Pressewesen

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Zeitunglesen im Café Griensteidl (Reinhold Völkel, 1896)
Daten zum Eintrag
Datum von
Datum bis
Objektbezug Revolution 1848
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Letzte Änderung am 31.03.2023 durch WIEN1.lanm08trj
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Bildunterschrift Zeitunglesen im Café Griensteidl (Reinhold Völkel, 1896)

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Frühe Neuzeit

Wiens zentrale Lage im Schnittpunkt des europäischen Postroutenwesens sicherte bereits an der Wende vom 16. Zum 17. Jahrhundert rege Berichterstattung. Technische Verbesserungen hölzerner Druckerpressen und allgemeine Nachfrage gelten in Wien wie anderswo als Voraussetzung für die Entwicklung des Zeitungswesens (siehe dort für eine Liste der historischen und aktuellen Zeitungen). Die unvollständige Überlieferung frühen Quellenmaterials erschwert hierbei eine vollständige Darstellung.
So sind bis zum Jahr 1600 in Wien 171 nichtperiodische Blätter nachweisbar, die erste periodische Zeitung dürfte ab 1615 erschienen sein (das älteste überlieferte Exemplar der Ordinari Zeitung des Wiener Buchdruckers Matthäus Formica stammt vom 14. Oktober 1623 und trägt die Nummer 111). Nach Formicas Tod 1639 wurden seine Zeitungen eingestellt und konnten erst 1671 von seinen Erben als "New ankommender Currier" fortgeführt werden. Neben frühen deutschsprachigen Zeitungen existiertean in Wien Ende des 17. Jahrhunderts auch der lateinische "Cursor ordinarius" (1671 – 1706) und der italienische "Corriere ordinario" (1671 – 1723), die von "Johann Baptist Hacque" gegründet und von Johann Ghelen verlegt wurden. Vor allem Kaiser Leopold I. erkannte die wachsende Bedeutung des Pressewesens und gewährte großzügige Druckerprivilegien, die das Entstehen einer vielfältigen Zeitungslandschaft ermöglichten, sodass im Jahr seines Todes in Wien sechs deutsch- und zwei fremdsprachige Zeitungen existierten.

Im Jahre 1703 wurden der "Posttägliche Mercurius" (1703 – 1724) und das "Wiennerische Diarium", das heute noch als Wiener Zeitung besteht, gegründet. Vom Wiener Diarium geht auch das österreichische Werbe- und Inseratenwesen aus: Dieses ist auf das durch eine Entschließung Kaiser Josephs I. gegründete "Fragamt" zurückzuführen, welches dem Diarium ab 1728 regelmäßig das "Kundschaftsblatt" beilegte, das ab 1813 die Bezeichnung "Intelligenzblatt" führte.

Unter der Herrschaft Maria Theresias kam es 1752 zum Verbot handgeschriebener Zeitungen und ab 1769 zur de facto Errichtung einer Zensurbehörde, wodurch das Wiener Diarium und die in dieser Zeit erscheinende "Gazette de Vienne" (1757 – 1792) zu regierungskonformen Medien gemacht wurden. Im Rahmen seiner Herrschaftspraxis des aufgeklärten Absolutismus verfügte Kaiser Joseph II. die "Preßfreiheit", was zu einer Welle an Zeitungsgründungen führte und mit dem "Wiener Blättchen" des Joseph Oehler auch die erste tatsächliche Tageszeitung beinhaltete.

19. Jahrhundert

Nach dem Tod Josephs II. und den Wirren der Napoleonischen Kriege entstand in Österreich wie in Deutschland die politische Publizistik, so etwa die "Militärische Zeitschrift" für das Offizierskorps und die "Vaterländischen Blätter" zur Förderung eines österreichischen Nationalbewusstseins, später auch die Zeitschrift der Wanderer (1814 – 1873). Der auf die Österreichische Zeitung (1809) folgende Österreichische Beobachter stellte das Sprachrohr des Metternich’schen Regimes dar; die drückende Pressezensur und das Vorgehen Metternichs gegen oppositionelle Publizistik trugen zum Ausbruch der Revolution von 1848 bei.

