Porr AG

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Sägewerk und Parkettenfabrik in Brigittenau um 1900
Daten zur Organisation
Art der Organisation Firma
Datum von 1869
Datum bis
Benannt nach Arthur Porr
Prominente Personen
PageID 16524
GND
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Letzte Änderung am 7.11.2023 durch WIEN1.lanm09fri
Bildname 34 Oesterreichische Baugesellschaft.jpg
Bildunterschrift Sägewerk und Parkettenfabrik in Brigittenau um 1900
  • 3., Rennweg 13

Frühere Adressierung
  • Allgemeine österreichische Baugesellschaft (1869, bis: 1907)
  • A. Porr Betonbau-Unternehmung GmbH (1907, bis: 1927)
  • Allgemeine Baugesellschaft – A. Porr AG (1927)

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48° 11' 49.93" N, 16° 22' 49.08" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Gründerzeit

Im März 1869 wurde die "Allgemeine österreichische Baugesellschaft" von der Niederösterreichischen Eskomptegesellschaft mit einem Aktienkapital von 20 Millionen Gulden ins Leben gerufen. Als typische Gründung des Finanzkapitals erschloss sie sich rasch ein breites Geschäftsfeld und erwarb umfangreichen Immobilienbesitz. Ihre Tätigkeit wurde zunächst auf die Dauer von 50 Jahren beschränkt, doch wurde diese Limitierung 1906 durch Statutenänderung aufgehoben.[1] Die Gesellschaft befasste sich mit der Errichtung von Hochbauten aller Art und deren Verwertung, Eisenbahnbauten, Flussregulierungsarbeiten, Schiffbauten und dem Erwerb vom Immobilien und deren Verwertung. Der Schwerpunkt der Bauten befand sich an der Ringstraße, wie generell in der Inneren Stadt. Bis 1898 wurden 108 Gebäude auf eigene Rechnung errichtet, unter anderem der Kärntner Hof. Der Sitz der Gesellschaft befand sich bis 1898 in der Führichgasse 5, in der Folge Dominikanerbastei 19. Im 2. Bezirk befand sich die Bautischlerei, Dampfsäge, Parkettenfabrik, Zimmerei, eine Steinmetzwerkstätte Neusteinhof in Inzersdorf. Erwerbung von Baugründen hinter dem heutigen Burgtheater (Bau der Häuser Löwelstraße 12-18) und des Bürgerspitalzinshauses, Bau der Häuser Eßlinggasse 8-10, 16-18, Werdertorgasse 4-6, Schottenbastei 10-16, Schottenring 8-12, 20-32, Helferstorferstraße 9-15, Dr.-Karl-Luegerring 10-12, Mölkerbastei 3, Hohenstaufengasse 11-13, Neutorgasse 13-15, 14, 18, Zelinkagasse 3-13, 10-14, Börseplatz 4. Auf fremde Rechnung wurden bis 1898 90 Häuser errichtet, darunter das Hotel Austria am Schottenring, das Hotel Britannia am Schillerplatz, das Hotel Donau in der Nordbahnstraße, Hotel Continental in der Taborstraße, das Gebäude des Ingenieur- und Architekten-Vereins und des Niederösterreichischen Gewerbevereins in der Eschenbachgasse, das Römische Bad im 2. Bezirk. Weiters wurde der Bahnhof Heiligenstadt erbaut, ebenso 93 Villen in Währing.[2]

A. Porr GmbH

Nach der Jahrhundertwende geriet das Unternehmen zunehmend in eine Krise, welche durch eine technologische Umorientierung, den Aufbau eines Betonbau-Spezialunternehmens, überwunden wurde. Im Jahr 1908 beschloss die Unternehmensleitung, sich gemeinsam mit Eisenbetonspezialisten Ing. Arthur Porr (1872-1919) an der Gründung der "A. Porr Betonbau-Unternehmung GmbH" zu beteiligen. Damit gewann das Unternehmen großes Know-How in moderner Bautechnologie. Markenzeichen wurden "PORR-Decken" und Konus-Betonpfähle. 1913 entstand das Kurmittelhaus in Meran; in Wien Industriehaus (3. Bezirk), Nationalbank (9. Bezirk) und Technisches Museum (14. Bezirk). Krankheitsbedingt musste Porr allerdings schon in jungen Jahren das Unternehmen verlassen und verstarb 1915 im Alter von nur 43 Jahren. Kongenialer Nachfolger Porrs als technischer Leiter wurde Siegfried Josef Pick, der bereits 1910 in das Unternehmen eingetreten und für fast 50 Jahre in diesem tätig war. Die kaufmännische Führung übernahm ab 1916 Dr. Martin Ritter von Kink. Pick und Kink kamen beide aus der A. Porr GmbH und prägten das Unternehmen auch in der Zwischenkriegszeit.[3]

