Rinterzelt

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Luftbildaufnahme des Rinterzelts aus 1989.
Daten zum Bauwerk
Art des Bauwerks Gebäude
Datum von 1980
Datum bis 2019
Andere Bezeichnung Abfallbehandlungsanlage Rautenweg
Frühere Bezeichnung Recyclinghalle, Mistzelt, Rohstoffrückgewinnungsfabrik, Müllzelt, Müllfabrik, Riesenzelt oder Rinter- und Recyclingwerk
Benannt nach
Einlagezahl
Architekt Mathias Lang
Prominente Bewohner
PageID 30646
GND
WikidataID Q2154286
Objektbezug Stadtplanung, 1945 bis heute
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Letzte Änderung am 7.11.2023 durch WIEN1.lanm09fri
Bildname Rinterzelt1.jpg
Bildunterschrift Luftbildaufnahme des Rinterzelts aus 1989.
  • 22., Percostraße 2-4

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48° 15' 47.37" N, 16° 28' 1.73" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Das Gebäude wurde als Teil eines Gesamtkonzeptes für die Verarbeitung des Wiener Hausmülls durch die Firma Recycling International Rohstoffrückgewinnung AG (Rinter AG) geplant. Diese hatte der Stadt Wien Ende der 1970er-Jahre eine Verwertungsmöglichkeit für einen Teil des städtischen Abfalles vorgelegt. Der Wiener Gemeinderat stimmte am 24.09.1979 einstimmig für die Umsetzung des vorgelegten Konzeptes. Die Nähe zur Deponie Rautenweg (22., Rautenweg 83), der guten Straßenanbindung bzw. der Möglichkeit eines Bahnanschlusses (ÖBB Strecke Wien Ost) und die wenigen Anrainer in der Umgebung gaben den Ausschlag für die Standortwahl. 1980 bis 1981 wurde das Rinterzelt nach Plänen des Architekten Lukas Lang errichtet.

Die Gebäudestruktur

Luftbildaufnahme des Rinterzelts aus 1991.

Das Gebäude hatte eine zeltförmige Hängedachkonstruktion mit 170,6 Meter Durchmesser und etwa 31.000 Quadratmeter Dachfläche. Getragen wurde es von 48 radial angeordneten und 101 Meter langen brettschichtholzverleimten Hängerippen. Jede Rippe wurde aus drei Einzelteilen zusammengesetzt. Diese wurden an einem Stahlring am Mittelturm-Pylon in 68 Meter Höhe fixiert und von 48 Betonflossen in elf Metern Höhe gestützt. Der Mittelturm hatte einen Durchmesser von etwa sieben Metern und diente zudem als Kamin für die Abluft der Absaugungsstellen der Maschinen und Anlagen nach den Entstaubungsfiltern. Die Tragestruktur des Daches bestand aus Holz und die Dachhaut wurde als belüftete Aluminiumkonstruktion ausgeführt sowie mit Seilen niedergespannt.

Namen für das Gebäude

Luftbildaufnahme des Rinterzelts aus 1997.

Für das Gebäude existierten mehrere verschiedene Bezeichnungen. Während der Bauphase und kurz nach der Eröffnung wurde das Gebäude als Recyclinghalle, Mistzelt, Rohstoffrückgewinnungsfabrik, Müllzelt, Müllfabrik, Riesenzelt oder Rinter- und Recyclingwerk bezeichnet. Der Name Rinterzelt setzte sich nach der Eröffnung im Dezember 1981 durch. Die Rinter AG machte das Zelt zu ihrem Logo. Die Magistratsabteilung 48 - Abfallwirtschaft, Straßenreinigung und Fuhrpark übernahm in ihren Leistungsberichten 1986 und 1987 den Namen Rinterzelt und bezeichnete den Standort als Abfallbehandlungsanlage (ABA) Rautenweg. Es folgten in den Leistungsberichten mehrere Bezeichnungen für das Gebäude: 1988-1993 Mistzelt, 1994-2003 ABA, 2004-2009 48er-Zelt und ab 2010 wieder Rinterzelt. In Medienberichten wurde das Gebäude meist als Rinterzelt bezeichnet.

