Kläranlage Blumental

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Die Kläranlage Blumental
Daten zum Bauwerk
Art des Bauwerks Kanalisation
Datum von 1970
Datum bis 2005
Andere Bezeichnung
Frühere Bezeichnung
Benannt nach
Einlagezahl
Architekt
Prominente Bewohner
PageID 41611
GND
WikidataID
Objektbezug Kanalisation, Kanal, 1945 bis heute
Quelle
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Letzte Änderung am 9.04.2024 durch WIEN1.lanm08uns
Bildname Klaeranlage-blumental-gr.jpg
Bildunterschrift Die Kläranlage Blumental
  • 23., Großmarktstraße 5

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48° 8' 35.18" N, 16° 21' 58.39" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Kläranlage Blumental (23., Großmarktstraße 5).

Die erste mechanisch-vollbiologische Kläranlage Wiens

Vorgeschichte

Schon im Jahr 1913 wurde über Anregung der mit Landesgesetz vom 27. August 1912 ins Leben gerufenen Liesingtal-Kanalisation-Konkurrenz ein Detailprojekt zur Kanalisierung der Liesingtal-Gemeinden Schwechat, Rannersdorf, Kledering, Ober- und Unterlaa, Rothneusiedl, Inzersdorf, Siebenhirten, Erlaa, Atzgersdorf, Mauer, Liesing, Perchtoldsdorf, Rodaun, Kalksburg und Kaltenleutgeben ausgearbeitet. Dieses Projekt sah den Bau von Schmutzwasserkanälen entlang des Liesingbaches, Frauenbaches und Kalten Ganges bis Mannswörth mit der Ausmündung in das Ziegelwasser, einem ehemaligen Nebenarm der Donau, vor. Für die Abfuhr der Regenwässer wurde jeweils der kürzeste Weg zum Liesingbach beziehungsweise zur Schwechat mit ihren Nebengerinnen vorgesehen. Der Bemessung der Schmutzwasserkanäle wurde ein täglicher Wasserverbrauch von 50 bis 150 Liter pro Kopf zugrunde gelegt, wobei angenommen wurde, dass die Hälfte dieser Menge in zehn Stunden zum Abfluss kommen wird. Die letztangeführte Menge galt für Wiener Verhältnisse. Einzelne Industrien und Brauereien wurden mit gesonderten Tagesmengen in Rechnung gestellt. Auf diese Weise ergab sich eine Gesamtmenge an anfallendem Schmutzwasser von 875 Litern pro Sekunde. Die Finanzierung und Verwaltung oblag der bereits genannten Liesingtal-Kanalisations-Konkurrenz.

Mit dem Bau der Liesingtalsammelkanäle wurde im Jahre 1916 begonnen, wobei der Baufortschritt den gegebenen wirtschaftlichen Verhältnissen entsprechend jeweils schneller oder langsamer vor sich ging. 1969 reichte der rechte Liesingtalsammelkanal, mit Ausnahme eines kurzen Stückes im Bereich von Liesing, das jedoch bereits im Bau war, von Mannswörth bis Kaltenleutgeben. An ihn schließt mit Unterdrückung der Liesing bei Neusteinhof der linke Liesingtalsammelkanal an, der bis Kalksburg reicht. Durch die mit Gesetz vom 1. Oktober 1938 erfolgte Eingemeindung der Liesingtal-Gemeinden in das Stadtgebiet von Wien (Groß-Wien) und der Auflösung der Liesingtal-Kanalisations-Konkurrenz oblag der weitere Ausbau und die Verwaltung der Liesingtalsammelkanäle der Stadt Wien. Erst mit der im Jahre 1954 erfolgten neuerlichen Änderung der Grenzen des Wiener Stadtsgebietes fiel die unterste Strecke des rechten Liesingtalsammelkanals im Bereich von Rannersdorf, Schwechat und Mannswörth, die unter anderen mit Gesetz vom 1. Oktober 1938 in das Gebiet von Wien einbezogen worden war, wieder außerhalb Wiens. Im Hinterblick auf die Wichtigkeit dieses Streckenabschnittes auch für die klaglose Abfuhr der oberhalb, also auf Wiener Gebiet anfallenden Schmutzwässer, hat sich die Stadt Wien die Verwaltung, Erhaltung und Räumung auch dieses Streckenabschnittes des rechten Liesingtalsammelkanals vorbehalten, wobei die anlaufenden Kosten anteilmäßig auf Wien und Schwechat aufgeteilt werden.

