Julius Ofner

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Julius Ofner, 1915
Daten zur Person
Personenname Ofner, Julius
Abweichende Namensform
Titel Dr. iur.
Geschlecht männlich
PageID 24546
GND 118831240
Wikidata Q1245823
Geburtsdatum 20. August 1845
Geburtsort Horschenz, Böhmen
Sterbedatum 26. September 1924
Sterbeort Wien
Beruf Jurist, Politiker
Parteizugehörigkeit
Ereignis
Nachlass/Vorlass
Objektbezug
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien, Gedenktage, Gedenktage-GW
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Letzte Änderung am 7.09.2023 durch WIEN1.lanm09was
Begräbnisdatum 2. Oktober 1924
Friedhof Alter Israelitischer Friedhof
Grabstelle Gruppe 52A, Reihe 1, Nummer 22
Ehrengrab Ehrengrab
Bildname JuliusOfner.jpg
Bildunterschrift Julius Ofner, 1915
  • 19., Peter-Jordan-Straße 82 (Sterbeadresse)
Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft
  • Mitglied des Abgeordnetenhauses des Reichsrates (1901 bis 1918)
  • Abgeordneter zum Niederösterreichischen Landtag (28.12.1896 bis 08.09.1902) Abgeordneter der Städte, Wien I
  • Mitglied der Provisorischen Landesversammlung von Niederösterreich (05.11.1918 bis 04.05.1919)
  • Mitglied der Provisorischen Nationalversammlung (21.10.1918 bis 16.02.1919)

Julius Ofner, * 20. August 1845 Horschenz (Böhmen), † 26. September 1924 Wien, Jurist, Politiker.

Biografie

Der Sohn eines jüdischen Kaufmanns und Landwirts wurde im nordböhmischen Horschenz geboren und besuchte das Gymnasium in Komotau. Von 1863 bis 1865 studierte er Rechtswissenschaften an der Universität Prag und anschließend an der Universität Wien, wo er sein Studium 1869 mit dem Dr. jur. abschloss. Vermutlich ab den späten 1870er Jahren wurde Ofner als Hof- und Gerichtsadvokat tituliert. Nach dem Studienabschluss war er als Advokat tätig und publizierte zu Fachthemen. Vor allem in den 1880er Jahren wurden seine Vorträge und Texte regelmäßig in verschiedenen juristischen Blättern abgedruckt. Auch gab er den "Ur-Entwurf" und die Beratungsprotokolle des Österreichischen Allgemeinen Gesetzbuches heraus und leistete dadurch einen wichtigen Beitrag zur Rechtsgeschichte. Davon überzeugt, dass Rechtsfragen alle Menschen beträfen, schrieb Ofner aber nicht nur für ein Fachpublikum über juristische Themen, sondern auch für Laien – diese Texte erschienen etwa in der "Neuen Freien Presse" oder der "Arbeiterzeitung".

Um die Mitte der 1890er Jahre wurde Julius Ofner politisch aktiv, da er in dieser Tätigkeit einen Weg sah, seine juristischen Ansichten in die Praxis umzusetzen. 1894 kandidierte er erstmals für die Reichsratswahlen, konnte allerdings kein Mandat erreichen. Von 1896 bis 1902 gehörte er dann als Abgeordneter der Städte für die Innere Stadt dem Niederösterreichischen Landtag an und vertrat dort mit Ferdinand Kronawetter und Eugen Philippovich von Philippsberg eine gemeinsame politische Ausrichtung. In den Jahren 1901 bis 1918 war er parteiloser Reichsratsabgeordneter – er selbst bezeichnete sich als "Sozialpolitiker". Nach dem Ende der Monarchie gehörte er sowohl der Provisorischen Landesversammlung von Niederösterreich als auch der Provisorischen Nationalversammlung an. Gemeinsam mit Maximilian Schreier zählte er im Dezember 1918 zu den Gründungsmitgliedern der "Demokratischen Partei", mit der er bei den Wahlen 1919 eine Niederlage erlitt. Julius Ofner war ein äußerst aktiver Politiker. Wenngleich sein Verhältnis zur Sozialdemokratie nicht immer ungetrübt war, gab es hier dennoch die meisten Übereinstimmungen und so wurde er auch vom Klub der sozialdemokratischen Abgeordneten als Mitglied des Reichsgerichts nominiert. Ab 1919 war Julius Ofner ständiger Referent beim Verfassungsgerichtshof.

