Obdachlosenheim

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Ein Asyl für Obdachlose in Wien. Suppen- und Brotverteilung, Frauenschlafsaal, Vor dem Eingang, Küche, Waschraum
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Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Bildname Obdachlosenheim.jpg
Bildunterschrift Ein Asyl für Obdachlose in Wien. Suppen- und Brotverteilung, Frauenschlafsaal, Vor dem Eingang, Küche, Waschraum

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Erste Obdachlosenheime im Vormärz

Die ersten Obdachlosenheime entstanden durch die private Initiative des Asylvereins für Obdachlose, der 1870/1871 zwei Häuser (3., Blattgasse 4 und 6) für Männer, Frauen und Kinder zur Verfügung stellte. 1875 folgte ein drittes Haus in der damaligen Rabengasse (3., Beatrixgasse), 1902 ein Heim für obdachlose Familien in der Brigittenau (20., Universumstraße 62), 1912 ein Heim in Ottakring (16., Herbststraße 141). Die Stadt Wien versorgte Obdachlose in drei Holzbaracken, die 1872 im sogenannten Hühnerhof (5., Margareten) errichtet wurden (demoliert 1887), sowie im ehemaligen Gusshaus (4. Bezirk; aufgelassen 1876) und im Hundsturmer Brauhaus (5., heute Hundsturmer Platz; aufgelassen 1874). Meist erfolgte jedoch die Einweisung obdachloser Männer in die städtische Beschäftigungsanstalt in der Leopoldstadt. Am 28. Dezember 1882 beschloss der Gemeinderat die Umwandlung dieser Anstalt in ein provisorisches Asyl- und Werkhaus (Eröffnung am 5. Jänner 1883). Das Asylhaus bot (beschränkt auf sieben Tage) Unterstand für die Nacht (Sommer 21-5 Uhr, Winter 20-6 Uhr), Frühsuppe und Abendbrot sowie eine ärztliche Untersuchung.

Städtisches Asyl und Werkhaus

Am 30. Juli 1886 beschloss der Gemeinderat, als Ersatz für das in Verruf geratene Asyl- und Werkhaus die Skenesche Realität (10., Simmeringer Hauptstraße 2 [heute 3., Arsenalstraße 9]) anzukaufen und auf dieser einen Neubau zu errichten, in dem das Städtische Asyl und Werkhaus untergebracht wurde. 1911 wurde beschlossen, einen Zubau für Einzelpersonen und Familien zu errichten. Mit dem Wiener Wärmestuben- und Wohltätigkeitsverein bestand ein Abkommen hinsichtlich der Offenhaltung der Wärmestuben während der Nacht (die Betriebsführung wurde 1923-1928 von der Gemeinde Wien übernommen).

Private Logierhäuser

Daneben entstanden weitere private Logierhäuser: zu nennen sind unter anderem das Logierhaus "Zum Bienenstock" (3., Schimmelgasse 17), das bis Anfang der 1930er Jahre bestand (vergleiche Max Winter, "Im dunkelsten Wien", 1904), das Logierhaus für Männer in 16., Wurlitzergasse 89-91 (errichtet nach Plänen von Leopold Ramsauer und Otto Richter), sowie die Heime 16., Wilhelminenberg (im Rahmen der von der Kaiser-Franz-Joseph-Jubiläums-Stiftung für Volkswohnungen und Wohlfahrtseinrichtungen [ Jubiläumshäuser ] als Männer- und Frauenheim eingerichtet, das 58 Betten für Männer und 43 Betten für Frauen umfasste), und 20., Meldemannstraße 25-29 (errichtet nach Plänen von Leopold Ramsauer und Otto Richter, der Benützung übergeben 1905). Infolge der ständigen Wohnungsnot waren die Heime stets überfüllt.

Obdachlosenheime in der Ersten Republik

Das Wohnbauprogramm in der Ersten Republik verhalf Wien unter allen europäischen Großstädten zur geringsten Obdachlosenzahl. Nach dem Erlöschen des Wohnungsanforderungsgesetzes 1925 stieg die Obdachlosigkeit allerdings wieder an. 1925 wurde das städtische Werkhaus aufgelöst und mit dem Asylhaus (3. Bezirk) in ein Obdachlosenheim der Stadt Wien (Asyl und Dauerheim) umgestaltet. Das Heim umfasste 2.340 Betten, die Frequenz betrug durchschnittlich 940 Personen bei vorübergehender Nächtigung und 362 bei Dauerinsassen (dieses Heim wurde während des Zweiten Weltkriegs zerstört). Ein zweiter Komplex entstand daneben aus dem ehemaligen Pferdeschlachthaus am (inzwischen aufgelassenen) Schoberplatz, in den 1927 das Frauenasyl verlegt wurde.

Ab Ende 1929 dienten auch Wärmestuben vorübergehend als Obdachlosenheime. 1932 wurde die Kaserne der Gemeindewache 10., Alxingergasse, in ein Heim umgewandelt, 1931 eröffnete ein Heim der Heilsarmee. Nach der Zerstörung des Heims in der Arsenalstraße wurden die Insassen in die Fortbildungsschule 7., Burggasse 35, dann in die Herberge 12., Kastanienallee 2, verlegt.

Obdachlosenheime nach dem Zweiten Weltkrieg

Nach dem Zweiten Weltkrieg standen für Obdachlose ab 1945 ein Teil des Altersheims in der Meldemannstraße, ab 1946 das ehemalige Altersheim Mauerbach und die Schule 8., Pfeilgasse 43a, ab 1947 die Heime 16., Odoakergasse 48, und 19., Sieveringer Straße 245, sowie das Krankenhaus Wieden (4., Favoritenstraße 40) zur Verfügung.