Durch die Erschließung größerer Gebiete im 10. und 23. Bezirk einerseits sowie auch durch den allgemein wesentlich höheren Kopfwasserverbrauch andererseits war die Wasserführung 1969 bereits wesentlich höher als die bei der Projektierung der Kanäle angenommene Menge von 875 Litern pro Sekunde. Es musste daher für die Aufnahme der noch in Zukunft anfallenden Abwässer in den bereits teils ausgelasteten, teils überlasteten Teilstrecken der Liesingtalsammelkanäle eine Entlastungsmöglichkeit geschaffen werden. Hierfür boten sich zwei Möglichkeiten an. Die eine war der Bau von Entlastungskanälen. Hierbei hätten sich schon aus Verkehrsgründen große Schwierigkeiten ergeben, aber gänzlich unmöglich wäre es gewesen, von der zuständigen obersten Wasserrechtsbehörde die Genehmigung zu einer weiteren Ausmündung eines Schmutzwasserkanals ohne Vorreinigung in die Donau oder eines Nebenarmes derselben zu erlangen. So entschied man sich nach eingehendem Studium für die zweite Möglichkeit, noch auf Wiener Gebiet eine Entlastungskläranlage zu errichten. Derartige Anlagen, die dazu dienen, bereits überlastete Kanalnetze zu entlasten, wurden schon 1969 häufig auch in anderen Städten und Ländern geplant und gebaut.

Planung

Bei der Planung der Kläranlage waren nicht nur der aktuelle Stand der Kanalisation im vorgesehenen Einzugsgebiet zu berücksichtigen, sondern es musste vor allem auch auf die künftige Entwicklung von Bevölkerung und Industrie im gesamten Einzugsbereich Bedacht genommen werden. So mussten in die Planung der Kläranlage auch die niederösterreichischen Gemeinden Perchtoldsdorf und Vösendorf einbezogen werden, erstere wegen ihrer seinerzeitigen Mitgliedschaft an der Liesingtal-Kanalisations-Konkurrenz, letztere weil sich die geplante Südrandbebauung der Stadt Wien auch auf Vösendorfer Gebiet erstrecken würde. Auch die Abwässer aus Teilen des 12. Bezirks, die bis 1970 in der Kläranlage Gelbe Haide einer mechanisch-vollbiologischen Reinigung unterzogen wurden, sollten wegen Überlastung dieser Anlage in der künftigen neu zu schaffenden Kläranlage gereinigt werden. Betriebliche und wirtschaftliche Gründe sprachen dafür, die Kläranlage Gelbe Heide nicht zu erweitern, sondern künftig nur die zur Behandlung des Regenwassers vorhandenen Regenwasserklärbecken weiterhin in Betrieb zu halten.

Nach langwierigen Untersuchungen und gründlichen Überlegungen bot sich als günstigster Standort die Riede Blumental im 23. Bezirk, Inzersdorf, an, die im Norden vom Liesingbach und im Osten von der Bahnlinie Wien-Pottendorf begrenzt wird.

Um die entsprechenden Unterlagen für die Bemessung der Anlage zu erhalten, führte die Stadt Wien in der Zeit vom 3. bis 10. November 1965 Wassermengenmessungen sowohl im Zulauf zur Kläranlage Gelbe Heide als auch im rechten Liesingtalsammelkanal unmittelbar westlich der Pottendorfer Linie durch. Es ergaben sich im Mittel im Zulauf zur Kläranlage Gelbe Heide ein Durchschnittswert von 250 Litern pro Sekunde und im rechten Liesingtalsammler von 505 Litern pro Sekunde. Die Beschaffenheit des Abwassers im Liesingtalsammelkanal wurde im Rahmen des in den Jahren 1962 bis 1964 von Prof. Dr. Liebmann (München) gemeinsam mit der Hygienisch-Bakteriologischen Untersuchungsanstalt der Stadt Wien und der Magistratsabteilung 30 durchgeführten Untersuchungen über die Wassergüte der Donau bestimmt. Hierbei wurde im Allgemeinen ein Tageshöchstwert von etwa 300 Milligramm pro Liter BSB5 festgestellt. Der Bemessung für die erste Ausbaustufe wurde dementsprechend eine Spitzenwassermenge von 1.000 Litern pro Sekunde und eine organische Belastung von 150.000 Einwohnergleichwerten zugrundegelegt. Nach Schätzungen wurde für die Zukunft mit 200.000 Einwohnerinnen und Einwohnern und etwa 80.000 Arbeitsplätzen gerechnet, sodass für die zweite Ausbaustufe mit einem Spitzenwasseranfall von 2.000 Litern pro Sekunde gerechnet wurde. Bei größter Ausnützung der Bebauungsmöglichkeiten wäre die Anlage aufgrund entsprechender Reserveflächen sogar für 300.000 Einwohner und 100.000 Arbeitsplätze geeignet.

