Oskar Samek

Aus Wien Geschichte Wiki
Wechseln zu:Navigation, Suche
Passfoto von Oskar Samek, 1938
Daten zur Person
Personenname Samek, Oskar
Abweichende Namensform Samek, Oskar Jitzak
Titel Dr. jur.
Geschlecht männlich
PageID 71094
GND 1026890527
Wikidata Q99528013
Geburtsdatum 2. Jänner 1889
Geburtsort Wien 4066009-6
Sterbedatum 28. Jänner 1959
Sterbeort New York 4042011-5
Beruf Rechtsanwalt, Jurist
Parteizugehörigkeit
Ereignis
Nachlass/Vorlass Wienbibliothek im Rathaus
Objektbezug Karl Kraus (Portal)
Quelle Gedenktage
Export RDF-Export (Resource Description Framework) RDF
Recherche
Letzte Änderung am 4.04.2024 durch WIEN1.lanm09lue
Begräbnisdatum
Friedhof Mount Hebron Cemetery, Long Island, New York
Grabstelle Block 108, Ref.11, Line 3, Grave 10, Society Cohen, Carol & Katz
Bildname Oskarsamek.png
Bildunterschrift Passfoto von Oskar Samek, 1938
  • 14., Reindorfgasse 18 (Geburtsadresse)
  • 1., Schottenring 14 (Wirkungsadresse)
Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft

Oskar Samek, * 2. Jänner 1889 Wien, † 28. Jänner 1959 New York, Rechtsanwalt, Jurist.

Biografie

Oskar (Jitzak) Samek wurde als ältestes Kind von Jonas Markus Samek (14. August 1855 – 16. Juni 1932) und Amalie Samek (geborene Neurath, 15. Juli 1859 – 12. August 1925) in der Reindorfgasse 18, im damaligen 14. Wiener Gemeindebezirk geboren.

Herkunft

Die Hochzeit seiner Eltern fand am 30. Oktober 1887 in Lajta Szent-Miklos (heutiges Neudörfl bei Wiener Neustadt) statt. Jonas Markus Samek zog bald danach offenbar bei seinen Schwiegereltern Samuel und Rosa Neurath (geb. Engel) ein, die 1866 ein Haus in der Reindorfgasse 18 (damals Kirchengasse 18 in Rudolfsheim) gekauft hatten. Er war wahrscheinlich um diese Zeit aus Senitz/Senica im ungarischen Komitat Neutra (heutige Slowakei) nach Wien gekommen und wurde im Lehmann ab 1893 als "Trödler" geführt (wie übrigens auch sein Schwiegervater). Ab 1896 war er einige Jahre für die "Cravatenfabrik Riedel & Beutel" an einer Verkaufsstelle in der Stephaniestraße 13, im 2. Wiener Gemeindebezirk tätig.

Im Haus der Großeltern kamen auch Oskar Sameks Schwestern Irma (4. Mai 1892 – 21. Dezember 1928) und Hilda (4. Dezember 1893 – 6. Juni 1926; verheiratete Spitzer) zur Welt. Ihr Vater arbeitete sich in dieser Zeit zum Möbelhändler und –fabrikanten hoch und erwarb 1903 teils durch Erbe, teils durch Kauf die Reindorfgasse 18 als Geschäfts- und Wohnhaus. Zugleich engagierte sich Jonas Markus Samek in der jüdischen Gemeinde und gehörte als Vorstands- bzw. Ehrenmitglied der karitativen Vereinigung Chewra Kadischa XII-XV und dem Bethaus an.

Oskar Sameks Kindheit muss sich also in einer Sphäre wachsender bürgerlicher Wohlhabenheit und eines damit einhergehenden Selbstverständnisses gedacht werden. Er besuchte wahrscheinlich die Volksschule in der Oelweingasse und das Gymnasium am Henriettenplatz. Nachdem er 1908 maturierte hatte, begann er das Studium der Rechte an der Universität Wien, das er erfolgreich mit der Promotion zum Dr. jur. 1913 abschloss.

Erster Weltkrieg

Als junger Rechtsanwaltsanwärter musste Samek zunächst als Konzipient bei seinen Standeskollegen arbeiten. Die Gründung einer eigenen Kanzlei verhinderte der Ausbruch des Ersten Weltkrieges. Am 14. Jänner 1915 wurde er zur aktiven Kriegsdienstleistung in Wien assentiert und gehörte als Artillerist unter anderen den Feldhaubitzen Regimentern 45 und 46 und dem Landwehr Infanterie Regiment 18 an. Zu Beginn des Jahres 1916 verbrachte er sechs Wochen im Militärspital in Krakau, allerdings nicht infolge einer Verwundung, sondern krankheitsbedingt. Ein Superarbitrierungsverfahren, das ihm vom Kriegsdienst befreit hätte, verlief negativ und er wurde zum Truppendienst zurückbeordert. Ab Februar 1917 stand er an der galizischen Front und war an den Stellungskämpfen bei Razcyna beteiligt. Am 20. Juni 1917 wurde er zum Fähnrich in der Reserve ernannt. Es ist anzunehmen, dass er die letzte russische Offensive, die sogenannte Kerenskij-Offensive, als Zugskommandant miterlebte. Jedenfalls wurde er am 1. August 1917 zum Leutnant ernannt und erhielt die bronzene Tapferkeitsmedaille. Nach dem Erlöschen der Kämpfe am östlichen Kriegsschauplatz wurde Samek an die italienische Front geschickt. Er hatte das Glück, nicht in italienische Kriegsgefangenschaft zu geraten und wurde nach Kriegsende zum Oberleutnant in der Reserve ernannt.

