Max Winter

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Porträt Max Winter
Daten zur Person
Personenname Winter, Max
Abweichende Namensform
Titel
Geschlecht männlich
PageID 11173
GND 118820370
Wikidata Q214678
Geburtsdatum 9. Jänner 1870
Geburtsort Tárnok (Ungarn)
Sterbedatum 10. Juli 1937
Sterbeort Hollywood (USA)
Beruf Journalist, Politiker
Parteizugehörigkeit Sozialdemokratische Arbeiterpartei (SDAP)
Ereignis
Nachlass/Vorlass Wienbibliothek im Rathaus
Objektbezug
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien, Gedenktage, POLAR
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Recherche
Letzte Änderung am 3.11.2023 durch WIEN1.lanm09fri
Begräbnisdatum
Friedhof Evangelischer Friedhof Matzleinsdorf
Grabstelle Mauer links, Nummer 37
Bildname Max-winter.jpg
Bildunterschrift Porträt Max Winter

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Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft
  • Reichsratsabgeordneter (1911, bis: 1918)
  • Mitglied der Provisorischen Nationalversammlung (21. Oktober 1918, bis: 16. Februar 1919)
  • Vizebürgermeister (22. Mai 1919, bis: 1. Juni 1920)
  • Mitglied des Bundesrates (16. Oktober 1925, bis: 20. Juni 1933)
  • Mitglied des Provisorischen Gemeinderates der Stadt Wien (3. Dezember 1918, bis: 22. Mai 1919)
  • Mitglied des Gemeinderates der Stadt Wien (22. Mai 1919, bis: 10. November 1920)
  • Abgeordneter zum Wiener Landtag und Mitglied des Gemeinderates der Stadt Wien (10. November 1920, bis: 13. November 1923)
  • Provisorischer Stadtrat (3. Dezember 1918, bis: 22. Mai 1919)
  • Amtsführender Stadtrat Geschäftsgruppe Wohlfahrtseinrichtungen und Jugendfürsorge (1. Juni 1920, bis: Oktober 1920)
  • Bürger der Stadt Wien (Verleihung: 14. März 1930)

Max Winter, * 9. Jänner 1870 Tárnok (Ungarn), † 10. Juli 1937 Hollywood (USA), Journalist, Politiker.

Biografie

1873 kam Max Winters Familie nach Wien. Er besuchte das Untergymnasium und die Handelsschule und studierte Nationalökonomie, Geschichte und Philosophie an der Universität Wien. Ab dem 20. Lebensjahr widmete er sich dem Journalismus. Er arbeitete zunächst als Journalist beim "Neuen Wiener Journal". Mit 1. Jänner 1895 engagierte ihn Viktor Adler als Redakteur der "Arbeiterzeitung". Die soziologischen Studien in dieser Zeitung und anderen Blättern der sozialdemokratischen Presse wurden zu Büchern zusammengefasst: "Im dunkelsten Wien" (1904), "Das goldene Wiener Herz" (1905), "Im unterirdischen Wien" (1905). Sein Credo war: "Die ungesündeste Luft für den Berichterstatter ist die Redaktionsluft." Journalisten sollten "auf der Straße, in den Fabriken und Werkstätten, in den öffentlichen Gaststätten, in den Häusern und Wohnungen, auf den Sport- und Spielplätzen, in den Gerichtssälen, in den Polizeistuben, auf den Rettungswachen, in den Spitälern, Waisen- und Armenhäusern, in den Gefängnissen, in den Gemeindestuben Tag und Nacht mitten im Strom dieses Lebens schwimmen".

Winter schrieb Sozialreportagen über die untersten Gesellschaftsschichten und nahm für die Recherchen oft große Strapazen in Kauf. So ließ er sich beispielsweise, um eine authentische Gerichtsreportage liefern zu können, als Bettler auf der Straße verhaften. In einem anderen Fall lebte er in einem Obdachlosenheim. Zur Ergänzung seines Materials baute er die Ergebnisse wissenschaftlicher Forschungen ein.