Im Jahre 1965 beauftragte die Stadt Wien das Institut für Wasserversorgung, Abwasserreinigung und Gewässerschutz an der Technischen Hochschule Wien (Leitung: Prof. Dr. Ing. Wilhelm von der Emde) mit der Ausarbeitung eines Projektes zur Errichtung einer Kläranlage in Wien 23, Inzersdorf-Blumental. Dem Projekt entsprechend und nach Genehmigung durch den Wiener Gemeinderat wurde am 17. April 1967 mit dem Bau einer mechanisch-vollbiologischen Anlage, jedoch entgegen der herkömmlichen Art, unter Verzicht auf eine Vorklärung, begonnen. Bei der Wahl des Behandlungsverfahrens, ob Tropfkörper- oder Belebungsverfahren, war bestimmend, dass es sich um eine Entlastungskläranlage handelt, diese also betriebssicher und gegenüber Belastungsstößen anpassungsfähig sein muss, dass das Rohabwasser gehoben werden muss, mit erheblichem Industrieabwasseranfall gerechnet werden muss und auf eine Vorklärung verzichtet werden sollte, was nur bei einem Belebungsverfahren möglich ist. Diese letzte Forderung wurde im Hinblick auf eine in Zukunft günstige und wirtschaftliche Lösung der Schlammfrage erhoben. Für die Stadt Wien dürfte sich als zweckmäßigste Lösung eine zentrale Behandlung des aus dem gesamten Stadtbereich anfallenden Schlammes in der geplanten Hauptkläranlage in Wien 11, Kaiserebersdorf, anbieten. Deshalb sollte vorläufig und vorübergehend in der Kläranlage Inzersdorf-Blumental auf eine besondere Schlammbehandlung verzichtet werden. Bis zur endgültigen Lösung der Schlammfrage im Rahmen der Hauptkläranlage wurde der auf der Kläranlage Blumental anfallende Schlamm teilweise stabilisiert wieder dem Liesingtalsammler zugeleitet.

Die Kläranlage Blumental im Bau (1967)

Die Errichtung der Anlage wurde in zwei Ausbaustufen vorgesehen, und zwar in der ersten Ausbaustufe für 150.000 EGW, in der zweiten Ausbaustufe für 300.000 EGW, wobei jedoch sämtliche Bauwerke mit Ausnahme der erforderlichen weiteren zwei Nachklärbecken bereits in der ersten Ausbaustufe für den Bedarf der zweiten Stufe ausgelegt wurden.

Demnach bestand die Anlage nach Fertigstellung der ersten Ausbaustufe im einzelnen aus nachstehenden Bauwerken:

