Kriegsspitäler

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Aufnahmebaracke des Kriegsspitales Nr. 1 Ottakring, 1915
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Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Letzte Änderung am 10.11.2023 durch DYN.krabina
Bildname Aufnahmebaracke des Kriegsspitales Nr. 1 Ottakring.jpg
Bildunterschrift Aufnahmebaracke des Kriegsspitales Nr. 1 Ottakring, 1915

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Gruppe aus dem Kagraner Spital am 20.März 1915
Krankenbaracken im Kriegsspital Nr. 1 Ottakring, 1915
Übersichtsplan zum Kriegsspital Nr. 1 auf dem Areal zwischen Flötzersteig-Steinbruchstraße-Montleartstraße von Architekt Ferdinand Trumler; rechts im Bild ist das Wilhelminenspital zu erkennen.

Hilfsspitäler im Krieg

Während des Ersten und Zweiten Weltkriegs gab es in Wien zahlreiche Hilfsspitäler [Reservelazarette]), Rekonvaleszenten- und Genesungsheime, die in neuerrichteten Baracken, aber auch in beschlagnahmten Schulen und Hotels eingerichtet wurden.

Erster Weltkrieg

Im Jahr 1914 verfügte Wien über 38 Spitäler mit einer Kapazität von rund 8.600 Betten. Davon entfielen etwa 600 Betten auf Kinderspitäler. Dazu kamen noch sechs Nervenheilanstalten mit etwa 2.500 Betten und sieben Rekovaleszentenhäuser. In Summe konnten in diesen Anstalten in den Vorkriegsjahren etwa 140.000 Personen behandelt werden. Das war für Friedenzeiten nach dem damaligen Stand der Medizin und dem Krankenversicherungswesen viel, für einen längeren Krieg jedoch viel zu wenig. Im März 1915 bestanden bereits 306 Wiener "Spitäler", wobei nur 40 wirkliche Spitäler und 266 als "sonstige Spitalsunterkünfte" zu bezeichnen waren. Insgesamt befanden sich angeblich zeitweise 260.000 Militärpersonen in Wiener Spitälern.

Der Mangel an Spitalsinfrastruktur nötigte bald auch zu einer raschen Erweiterung der Kapazitäten durch Zu-, Um- und Neubauten. Ein besonderer Spitalstyp entstand mit den sogenannten "Baracken-Notspitälern" oder Kriegsspitälern. Diese Spitäler wurden seit Herbst 1914 nicht zuletzt, um die Ausbreitung von "Kriegsseuchen" zu verhindern, an den Stadträndern von Baumgarten, in Meidling, beim Arsenal, in Simmering bei der heutigen Wohnsiedlung Hasenleiten, Nummer 7 und 8 schließlich zwischen Grinzinger Allee und Daringergasse neben der Station Oberdöbling der Vorortelinie. Die Baracken wurden großteils bereits in der Zwischenkriegszeit abgerissen. Das Kriegsspital Nummer 3 wurde 1914/1915 in Baumgarten bei der heutigen Oberbaumgartner Pfarrkirche errichtet. Trotz seines Charakters als "Not-Spital" war es nach zeitgenössischen Standards gut ausgestattet. Es verfügte über einen Eisenbahnanschluss, Verwaltungsgebäude, gut belüftbare Bettenbaracken, Operationssäle, eine Apotheke, Großküche, Räume für Physiotherapien und eine Kirche.

Neben den Barackenspitälern wurden auch öffentliche Gebäude zu Reservespitälern umfunktioniert. Dazu zählten neben 65 städtischen Schulen auch das Parlament, die Universität, die Technische Hochschule, die Secession und auch das Künstlerhaus. Diese großen Gebäude eigneten sich durch die Existenz von Sälen, Hörsälen, Ausstellungsräumen und ihrer technischen Ausstattung besonders als Ersatzspitäler, auch wenn ihre Umfunktionierung für Zeitgenossen bizarr wirken musste und auf den ersten "totalen Krieg" verwies.

