Lucie Neustein
Lucie Neustein, * 19. August 1985 Lemberg (Polen, heute Lviv (Ukraine)), † 2. Juli 1991, Malerin.
Biografie
Lucie Neustein wurde als Salomea Gross geboren. In den 1920er Jahren zog sie nach Wien, wo sie an der Akademie der bildenden Künste studierte. Sie war unter ihrem Künstlernamen Lucie Neustein tätig. Am 14. Oktober 1920 heiratete Lucie Neustein in Krakau Leopold Neustein (geboren 1890), einen promovierten Juristen, der später mit seinem Schwiegervater im Holzexportgeschäft arbeitete. Das Paar hatte zwei Kinder: Erik und Marietta.
Nach der nationalsozialistischen Machtübernahme Österreichs 1938 und der darauffolgenden Einführung antisemitischer Gesetze sah sich die Familie zur Flucht gezwungen. Die Kinder wurden zuerst in Sicherheit gebracht: Der 17-jährige Erik wurde nach England geschickt, wo er jedoch als Erwachsener galt und aufgrund anfänglicher Befürchtungen, deutsche jüdische Flüchtlinge könnten Spione sein, in ein Internierungslager in Kanada gesandt wurde. Marietta folgte mit einem Kindertransport und wurde in einem Internat in Schottland untergebracht. Lucie und Leopold Neustein flohen aus Wien nach Agen, einer kleinen Stadt in Südfrankreich, wo sie mit falschen Papieren überlebten (Lucie Neustein verwendete den Namen Lucienne Eoler). Lucie arbeitete dort als Künstlerin, um zum Lebensunterhalt beizutragen. Das Paar blieb nach der Befreiung Frankreichs in Agen. Ihre inzwischen erwachsenen Kinder Erik und Marietta blieben in Großbritannien.
Künstlerisches Werk
Lucie Neustein war für ihre ausdrucksstarken Porträts und lebendigen Blumenstücke bekannt. Ihre künstlerische Ausbildung erhielt sie an der Akademie der bildenden Künste in Wien, die zu dieser Zeit eine der führenden Kunsthochschulen Europas war.
In einer Rezension vom 3. Januar 1935 im Magazin "Österreichische Kunst" des Österreichischen Künstlerverbands wurde ihr "ein Talent von Eigenart und Echtheit" bescheinigt. Ebenso zeichneten sich laut Rezensent ihre Arbeiten durch "kräftige Farbigkeit und Elan" aus, was die Wertschätzung ihrer künstlerischen Individualität unterstreicht. Die Kunstzeitschrift hob besonders "die Frische ihrer Blumenstücke und der lebhaft gesehenen eindrucksvollen Porträts" hervor.[1] Ihre Werke wurden mehrfach in den Ausstellungen der Kunstgemeinschaft in Wien aufgenommen und finden sich auch in den Katalogen der Verkaufsausstellungen im Künstlerhaus und im Palmenhaus wieder.
Während ihrer Zeit im Exil in Frankreich setzte sie ihre künstlerische Tätigkeit fort und nutzte ihre Fähigkeiten, um zum Lebensunterhalt der Familie beizutragen. In ihrem Nachlass finden sich auf die 1950er Jahre datierte Rezensionen von Ausstellungen in Frankreich. Ihre Werke werden im Kunsthandel nach wie vor angeboten, vor allem Blumenstücke und gefällige Ansichten aus Agen und Umgebung. An ihren Erfolg konnte Lucie Neustein in der Nachkriegszeit nicht wieder anschließen. Anders als ebenso im Magazin "Österreichische Kunst" vorgestellte Künstler*innen, dessen Werke vom Belvedere übernommen wurden, findet sich heute kein Gemälde von Neustein in der Sammlung.
Ein bedeutender Teil von Lucie Neusteins künstlerischem Nachlass sowie Familienobjekte wurden 2018 von ihrem Enkel Colin Jenkins dem Florida Holocaust Museum gespendet. Diese Sammlung von 118 Kunstwerken, Fotos und Dokumenten ist Teil der ständigen Sammlung des Museums und wurde in der Ausstellung "A European Escape: The Journey of the Neustein Family" präsentiert, die im April 2018 eröffnet wurde.
Quellen
Literatur
- Florida Holocaust Museum receives large artifact donation. In: Jewish Press of Tampa Bay, 20.04.2018 [Stand: 05.05.2025]
- ANNO: "Die Malerin Lucie Neustein", In: Österreichische Kunst, 3. Januar 1935, S. 89
- Florida Holocaust Museum: A European Escape: The Journey of the Neustein Family [Stand: 05.05.2025]