Eigentümer. Die Familie Lumago blieb bis 1797 im Besitz des Hauses, dann kam es an die Familie Karajan. Zwischen 1821 und 1829 (das Baujahr wird verschieden angegeben) kam es zu einem Neubau des Gebäudes, in den auch das Nachbarhaus Stadt 700 einbezogen worden ist. 1834 kaufte es Theodor Georg von Karajan.

Ab 1. Mai 1883 wurde im Haus die erste Rettungsstation eröffnet; diese bestand bis 30. April 1889.

1909 wurde vom Architekten Arthur Baron an Stelle des alten das gegenwärtige fünf Stock hohe Haus, der Residenzpalast, erbaut, wobei die Baufläche durch Abtretung an Straßengrund sich von 1.816 auf 1.501 Quadratmeter verringerte.

Haus Stadt 700

Das Haus schloss an das Haus "Zum goldenen Hirschen" in der Front des Fleischmarktes an.

Hier hatte die älteste Zisterzienserabtei in Österreich, Stift Rein in Steiermark (nordwestlich von Graz) im 14. Jahrhundert ihren Wiener Stiftshof. Das Stift selbst wurde im Jahr 1129 von Mönchen aus Ebrach in der Diözese Würzburg besiedelt.

Über die Erwerbung des Hauses durch die Abtei klärt uns eine vom 29. Oktober 1365 datierte Urkunde auf, die besagt: Ulrich der Rösel, Bürger zu Wien und Anna, seine Hausfrau, verkaufen mit Hand des Lucas Pophinger, Bürgermeisters daselbst, dem abte Seifried und dem Konvent zu Reun in Steiermark ein Haus an dem alten Fleischmarkt ze Wienne zenächts Chunrats Haus von Mistelbach (Stadt 701), daz weilent Ruegern des Grafen gewesen ist, um 129 Pfund Wiener Pfennig. Hier muss bemerkt werden, dass die Abtei schon 16 Jahre früher zu Hausbesitz in Wien gelangt ist. Die bezügliche Urkunde vom 28. Oktober 1349 lautet: Niclas der Ploder widmet vom Kloster Reun in Steiermark zu einer ewigen Messe für sich und seine Vorderen in der Frauenkirche zu Strassengel sein Haus – gelegen zu Wienne gegen Herrn Wilhelms Haus über auf dem Steig und einen Weingarten in dem Cheswassergraben haisset der Chriech – auf den Todesfall. Die Identifizierung dieses Hauses ist nicht mit Sicherheit festzustellen, vermutlich dürfte es Stadt 728 sein. 1413 nimmt der Wiener Bürger Andre Riss vom Abt angelus und dem Konvent zu Reun das stiftliche Haus auf dem alten Fleischmarkt (stadt 700 unter den nachfolgenen bedingungen in bestand: das si zu ross vnd füessen so von dem gotshaus Rhein khomen wurden, mit aller notdurfft versehen sollen, desgleichen wann den gedachten Andre Risen sein hausfraw überlebt, sol die mauer zwischen des abbts und iren haus aufmauren vnd auffüren bis über iren stalltach, auch was für wein in des gotshaus weingarten ze Wenn erbaut werden, wo i nit verkhauft (wurden), dieselben in sein oder des gotshaus keller einlegen, solang bis diselben versilbert werden, vnd so das haus durch die stattprunst abprunne, so will der Riss vnd seine Erben halbs vnd der abbt halbs erlegen, damit angeregte behausung widerumb erpauet werde, wo aber der prelat soches nit tuen wollte, so sollen dem Risen solcche hofstat nach erkantnus erber (ehrbarer) leuth zu kauffen geben werden.

Zwischen 1821 und 1829 wurden die beiden Häuser Stadt 700 und 728 zu einem verbaut. Anschließend an dieses Haus besteht ein kurzer, schmaler Gassenstumpf der keinen eigentlichen Verkehrsweg darstellt und als Steyrerhof bekannt ist.

Ab 1910 befand sich in diesem Gebäude das Rotenturmkino.

Siehe auch: Zum goldenen Hirschen, Fechtschule, Steyrerhof, Rotenturmkino, Residenzpalast

Literatur

  • Paul Harrer-Lucienfeld: Wien, seine Häuser, Menschen und Kultur. Band 4, 1. Teil. Wien ²1954 (Manuskript im WStLA), S. 58-64