Kramers Kaffeehaus

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Daten zur Organisation
Art der Organisation Kaffeehaus
Datum von 1719
Datum bis 1866
Benannt nach Josef Kramer
Prominente Personen
PageID 16598
GND
WikidataID
Objektbezug
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien, Paul Harrer: Wien, seine Häuser
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Letzte Änderung am 25.09.2019 durch WIEN1.lanm08mic
  • 1., Graben

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Café Kramer (1., Schlossergasse (1))

Die Anfänge unter Josef Kramer und Andreas Furthmoser

Seit 1719 besaß Josef Kramer ein Kaffeehaus in der Schlossergasse, nahe dem Graben. 1720 kaufte der Kaffeesieder das ganze Haus, in dem er schon zuvor einen Kaffeeschank eingerichtet hatte. Es handelte sich um ein äußerst dürftig eingerichtetes, beengendes und düsteres Lokal, was vor allem auf die Enge der Gasse und der dadurch ausbleibenden Sonneneinstrahlung zurückzuführen war. Das Inventar bestand aus einigen wenigen Tischen aus Eichenholz, einige davon mit Marmorplatten, vier Bänke und sechs schwarzgepolsterte, massive Lederstühle. Kramer selbst scheint am späteren Ruhm seines Kaffeehauses nicht viel beigetragen zu haben, denn erst unter seinem Nachfolger Andreas Furthmoser, Mitglied des äußeren Rates, Kirchenmeisters von St. Stephan und Hauptmann des Bürgermeisterregiments, der mit seiner Frau Elisabeth am 28. September 1747 das Haus, das Kaffeehaus aber erst im Jahr 1750 kaufte, dürfte das Lokal seine spätere Anziehungskraft erhalten haben.

Das literarische Kaffeehaus unter Johann Michael Hertl

1771 erwarb Johann Michael Hertl gemeinsam mit seiner Frau Katharina das Kaffeehaus und alsbald erreichte es große Bekanntheit. Er bemerkte den Wandel innerhalb der Gesellschaft im ausgehenden 18. Jahrhundert und erkannte die Literaten und Schriftsteller als bedeutendes Klientel der Kaffeehäuser an. Indem er im Gegensatz zu anderen Kaffeehäusern reichlich Lesestoff zur Verfügung stellte, wurde das Café Kramer zum Stammlokal und Treffpunkt der Dichter und Philosophen zum gegenseitigen Austausch. Im Café des Johann Michael Hertl lagen fast alle Zeitungen und Zeitschriften aus Deutschland und die wenigen Wiener Journale auf. Vor dem Café platzierte Hertl große hölzerne Bänke, um wenigstens einen kleinen Schanigarten in der schmalen Gasse bieten zu können. Trotz der einfachen Einrichtung war das Kaffeehaus bereits zweistöckig. Im ersten Stock befand sich ein Billardzimmer mit zwei Billardtischen, wo sich die Spieler trafen, während das Erdgeschoss den Zeitungslesern vorbehalten war. Um 1780 zählte das Café Kramer zu den meistbesuchtesten Kaffeehäusern Wiens. Aus einem Reisebericht von Philipp Röder aus dem Jahr 1789 geht hervor: "Unter den Kaffeehäusern (in Wien) ist ein gelehrtes Kaffeehaus, das Kramersche in der Goldschmiedgasse nahe am Graben. Hier in dieser Spelunke, wo man am hellen Tage in der Finsternis sitzt, bekommt man gelehrte Zeitungen zu lesen. Vielleicht ist die Finsternis Ursache, daß sich die Lesenden auf die Straße heraussetzen und auf kleinen Tischchens ihren Kaffee vor sich stehen haben". [1] Hertl abonnierte immer mehr Zeitungen und der Bestand wuchs weiter an. Das Café Kramer zählte Gustav Gugitz zufolge zunächst nicht zu den, sich in der josephinischen Zeit entwickelnden politischen Kaffeehäuser. Vielmehr soll es im Kramer'schen Kaffeehaus recht ruhig gewesen sein und nur selten soll es zu politischen Diskussionen gekommen sein. Zu den Gästen im Café zählten Cornelius Hermann Paul von Ayrenhoff, Alois Blumauer, Lorenz Leopold Haschka, Franz von Ratschky, Franz Stephan Rautenstrauch und viele andere Gelehrte. Erst mit dem Ende des 18. Jahrhunderts entwickelte sich das Kaffeehaus in die politische Richtung und wurde mitunter als "finsterer politischer Tempel" oder "diplomatisches Kaffeehaus" bezeichnet.