Verwendung des Rinterzeltes

Die Nutzung unter der Rinter AG (1981-1983)

Das Konzept der Rinter AG sah vor einen Teil des Wiener Hausmülls durch eine für damalige Verhältnisse moderne Sortieranlage zu verwerten. Die Stadt Wien hatte sich vertraglich verpflichtet dem Unternehmen auf 20 Jahre höchstens 500.000 Tonnen Müll, mindestens jedoch 300.000 Tonnen Müll pro Jahr anzuliefern. Aus dem Abfall sollten durch ein mehrstufiges Verfahren folgende Produkte und Rohstoffe gewonnen werden: organische Bestandteile für eine weiterführende Kompostierung, Kunststoffe, Papierfaserstoffe, Schüttgut mit Glas und Keramik, Schrotte sowie Bleche und vor allem Fasern zur Bauplattenerzeugung. Dies sollte durch Eisenabscheider, Siebe, Windsichter und einem Nassverfahren bewerkstelligt werden. Ebenfalls wurden bereits potentielle Abnehmer für die Folgeprodukte genannt, diese stellten sich später jedoch als selbst installierte Briefkastenfirmen in der Schweiz heraus. Im Juni 1981 lief der Betrieb an. Die Anlage konnte allerdings die Anforderungen weder an die Quantität der Durchsatzmengen, noch an die Qualität der genannten Wertstoffe und deren Recyclingfähigkeiten erfüllen. Der Abfall wurde stattdessen an die nahe stadteigene Deponie (Deponie Rautenweg) weitergereicht. Im Jahr 1982 ließ die Stadt Wien den Vertrag und das Rinterzelt durch ein extern verfasstes Gutachten mit dem Titel "Untersuchung über die Abfallaufbereitungsanlage der Firma Rinter Rohstoffrückgewinnung AG in Wien" prüfen. Die Gutachter empfahlen eine Umstellung der Anlage, um aus dem Abfall Brennstoffe zu gewinnen, sowie eine Weiterentwicklung der Papierfaseranlage. Die Rinter AG erstellte gemeinsam mit dem Anlagenhersteller ein Sanierungskonzept, welches aber von der Stadt Wien abgelehnt wurde. 1983 folgte der Zwangsausgleich des Unternehmens und der Betrieb im Gebäude wurde eingestellt.

Die Nutzung unter der Magistratsabteilung 48 - Abfallwirtschaft, Straßenreinigung und Fuhrpark (ab 1986)

Abfallverarbeitungsanlage "Rinterzelt" in Wien Donaustadt

Die Stadt Wien übernahm 1985 den Standort und übergab diesen 1986 an die heutige Magistratsabteilung 48 - Abfallwirtschaft, Straßenreinigung und Fuhrpark. Diese wurde mit der Aufgabe betraut, gemäß dem ersten Wiener Abfallwirtschaftskonzept, ein funktionierendes Abfallverwertungssystem aufzubauen und für eine Schadstoffentfrachtung des angelieferten Mülls zu sorgen. Im Dezember 1986 startete nach 11-monatiger Probephase der Betrieb einer Abfallbehandlungsanlage. Angeliefert wurde Industrie-, Gewerbe und Sperrmüll aus den damals noch bestehenden Sperrmüllmulden im Stadtgebiet. 1987 konnten aus 170.000 Tonnen Müll durch eine Vorselektion im Müllbunker (z.B. mit Radlader, Kran etc.), technischem Equipment (Stangensizer, Eisenabscheider etc.) und händischer Sortierung an Förderbändern 14.000 Tonnen Altstoffe und 271 Tonnen Sonderabfälle gewonnen werden. Parallel dazu versuchte die Maschinenfabrik Andritz, die einen Teil des Zeltes angemietet hatte, die Separationsanlage der ehemaligen Rinter AG funktionstüchtig umzubauen. Die Ergebnisse der versuchten Altstoffverwertung führten zu einem Paradigmenwechsel der Abfallverwertung. Die versuchte nachträgliche Sortierung des Abfalls wurde aufgrund des geringen Outputs aufgegeben. Die Sortierung im Vorhinein wurde bevorzugt und zwischen 1986 und 1990 (Stand 1987: ca. 40% der Einwohner haben Zugang zur Getrennten Sammlung) in Wien umgesetzt. Dies erfolgte nicht nur durch die Wiener Bevölkerung, sondern auch bei den gewerblichen Abfallerzeugern.

