Regine Chum
Regine Chum, * 1. April 1923 Wien, † 9. August 2007 Wien, Hausfrau, Widerstandskämpferin.
Biografie
Regine Chum, geborene Waringer, wurde 1923 als erstes von zwei Kindern des Ehepaars Waringer geboren. Die Mutter, die für die Hochzeit zum jüdischen Glauben übertrat, brachte ein Kind in die Ehe mit. Regine Chum wuchs behütet auf. Ihr Vater engagierte sich politisch, weshalb er in den 1930er Jahren festgenommen wurde. Im Februar 1938 amnestiert konnte er vorerst zu seiner Familie zurückkehren, bevor er nach der nationalsozialistischen Machtübernahme Österreichs 1938 deportiert wurde. Er überlebte die Konzentrationslager Dachau und Buchenwald nicht.
Nach den Nürnberger Rassegesetzen als "jüdischer Mischling" geltend wurde Regine Chum in der NS-Zeit der Schulbesuch verboten. Dadurch konnte sie die letzte Hauptschulklasse nicht beenden und erhielt keinen Abschluss. Mit ihrer Familie zum Auszug aus ihrer Wohnung im 17. Bezirk gezwungen lebte sie bis 1944 in sechs unterschiedliche Sammelwohnungen im 2. Bezirk. Ihren Arbeitsdienst leistete Regine Chum in einer Flaschenreinigungsfirma. Außerdem begann sie sich in einer Widerstandsgruppe um Walter Kempf, die sich aus erwachsenen Kindern verhafteter kommunistischer Widerstandskämpfer*innen zusammensetzte, zu engagieren. Sie verteilte unter anderem Flugzettel gegen den Krieg und den Nationalsozialismus. 1942 wurde die 20-Jährige von der Gestapo festgenommen, wegen Widerstand gegen die Staatsgewalt, Umtriebe sowie Teilnahme an verbotenen Zusammenkünften angeklagt und zu einem Jahr Gefängnis verurteilt. Nach ihrer Freilassung aus dem Landesgericht Wien im Sommer 1943 wurde sie erneut im Widerstand tätig und organisierte Lebensmittel für im Sammellager Sperlgasse festgehaltene Jüdinnen und Juden. Nach einer erneuten Festnahme und einer dreimonatigen Inhaftierung in der Roßauer Kaserne wurde Regine Chum Ende September 1944 in das KZ Auschwitz-Birkenau deportiert. Dort musste sie unter anderem in der Typhusbaracke arbeiten. Selbst erkrankt wurde sie Ende Oktober 1944 aufgrund der Evakuierung des Lagers in das KZ Ravensbrück verlegt. In der ersten Zeit mussten die Neuankömmlinge aufgrund der extremen Überbelegung im Freien übernachten, später wurde Regine Chum zur Zwangsarbeit in der Flugzeugteilfertigung bei Siemens & Halske eingeteilt. Sie war Teil des Todesmarsches, der am 27. April 1945 das KZ Ravensbrück verließ und von dem ihr die Flucht gelang. Gemeinsam mit zwei anderen Häftlingen gelangte sie über Berlin und Dresden nach Prag, bevor sie im Juli 1945 nach Wien zurückkehren konnte.
Regine Chum heiratete 1947. 1959 kam ihr Sohn und 1961 ihre Tochter Ruth zur Welt. Vier Monate nach der Geburt ihres jüngsten Kindes starb ihr Ehemann.
Bereits 1945 trat Regine Chum dem KZ-Verband bei, später auch der Auschwitzer und Ravensbrücker Lagergemeinschaft. Außerdem engagierte sie sich aktiv als Zeitzeugin und berichtete über ihre Erlebnisse während der NS-Zeit. 2001 wurde ihr zusammen mit anderen Überlebenden des KZ Ravensbrück das Goldene Verdienstzeichen des Landes Wien überreicht. Gemeinsam mit Antonia Bruha, Helene Igerc, Rosa Winter, Katharina Thaller und Aloisia Hofinger ist Regine Chum eine der sechs porträtierten Frauen im Dokumentarfilm "Vom Leben und Überleben" (Regie: Gerda Klingenböck, Bernadette Dewald), der 2003 Premiere feierte.
Regine Chum verstarb mit 84 Jahren und wurde am Friedhof der Feuerhalle Simmering beigesetzt.
Quellen
- ANNO: Stadt Wien ehrt die Ravensbrückerinnen. In: Der Neue Mahnruf, März 2001
- ANNO: Junge Menschen offen und interessiert an Holocaust. In: Erlafthal-Bote, 06.03.2001
Literatur
- Regine Chum: "Vergeßt nicht, da waren Kinder dabei!". In: Helga Amesberger / Brigitte Halbmayr [Hg.]: Vom Leben und Überleben – Wege nach Ravensbrück. Das Frauenkonzentrationslager in der Erinnerung. Band 2 – Lebensgeschichten. Wien: Promedia 2001, S. 42–47
- biografiA: Chum Regine [Stand: 20.08.2024]
- Österreichische Lagergemeinschaft Ravensbrück & FreundInnen: Regine Chum (1923-2007) [Stand: 20.08.2024]