Die Verlegung des Kaffeehauses auf den Graben unter Anton List

Am 11. Mai 1797 starb Johann Michael Hertl und das Café Kramer ging an seine Frau Elisabeth über. Unter ihr und ihren Nachfolgern verlor es bald seinen alten Ruf. Die literarischen Stammgäste blieben nach 1800 aus und der Bestand an Zeitschriften nahm ab. Andere Besucher, die nicht der Zeitungen wegen kamen, konnten sich mit dem düsteren Lokal nur wenig anfreunden. Als am 11. Mai 1799 Anton und Anna List den Betrieb übernahmen, mussten sie ihn daher auf andere Besucher umstellen. Sie vergrößerten das Lokal und bezogen den ersten Stock des anstoßenden Hauses zur goldenen Krone neben dem sogenannten Elefantenhaus am Graben mit ein. Unter hohem Kostenaufwand wurden die Zimmer neu möbliert, zwei neue Billards kamen hinzu und ein neuer Eingang wurde gebaut. Nun hatte das Kaffeehaus eine Aussicht auf den Graben zu bieten. Die Konkurrenz von List beschwerte sich allerdings bei den Behörden, da der Ausbau des Kaffeehauses auf das anliegende Gebäude eigentlich nicht vorgesehen war. Die Behörden stimmten diesen Bedenken zu und erklärten, dass das Kramer'sche Kaffeehaus in seinen Grundmauern bestehen bleiben sollte. Nach lang andauernden Auseinandersetzungen wurde List vom Kaiser höchstpersönlich die Erweiterung des Lokals gestattet. Dies bedeutete zugleich aber den Untergang des Urlokals. Unter den Nachfolgern von Anton und Anna List, Blasius und Theresia Tschitschmann (im Café Kramer ab 1804) wurde das alte Lokal gänzlich aufgegeben und der Betrieb wurde 1821 in das Haus zur goldenen Krone, in den ersten Stock, verlegt. In den alten Zimmern wurde später eine Lederhandlung eingerichtet. Im an das alte Café Kramer angrenzenden Haus "zum Haidvogel" wurde indes ein literarisches Gasthaus, die Ludlamshöhle, eingerichtet. Die verbliebenen literarischen Stammgäste des Kramer'schen Kaffeehauses fanden sich in der Folge zumeist dort ein. Der Besitzer der Ludlamshöhle, Bonifaz Haidvogel, kaufte im Jahr 1830 von Theresia Tschitschmann, deren Mann bereits gestorben war, das Kaffeehaus Kramer. Dieses Café erinnerte nun nicht mehr viel an das alte Lokal: die innere Ausstattung galt als äußerst elegant und die Gesellschaft als sehr fein. 1866, das Café Kramer war zuletzt in den Händen von Josef und Magdalena Brandstätter, verschwand das Kaffeehaus mit dem Abbruch des Elefantenhauses am Graben.

Literatur

  • Franz Gräffer: Kleine Wiener Memoiren und Wiener Dosenstücke. In: Denkwürdigkeiten aus Alt-Österreich. Band 13, S. 341-342
  • Gustav Gugitz: Das Wiener Kaffeehaus. Ein Stück Kultur- und Lokalgeschichte. Wien: Dt. Verlag für Jugend und Volk 1940, S. 62-68
  • Gustav Gugitz: Bibliographie zur Geschichte und Stadtkunde von Wien. Hg. vom Verein für Landeskunde von Niederösterreich und Wien. Band 3: Allgemeine und besondere Topographie von Wien. Wien: Jugend & Volk 1956, S. 374
  • Paul Harrer-Lucienfeld: Wien, seine Häuser, Geschichte und Kultur. Band 1, 1. Teil. Wien ²1953 (Manuskript im WStLA), S. 163-164
  • Das Wiener Kaffeehaus. Von den Anfängen bis zur Zwischenkriegszeit (Katalog zur 66. Sonderausstellung des Historischen Museums der Stadt Wien), Wien: Eigenverlag der Museen der Stadt Wien 1980, S. 29-31 und 56

Einzelnachweise

  1. Gustav Gugitz: Das Wiener Kaffeehaus. Ein Stück Kultur- und Lokalgeschichte. Wien: Deutscher Verlag für Jugend und Volk 1940, S. 64