Josef Taus
Josef Taus, * 8. Februar 1933 Wien, † 14. Dezember 2024 Wien, Manager, Industrieller, Politiker
Lebenslauf
Josef Taus wurde als Sohn eines Fleischergesellen geboren und wuchs in einfachen Verhältnissen in Wien-Erdberg auf, wo er eine katholische Sozialisation erfuhr. Nach der Matura an einem Realgymnasium 1951 begann er ein Studium der Rechts- und Staatswissenschaften an der damaligen Hochschule für Welthandel und an der Universität Wien, wo er 1955 zum Dr. iur. promovierte. Parallel arbeitete er als Werkstudent unter anderem als Schwimmlehrer und Croupier, um sein Studium zu finanzieren.
Nach dem Gerichtsjahr, in dem er auch bei der Wiener Zeitung als Wirtschaftsredakteur tätig war, arbeitete er als wissenschaftlicher Sachbearbeiter am Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung. 1958 trat der Jurist in die Girozentrale ein. Daneben engagierte er sich im Dr.-Karl-Kummer-Institut für für Sozialpolitik und Sozialreform und fungierte als Redenschreiber bzw. wirtschaftspolitischer Berater der Finanzminister Eduard Heilingsetzer (1960-1961) sowie Josef Klaus (1961-1963). Letzterer berief Taus 1966 als Staatssekretär im Verkehrsministerium in seine Regierung. 1967 schied der über Parteigrenzen hinweg anerkannte Wirtschaftsfachmann im Zuge einer Regierungsumbildung wieder aus der Bundespolitik aus und kehrte in die Girozentrale zurück, die er von 1968 bis 1975 als Vorstandsvorsitzender leitete. Dabeben fungierte er von 1967 bis 1975 als Vorsitzender des Aufsichtsrates der Österreichischen Industrieverwaltungs-Aktiengesellschaft (ÖIAG).
Nach dem Unfalltod von Karl Schleinzer wurde der innerparteilich im ÖAAB verankerte Taus im Sommer 1975 - nur einige Wochen vor der Nationalratswahl - zum Bundesparteiobmann der Österreichischen Volkspartei bestimmt. Sowohl bei dieser als auch bei der nächsten Nationalratswahl 1979 hatte der junge Herausforderer gegen den am Höhepunkt seiner Popularität befindlichen Bundeskanzler Bruno Kreisky keinen Erfolg. Der Wiener legte in Konsequenz seiner Niederlage den Parteivorsitz zurück, blieb aber von 1975 bis 1991 Abgeordneter zum Nationalrat, wo er unter anderem die Funktion des ÖVP-Wirtschaftssprechers ausübte.Der engagierte Europäer gehörte auch zu den Gründern der "Europäischen Demokratischen Union", einem Zusammenschluss christdemokratischer und konservativer Parteien inner- und außerhalb der damaligen Europäischen Gemeinschaft (EG) und fungierte 1978/1979 als Gründungspräsident dieser Organisation.
Von 1979 bis 1989 bekleidete Josef Taus verschiedene Spitzenpositionen in der Constantia-Gruppe des Industriellen Herbert Turnauer. Nach einem Zerwürfnis mit dem Firmengründer baute er mit der "Management Trust Holding" (MTH) einen neuen Privatkonzern auf, der verschiedene Beteiligungen im mittel- und osteuropäischen Raum einging. So übernahm die Holding 2002 den angeschlagenen Buch- und Papierhandelskonzern Libro und sicherte damit dessen weitere Existenz. Auch der 2004 übernommene Büroartikeldiscount Pagro istBestandteil des Konzerns. Die MTH gehörte 2005 zu den Gründungsinvestoren des Wiener Wachstumsfonds.
Der Manager und Politiker war Autor zahlreicher Beiträge und einiger Monografien, darunter "Gedanken zur Notenbankpolitik" (1965) oder "Umverteilung neu: Ideen für die Zukunft von Wirtschaft und Finanzsystem" (2011; gemeinsam mit Oliver Tanzer). Er wurde mit höchsten Auszeichnungen der Republik Österreich und des Landes Steiermark geehrt.
Literatur
- Gerhard Labschütz: ÖCV trauert um Dr. Josef Taus (Baj), 16.12.2024 [Stand: 17.12.2024]
- ORF: Josef Taus ist tot, 14.12.2024 [Stand: 17.12.2024]
- Industrieller und Ex-ÖVP-Chef Josef Taus verstorben. In: Die Presse, 14.12.2024 [Stand: 17.12.2024]
- Josef Taus: "Für die Österreichische Volkspartei war die Gründung der EVP eine Niederlage". Interview für das Karl von Vogelsang-Institut, 21.06.2011 [Stand: 17.12.2024]
- Wiener Wachstumsfonds: 100 Millionen Euro für Wiener Betriebe. In: Rathauskorrespondenz, 04.10.2005
- Friedrich Weissensteiner: Der brillante Analytiker Josef Taus. In: Wiener Zeitung, 31.07.2004 [Stand: 17.12.2024]
- Christian Mertens: Österreichische Christdemokraten im Dienste Europas (Wien: Medien und Recht Verlag 1997)