Die Entscheidung wirkte sich auf die Ergebnisse der Altstoffverwertung im Rinterzelt aus. Im Jahre 1994 hatte sich das Verhältnis von 1987 umgedreht. Aus 160.000 Tonnen angelieferten Müllmengen konnten 140.000 Tonnen für eine stoffliche Verwertung gewonnen werden und nur noch 20.500 Tonnen mussten deponiert werden. Das Gelände und die Aufgabe des Standorts Rinterzelt wurden durch das Umsetzen der vorgeschlagenen Maßnahmen im ersten Wiener Abfallwirtschaftskonzept und dessen Fortschreibung im Jahre 1988 Schritt für Schritt ausgebaut. Die Aufgaben umfassten: die Altstoffverwertung und Aufarbeitung, Datenerhebung und Müllanalysen, Öffentlichkeitsarbeit und Beratung, die Schadstoffentfrachtung des Mülls, sowie die Sammlung von Problemstoffen. Das Rinterzelt entwickelte sich in den folgenden Jahren zu einer der wichtigsten Drehscheiben der Wiener Abfallwirtschaft, die auf Basis der verfassten Abfallwirtschaftskonzepte geplant und umgesetzt wurde. Den Höchstwert an umgesetzten Abfall erreichte der Standort im Jahre 2011, als 464.738 Tonnen im Rinterzelt aufgearbeitet wurden. Ab 2013 entlastete man aus logistischen Gründen das Rinterzelt und lagerte die Restmüllsplittinganlage an das Abfalllogistikzentrum Pfaffenau aus. 2014 folgte die Umsiedlung bzw. Neuerrichtung der Biomüllaufbereitung zum Kompostwerk Lobau. Diese beiden Maßnahmen halbierten die durchgesetzten Müllmengen am Standort (2012: 454.168 Tonnen, 2014: 236.641 Tonnen). Um die zwischen 1986 und 2018 unterschiedlichen Aufgaben zu bewerkstelligen wurden folgende Infrastrukturen und Anlagen am Gelände in Betrieb genommen:

Wiegehaus

Zur Erfassung und Dokumentation der angelieferten Abfälle wurde bereits 1986/1987 ein Wiegehaus für die Eingangskontrolle des angelieferten Abfalles errichtet. Auf Basis eines neuen Verkehrskonzeptes wurde 2014 zur besseren Verkehrsbewältigung eine Verlegung der Einfahrtskontrolle von Percostraße 2 in Richtung Percostraße 4 durchgeführt.

Gleisanschluss

Im Jahre 1989 wurde das Rinterzelt an die vorbeilaufende ÖBB Strecke Wien Ost durch eine eigene Gleisanlage angeschlossen. Gleichzeitig wurde eine Altstoffzwischenlagerfläche mit Lagerboxen errichtet. Große Mengen an Wertstoffen können über die Bahn zu den Verwertungsbetrieben verbracht werden.