Die Märzrevolution brachte erneut eine Welle publizistischer Tätigkeit, doch von den mehr als 300 periodischen Druckschriften (darunter 86 Tageszeitungen) überlebten nur wenige den Sieg der konservativen Kräfte im Herbst 1848, da Fürst Windisch-Graetz mit der Ausrufung des Belagerungszustandes in Wien alle Zeitungen mit Ausnahme der Wiener Zeitung verbieten ließ. In den Jahren nach der Revolution gab es in Wien wieder 14 Tageszeitungen, von denen jedoch nur das Fremdenblatt (1848 – 1919), die Morgenpost (1851 – 1934), die Ostdeutsche Post (1848 – 1866), der Wanderer und die Presse von Bedeutung waren; letztere entwickelte sich zu einer der führenden Zeitungen der Monarchie. Im Jahrzehnt des Neoabsolutismus erfuhr die Pressefreiheit zwar Einschränkungen, wurde jedoch nicht mehr aufgehoben; durch die Gesetze vom 17. Dezember 1862 und 9. März 1863 wurde das Pressewesen dem Machtbereich der Behörden entzogen und erhielt eine rechtliche Basis für seine weitere Entwicklung.

Vor allem dem Liberalismus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts verdankt die Wiener Tagespresse ihren großen Aufschwung, wobei auch technische Neuerungen wie die Rotationspresse und Setzmaschine, später der Telegraf und das Telefon eine Rolle spielten. Durch den Börsenkrach von 1873 gingen viele weniger auflagenstarke Tageszeitungen unter oder mussten sich Einschränkungen gefallen lassen; die folgende Depression führte zu sozio-ökonimischen und politischen Veränderungen, vor allem eine Emotionalisierung und Radikalisierung des politischen Denkens, was der Parteienpresse zum Durchbruch verhalf, so etwa dem Deutschen Volksblatt (1888 – 1922) der Deutschnationalen um Georg Schönerer, der Zeitung Das Vaterland (1860 – 1911) der Konservativen und der Reichspost (1894 – 1938) der Christlichsozialen. Aufseiten der Sozialdemokraten gab es ab 1889 nur noch die Arbeiterzeitung als Zentralorgan, welche in der Zeit der Ersten Republik neben der Neuen Freien Presse bis zu ihrem Verbot 1934 die führende Tageszeitung war.

20. Jahrhundert

Die Parteienpresse konnte sich jedoch vor dem Ende der Monarchie nicht gegen die traditionellen Hauptformen des Zeitungswesens durchsetzen; so erschien am 2. Jänner 1900 die erste Ausgabe der Kronenzeitung als ein Massenblatt, das bis heute auf die Lesebedürfnisse einer breiten Bevölkerungsschicht abzielt.

Nach dem Ersten Weltkrieg gingen für die Wiener Presse weite Absatzgebiete der Monarchie verloren, Parteienpresse, Boulevardpresse und Wochenzeitungen florierten jedoch weiterhin; die Wiener Zeitung blieb Organ der Regierung. Unter der Regierung Dollfuß kam es 1933 zur Ausschaltung der Oppositionspresse und 1934 zum Erlass eines neuen Pressegesetzes, der Anschluss an das Deutsche Reich 1938 brachte eine Anpassung der presserechtlichen Vorschriften an das Reichsrecht und eine einschneidende Reduktion der in Wien erscheinenden Zeitungen.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs und der Eroberung Wiens durch die Sowjetunion bemächtigte sich die Rote Armee der Zeitungsverlage und Druckereien; so verwendete diese den neu geschaffenen Globus-Verlag zur Herausgabe ihrer Publikationen, der auch von den Franzosen genutzt wurde, während die Amerikaner "Waldheim-Eberle" und die Briten den "Vorwärts-Verlag" für sich vereinnahmten. Mit der Pressegesetznovelle vom 7. Mai 1952 (BGBl. Nr. 118/52) wurde das Pressegesetz von 1922 wiedereingeführt und somit der Wiederaufbau des Pressewesens in der Zweiten Republik begründet.

Die wichtigsten seit 1998 in Wien herausgegebenen Tageszeitungen sind nach wie vor die Wiener Zeitung, Die Presse, die Neue Kronen-Zeitung, der Kurier und der Standard, wichtige Wochenzeitungen unter anderem das Profil (seit 1971), Die ganze Woche (seit 1985) sowie News (Seit 1992).

Siehe auch

Literatur

  • Othmar Pickl [Hg.]: Österreichisches Städtebuch. Band 7: Die Stadt Wien. Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften 1999, S. 408–413