Neurologisches Krankenhaus Rosenhügel

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Fliegeraufnahme: Nervenheilanstalt Rosenhügel (ca. 1930)
Daten zur Organisation
Art der Organisation Spital
Datum von 1910
Datum bis 1912
Benannt nach
Prominente Personen
PageID 18426
GND
WikidataID
Objektbezug Wiener Gesundheitsarchitekturen
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien, Wiener Gesundheitsarchitekturen
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Letzte Änderung am 23.11.2023 durch WIEN1.lanm08trj
Bildname Neurologisches Krankenhaus Rosenhügel.jpg
Bildunterschrift Fliegeraufnahme: Nervenheilanstalt Rosenhügel (ca. 1930)
  • 13., Riedelgasse 5

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48° 9' 38.37" N, 16° 17' 0.78" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Die Nervenheilanstalt Rosenhügel, heute Neurologisches Zentrum Rosenhügel (Abteilung der Klinik Hietzing) (13., Riedelgasse 5) geht auf die Nathaniel Freiherr von Rothschild'sche Stiftung für Nervenkranke in Wien von Nathaniel Freiherr von Rothschild (gestorben 13. Juni 1905) zurück. In einem Kodizill zu seinem Testament bestimmte er am 4. Februar 1900 ein Kapital von 20 Millionen Kronen, dessen Zinserträge zur Errichtung und Erhaltung von Anstalten für Nervenkranke verwendet werden sollte. Die Anstalten sollten in Wien oder in der Nähe von Wien errichtet werden und mittellose Nervenleidende (mit Ausnahme von Geisteskranken und Epileptikern) aufnehmen. Nach Rothschilds Tod wurde mit der Planung für zwei Heilanstalten, eine am Rosenhügel, die andere in Döbling (Nervenheilanstalt Maria-Theresien-Schlössel, 19., Hofzeile 18-20), begonnen. Die Verwaltung der Stiftung wurde einem Kuratorium übertragen, welches 1907 unter dem Vorsitz von Alphonse Freiherr von Rothschild erstmals zusammentrat.

Standortentscheidung

Nach der Entscheidung des Kuratoriums, den wesentlichen Teil der Stiftungsanlage an der Peripherie zu errichten, fiel die erste Wahl auf ein Gelände am Rosenhügel an der Grenze von Hietzing zu Mauer, das damals noch nicht zu Wien gehörte. Darüber hinaus gab es Pläne zur Errichtung einer zweiten, kleineren, mit einem räumlich eigenständigen Ambulatorium verbundenen Nervenheilanstalt (die spätere Nervenheilanstalt Maria-Theresien-Schlössel) und für die weitere Zukunft Pläne zur Erbauung von Rekonvaleszenzheimen in den Bergen oder am Meer, die jedoch nie verwirklicht wurden.

Am Rosenhügel wurde 1908 ein Baugrund am Nordhang des Rosenhügels – bestehend aus Äckern, Wiesen, einigen alten Gebäuden und einem schönen Park – mit einem Flächenausmaß von etwa 235.000 Quadratmetern erworben und später durch den Zukauf von einigen Parzellen im Ausmaß von etwa 13.000 Quadratmetern auf ein Gelände von etwa 248.000 Quadratmeter erweitert.

Am 15. Dezember 1908 genehmigten die Kuratoren der Stiftung das vom neu eingesetzten Anstaltsdirektor Friedrich von Sölder ausgearbeitete Bauprogramm.

Das Gebäude

Situationsplan Rosenhügel, Architekten Helmer und Fellner (1910)

Der Bau der Nervenheilanstalt am Rosenhügel wurde 1910-1912 nach Plänen von Ferdinand Fellner und Hermann Helmer (Direktionsvilla, Verwaltungsgebäude, Wirtschaftshof, Küche) beziehungsweise Josef Tölk und Franz Freiherr von Krauss (zwei Krankenpavillons, Kurmittelhaus), unter den sanitären Forderungen des Wiener Stadtphysikates, ausgeführt und am 15. Juli 1912 in Betrieb genommen. Am 11. März 1914 eröffnete die ebenfalls von der Stiftung finanzierte Nervenheilanstalt Maria-Theresien-Schlössel in Döbling.

Die Anstalt vor und im Ersten Weltkrieg

Büste des Stiftungsgründers Nathaniel von Rothschild in der Anstalt auf dem Rosenhügel

In den ersten Jahren spielten die physikalische Behandlung von Patientinnen und Patienten sowie die Beschäftigungstherapie mit genauem Zeitplan als Heilmethoden eine übergeordnete Rolle. Neben Bewegungs-, Hydro- und Elektrotherapie, Luft- und Sonnenbädern, Musizieren (es gab einen eigenen Chor) und Lesen waren die Gäste der Nervenheilanstalt auch dazu angehalten, sich an verschiedenen alltäglichen Tätigkeiten zu beteiligen.