Mistplatz Rinterzelt - Mistplatz Kagran

Am Gelände des Standortes Rinterzelt eröffnete 1988 ein Mistplatz, der 2001 zu seinem jetzigen Standort verlegt wurde (22., Percostraße 4). Bei der Verlegung wurden die Muldenstandplätze vertieft und teilweise überdacht angeordnet, um den Besuchern das Einwerfen zu erleichtern. Dieses Konzept der vertieften Mulden wurde ab 2013 auf alle anderen Mistplätze ausgeweitet. 2014 wurde der Mistplatz generalsaniert und flächenmäßig vergrößert bzw. um einen Winterdienstplatz erweitert.

Sortierflur und Sortieranlage

1986 ging die Abfallbehandlungsanlage für Industrie-, Gewerbe- und Sperrmüll in Betrieb. Der angelieferte Müll wurde dabei in einen befahr- und begehbaren Flachbunker gekippt. Dort wurden sperrige und große Teile mittels Radlader und manueller Unterstützung aussortiert. Der übrigbleibende klein stückige Müll wurde auf Förderbänder gebracht und nach seiner Größe sortiert, wo auch ein Magnetabscheider Eisenbestandteile absonderte. In der darauffolgenden Sortierstation wurden Alt- und Problemstoffe auf Förderbändern per Hand aussortiert. Die Altstoffe wurden dann, je nach weiterem Verarbeitungsweg, entweder zwischengelagert, oder zu Ballen gepresst ehe sie an Abnehmer weitergeleitet wurden. Die Sortierreste wurden entweder durch Müllverbrennungsanlagen thermisch verwertet oder in der Deponie Rautenweg deponiert. Dieser Ablauf wurde durch das Entstehen der Getrennten Sammlung und der Erstellung eines Tarifmodels 1988 neu organisiert. Die Fraktionen wurden bereits getrennt geliefert und in der Sortieranlage nachsortiert. Von 1994-2007 sortierte man in der Anlage Kunststoffverpackungen und Kartonagen, ehe sie saniert und Teil der Kunststoffsortieranlage wurde.

Biologische Abfallaufbereitung

1986 starteten Kompostierversuche im Rinterzelt, um die organischen Bestandteile des Abfalls einer Verwertung durch eine Kompostierung zuzuführen. Diese gingen Hand in Hand mit der sich im Aufbau befindlichen Getrennten Sammlung. Die Versuche und die aufgebaute Getrennte Sammlung von biogenen Abfällen mündeten in der 1991 eröffneten Kompostieranlage in der Lobau. Das Rinterzelt bereitete dabei die organischen Abfälle bis 2014 auf, ehe dies direkt zum Standort Lobau ausgelagert wurde.

Kunststoffseparationsanlage

1988 und 1989 war im Rinterzelt eine Kunststoffaufbereitungsanlage der Maschinenfabrik Andritz AG als Versuchsanlage in Betrieb. Diese verarbeitete verschmutze und gemischte Folien und Hartkunststoffe zu wiederverwertbaren Granulaten. 1989 verwertete die Anlage ausgeschiedene Müllbehälter der MA 48, aus deren Mahlgut neue Müllbehälter produziert werden konnten.

Chemisches Analysen-Labor

1989 errichtete die MA 48 im Rinterzelt ein chemisches Analyselabor. Dieses dient seither der Deponieeingangskontrolle, unterstützt durch Messungen die Versuche der Kompostierung und Schlackenaufbereitung, klassifiziert, verwiegt und analysiert Problemstoffe aus dem Zentralen Problemstoffzwischenlager, gewährleistet die Qualität der produzierten Komposterden und nimmt an Ringprobenversuchen teil. Eine Modernisierung der Räumlichkeiten fand 2010 statt.