Zurück in Wien verlobte sich Samek mit der etwa 24-jährigen Beamtin Erna Fleck, die ebenfalls im 15. Bezirk wohnte. Eine Ehe kam offenbar für Sameks Mutter nicht in Frage und 1927 wurde das Verhältnis beendet. Um eine strafgerichtliche Verfolgung aufgrund von "Verführung unter Zusage der Ehe" zu vermeiden, zahlte Samek Fleck fortan eine monatliche Rente.

Rechtsanwalt und Freund von Karl Kraus

Nach seiner Rückkehr aus dem Weltkrieg konnte Samek sich wieder dem Anwaltsberuf zuwenden und gründete 1920 – wahrscheinlich mit finanzieller Unterstützung seines Vaters – seine eigene Rechtsanwaltskanzlei am Schottenring 14 im ersten Bezirk, neben der Börse. Im Zusammenhang mit seiner Arbeit für die Druckerei Jahoda & Siegel, lernte Samek um 1922 Karl Kraus kennen. In einem Interview mit Radio Wien erzählte Samek 1957 selbst, wie es dazu kam, dass er bald darauf die ständige Rechtsvertretung von Kraus übernahm. "[...] Man zog mich heran. Und als dann mein Rat in einer späteren Rechtsangelegenheit sich als erfolgreich erwies, hat mich Karl Kraus als Anwalt ständig beschäftigt. Und aus dem juristischen Verkehr mit ihm entwickelte sich eine Freundschaft, die bis zu seinem Tode währte und die ich ihm auch heute, über den Tod hinaus bewahre. [...]"[1]

Es war ein intensives Freundschafts- und Arbeitsverhältnis, das bis zu Kraus‘ Tod 1936 andauerte und das über 200 Konvolute (ca. 4.000 Blatt) Anwaltsakten (Sammlung Prozessakten Oskar Samek / Karl Kraus, ZPH 1545) dokumentieren. Aus zahlreichen Korrespondenzen wird deutlich, dass Sameks Engagement für Kraus bald über rein anwaltliche Tätigkeiten hinausging. Er übernahm auch die Betreuung von Kraus‘ privaten Vermögensangelegenheiten sowie die Kommunikation mit Menschen, die Kraus aus verschiedenen Gründen von sich fernhalten wollte – und er war für die Verteilung der Spenden und finanzielle Zuwendungen von Kraus zuständig. Trotz ungewöhnlich hoher Arbeitsbelastung für diesen speziellen Klienten, verzichtete Samek teilweise auf sein Honorar oder verrechnete nur minimale Gebühren. Dass auch Kraus Samek sehr schätzte, belegt nicht zuletzt, dass er ihn in seinem Nachkriegsdrama "Die Unüberwindlichen" als "ausgezeichneten […] Dr. Maske" (ein Anagramm von Samek) nennen ließ und ihm das Stück sogar widmete.

Die späten 1920er Jahre waren privat nicht einfach für Samek. Im Juni 1926 nahm sich – kaum ein Jahr nach dem Tod seiner Mutter – seine Schwester Hilda Spitzer das Leben; Ende 1928 starb auch seine unverheiratete Schwester Irma, die lange schwer krank war. Im Sommer 1932 – nachdem auch sein Vater unerwartet verstorben war – übersiedelte Samek als Alleinerbe des Hauses seine Kanzlei in die Reindorfgasse 18. Freude dürfte ihm in diesen Jahren aber die Gesellschaft der Opern- und Operettensängerin Hedwig Marienschek (*27. Juli 1902) und des Pianisten und Musikwissenschaftlers Georg Knepler (21. Dezember 1906 – 14. Jänner 2003) gemacht haben, mit denen er musizierte. 1928 übernahm Knepler – durch Sameks Vermittlung – die Rolle des Klavierbegleiters bei den Vorlesungen von Karl Kraus: "Als Begleiter hatte ich zwar schon einige, aber bescheidene Erfahrung hauptsächlich mit angehenden Sängern, zu denen damals auch Hedi Marienschek gehörte, oder mit Amateurmusikern, zu denen Oskar Samek zählte. Er war ein leidenschaftlicher Sänger von Opernarien, bei denen ich ihn in Freundeskreisen öfter begleitete."[2]