Zwischenkriegszeit

Nach dem Ersten Weltkrieg wurden bei Schrumpfung der Auftragslage Straßen- und Industriebauten errichtet, außerdem war die Firma an der beginnenden Nutzung der Wasserkraft (Kraftwerksbau) führend beteiligt. 1927 wurden die Firmen "Allgemeine österreichische Baugesellschaft" und "Betonbau-Unternehmung A. Porr" zur neuen Firma "Allgemeine Baugesellschaft – A. Porr AG" verbunden. Eine enge Verflechtung ergab sich auch mit der Union-Baumaterialien-Gesellschaft, von der die Allgemeine Österreichische Baugesellschaft die Aktienmehrheit verfügte. In der Zwischenkriegszeit übernahm die Firma bedeutende Aufträge in den Bundesländern (darunter den Kärntner Abschnitt der Großglockner-Hochalpenstraße, Beteiligung an Kraftswerksbauten in Wiener Neustadt, Partenstein, Pernegg, Achensee), in Wien den Bau der Angestellten-Versicherung 5., Gassergasse 2-8 (1930/1931), der Zeremonienhalle am Wiener Zentralfriedhof (im Auftrag der Israelitischen Kultusgemeinde) und Fundierungen für zahlreiche Wiener Gemeindebauten wie den Karl-Marx-Hof. Im Wiener Industriebau wurde eine Lagerhalle für die Stadt Wien, der Ausbau des städtischen Elektrizitätswerks in Simmering und der Umbau der Fabriksanlagen der Staatseisenbahngesellschaft hinter dem Südbahnhof vorangetrieben. Allerdings stoppte die Wirtschaftskrise der 1930er Jahre vielfach die Vollendung aller geplanten Baumaßnahmen.[4] Aufgrund des wesentlich verkleinerten Binnenmarktes und der negativen Wirkung des Mieterschutzes auf die inländische, insbesonders Wiener Bautätigkeit sah sich die Gesellschaft gezwungen, auch eine Reihe riskanter Auslandsprojekte anzunehmen.

Der Hauptsitz des Konzerns befand sich ab 1913/1914 in dem von der Gesellschaft errichteten Haus Schenkenstraße 8-10, welches sich im Besitz der Bodencreditanstalt befand. Als diese im Zug ihrer Krise 1929 mit der Creditanstalt fusioniert wurde, verkaufte diese das Gebäude an die Firma Georg Schicht & Co. Die Allgemeine Baugesellschaft - A. Porr errichtete daher ihren neuen Firmensitz in der Treitlstraße 3 ("Porrhaus"), erbaut 1930/1931 nach Plänen von Fritz Judtmann.

NS-Zeit

Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten kam es zu einem völligen Austausch der Unternehmensleitung und großer Teile der Aktionäre. Aktienpakete der Familie Stern und von Siegfried Pick übernahm das Haus Hannover-Braunschweig, welches in der Folge 43% des Aktienkapitals der Porr AG kontrollierte. Vorstand und Aufsichtsrat wurden nun völlig von den dem NS-Regime nahestehenden Haus Hannover-Braunschweig dominiert. Auf Grund der einsetzenden "Kriegskonjunktur" versechsfachte sich die Zahl der Beschäftigten von März 1938 bis Oktober 1939. Die Porr AG war unter anderem beim Bau der Papierfabrik Lenzing stark involviert. Schon bald nach Kriegsbeginn machte sich jedoch Arbeitskräftemangel bemerkbar. Während die Baukonjunktur in Österreich erlahmte, führte das Unternehmen zahlreiche Aufträge aus der mit Hitler-Deutschland verbündeten Slowakei durch. Während des deutschen Vormarsches auf Jugoslawien wurde neben anderen Bauten die Kupfergewinnungsanlage Bor nach deren Zerstörung durch abziehende jugoslawische Truppen wiederaufgebaut. Auch am Bau des "Atlantikwalls" war das Unternehmen beteiligt. Ab 1943 bestand der überwiegende Teil der Beschäftigten aus Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern, im April 1944 fast 11.000. Mit Einsetzen des Bombenkriegs in Ostösterreich wurden Material und Gerät nach Westösterreich verlegt. Ein Teilverlagerung des Betriebs nach Straßwalchen fand Anfang 1945 statt.[5]