Außenstandort 48er Basar

Der 48er-Basar wurde 1989 als Außenstandort des Rinterzeltes gegründet (22.,Stadlauerstraße 41A, Hof 3, Tor 5) und schloss seine Pforten 2017 (die Räumlichkeiten dienen seither ausschließlich als Zwischenlager für große, sperrige Gebrauchtwaren). Der 48er-Basar wurde von den Mistplätzen täglich von einem LKW mit gebrauchsfähigen Altwaren versorgt, welche von der Wiener Bevölkerung zum Weiterverkauf übergeben worden waren. Es finden sich auch die Bezeichnungen Recyclinghof, Bazar oder Mistflohmarkt in Zeitungen und MA 48 Berichten wieder. Die Besucheranzahl zwischen 1991 und 2003 wurde in den MA 48 Leistungsberichten dokumentiert und belief sich in diesem Zeitraum auf etwa 30.000 Besucher pro Jahr. Im Basar konnten Möbel, Elektrogeräte, Geschirr, Sanitärwaren, Sportartikel, Autoreifen, Textilien, Schuhe, Bücher und Spielwaren erworben werden. Heute wird dieses Grundprinzip der Abfallvermeidung durch Wiederverwendung im 48er-Tandler, dem Secondhandmarkt der MA 48, in optimierter Form weitergeführt. Er hat seinen Standort nahe der Zentrale der MA 48 im 5.ten Bezirk (5., Siebenbrunnenfeldgasse 3).

ABA-Hackgutaufbereitungsanlage

Von 1990-1994 existierte eine Energiehackgutaufbereitungsanlage, welche sperrige und aussortierte Althölzer verarbeitete.

Behandlungsanlage von Verbrennungsrückständen

1991 ging am Standort Rinterzelt eine Schlackenaufbereitungsanlage in Betrieb, um die Rückstände der Wiener Müllverbrennungsanlagen zu behandeln. Dort werden alle Verbrennungsrückstände (Schlacken und Aschen) der Wiener Müllverbrennungsanlagen gesammelt und aufbereitet. Diese kommen noch warm und durch das Ablöschen dampfend zur Anlage. Dort werden enthaltene Metalle aus den Schlacken für die weitere Verwendung als Sekundärrohstoffe rückgewonnen (seit 2008 auch Buntmetalle). Die Schlacken werden bis zu einer Größe von > 4mm entmetallisiert. Die Schlacken werden danach gemeinsam mit Aschen, Sand, Wasser und Zement zu einem Aschen-/Schlacken-Beton verarbeitet, der als Baustoff an der Deponie Rautenweg Verwendung findet. Die übrigbleibende Fraktion wird in stabilisierter oder loser Form auf einer Reststoffdeponie abgelagert. Pro Jahr werden bis zu 233.600 Tonnen behandelt. Die Anlage, das Behandlungsverfahren und die Rezeptur des Aschen-/Schlackenbetons werden laufend optimiert.

Zentrale Problemstoffzwischenlager

Das Zentrale Problemstoffzwischenlager (Z-Prosa) wurde 1991 am Standort Rinterzelt eröffnet. Die durch stationäre und mobile Problemstoffsammelstellen gesammelten Problemstoffe werden hier zentral nachsortiert, zwischengelagert, aufgearbeitet und ihrer ordnungsgemäßen und umweltkonformen Entsorgung bzw. Verwertung zugeführt. Die Aufbereitung von Elektro-Altgeräten zählt ebenso zu den Aufgaben der Einrichtung. Bereits 1989 wurde eine Anlage für die Absaugung verflüssigter Kältemittelgase errichtet, um aus den angelieferten Kühlschränken und Gefriertruhen die umweltschädigenden Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW) abzusaugen. 1996 folgte die Errichtung einer Behandlungsanlage für Elektro- und Elektronikaltgeräte auf der sogenannten Ebene 5 des Rinterzeltes, diese wurde 2014 in das Gebäude der Z-Prosa verlegt und findet seither dort statt.