Nach Stifterwillen war die Voraussetzung für die Aufnahme in den beiden Nervenheilanstalten der Nachweis der österreichischen Staatsbürgerschaft sowie der Mittellosigkeit. Die Nachfrage zur Aufnahme vor allem von Patientinnen war von Anfang an groß.

Mit Beginn des Ersten Weltkriegs wurde die Anstalt am Rosenhügel in ein Militärspital umgewidmet. In einer Sitzung Ende Juli 1914 fasste das Kuratorium den Beschluss, in seinen Stiftungsanstalten den vollen Belegraum der Militärverwaltung zur Unterbringung von verwundeten und rekonvaleszenten Armeeangehörigen mit internistischen Indikationen zur Verfügung zu stellen und die Kosten für die Verpflegung selbst zu tragen. Die für die Behandlung erforderlichen Ärzte und das Pflegepersonal sollten hingegen auf Wunsch des Kuratoriums von der Armeeführung bereitgestellt werden. Nach Verhandlungen mit dem Militärkommando in Wien erweiterte die Stiftung ihr Angebot hinsichtlich einer Erhöhung der Bettenzahl auf insgesamt knapp über 300 Betten, behielt sich jedoch die Forderung nach einer Refundierung der Kosten durch die Heeresverwaltung vor. Gespräche zwischen k. k. Oberstabsarzt Dr. Arnold Pick und dem geschäftsführenden Vizepräsidenten des Kuratoriums, Prof. Dr. Julius Wagner-Jauregg, ergaben daraufhin eine weitere Erhöhung (Rosenhügel 200, Maria-Theresien-Schlössel 150 Betten) und die Vorbereitung beider Stiftungsanstalten für die Aufnahme von verwundeten und kranken Soldaten ab 1. September. Auch für das Pflege- und ärztliche Personal wurde Vorsorge getroffen und die Kostenübernahme seitens der Stiftung zugesichert. Als jedoch das Militär eine weitere Erhöhung der Bettenanzahl forderte, beschloss das Stiftungskuratorium, diesem Begehren nicht mehr zuzustimmen. Man befürchtete, den ordnungsgemäßen Betrieb zu gefährden, und stellte der Heeresleitung daher in Aussicht, den Betrieb beider Anstalten selbst zu übernehmen. Schließlich wurde die Nervenheilanstalt Rosenhügel dem „Roten Kreuz“ unterstellt und stand in den Jahren 1914 bis 1918 als Spezialspital für nervenverletzte und nervenkranke Militärpersonen in Verwendung. Alle Räume, die als Krankenzimmer tauglich waren, wurden umfunktioniert. So wurden etwa im Kurmittelhaus beide Turnsäle und vier Räume im ersten Stock und im Pavillon B der Arbeitssaal im Tiefstock für die Unterbringung von Patienten adaptiert. Die Auslastung erfuhr damit während des Krieges allein am Rosenhügel eine Kapazitätssteigerung auf bis zu 300 Patienten, wovon etwa 50 Betten für Offiziere vorgesehen waren.

Nach Kriegsende verfügte das Staatsamt für Volksgesundheit am 20. Dezember 1918 die Schließung sämtlicher Sanitätsanstalten des Roten Kreuzes mit Jahresende; am 1. März 1919 stellte das Staatsamt die Zahlungen für die Kosten des Personals dieser Anstalten endgültig ein. Obwohl von dieser Verfügung Tuberkulosespitäler, orthopädische Krankenhäuser und „Anstalten für Nervenkranke“ ausgeschlossen waren, wurde mit März 1919 der Zivilbetrieb wieder aufgenommen.

Zwischenkriegszeit

Als gravierender und den Weiterbestand der Anstalten ganz real bedrohend sollten sich nach dem Krieg die wirtschaftlichen Probleme der Stiftung und damit auch der von ihr betriebenen Heilanstalten herausstellen. So dürfte die – durchaus übliche – Zeichnung von Kriegsanleihen durch die Stiftung im Verlauf des Ersten Weltkriegs – die Stiftung hatte alle acht Kriegsanleihen gezeichnet – das Stiftungskapital substanziell verringert haben (um 22,5 Prozent). In Summe waren Kriegsanleihen im Gesamtwert von circa 4,5 Millionen Kronen gezeichnet worden.