Ofner fungierte zudem als Vizepräsident der Wiener Rechtsanwaltskammer und der Juristischen Gesellschaft, letztere wählte ihn auch zum Präsidenten. Darüber hinaus war er in einer Reihe von sozialpolitischen Vereinen aktiv. Julius Ofner war an der Entstehung des Allgemeinen Rechtshilfe-Vereins (1891) beteiligt, der es sich zum Ziel machte, auch Bedürftigen Rechtsschutz zukommen zu lassen. 1892 begründete er den Sozialpolitischen Verein mit, der sich für die Einführung des Allgemeinen Wahlrechts einsetzte, ebenso war er an der Gründung der Fabier-Vereinigung (1891) beteiligt, die nach britischem Vorbild soziale und politische Fragen diskutierte und vor allem das Bürgertum mit sozialpolitischen Ideen vertraut machen wollte, um auf diese Weise Sympathien für das auch die Arbeiterschaft inkludierende Allgemeine Wahlrecht zu entwickeln. Weiters war Ofner Gründungsmitglied der Ethischen Gesellschaft (1894), des Vereins "Freie Schule" (1905) sowie der Auskunftsstelle für Wohlfahrtseinrichtungen. Dem Österreichischen Bund für Mutterschutz gehörte er als Ausschussmitglied an und von Beginn an unterstützte er den Eherechtsreformverein. Immer wieder übernahm Julius Ofner für diese Vereine bzw. diesen nahestehenden Personen auch die rechtliche Vertretung. So beriet er etwa den Allgemeinen österreichischen Frauenverein in juristischen Fragen und vertrat Wilhelm Börner, Leiter der Ethischen Gesellschaft, als dieser nach seiner Kriegsdienstverweigerung 1916 wegen Verdachts des Hochverrats verhaftet worden war.

In seinen rechtsphilosophischen Schriften beschäftigte sich Julius Ofner mit dem Verhältnis von Individuum und Gesellschaft. Für ihn war die Rechtswissenschaft eng mit den sozialen Fragen seiner Zeit verbunden und lag der Zweck des Rechts in der Sicherung der Entwicklung des Einzelnen ("Jurisprudenz als soziale Fürsorge"). Er war es auch, der den Begriff "Recht auf Arbeit" prägte. Zudem sah er die Aufgabe der Rechtswissenschaft nicht nur in der Auslegung bestehenden Rechts, sondern auch in der Schaffung neuen Rechts, in das soziologische, ökonomische und psychologische Lebensbedingungen Eingang finden sollten. Ofner erwarb sich große Verdienste um die Entwicklung der österreichischen Gesetzgebung, etwa im Bereich des Arbeitsrechts (Handlungsgehilfen-, Güterbeamten- und Schauspielergesetze, Dienstpragmatik der Staatsbeamten, Verbot der Kinderarbeit, Sonntagsruhe im Bürodienst, Zulassung von Frauen zu bestimmten Berufen, Fürsorge für entlassene Sträflinge etc.), in der Fortbildung des Privatrechts (Novellierung des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches, Herabsetzung des Volljährigkeitsalters, Erbbaurecht, Modernisierung der Ehegesetzgebung, Automobilhaftpflicht etc.) und im Strafrecht – die sogenannte "Lex Ofner" über die Herabsetzung der Schadensgrenze bei Eigentumsdelikten trägt seinen Namen, auch dass die Untersuchungshaft der Haftstrafe angerechnet wird, geht auf ihn zurück.

Als früher Unterstützer der Frauenbewegung setzte sich Ofner für das Frauenstudium und das Frauenstimmrecht ein, forderte gleichen Lohn für gleiche Arbeit, sprach sich gegen die soziale Stigmatisierung lediger Mütter und für Frauen als Vormünder aus. Er forderte die obligatorische Zivilehe und die Verstaatlichung des Matrikenwesens.

Anlässlich seines 70. Geburtstages gab der Anzengruber-Verlag eine von Oskar Strnad gestaltete Festschrift für Ofner heraus, in der er von zahlreichen prominenten Weggefährtinnen und -gefährten gewürdigt wurde. Die Festschrift macht deutlich, in wie viele Bereiche Ofner hineingewirkt hat. Julius Ofner verstarb im 79. Lebensjahr im Sanatorium der Wiener Kaufmannschaft. In Wien erinnern der Julius-Ofner-Hof, das Ofnerdenkmal sowie die Ofnergasse an den Rechtsreformer und Sozialpolitiker.


Werke (Auswahl)

  • Julius Ofner: Das Recht zu Leben. Wien: Hölder 1884
  • Julius Ofner: Das Recht auf Arbeit. Wien: Hölder 1885
  • Julius Ofner [Hg.]: Der Ur-Entwurf und die Berathungs-Protokolle des Österreichischen Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches. Band 1+2. Wien: Hölder 1889
  • Julius Ofner: Über das Wesen des Modernen Kapitalismus. Wien: Verlag des niederösterreichischen Gewerbevereines Wien 1891
  • Julius Ofner: Das soziale Rechtsdenken. Stuttgart / Gotha: Friedrich Andreas Perthes 1923
  • Julius Ofner: Recht und Gesellschaft. Gesammelte Aufsätze. Wien: K. Gerold 1931


Quellen

Literatur


Julius Ofner im Katalog der Wienbibliothek im Rathaus.