Max Winters journalistische Arbeiten und Aktivitäten während des Ersten Weltkrieges waren gegen den Krieg gerichtet. Allein sein in zwei Bänden erschienenes Werk "Der österreichisch-ungarische Krieg in Feldpostbriefen" ist eine in vielerlei Hinsicht herausragende Dokumentation der harten, brutalen Erfahrungswelten des Krieges. Seine Sozialreportagen in der "Arbeiterzeitung" ordnete er einem Generalthema unter: Was macht der Krieg mit den Menschen? Wie setzt er ihnen zu? Besonders eindrucksvoll war Max Winters mehr als zwanzig Artikel umfassende Serie von Reisereportagen aus dem zerstörten Galizien. Er schrieb immer wieder über die Flüchtlinge in Wien und interessierte sich auch für die Krankheiten, die den Opfern des Krieges zusetzten: Typhus, Cholera, Tuberkulose. Mit anderen sozialdemokratischen Mandataren besuchte er Gefängnisse, Flüchtlingsheime oder Spitäler, um das Massenelend der Tuberkulosekranken und die skandalösen sanitären Bedingungen, das Elend von Frieren und Hungern anzuprangern. 1914 bis 1918 war er als Chefredakteur der "Arbeiterzeitung" tätig.

Auch im Reichsrat, dem er von 1911 bis 1918 als sozialdemokratischer Abgeordneter angehörte, griff er die skandalösen Zustände auf. Nach dem Ersten Weltkrieg war er Mitglied der Provisorischen Nationalversammlung. Sein politisches Engagement konzentrierte sich in der Ersten Republik aber auf die kommunale Ebene. Er gehörte dem Provisorischen Gemeinderat der Stadt Wien an, in dem er auch als Provisorischer Stadtrat fungierte. Für die Sozialdemokratische Arbeiterpartei kandidierte er ab 1919 im 9. Bezirk. Er war von 1919 bis 1920 Mitglied des Gemeinderates und fungierte als Vizebürgermeister, von 1920 bis 1923 war er Abgeordneter zum Wiener Landtag und Gemeinderat, wobei er 1920 für einige Monate als Amtsführender Stadtrat der Geschäftsgruppe Wohlfahrtseinrichtungen und Jugendfürsorge tätig war. Zudem war er von 1925 bis 1933 Abgeordneter des Bundesrates.

Max Winter machte sich in besonderer Weise um die 1908 in Graz gegründete "Kinderfreunde"-Bewegung verdient, deren Mitbegründer und Bundesobmann er von 1920 bis 1930 war. Mit der Aktion "Mühlstein" gelang es ihm, in ganz Österreich Kinderbibliotheken zu errichten. 1925 wurde der Sozialpolitiker zudem Präsident der Sozialistischen Erziehungsinternationale. Sein größtes Engagement galt allerdings weiterhin dem Journalismus. Die von ihm ursprünglich nur für den Wahlkampf 1923 gestaltete politische Frauenzeitschrift "Die Unzufriedene" war so erfolgreich, dass er sie als Periodikum (1930 lag die Auflage bei 130.000 Exemplaren) weiterführte.

Nach den Februarkämpfen 1934 und dem Verbot der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei gelang es Winter, Wien zu verlassen. Über Zürich, Paris und London gelangte er schließlich in die USA. Weil er in einer Veranstaltung der New Yorker Carnegie-Hall Engelbert Dollfuß als "Arbeitermörder" bezeichnete, wurde ihm am 17. Dezember 1934 wegen "österreichfeindlichen Verhaltens im Ausland" die Staatsbürgerschaft entzogen. Winter gelang es in den USA nicht mehr, sich als Journalist zu etablieren. Er starb völlig verarmt in einem Krankenhaus. Bei der Beisetzung seiner Urne am Matzleinsdorfer Evangelischen Friedhof im September 1937 versammelten sich tausende Menschen.

Winters journalistisches und literarisches Werk weist eine beeindruckende Vielfalt auf. Max Winter ist in den 1980er Jahren wiederentdeckt worden und gilt heute als Pionier der investigativen Sozialreportage. Bereits 1930 war der Politiker und Journalist mit der Auszeichnung "Bürger der Stadt Wien" geehrt worden. 1949 erhielt der Sterneckplatz in Wien-Leopoldstadt seinen heutigen Namen Max-Winter-Platz, auf dem auch das Winterdenkmal an ihn erinnert. Die Wienbibliothek im Rathaus verwahrt einen Teilnachlass, bestehend aus Werkmanuskripten, Redevorlagen und Notizen sowie Korrespondenzen von und an Max Winter, ferner Tagebücher und Fotografien.