Das großteils "angelernte" Pflegepersonal kam nach stark verkürzter Ausbildungszeit zum Einsatz, da der Bedarf sehr groß war und bis Kriegsende nicht abnahm. Zusätzlich wurden in den ersten Kriegsmonaten auch deutsche Berufspflegerinnen angeworben. All das beförderte mittelfristig die Professionalisierung weiblicher Berufstätigkeit im Gesundheitswesen. Bunt war auch die Zusammensetzung der Patienten, die aus allen Teilen der Monarchie, den verbündeten Ländern und den Kriegsgegnern stammten. So bevölkerten rasch Bosnier, Ruthenen (Ukrainer), Russen, Serben und Angehörige anderer Nationalitäten die Wiener (Ersatz-)Spitäler.

Zweiter Weltkrieg

Im Zweiten Weltkrieg wurden keine Barackenspitäler eingerichtet. Vielmehr griffen Wehrmacht und SS bei der Einrichtung von "Reservelazaretten" neben dem Allgemeinen Krankenhaus und der Krankenanstalt Rudolfstiftung bevorzugt auf Ordensspitäler zurück. Zahlreiche Ordensspitäler wurden beschlagnahmt und als Reservelazarette verwendet. Zu diesen zählte das Barmherzige Schwestern Krankenhaus, welches als Reservelazarett II in Wien geführt wurde. Es verfügte 1942 über rund 500, 1944 über rund 600 Betten. Ein Kriegsgefangenenlazarett war eingegliedert. Am 5. November 1944 wurde das Haus von zehn Bomben getroffen. Das St.-Josef-Krankenhaus wurde am 9. September 1939 in ein Lazarett umgewandelt, am 28. August 1940 wieder für Zivilbelegung freigegeben, doch am 12. Mai 1941 neuerlich für Kriegsverwundete herangezogen. Gepflegt wurden großteils griechische, deutsche, ungarische und gegen Kriegsende russische Verwundete. Ab 5. April 1945 diente es als Feldlazarett.

Als Reservelazarette dienten weiters auch Sanatorien, Einrichtungen der Israelitischen Kultusgemeinde, Schulen, aber auch zahlreiche Hotels wie der Bayrischer Hof, das Hotel Stefanie und das Hotel Central im 2. Bezirk. Ab September 1943 wurden auch Barackenspitäler auf dem Gelände des Krankenhauses Ottakring und Krankenhauses Mödling errichtet.

Die Reservelazarette waren von I bis XXV durchnummeriert, wobei sich das Reservelazarett I im Hanusch-Krankenhaus befand. Es gab aber auch einige Lazarette ohne Ordnungsnummer.

Siehe auch: Vinzenz Gruppe

Literatur

  • Brigitte Biwald: Krieg und Gesundheitswesen. In: Alfred Pfoser / Andreas Weigl [Hg.]: Im Epizentrum des Zusammenbruchs. Wien im Ersten Weltkrieg. Wien: Metroverlag 2013, S. 394 ff.
  • Döblinger Museumsblätter. Wien: Museumsverein Döbling 1971 - lfd., SNr. 1 (1984), S. 22 ff. (darin enthalten: detaillierte Besprechung aller Objekte während des Ersten Weltkriegs im 19. Bezirk)
  • Hans-Georg Hofer: Mobilisierte Medizin. Der Erste Weltkrieg und die Wiener Ärzteschaft. In: Alfred Pfoser / Andreas Weigl [Hg.]: Im Epizentrum des Zusammenbruchs. Wien im Ersten Weltkrieg. Wien: Metroverlag 2013, S. 394 ff.
  • Werner Schubert: Favoriten. Wien: Mohl 1980, S. 91 (darin enthalten: "Kriegsnotspital Spinnerin am Kreuz" hinter dem Kaiser-Franz-Joseph-Spital, 1914 errichtetes Barackenlager mit 2.400 Betten)
  • Andreas Weigl: Mangel - Hunger - Tod. Die Wiener Bevölkerung und die Folgen des Ersten Weltkriegs. Wien: Wiener Stadt- und Landesarchiv 2014, (Wiener Geschichtsblätter Beiheft 1/2014; Veröffentlichung des Wiener Stadt- und Landesarchivs B 90)