Die Verwaltung der städtischen Herbergen für Obdachlose lag 1945-1959 bei der Magistratsabteilung 17 (Anstaltenamt). Die Insassen der Herbergen wurden im Bedarfsfall von den zuständigen Fürsorgeämtern mit Geldunterstützungen betreut. Hilfsbedürftige erhielten eine Mietbeihilfe. Die (Familien-)Herbergen 3., Gänsbachergasse 3 (siehe Zwangsarbeiterlager Gänsbachergasse 3), und 12., Kastanienallee 2, sowie die Männerherberge 20., Meldemannstraße 25-29, existieren noch. Die Frauenherberge 3., Arsenalstraße, übersiedelte 1969 zur Herberge in die Kastanienallee (12., Ruttenstockgasse 2). Daneben gab es private Herbergen (beispielsweise 17., Wurlitzergasse, Auflösung Ende 1970), außerdem die Heime der Heilsarmee.

Die Verwaltung der Obdachlosenheime ab den 1960er Jahren

1960 wurde die Verwaltung der Obdachlosenheime der Magistratsabteilung 52 (Verwaltung der städtischen Wohn- und Amtsgebäude) übertragen, 1969 der Magistratsabteilung 12 (Sozialamt). Die Zentralverwaltung befand sich in 12., Kastanienallee 2.

In den ausgehenden 1960er Jahren standen in den Familienherbergen 700, in der Frauenherberge 100 und in der Männerherberge 540 Plätze zur Verfügung. Etwa 300 Personen wurden in Gemeinde- und Privatwohnungen untergebracht. Im Wiener Sozialhilfegesetz vom 19. Dezember 1972[1] wurden die städtische Herbergen für Obdachlose ausdrücklich als eine Form der Gewährung von Unterkunft angeführt. 1982 wurde die Verwaltung der drei Herbergen wieder an die Magistratsabteilung 52 abgetreten, die Betreuung erfolgte jedoch weiterhin über die Magistratsabteilung 12. Das neuerrichtete Sozialreferat für Nichtsesshafte (neue Bezeichnung für Obdachlose) übersiedelte nach einem kurzen Aufenthalt in einem Privathaus in der Schönbrunner Straße in den Stadtbahnbogen der U-Bahn-Station Josefstädter Straße. 1983 standen in den Herbergen 1.140 Plätze, in 20 privaten Unterkünften 1.311 Plätze zur Verfügung.

1987 wurde das Projekt "Tageszentrum für Nichtsesshafte und Straßensozialarbeit" geschaffen. Im November eröffnete das erste Tageszentrum (Tagesklub für Obdachlose) in 2., Pazmanitengasse 7, im Dezember 1989 jenes in 8., U-Bahn-Station Josefstädter Straße. 1988 wurde infolge des Anstiegs der Zahl der Obdachlosen im Lauf der 1980er Jahre eine Notschlafstelle in 20., Gerhardusgasse 7, eingerichtet, am 2. November 1988 ein sozialtherapeutisches Wohnheim für Obdachlose in 3., Gänsbachergasse 7 (mit Wohngruppen für Männer, Frauen, Paare und Wohnungen für Familien) unter der Leitung von Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern eröffnet, 1990 wurde eine provisorische Herberge für Männer in 21., Siemensstraße 109, und 1994 eine weitere in 11., Alberner Hafenzufahrtsstraße, erbaut. Die dem Sozialamt zur Verfügung stehenden Prekariumswohnungen dienen ebenfalls zur zeitlich begrenzten Unterbringung von Obdachlosen. Eine intensive psychosoziale Betreuung gibt den Betroffenen die Chance zur Verselbständigung.

Private Obdachlosenheime ab den 1980er Jahren

Ein neues privates Obdachlosenheim ("Männerheim St. Josef") wurde 1983 von der Caritas der Erzdiözese Wien eröffnet (18., Lacknergasse 68). Es wird durch die Barmherzigen Schwestern vom heiligen Vinzenz von Paul betreut (das Heim besitzt eine Kapelle), unterstützt durch den "Verein für Obdachlosenhilfe". Es nimmt 50 Männer auf, weitere 150 Männer erhalten eine Tagesunterkunft mit Mittagessen.

Quellen

  • Verwaltungsberichte der Stadt Wien

Literatur

  • Friedrich Achleitner: Österreichische Architektur im 20. Jahrhundert. Ein Führer. Band 3/1: Wien. 1.-12. Bezirk. Salzburg: Residenz-Verlag 1990, S. 326 (12., Kastanienallee 2)
  • Felix Czeike: Wirtschafts- und Sozialpolitik der Gemeinde Wien in der ersten Republik (1919-1934). Band 2. Wien: Verlag für Jugend und Volk 1959 (Wiener Schriften, 11), Register
  • Herbert Drapalik: Geschichte der Wiener Sozialverwaltung von 1945-1985. Hg.: Sozialamt der Stadt Wien. Wien: Sozialamt der Stadt Wien [1990]
  • Technischer Führer durch Wien. Hg. vom Österreichischen Ingenieur- und Architekten-Verein. Red. von Martin Paul. Wien: Gerlach & Wiedling 1910, S. 524 ff.
  • Unser Währing. Vierteljahresschrift des Museumsvereins Währing 29 (1994), Heft 4, S. 11 (18, Lacknergasse 68)

Einzelnachweise

  1. Landesgesetzblatt 11/1973; §§ 7, 12, 14.