  1. Vereinigungsbauwerk (Zusammenführung von drei Zubringerkanälen).
  2. Schneckenhebewerk: drei Schneckenpumpen mit einer Leistung von je 1.000 l/s, so dass bei einem Spitzenwasseranfall von 2.000 l/s immer noch eine Reservepumpe mit 1.000 l/s Leistung zur Verfügung steht; Förderhöhe 3,10 m; Antriebsleistung je Pumpe 75 kW.
  3. Rechenanlage: drei Greiferrechen von je 2 m Breite, Stababstand 25 mm; Antriebsleistung je Rechen 1,5 kW.
  4. Belüfteter Sandfang: Beckeninhalt 270 m3; Länge 27 m; Aufenthaltszeit des Abwassers 2,2 min; Horizontalfließgeschwindigkeit 0,2 m/s; Spiralfließgeschwindigkeit 0,3 m/s; Belüftung durch zwei Drehkolbengebläse à 150 hm3/h mit einer Antriebsleistung von 3 kW je Gebläse; Sandfanglängsräumer, Antriebsleistung 0,75 kW für Fahrwerk, 0,25 kW für Hubvorrichtung.
  5. Vorklärbecken entfällt.
  6. Belebungsbecken: Beckeninhalt 11.800 m3, 150 m lang, 34 m breit, durch eine Trennwand in zwei 17 m breite Umlaufbecken unterteilt. Wassertiefe zirka 2,5 m. Belüftung durch 12 Stück Mammutrotorpaare, Bestückungslänge 2 x 7,5 m je Paar. Antriebsleistung 75 kW je Rotorpaar; Eintauchtiefe der Rotoren 30 cm; Umdrehungszahl 70 U/min. Belüftungszeit ungefähr zwei Stunden.
  7. Verteilungsbauwerk (Verteilung des Abwasser-Schlamm-Gemisches aus dem Belebungsbecken auf die beiden Nachklärbecken des Ausbauzustandes I bzw. später auf die vier Nachklärbecken des Ausbauzustandes II).
  8. Nachklärbecken (rund): zwei Becken mit einem Durchmesser von 45 m; Beckeninhalt beider Becken 9.400 m3; Gesamtwehrlänge beider Becken zirka 700 m; je Becken ein Rundräumer, Antriebsleistung 2 kW. Aufenthaltszeit 2,6 Stunden.
  9. Rücklaufschlammhebewerk: zwei Schneckenpumpen mit einer Leistung von je 700 l/s; Förderhöhe 1,2 m; Antriebsleistung 15 kW je Pumpe.
  10. Betriebsgebäude: Es enthält die notwendigen Räume für den Betriebsleiter (Schaltwarte), Untersuchungslaboratorium, Schulungsraum (Besucherraum), Werkstätten und Garagen. Dazu kommen die Sozialräume für das Klärwerkspersonal wie Aufenthalts-, Wasch- und Umkleideräume. Es wurde so ausgelegt, dass es auch den Anforderungen des Ausbauzustandes II entspricht.

Begünstigt durch ein verhältnismäßig gutes Bauwetter und einem unter dem Durchschnittsmittel liegenden Grundwasserstand konnten die Bauarbeiten früher als vorgesehen abgeschlossen werden. Nach einer Bauzeit von nur zwei Jahren und zwei Monaten konnte die Anlage durch den Herrn Bürgermeister der Stadt Wien am 14. Juni 1969 ihrer Bestimmung übergeben werden.

1969 wurde vorausgesehen, dass die Kosten der Anlage unter dem hiefür vorgesehenen Betrag von 46 Millionen Schilling bleiben würden.

Die Anlage befand sich 1969 im Stadium des Einfahrens. Die bis dahin durchgeführten Strömungs-Sauerstoffeintrag- und sonstigen Messungen ergaben Werte, die den in der Berechnung zugrunde gelegten Werten entsprachen bzw. diese sogar übertraffen, so dass angenommen wurde, dass der angestrebte Abbau des BSB5/l im Ablauf der Kläranlage sicherlich erreicht würde.

Die Kläranlage Blumental nahm 1970 ihren Betrieb auf, ihr Einzugsgebiet betrug 3.200 Hektar. Über den Rechten sowie den Linken Liesingtalsammelkanal wurde ihr das Abwasser zugeführt, welches nach der Klärung in den Liesingbach abgeleitet wurde. Aufgrund der strengen Regulierung und der niedrigen Wasserführung der Liesing wurde der Bach dadurch übermäßig belastet. 2005 wurde die Schmutzwasserreinigung eingestellt und die Abwässer über den Liesingtal Kanal direkt zur Hauptkläranlage Simmering geleitet.

Die Klärbecken der Anlage dienen nun als Hochwasserauffangbecken, welche 20 Millionen Liter Wasser aufnehmen können und mit 3000 Litern pro Sekunde befüllt werden können. So kann die Hauptkläranlage bei Hochwasser entlastet werden.

Siehe auch:

Literatur

  • Leopold Schwarz: Die mechanisch-vollbiologische Kläranlage in Wien 23, Inzersdorf-Blumental. Wien 1969