Kirchmeister

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Daten zum Begriff
Art des Begriffs Berufsbezeichnung
Andere Bezeichnung
Frühere Bezeichnung
Nachweisbar von
Nachweisbar bis
Objektbezug Mittelalter, Erzdiözese Wien
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Letzte Änderung am 29.09.2022 durch WIEN1.lanm08son


Kirchmeister waren Amtsträger der Wiener Stadtverwaltung, denen die Aufsicht über das Baubudget bestimmter Kirchen oblag und denen ein Kirchschreiber als Kanzleileiter zur Seite stand.

1) St. Stephan: Bei der Wiener Hauptpfarrkirche St. Stephan sind Kirchmeister ab 1334 nachweisbar; sie waren sowohl dem Wiener Rat wie der Pfarrgemeinde verantwortlich und amtierten in einem Gebäude auf dem Areal des heutigen Churhauses (1., Stephansplatz 3). Ihre Rechnungsbücher sind im Wiener Stadt- und Landesarchiv erhalten (1404-1821, jedoch mit großen Lücken). Ab 1813 führten sie den Titel Kirchenpropst, 1828 wurden sie der Aufsicht der niederösterreichischen Regierung unterstellt, 1855 (Konkordat) ging das Kirchmeisteramt zu St. Stephan an die Dompfarre über.

2) St. Michael: Bei der Stadtpfarrkirche St. Michael sind Kirchmeister ab 1325 belegt. Ihre Rechnungsbücher (1443-1626, jedoch mit großen Lücken) verwahrt das Archiv der Salvatorianer. Die Funktion der Kirchmeister erlosch mit der Übergabe von St. Michael an die Barnabiten (1626).

3) Maria am Gestade: Hier gab es nachweislich ab 1424 städtische Kirchmeister, obwohl diese Kirche keinen Pfarrsprengel hatte, sondern bis 1302 dem Schottenstift, 1302-1357 der Familie Greif, 1357-1391 dem Bischof von Passau, 1391-1395 der Familie Liechtenstein, 1395-1409 den österreichischen Landesfürsten und 1409-1805 wieder dem Bischof von Passau gehörte. Die Stadt Wien berief sich 1677 darauf, dass ihr das „Vogteirecht" von den Liechtenstein übertragen worden sei; es erlosch spätestens 1783. Rechnungsbücher haben sich nicht erhalten.

Grundlagen der Tätigkeit und Aufgaben

Eine Instruktion für den Kirchmeister von St. Stephan aus dem Jahr 1650 fasst seine Befugnisse und Pflichten zusammen. An diesen dürfte sich im Laufe der Jahrhunderte wenig geändert haben. Ihm war demzufolge die oberste Sorge für die Kirche, der Bau, die Reinlichkeit im Dom und auf dem Friedhof, die Überwachung des Personals, der Schutz der Gläubigen gegen ungerechte Forderungen der Kirchendiener, die gesamte Geldgebahrung, die Einhebung der Kirchengefälle, die Vermietung der Kirchenstühle, die Anweisung der Grabstellen, die Auszahlung der Besoldungen und Löhne, die Verwaltung der Kirchengüter Häuser und Weingärten und die Verwahrung des Kirchenschatzes anvertraut. Die Grundlage seiner Tätigkeit bildete das Kirchenbuch, das allerdings nicht erhalten ist. Es dürfte in der Art des für die Bürgerspitalsverwaltung angelegten Handbuchs und des städtischen Gültenbuchs von 1418 eingerichtet gewesen sein und den Besitz der Kirche sowie ihre Einkünfte, die zum Bau gewidmeten Schenkungen, enthalten haben. Alljährlich hatte er dem Bürgermeister und Rat Rechnung zu legen. Die Rechnungslegung wurde durch ein auf Kosten der Kirche veranstaltetes Mahl gefeiert. Den Abschluss besiegelte die Übergabe eines Raitbriefs an den Kirchmeister. Dieser Bezog für sein Ehrenamt keine Besoldung. Erst in der Instruktion von 1700 erhielt er besondere Bezüge zugesprochen.[1]

Quellen

  • Karl Uhlirz (Hg.): Die Rechnungen des Kirchmeisteramtes von St. Stephan zu Wien, Wien: Braumüller 1902.

Literatur

  • Karl Albrecht-Weinberger: St. Michael. Stadtpfarrkirche und Künstlerpfarre von Wien, 1288 - 1988 ; Historisches Museum der Stadt Wien, 26. Mai - 2. Oktober 1988. Wien: Eigenverl. d. Museen d. Stadt Wien 1988, S. 25 ff., S. 74 (Sonderausstellung des Historischen Museums der Stadt Wien, 113) S. 25 ff., 74
  • Carl Dilgskron: Geschichte der Kirche Unserer lieben Frau am Gestade zu Wien. Wien: Mayer 1882, S. 47 f., 83, 95, 116, 121
  • Viktor Flieder: Stephansdom und Wiener Bistumsgründung. Wien: Wiener Dom-Verl. 1968, S. 831 f.
  • Franz Klein-Bruckschwaiger: Das Kirchmeisteramt zu St. Stephan in der Wiener Stadtverfassung. In: Wiener Geschichtsblätter. Wien: Verein für Geschichte der Stadt Wien 1969 Band 24, S. 502 ff.
  • Richard Perger: Die Baumeister des Wiener Stephansdomes im Spätmittelalter. In: Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte. Band 23, 1970, S. 66 ff.
  • Gerlinde Sanford: Wörterbuch von Berufsbezeichnungen aus dem siebzehnten Jahrhundert. Gesammelt aus den Wiener Totenprotokollen der Jahre 1648-1668 und einigen weiteren Quellen. Bern / Frankfurt am Main: Lang 1975 (Europäische Hochschulschriften. Reihe 1: Deutsche Sprache und Literatur, 136), S. 64

Einzelnachweise

  1. Uhlirz (Hg.), Rechnungen XIII f.