Jugendgerichtshof

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Fassadenansicht des Gerichtsgebäudes
Daten zur Organisation
Art der Organisation Gericht
Datum von 15. Oktober 1920
Datum bis 30. Juni 2003
Benannt nach
Prominente Personen Udo Jesionek
PageID 22575
GND
WikidataID Q1711303
Objektbezug
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Letzte Änderung am 20.03.2023 durch WIEN1.lanm08trj
Bildname WStLA M Abt 236 A16N EZ 1912 Ausschnitt.jpg
Bildunterschrift Fassadenansicht des Gerichtsgebäudes
  • 3., Rüdengasse 7-9
  • 3., Hagenmüllergasse 19
  • 3., Göllnergasse 24

Frühere Adressierung
  • Rüdenburg

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48° 11' 54.76" N, 16° 24' 8.62" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Jugendgerichtshof (3., Hainburger Straße 34; seit 1922 3., Rüdengasse 7-9, Hagenmüllergasse 19, Göllnergasse 24).

Geschichte

Am 23. September 1920 wurde, basierend auf dem von der Provisorischen Nationalversammlung beschlossenen Gesetz von 25. Jänner 1919,[1] ein Jugendgerichtshof für den Wiener Raum als selbstständiges Bezirksgericht errichtet. Dieses wurde in den ersten Jahren in den Räumen des ehemaligen Bezirksgerichts Landstraße in Wien 3., Hainburgerstraße 34–36 untergebracht. Als Wiens erster Jugendrichter wurde der am Bezirksgericht Josefstadt tätige Dr. Heinrich Kesseldorfer ernannt. Kesseldorfer war Mitbegründer des Komitees für Jugendgerichtshilfe, des Vorläufers der Wiener Jugendgerichtshilfe. Es war zu der Zeit noch ein selbstständiges Bezirksgericht und war noch nicht als Gerichtshof tätig (St 489).

Zum ersten Gerichtsvorsteher des Jugendgerichts wurde der Richter Hans Fiala ernannt, der sich in den darauffolgenden Jahren zusammen mit der Leiterin der Jugendgerichtshilfe, Grete Löhr, maßgeblich an der Gestaltung des ersten Jugendgerichtsgesetzes beteiligte. Am 19. und 20. Mai 1922 übersiedelte das Jugendgericht schließlich in das Gebäude in Wien 3., Rüdengasse 7–9, das im Volksmund den Spitznamen "Rüdenburg" erhielt.

Am 1. April 1923 kam es zu einer Erweiterung der Zuständigkeit, nämlich zur Übertragung der vereinfachten Verfahrens in Verbrechens- und Vergehenssachen jugendlicher Personen (B 119).

Nach Inkrafttreten des Jugendgerichtsgesetzes 1928 wurde das Jugendgericht am 1. Jänner 1929 in einen Jugendgerichtshof umgewandelt. Diesem kam die Strafgerichtsbarkeit in Jugendstraf- und Jugendschutzsachen sowie in einem bestimmten Bereich von Pflegschaften als Gericht erster Instanz für den Sprengel des Landesgerichts für Zivilrechtssachen zu.[2]

Im Zuge der nationalsozialistischen Machtübernahme erfolgte ein wesentlicher Eingriff in die Organisation des Jugendgerichtshofes. Mit Wirksamkeit von 1. Mai 1939 erfolgte eine Vereinigung der Landesgerichte, des Handelsgerichts und des Jugengerichtshofs zum Landgericht Wien. Die Bezeichnung für den ehemaligen Jugendgerichtshof lautete in den folgenden Jahren Landgericht Wien (Jugend). Erst am 3. Juli 1945 erfolgte im Zuge des Gerichtsorganisationsgesetzes die Wiedererrichtung des Wiener Jugendgerichtshofes.[3]

Das Gericht wurde wieder in der Rüdengasse 7-9 untergebracht. Bezüglich der Sprengeländerungen sei hier auf den Artikel für das Landesgericht für Zivilrechtssachen verwiesen. Am 2. Jänner 2003 wurde es im sogenannten „Grauen Haus“ einquartiert bevor es mit 30. Juni 2003 aufgelöst wurde.[4] Seine Agenden wurden auf das Landesgericht für Strafsachen Wien sowie auf die Wiener Bezirksgerichte verteilt. Das Gerichtsgebäude wurde am 9. November 2006 von der Bundesimmobiliengesellschaft versteigert und nach mehr als zehn Jahren Leerstand im Winter 2014/2015 abgerissen.

Zuständigkeiten

  • 15 Oktober 1920: Aktivierung als Bezirksgericht für den Wiener Raum
  • 1. April 1923: Erweiterung der Zuständigkeiten
  • 1. Jänner 1929: Umwandlung in den Jugendgerichtshof zusätzliche Zuständigkeiten in bestimmten Bereichen der Pflegschaften, Gericht 1. Instanz für den Sprengel des Landesgericht für Zivilrechtssachen
  • 1. Mai 1939: Vereinigung mit anderen Gerichten, neue Bezeichnung Landgericht (Jugend)
  • 3. Juli 1945: Wiedererrichtung des Jugendgerichtshof
  • 30. Juni 2003: Auflösung des Gerichts

Gebäude

Das Gebäude in der Rüdengasse 7-9 war ein Neubau. Die Errichtung des Gebäudes wurde bereits im Jahr 1915 genehmigt und die Fertigstellung war für das Jahr 1917 geplant. Jedoch verzögerte sich eben diese aufgrund des Kriegsverlaufes. Zu Kriegsende waren Schäden am Gebäude bemerkbar, die durch Bombentreffer entstanden sind. Die Wiederherstellung des Gebäudes dürfte im Jahr 1948 erfolgt sein.

Quellen

Literatur

  • Uwe Bolius / Isabella Lorenz: Der Jugendgerichtshof Wien. Die Geschichte eines Verschwindens. Wien / Graz: Neuer wissenschaftlicher Verlag 2011
  • Karoline Gattringer: Jugend hinter Gittern. Aus den Akten des Wiener Jugendgerichtshofes 1945-1960. Wien: Wiener Stadt- und Landesarchiv 2016 (Veröffentlichungen des Wiener Stadt- und Landesarchivs, Reihe B: Ausstellungskataloge, 95)
  • Udo Jesionek: 70 Jahre Jugendgerichtshof Wien. 70 Jahre Jugendgerichtsbarkeit in Österreich. 10 Jahre Jugendgerichtsgesetz 1988. In: Der Österreichische Amtsvormund 144 (1998), S. 152–155
  • Katalog zur Sonderausstellung des Historischen Museums der Stadt Wien. Wien: Historisches Museum der Stadt Wien 1959-2003, S. 132
  • Brigitte Rigele: Staatliche Gerichte. Wien: Wiener Stadt- und Landesarchiv 1993 (Veröffentlichungen Wiener Stadt- und Landesarchiv, Reihe A: Archivinventar, Serie 2, Heft 3)
  • Eva Schlegel / Eva Würdinger: Jugendgericht. Wien: Schlebrügge 2006
  • Alfred Waldstätten, Staatliche Gerichte in Wien seit Maria Theresia. Beiträge zu ihrer Geschichte. Ein Handbuch. Innsbruck / Wien: Studienverlag 2011 (Forschungen und Beiträge zur Wiener Stadtgeschichte, 54), S. 340-341

Einzelnachweise

  1. Staatsgesetzblatt 46/1919.
  2. Bundesgesetzblatt 234/1928
  3. Staatsgesetzblatt 477/1945.
  4. Bundesgesetzblatt 30/2003.