Die Weiterführung der Anstalten in den 1920er und 1930er Jahren stellte in weiterer Folge die Stiftung allerdings vor massive wirtschaftliche Herausforderungen, weil infolge der Hyperinflation die Zinsenerträgnisse des Stiftungskapitals für die Finanzierung des Spitalsbetriebs nicht mehr ausreichten. Damit wurde die unentgeltliche Behandlung in den Anstalten nun zur Ausnahme und – wie in den öffentlichen Wiener Spitälern – mussten nun zur Abdeckung der Betriebskosten in Regelfall Verpflegungsgebühren eingehoben und diese auch deutlich erhöht werden.

Mit diesen aus finanzieller Not vollzogenen Änderungen verschob sich der Charakter der beiden Heilanstalten gegenüber dem, was ursprünglich vorgesehen gewesen war, doch relativ deutlich. Die Anstalten nahmen nicht mehr vorwiegend mittellose Personen, auch war die Aufnahme nicht mehr auf „Nervenleidende“ beschränkt, wie dies der Stiftbrief festgelegt hatte, dennoch war durch diese Maßnahmen der Betrieb gesichert.

Die Anstalt im Zweiten Weltkrieg und in der Nachkriegszeit

Kriegsschäden an der Nervenheilanstalt Rosenhügel, 1944

Der „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich im März 1938 bedeutete das Ende der Nathaniel Freiherr von Rothschild’schen Stiftung für Nervenkranke. Der Prozess der Auflösung, des Vermögensentzugs und der „Einweisung“ der beiden Nervenheilanstalten in die Stadt Wien vollzog sich in mehreren Schritten und war nach zehn Monaten im Jänner 1939 abgeschlossen.

Die Nervenheilanstalt am Rosenhügel wurde ebenso wie die Heilanstalt in Döbling in das Eigentum der Gemeinde Wien „eingewiesen“ und blieben anfangs ihrem Charakter nach Heilanstalten für Nervenkranken. Am 27. Jänner 1939 wurde die Nervenheilanstalt Rosenhügel formell durch die Stadt Wien übernommen.

Die Anstalt auf dem Rosenhügel wurde knapp drei Wochen nach Beginn des Zweiten Weltkriegs mit einer deutlich erhöhten Bettenkapazität in ein Militärspital umgewandelt. Bis Kriegsende blieb sie das Reservelazarett XXa. Im Jahr 1942 erwarb die benachbarte Wien-Film eine Teilfläche der Liegenschaft auf dem Rosenhügel.

Nachkriegszeit: Rückstellungsverfahren

In der Direktionszeit von Karl Novotny stellte die Wiener Landesregierung die „Nathaniel Freiherr von Rothschild’sche Stiftung für Nervenkranke“ im Juli 1956 durch Bescheid wieder her, ein Rückstellungsverfahren wurde dadurch ermöglicht und eingeleitet. 1957 entschied die Rückstellungskommission den Antrag auf Rückstellung der Liegenschaft mit Teilerkenntnis zugunsten der Stiftung. Das Verfahren fand schließlich – nachdem sich Mitte 1962 auch die Rückstellungskommission eingeschaltet hatte – Ende 1962 durch einen Vergleich seinen Abschluss. Das an die Wien Film verkaufte Grundstück wurde im Zuge der Ausgleichszahlungen berücksichtigt. Nach dem Staatsvertrag übergaben die Sowjets den Betrieb am Rosenhügel (Deutsches Eigentum) im August 1955 an die Republik. Die Wien Film und ihre Liegenschaften ging in Bundesbesitz über.

Die grundbücherliche Eintragung der Stiftung datiert vom 30. August 1962. Dem Stiftungszweck entsprechend konnte die Weiterführung der Anstalt auf Kosten der Gemeinde Wien mit einem Übereinkommen am 5. April 1963 vereinbart werden.

Forschungsbericht der Expertinnen- und Expertenkommission 2021

Zur Geschichte der Stiftung und der beiden Anstalten wurde eine unabhängige Kommission aus Expertinnen und Experten aus den Bereichen Recht und (Zeit-)Geschichte zusammensetzt, die auch das Rückstellungsverfahren eingehend behandelte. Der Bericht: Geschichte der Nathaniel Freiherr von Rothschild'schen Stiftung für Nervenkranke von ihrer Errichtung bis zu ihrer Reorganisation in der Nachkriegszeit. Erstellt im Auftrag der Geschäftsgruppen Soziales, Gesundheit und Sport (Stadtrat Peter Hacker) sowie Kultur und Wissenschaft (Stadträtin Veronica Kaup-Hasler. Wien 2021) wurde im September 2021 abgeschlossen und am 18. November 2021 der Öffentlichkeit präsentiert.