Wiederaufbau, Wirtschaftswunder, Kreisky-Ära

Da die Firma als "Deutsches Eigentum" zunächst unter öffentliche Verwaltung stand, 1947 in einen USIA-Betrieb umgewandelt wurde und damit unter sowjetrussischer Verwaltung stand, wurden Firmen in Salzburg und in den westlichen Bezirken Wiens gegründet. Trotz guter Baukonjunktur war es für die Porr als USIA-Betrieb schwierig, öffentliche Aufträge zu erhalten. Am 1. Jänner 1948 wurde das Unternehmen in eine Ost- und West-Porr (Zentrale in Salzburg) geteilt. In Wien zählte zu den größeren Bauaufträgen der Wiederaufbau der sowjetischen Botschaft in der Reisnerstraße. Ein Projektierungsbüro für Industrie-, Hoch- und Tiefbauten wurde 1949 als Auffanggesellschaft für aus der Ost-Porr freigesetztes Personal gegründet. Diese Gesellschaft errichtete zahlreiche Bürohäuser, so etwa jenes der Veitscher Magnesitwerke am Schubertring.[6] Nach dem Staatsvertrag (1955) erfolgte 1958 die Zusammenlegung aller Firmen. Im Zuge des Wiederaufbaus, bei dem die Firma eine maßgebliche Rolle spielte (Staatsoper, Parlament), wurde die "Neue österreichische Tunnelbauweise" entwickelt. Porr war an verschiedenen Großbauten in Wien, an Autobahn- und Tunnelbauten und Wasserkraftwerken beteiligt. Zu diesen zählte die Wiedererrichtung der Warenhäuser Herzmansky (1960-1964), Gerngroß (1965/66) und die Erweiterung des Kaufhauses Stafa. 1972 wurde das Bürohaus 3., Rennweg 13, bezogen. 1979 wurde eines der größten Bauvorhaben, das heutige Vienna International Centre (22.), fertiggestellt. Wichtige Bauvorhaben waren weiters der Ringturm, das Hotel Inter-Continental Vienna und das Haas-Haus, außerdem Mitarbeit am U-Bahn-Bau. In den 1980er Jahren entstanden unter anderem die Raiffeisen Zentralbank (1., Am Stadtpark 9) und das Postzentrum Erdberger Lände.[7] Der bedeutendste Kirchenbau, den die Porr AG errichtete, war jener der Wotruba-Kirche (1974-1976).[8] Die Firma Porr besitzt auch eine bemerkenswerte Sammlung von Graphiken, Stichen, Aquarellen und Ölbildern.

Entwicklung zum internationalen Baukonzern

Im Jahr 1991 führte ein Eigentümerwechsel zu einer Umschichtung in Richtung institutioneller Anlager und einen Rückzug privater Aktionärsgruppen.[9] Mit der Gründung von internationalen Niederlassungen positionierte sich die PORR als internationaler Konzern, der in Europa und auch im Nahen Osten Bauprojekte jedweder Art und jeglichen Umfangs realisiert. Porr AG besitzt zudem Tochterfirmen und Beteiligungen, durch diese sie über zusätzliches Spezial-Know-how und Expertise auf allen Gebieten der Bauwirtschaft verfügt.

Der breite Leistungsbereich ist in folgende Geschäftseinheiten strukturiert:

  • Business Unit 1 - beinhaltet das Flächengeschäft im Hoch- und Tiefbau in Deutschland, Österreich und der Schweiz
  • Business Unit 2 - CEE/SEE: Zuständigkeit für das Flächengeschäft Hoch- und Tiefbau in Südosteuropa
  • Business Unit 3 - International: es wird das Joint Venture mit der türkischen Renaissance-Gruppe betreut und der Fokus auf Qatar und Saudi-Arabien gelegt
  • Business Unit 4 - Bündelung der Kernkompetenzen des Konzerns in den Abteilungen Tunnelbau, Grundbau, Bahnbau (national und international), Leitungsbau, Ingenieurbau, Kraftwerksbau und Großprojekte
  • Business Unit 5 - durch Umwelttechnik werden alle Umweltaktivitäten der Porr-Gruppe zusammengefasst
  • Business Unit 6 - Real Estate deckt mit den Marken Strauss & Partner und Porreal die gesamte Breite im Bereich Immobilien-Entwicklung (Development) und -Betrieb (Facilitymanagement) ab

Geschäftsbereiche sind Hochbau, Tiefbau, Infrastruktur, Development und Umwelttechnik.[10]

