Milo Dor

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Daten zur Person
Personenname Dor, Milo
Abweichende Namensform Doroslovac, Milutin
Titel Prof.
Geschlecht männlich
PageID 33463
GND 104594896
Wikidata Q85832
Geburtsdatum 7. März 1923
Geburtsort Budapest
Sterbedatum 5. Dezember 2005
Sterbeort Wien
Beruf Journalist, Schriftsteller
Parteizugehörigkeit
Ereignis
Nachlass/Vorlass
Objektbezug
Quelle Gedenktage, Gedenktage-GW
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Recherche
Letzte Änderung am 3.11.2023 durch WIEN1.lanm09fri
Begräbnisdatum
Friedhof Zentralfriedhof
Grabstelle Gruppe 33G, Nummer 36
Ehrengrab Ehrengrab

Es wurden noch keine Adressen zu dieser Person erfasst!

Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft
  • Österreichischer Staatspreis für Literatur (Verleihung: 1962)
  • Anton-Wildgans-Preis (Übernahme: 6. März 1973)
  • Preis der Stadt Wien für Literatur (Übernahme: 23. Juni 1978)
  • Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst 1. Klasse (Verleihung: 21. Februar 1983)
  • Ehrenmedaille der Bundeshauptstadt Wien in Gold (Verleihung: 24. Juni 1988, Übernahme: 23. Februar 1989)
  • Österreichischer Staatspreis für Verdienste um die österreichische Kultur im Ausland (Verleihung: 1989)
  • Ehrenpreis des österreichischen Buchhandels (Übernahme: 31. Oktober 1990)
  • Großes Silbernes Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich (Verleihung: 2003)
  • Goldenes Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien (Verleihung: 2004)

  • Präsident der Interessengemeinschaft österreichischer Autoren (25.04.1979)

Milo Dor (eigentlich Milutin Doroslovac), * 7. März 1923 Budapest, † 5. Dezember 2005 Wien, Schriftsteller, Journalist.

Biografie

Der als Kind serbischer Eltern geborene Milo Dor verbrachte seine ersten Lebensjahre in Novisad, dann zog die Familie nach Belgrad, wo er 1941 maturierte. Schon als Schüler betätigte er sich als Redakteur serbischer Zeitschriften.

Während des Zweiten Weltkrieges wurde Milo Dor aufgrund seiner Aktivitäten im Widerstand verhaftet und 1943 als Zwangsarbeiter nach Wien deportiert. Nach Kriegsende kehrte er jedoch nicht nach Jugoslawien zurück, sondern studierte in Wien Theaterwissenschaft. Er begann in deutscher Sprache zu schreiben, war als Journalist tätig und wurde zu einer der wichtigsten Stimmen gegen das Vergessen.

In diesen Jahren arbeitete er als Autor sehr eng mit Reinhard Federmann zusammen: Die Bücher "Internationale Zone", "der unterirdische strom", "Und einer folgt dem andern", "Othello von Salerno" und "Das Gesicht unseres Jahrhunderts" entspringen dieser Kooperation. Einen großen selbstständigen Erfolg konnte Dor mit dem Roman "Tote auf Urlaub" (1952) verbuchen. Das Buch gilt als eine der frühesten und wichtigsten literarischen Auseinandersetzungen der deutschsprachigen Literatur mit dem Nationalsozialismus und etablierte Milo Dor als wache Stimme des Humanismus im Nachkriegs-Wien. Diesem ersten Teil einer Trilogie folgten 1959 der Roman "Nichts als Erinnerung" und 1969 "Die weiße Stadt". Dor setzte sich früh für die zu Unrecht Vergessenen und für die aus dem literarischen Kanon Verbannten ein. Auch vermittelte er zwischen der jugoslawischen und österreichischen Literatur und protestierte gegen die Reintegration der Nazi-Schriftsteller in die österreichische Literaturszene. 1962 gab er eine Anthologie österreichischer Nachkriegsliteratur unter dem Titel "Die Verbannten" heraus. Es folgte die Herausgabe der Sammelbände "Ein Orden für Argil. Jugoslawien in Erzählungen seiner besten zeitgenössischen Autoren", "Der Flug des Ikaros. Hörspiel jugoslawischer Autoren von heute", "Der galante Witz" und "Der groteske Witz".

Als Theaterautor versuchte sich Dor 1974, als im Grazer Schauspielhaus seine Komödie "Menuett" uraufgeführt wurde. Im selben Jahr erschien auch sein autobiografischer Essayband "Meine Reisen nach Wien". Einen umfangreicheren autobiografischen Bericht publizierte er 1991 unter dem Titel "Auf dem falschen Dampfer". Zwei Jahre später wurden die beiden Romane "Die weiße Stadt" und "Nichts als Erinnerung" vom ORF verfilmt.

1979 gehörte Milo Dor zu den Mitbegründern der "Interessengemeinschaft österreichischer Autoren", deren Präsident er wurde. Seine Schriften zur sozialen Situation der Autorinnen und Autoren fasst er 1991 in dem Sammelband "Schriftsteller und Potentaten" zusammen.

Gemeinsam mit dem Geschäftsführer der Literarischen Verwertungsgesellschaft Franz-Leo Popp schuf Milo Dor einen Sozialfonds für Literaten, der zahlreiche Unterstützungen unbürokratisch bereithält und schließlich sogar Vorbild für die staatliche Literaturförderung wurde.

Klare Stellung bezog Milo Dor auch in späteren Jahren, etwa im Protest gegen den Präsidentschaftskandidaten Kurt Waldheim ("Die Leiche im Keller", 1988) oder während des Jugoslawienkriegs. Hier fungierte er als Mahner an die Existenz eines "anderen" jugoslawischen Denkens und Schreibens, dem er seit Jahrzehnten als Übersetzer von Ivo Andrić oder Miroslav Krleža zu Bekanntheit verholfen hatte.

1996 erschien sein Band "Mitteleuropa. Mythos oder Wirklichkeit. Auf der Suche nach der größeren Heimat", 1997 veröffentlichte er die Erzählung "Wien, Juli 1999", in der die Hauptfigur seiner Raikow-Saga eine durch Wahlen im Juli 1999 herbeigeführte autoritäre Wende in Österreich beschreibt. Der Zerfall Jugoslawiens bewog Dor zur Veröffentlichung der Essaysammlungen "Leb wohl, Jugoslawien" (1993) und "Irren ist menschlich und patriotisch. Serbische Aphorismen aus dem Krieg" (1994), in denen er auf die Grausamkeit des Bürgerkrieges aufmerksam machte und einen Aufruf zu Frieden und Menschlichkeit setzte.

Außerdem übersetzte Milo Dor Theaterstücke, Lyrik und Prosatexte aus dem Serbischen und Kroatischen, so etwa die Erinnerungen von Bogdan Bogdanović, dem Architekten und ehemaligen Bürgermeister von Belgrad (1993).

1983 gab Peter Grünauer den Band "Für Milo Dor. Das große kleine Dorf aus dem wir stammen" heraus, 1988 edierte Helmuth A. Niederle zu Ehren des Autors den Band "Milo Dor. Beiträge und Materialien". Anlässlich Milo Dors 80. Geburtstag gestaltete Dragi Bugarčić 2003 den "Roman über Milan Dor" mit Texten vom und über den Jubilar.

Seit 2014 erinnert der Milo-Dor-Weg auf dem Gelände des ehemaligen Gaswerkes Leopoldau an den Literaten.

Literatur

Weblinks