Der Spitalsbetrieb nach dem Zweiten Weltkrieg

Ab 1951 wurde die Anstalt allmählich in ein Neurologisches Krankenhaus (mit verschiedenen Spezialbauten) umgewandelt. Dementsprechend wurde sie 1966 –in „Neurologisches Krankenhaus der Stadt Wien – Rosenhügel“ umbenannt.

Das 1942 an die Wien Film verkaufte Grundstück wurde 1969 von der Stadt Wien zur Erweiterung der Krankenanstalt erworben. 1971-1974 wurde nach Plänen von Rupert Falkner und Anton Schweighofer ein Pavillon C, eine neurologische Abteilung für Kinder und Jugendliche mit Behindertenzentrum errichtet (Primararzt Dr. Andreas Rett); beim Erweiterungsbau befinden sich zwölf Spielobjekte und ein Springbrunnen von Karl Bednarik (1974). Auf der östlichen Teilhälfte entstand ein Pensionistenheim, das Haus Rosenhügel. 2002 folgte noch der Bau der Sonderkrankenanstalt für neurologische und neuropsychologische Rehabilitation (NRZ Rosenhügel) etwas weiter westlich.

Am 1. April 1975 eröffnete unter Andreas Rett die Abteilung für entwicklungsgestörte Kinder (später: Neurologische Abteilung für Kinder und Jugendliche mit Behindertenzentrum). In den folgenden Jahren folgten weitere Eröffnungen, so am 1. Februar 1992 einer Modellstation für Neurologische Frührehabilitationan der I. Neurologischen Abteilung, im Dezember 1992 einer Intermediärstation an der II. Neurologischen Abteilung, 1993 einer Präoperative Epilepsiediagnostik an der II. Neurologischen Abteilung (1993) und im April 1996 einer Stroke-Unit-Station an der I. Neurologischen Abteilung. 1994/1995 wurde zudem ein Hubschrauberlandeplatz eingerichtet.

Am 26. Oktober 2002 benannte die Stadt das Neurologische Krankenhaus Rosenhügel zum Gedenken an seinen Stifter in Nathaniel Freiherr von Rothschild’sche Stiftung für Nervenkranke – Neurologisches Zentrum der Stadt Wien (Kurzform NZR) um.

Im Zuge der organisatorischen Neugliederung der städtischen Wiener Spitäler kam das Krankenhaus 2006 an das städtische Krankenhaus Hietzing (früher Krankenhaus Lainz), das als Folge der Umbenennung des Wiener Krankenanstaltenverbunds in Wiener Gesundheitsverbund mit 1. Juni 2020 in Klinik Hietzing umbenannt wurde.

Siehe auch: Nervenheilanstalt Maria-Theresien-Schlössel, Nervenheilanstalten, Neurologie

Forschungsbericht der Expertinnen- und Expertenkommission 2021 (mit Quellen und Literatur)

Quellen

  • Österreichisches Staatsarchiv, Archiv der Republik, BKA Stiko (Stiftungen und Fonds) A-W 1-586 Mappe erledigter Akten Niederdonau Amt des Reichsstatthalters in Österreich A.E. 358/A/1938 Schachtel 7713

Literatur

Allgemein:

  • Gernoth Schnaberth / Michaela Pinter / Gottfried Roth / Otmar Rychlik [Hg.]: 80 Jahre Rothschild-Stiftung Neurologisches Krankenhaus Wien-Rosenhügel. Wien: Eigenverlag 1992
  • Felix Czeike: XIII. Hietzing. Mit ausführlicher Beschreibung, Karten- und Grundrißskizzen von Schönbrunn. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1982 (Wiener Bezirkskulturführer, 13), S. 36 f.
  • Pro sanitate cerebri et animae hominis. Festschrift anläßlich des 60-jährigen Bestandes des Neurologischen Krankenhauses Rosenhügel. Wien: Eigenverlag 1972


Wiener Gesundheitsarchitekturen:
Projektbeschreibung unter Berücksichtigung der sanitären Anforderungen durch das Wiener Stadtphysikat siehe:

  • Projekt der Nervenheilanstalt "Rosenhügel". In: Jahres-Bericht des Wiener Stadtphysikates über seine Amtstätigkeit sowie über die Gesundheitsverhältnisse Wiens und der städt. Humanitäts-Anstalten in den Jahren 1907-10. Hg. vom Wiener Stadtphysikat. Wien: 1913, S. 255-258

Weblinks