Siehe auch: Monte Laa, Porrhaus

Weblinks

Literatur

  • Porr AG Geschichte (Stand: 02.08.2016)
  • Herbert Matis / Dieter Stiefel: "Mit der vereinigten Kraft des Capitals, des Credits und der Technik ...". Die Geschichte des österreichischen Bauwesens am Beispiel der Allgemeinen Baugesellschaft - A. Porr Aktiengesellschaft. Band 2. Wien / Köln / Weimar: Böhlau 1994
  • Nachrichten Bezirksmuseum Landstraße. Hg. v. Bezirksmuseum Landstraße. Band 3. Wien: Selbstverlag 1994, S. 4 ff.
  • Friedrich Achleitner: Österreichische Architektur im 20. Jahrhundert. Ein Führer. Band 3/1: Wien. 1.-12. Bezirk. Salzburg: Residenz-Verlag 1990, S. 151 (Porrhaus)
  • Renate Wagner-Rieger [Hg.]: Die Ringstraße. Bild einer Epoche. Die Erweiterung der Inneren Stadt Wien unter Kaiser Franz Joseph. Band 4. Wiesbaden: Steiner 1972, S. 30 f.
  • Die Gross-Industrie Oesterreichs. Festgabe zum glorreichen fünfzigjährigen Regierungs-Jubiläum seiner Majestät des Kaisers Franz Josef I. dargebracht von den Industriellen Oesterreichs 1898. Band 6, Wien: Leopold Weiss 1898, S. 75-78

Einzelnachweise

  1. Herbert Matis / Dieter Stiefel: "Mit der vereinigten Kraft des Capitals, des Credits und der Technik ...". Die Geschichte des österreichischen Bauwesens am Beispiel der Allgemeinen Baugesellschaft - A. Porr Aktiengesellschaft. Band 1-2. Wien / Köln / Weimar: Böhlau 1994, S. 44-46.
  2. Die Gross-Industrie Oesterreichs. Festgabe zum glorreichen fünfzigjährigen Regierungs-Jubiläum seiner Majestät des Kaisers Franz Josef I. dargebracht von den Industriellen Oesterreichs 1898. Band 6. Wien: Leopold Weiss 1898, S. 75-78.
  3. Herbert Matis / Dieter Stiefel: "Mit der vereinigten Kraft des Capitals, des Credits und der Technik ...". Die Geschichte des österreichischen Bauwesens am Beispiel der Allgemeinen Baugesellschaft - A. Porr Aktiengesellschaft. Band 1-2. Wien / Köln / Weimar: Böhlau 1994, S. 66-68.
  4. Herbert Matis / Dieter Stiefel: "Mit der vereinigten Kraft des Capitals, des Credits und der Technik ...". Die Geschichte des österreichischen Bauwesens am Beispiel der Allgemeinen Baugesellschaft - A. Porr Aktiengesellschaft. Band 1. Wien / Köln / Weimar: Böhlau 1994, S. 322, 324 f.
  5. Herbert Matis / Dieter Stiefel: "Mit der vereinigten Kraft des Capitals, des Credits und der Technik ...". Die Geschichte des österreichischen Bauwesens am Beispiel der Allgemeinen Baugesellschaft - A. Porr Aktiengesellschaft. Band 1. Wien / Köln / Weimar: Böhlau 1994, S. 387-403, 422, 428.
  6. Herbert Matis / Dieter Stiefel: "Mit der vereinigten Kraft des Capitals, des Credits und der Technik ...". Die Geschichte des österreichischen Bauwesens am Beispiel der Allgemeinen Baugesellschaft - A. Porr Aktiengesellschaft. Band 2. Wien / Köln / Weimar: Böhlau 1994, S. 25-43.
  7. Porr AG Geschichte (Stand: 02.08.2016).
  8. Herbert Matis / Dieter Stiefel: "Mit der vereinigten Kraft des Capitals, des Credits und der Technik ...". Die Geschichte des österreichischen Bauwesens am Beispiel der Allgemeinen Baugesellschaft - A. Porr Aktiengesellschaft. Band 2. Wien / Köln / Weimar: Böhlau 1994, S. 190.
  9. Herbert Matis / Dieter Stiefel: "Mit der vereinigten Kraft des Capitals, des Credits und der Technik ...". Die Geschichte des österreichischen Bauwesens am Beispiel der Allgemeinen Baugesellschaft - A. Porr Aktiengesellschaft. Band 2. Wien / Köln / Weimar: Böhlau 1994, S. 238.
  10. Porr AG (Stand: 03.08.2016).