Ab 1. März 1927 wurde die vormalige Bankbeamtin Antonia Fantner (2. März 1898 – 12. Dezember 1966, geb. Schalda, später in 2. Ehe Kindl) als Kanzleileiterin von Samek zu einer wichtigen Person, zumal sie auch seine Liegenschaften in der Reindorfgasse 18 und am Antonsplatz 16 verwaltete – und zwar bis Sameks Vermögen in den 1940er Jahren vom "Deutschen Reich" beschlagnahmt wurde. Nach 1945 wurde sie von der Finanzlandesdirektion und von Samek selbst mit der Wiederaufnahme ihrer Tätigkeiten als Hausverwalterin sowie mit den Restitutionsangelegenheiten betraut. 1954 und 1958 konnte Samek seine Häuser verkaufen.

Das Kraus-Museum

1936 starb Kraus und Sameks hohe Identifikation mit seinen Ideen und seinem Werk zeigte sich erneut in seinem Einsatz als Testamentsvollstrecker und Erbe seines vormaligen Klienten. Samek bemühte sich nicht nur, die Streitigkeiten der Erbinnen und Erben von Kraus zu schlichten, er übersiedelte auch das Arbeitszimmer von Karl Kraus aus der Lothringerstraße 6 in die 1904 von seinen Eltern erbaute Wagenremise im linken Hinterhof der Reindorfgasse 18. Der Raum, der zuvor zur Tischlerwerkstatt des Vaters gehörte, wurde (wie der behördlichen Einreichung des Umbauplans zu entnehmen ist) so umgestaltet, dass er in seinen Maßen wie auch der Lage der Fenster und der Tür dem ursprünglichen Arbeitszimmer entsprach. In seinen Briefen sprach Samek von einem "Kraus-Museum", in dem er Kraus-FreundInnen und VerehrerInnen wie Ludwig von Ficker empfing. Im November 1938, als Samek bereits geflohen war, drang die SA in den Gedenkraum ein, dessen Inhalt sie beschlagnahmte und zerstörte.

Exil

Durch seine Freundschaft mit Kraus – der schon 1933 den Nationalsozialismus in dem erst posthum erschienenen Text "Dritte Walpurgisnacht" als gefährlichste Bedrohung analysierte – war Samek wahrscheinlich bald klar, dass er das nationalsozialistische Österreich verlassen musste. Am 28. April 1938 heiratete er die geschiedene Ilona Seiler (geb. Kux, 20. März 1895 – 26. September 1940) und verließ im September 1938 mit ihr und ihrer Tochter Eva Seiler Österreich Richtung USA. In New York betrieb er mit seiner Frau und ihrer Schwester einen Hutmodensalon und später möglicherweise auch einen Hardwarestore bis Ilona Samek im Alter von nur 45 Jahren starb. In Briefen Sameks an Albert Bloch und andere wird deutlich, dass Samek sich fortan vor allem darum bemühte, Kraus‘ "Dritte Walpurgisnacht" wie auch eine Darstellung der gemeinsamen juristischen Kämpfe herauszubringen, was nur mühsam und teilweise gelang. Seine Akten zu Kraus gingen nach seinem Tod 1959 als Legat an die heutige Wienbibliothek im Rathaus – zu ihrer Erstpublikation kam es erst Mitte der 1990er Jahre durch Hermann Böhm.

Quellen

Literatur

  • Katharina Prager [Hg.]: Geist versus Zeitgeist. Karl Kraus in der Ersten Republik. Wien: Metroverlag / Wienbibliothek im Rathaus 2018
  • Friedrich Pfäfflin: Von Karla und den roten Bücherln. Die Rettung des Karl Kraus-Archivs in den Jahren 1936–1939. Marbach am Neckar: Bibliothek Janowitz 2010
  • Barbara Sauer / Ilse Reiter-Zatloukal: Advokaten 1938. Das Schicksal der in den Jahren 1938 bis 1945 verfolgten österreichischen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, Wien 2010
  • Karl Kraus contra ...: die Prozeßakten der Kanzlei Oskar Samek in der Wiener Stadt- und Landesbibliothek. Hg. von Herwig Würtz, bearb. u. kommentiert von Hermann Böhm. Band 1–4. Wien: Wiener Stadt- und Landesbibliothek 1995–1997
  • Georg Knepler: Karl Kraus liest Offenbach: Erinnerungen – Kommentare – Dokumentationen. Berlin: Henschelverlag 1984


Oskar Samek im Katalog der Wienbibliothek im Rathaus.


Einzelnachweise

  1. Österreichische Mediathek, Sammlung USIS der Wienbibliothek in der Österreichischen Mediathek, 10-09169_k02
  2. Georg Knepler: Karl Kraus liest Offenbach: Erinnerungen – Kommentare – Dokumentationen. Berlin: Henschelverlag 1984