Aufbereitungs-und Sortieranlage für Haus- und Sperrmüll

Im Juni 2001 wurde zur Verwertung von bisher unbehandeltem deponiertem Restmüll eine Aufbereitungs- und Sortieranlage für Haus und Sperrmüll - kurz Splittinganlage genannt - errichtet. Diese separierte heizwertreiche Anteile und trennte verwertbare Metalle ab. Die gewonnene hochkalorische "Leichtfraktion" wurde zum Wirbelschichtofen 4 im Werk Simmeringer Haide der Wien Energiegeliefert und thermisch verwertet. Die zurückbleibende und heizwertarme Schwerfraktion wurde auf der Deponie Rautenweg deponiert bzw. zur Erreichung eines optimalen Heizwertes zum Teil der Leichtfraktion für die Verbrennung beigemischt. 2013 wurde dieser Schritt direkt in das Abfalllogistikzentrum Pfaffenau in Simmering ausgelagert und wird seither dort durchgeführt.

Kunststoffsortieranlage

2007 ging im Rinterzelt eine Kunststoffsortieranlage in Betrieb. Die vorhandene 20 Jahre alte Sortieranlage wurde dabei von Grund auf erneuert und in das Gesamtkonzept der Anlage aufgenommen. Die Anlage wurde von getrennt gesammelten Kunststoffflaschen gespeist und trennte diese nach Farbe und Material. Eine Sortierreinheit von über 98 % bei vier Fraktionen (Polyethylenterephthalat -PET in drei Farben (klar, blau, grün) und "High Density Polyethylen" - HDPE) konnte erzielt werden. Hauptaugenmerk war eine hohe Sortiertiefe bzw. Reinheit von PET Getränkeflaschen um diese danach zu recyceln ("Bottle-to-Bottle Recycling-Anlage in Mühlendorf"). 2017 wurde der Betrieb der Anlage eingestellt und diese abgebaut.

Öffentlichkeitsarbeit im Rinterzelt

Von Beginn an wurden Führungen für Schulen, Universitäten, Firmen und Interessierte angeboten und auch zahlreiche internationale Städte- und Länderdelegationen besuchten den Standort.

1989 hielt man einen Schülerwettbewerb ab und die Arbeiten der Schüler reichten von Kunstinstallationen aus Müll wie der Hahn am Mist, bis hin zu vorgetragenen Kabaretts und Theateraufführungen. Sie alle setzten sich kritisch mit dem Thema Abfallwirtschaft und Umweltschutz auseinander. Die erstellten Arbeiten wurden ausgestellt und als Abschlussveranstaltung wurde ein "Mistfest" durchgeführt. Das Fest war ein großer Erfolg, sodass entschieden wurde dieses fortzuführen. Die Geburtsstunde des Wiener Mistfestes. Bis 2002 war das Rinterzelt Austragungsort, ehe ein Großbrand 2003 einen Standortwechsel bedingte.

Die "Spielwiese der 48er"

Der ehemalige Standortleiter des Rinterzeltes, bezeichnete in einem Interview den Standort als "Spielwiese der 48er". Grund dafür ist, dass der Abfall der Konsumgesellschaft einem stetigen Wandel unterworfen ist und jene Form des Abfalles, für die es keine Verwertung gab, früher oder später im Rinterzelt landete. Dort wurde viel Grundlagenforschung, oft gemeinsam mit externen Partnern aus der Privatwirtschaft und den Universitäten, betrieben um mit diesen Abfällen umzugehen. Als Beispiele hierfür können die Absaugung der ozonschädlichen Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW's) aus Kühlschränken, die Zerlegung von Röhrenfernsehern und Bildschirmen in seine Bestandteile, sowie später das Zerlegen von Flachbildschirmen bzw. Fernsehern genannt werden. Auch größere Projekte wie die Kompostierversuche und die Betonproduktion aus Schlacken und Aschen bedurften einer Vielzahl von Versuchen und Experimenten, die gemeinsam mit Universitäten und Forschungsbetrieben durchgeführt wurde.