Werke (Auswahl)

  • Max Winter: Das schwarze Wienerherz. Sozialreportagen aus dem frühen 20. Jahrhundert. Hg. von Helmut Strutzmann. Wien: Österreichischer Bundesverlag 1982
  • Max Winter: Arbeitswelt um 1900. Texte zur Alltagsgeschichte. Hg. von Stefan Riesenfellner. Wien: Europa-Verlag 1988 (Materialien zur Arbeiterbewegung, 49)
  • Max Winter: Expeditionen ins dunkelste Wien. Meisterwerke der Sozialreportage. Hg. von Hannes Haas. Wien: Picus 2006 (3. Aufl. 2018)
  • Max Winter: "Die Steigeisen der Kopflaus". Wiener Sozialreportagen aus den Anfängen des investigativen Journalismus. Hg. von Traude Korosa. Wien: Edition moKKa 2012

Quellen

Literatur

  • Alfred Pfoser: "Was hat Ihnen der Krieg gebracht?" Die Sozialreportagen des Max Winter im Ersten Weltkrieg. In: Werner Michael Schwarz / Ingo Zechner [Hg.]: Die helle und die dunkle Seite der Moderne. Festschrift für Siegfried Mattl zum 60. Geburtstag. Wien [u. a.]: Turia + Kant 2014, S. 30−37
  • Wolfgang R. Langenbucher / Fritz Hausjell / Andreas Ulrich [Hg.]: Vertriebene Wahrheit. Journalismus aus dem Exil. Wien: Ueberreuter 1995, S. 414 f.
  • Murray G. Hall / Gerhard Renner: Handbuch der Nachlässe und Sammlungen österreichischer Autoren. Wien [ u. a.]: Böhlau 1992 (Literatur in der Geschichte, Geschichte in der Literatur, 23)
  • Hanns Jäger-Sunstenau: Die Ehrenbürger und Bürger ehrenhalber der Stadt Wien. Wien: Deuticke 1992 (Forschungen und Beiträge zur Wiener Stadtgeschichte, 23), S. 84
  • Kurt Stimmer [Hg.]: Die Arbeiter von Wien. Ein sozialdemokratischer Stadtführer. Wien [u. a.]: Jugend & Volk 1988, S. 68 f., Register
  • Stefan Riesenfellner: Der Sozialreporter. Max Winter im alten Österreich. Hg. vom Verein Krit. Sozialwiss. u. Polit. Bildung. Wien: Verlag für Gesellschaftskritik 1987
  • Hans Schroth: Max Winter. Beiträge in der "Arbeiter-Zeitung". Teil I: 1896−1912. In: Archiv, Mitteilungsblatt des Vereins für Geschichte der Arbeiterbewegung 1/1983, S. 45−48; Teil II: 1913−1922. In: Archiv 2/1983, S. 68−71; Teil III: 1923−1933. In: Archiv 2/1983, S. 89−92
  • Werner Röder / Herbert A. Strauss: Biographisches Handbuch der deutschsprachigen Emigration nach 1933 / International biographical dictionary of Central European émigrés 1933−1945. Hg. vom Institut für Zeitgeschichte München und von der Research Foundation for Jewish Immigration. München [u. a.]: Saur 1980−1999
  • Norbert Leser [Hg.]: Werk und Widerhall. Große Gestalten des österreichischen Sozialismus. Wien: Verlag der Wiener Volksbuchhandlung 1964, S. 447 ff.
  • Hans Giebisch / Gustav Gugitz: Bio-Bibliographisches Literaturlexikon Österreichs von den Anfängen bis zur Gegenwart. Wien: Hollinek 1963
  • Franz Planer [Hg.]: Das Jahrbuch der Wiener Gesellschaft. Biographische Beiträge zur Wiener Zeitgeschichte. Wien: F. Planer 1929
  • Wienbibliothek Digital: Oswald Knauer: Der Wiener Gemeinderat 1861-1962. In: Handbuch der Stadt Wien. Band 77. Wien: Verlag für Jugend und Volk 1963
  • Wolfgang Solt: Mitglieder des Gemeinderates der Stadt Wien (Wiener Landtages) und des Stadtsenates der Stadt Wien (der Wiener Landesregierung) 1918-1934. Wien: 1995


Max Winter im Katalog der Wienbibliothek im Rathaus.


Weblinks