Das Ende des Rinterzeltes

2016 fiel die Entscheidung das Rinterzelt abzureißen und den Standort neu zu konzeptionieren. Fehlender Brandschutz, mangelnde Energieeffizienz, die schlecht nutzbare Gebäudeform und die völlig unzureichenden Lichtverhältnisse machten eine sinnvolle Sanierung und Weiterverwendung des in die Jahre gekommenen Rinterzeltes unökonomisch und ineffizient für die Ansprüche an die moderne Abfallwirtschaft. Am 17. Oktober 2019 kam es zur Sprengung der Dachkonstruktion und in weiterer Folge zur Abtragung des Turmes. Die Magistratsabteilung 48 - Abfallwirtschaft, Straßenreinigung und Fuhrpark erhält einen neuen zeitgemäßen Betriebsstandort, dessen Fertigstellung 2022 geplant ist. Am Standort werden künftig rund 600 Personen untergebracht sein und gemeinsam von der MA 48 und Wien Kanal genutzt. Das Rinterzelt bleibt im Erscheinungsbild des Neubaus teilweise erhalten. Gewisse Elemente werden die prägnante Form des bisherigen Rinterzeltes widerspiegeln. So wird beispielsweise der Eingangsbereich an der Percostraße architektonisch der markanten Zeltform nachempfunden.  

Literatur

  • Josef Thon / Peter Payer [Hg.]: Das Rinterzelt und die Wiener Abfallwirtschaft. Ein Blick in Vergangenheit und Zukunft. Wien: Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 48 2021
  • Perspektiven. Die 48er, Dasein für Wien. Hg. von N. J. Verlagsges.m.b.H. Heft 3_4. Wien 2007
  • Holzbau-Atlas. Institut für Internationale Architektur-Dokumentation. 4. Auflage. Basel 1991. S.245
  • Perspektiven. Magazin für Stadtgestaltung und Lebensqualität. Abfallwirtschaft in Wien. Hg. von Compress Verlagsges.m.b.H. Heft 6. Wien 1989
  • Herbert Lackner: Der tote Hund am Förderband. In: Profil, Nummer 42 17.08.1988, S. 68-72
  • Exitus, Rinter Konkurs. In: Profil, Nummer 2 /1984, S.24 f.
  • Der Bock als Gärtner, Rinter. In: Profil, Nummer 8 / 1982, S.24 f.
  • Angriffe gegen die Rinter AG: "Ins eigene Nest scheißen!"; Die Wahrheit über das "Müllzelt" am Rautenweg. In: Donaustädter Bezirkszeitung, Nummer 2 / 1982, S.1 f.
  • Gerald Freihofner: Ein Zeuge packt aus, Wiener Müllskandal II. In: Wochenpresse, Nummer 48, 02.12.1981, S.4 f.
  • "Supermüllschlucker": Ohne Rauch geht's auch; Ein internationales Pilotprojekt im Norden Wiens. In: Bezirksjournal Floridsdorf, Leopoldstadt, Donaustadt, Brigittenau, Februar 1981.
  • Im Mist steckt viel verborgen; Wegweisende Recycling-Anlage. In: Arbeiterzeitung, 18.03.1981
  • Lehrmeister in Sachen Müll? In: Volksstimme, 03.03.1981
  • Warum nur das Rinter-System für Wien in Frage kam. In: Wien Spiegel Nummer 3 / 1980, S.13

Quellen

  • Interviews mit Zeitzeugen; geführt am 17.10.18, 30.10.18 und 06.11.18 von Stefan Stadler
  • Unterlagen der Magistratsabteilung 48 zum Rinterzelt: Rinter Rohstoff-Rückgewinnung AG Broschüre / Folder, Gutachten "Untersuchung über die Abfall-Aufbereitungsanlage der Firma Rinter Rohstoffrückgewinnung AG in Wien"; Berlin 10.06.1982 von Professor Karl J. Thome-Koziemsky und Dr. Ing. Bernd Bilitewksi
  • Österreichischer Rundfunk (ORF)-Archiv, Schlagwortsuche Rinterzelt, MA48er Zelt, Rinter AG;
  • Leistungsberichte der Magistratsabteilung 48, 1986-2017

Weblinks

[1] (Stand: 10.12.18)