Josef-Afritsch-Heim

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Internationale Kulturstätte Hörndlwald (Schrägluftaufnahme, Mai 1956)
Daten zum Bauwerk
Art des Bauwerks Gebäude
Datum von 1951
Datum bis 2013
Andere Bezeichnung Internationale Kulturstätte Hörndlwald
Frühere Bezeichnung
Benannt nach Josef Afritsch
Einlagezahl
Architekt Adolf Hoch, Rudolf J. Boeck, Julius Bergmann
Prominente Bewohner
PageID 20029
GND
WikidataID
Objektbezug
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Letzte Änderung am 25.04.2021 durch DYN.krabina
Bildname Afritschheim_Schraegluft.jpg
Bildunterschrift Internationale Kulturstätte Hörndlwald (Schrägluftaufnahme, Mai 1956)
  • 13., Joseph-Lister-Gasse 72

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Josef-Afritsch-Heim im Hörndlwald (1965)
Internationalen Kulturstätte Hörndlwald: Modell (ca. 1948/49)

Josef-Afritsch-Heim (13., Hörndlwald, Joseph-Lister-Gasse 72)

Intention

In der Denkschrift anlässlich der Grundsteinlegung der "Internationalen Kulturstätte im Hörndlwald" durch den österreichischen Fürsorge- und Wohlfahrtsverband "Volkshilfe" heißt es: "An dieser Stelle entsteht eine Anlage, deren Aufgabe nach den Wünschen der Begründer es ist, einen allumspannenden Geist wahrhaft praktischer, werktätiger Freundschaft zwischen den Völkern im Sinne der großen Persönlichkeiten zu vermitteln, die sich seit langen Zeiten immer bemüht haben, die menschliche Gesellschaft zu einer großen Familie zu vereinigen." Die Stätte sollte geistiges und internationales Studienzentrum sein, in dem Gäste aus Nah und Fern, Lehrer und Lernende "in wohlgestalteter Umgebung" zusammenkommen sollten "zu demokratischem Gedankenaustausch, zu innerer Sammlung und Erholung, zur Erweiterung ihres sozialen Wissens um die ewigen Werte lebendiger Gemeinschaft im Geiste höchster Humanität."[1]

Denkschrift anlässlich der Grundsteinlegung der Internationalen Kulturstätte, 21. August 1949

Mit der "Internationalen Kulturstätte Hörndlwald" sollte eine Einrichtung geschaffen werden, in der "demjenigen Kinde, das einsam und allein ist, nicht nur eine Heimstätte gegeben wird, sondern in der es auch eine Erziehung genießen kann, die es zum Menschen macht, ..." In der Internationalen Kulturstätte sollten Treffen aller Art möglich werden. Schwerpunkt war die Kinder- und Jugendarbeit und die Umsetzung eines modernen Erziehungskonzeptes, aber auch ein Internationaler Wissens- und Kulturaustausch in Form von Lehrgängen, Sportwochen und Schul-Landheimen sollte stattfinden. Der Architekt Adolf Hoch formulierte folgende Punkte als Ziel:

  1. Ein modernes Großkinderheim für Kinder zwischen 10 und 14 Jahren aus Wien, der Provinz, dem In- und Ausland
  2. Daueraufenthalte für Kinder aus sozial oder familiär prekären Situationen, für eine "durchgreifende Bildungsarbeit"
  3. Zentrale Stützpunkte und Gästehäuser für ausländische Wander- und Reisegruppen
  4. Ein freies Institut zur Heran- und Weiterbildung von Pädagogen mit Schulungskursen aber auch als Teil der praktischen Ausbildung von angehenden Sozialarbeitern und Pädagogen in Zusammenarbeit mit deren Ausbildungsstätten
  5. Die Kulturstätte sollte an Organisationen und Institutionen für die Abhaltung von Kongressen und Konferenzen weitergegeben werden können.

Architektonisches Konzept

Die architektonische Gestaltung des für die österreichische Nachkriegsmoderne beispielhaften Gebäudes sollte der Zeit entsprechend einfach, funktional und formschön ausgeführt werden. Die gesamte Anlage gliederte sich in fünf Hauptbereiche:

  1. Das Gemeinschaftshaus mit dem großen Speisesaal und den Lehrräumen sowie einem Küchentrakt
  2. Die sogenannten "Gemeinden" waren unabhängige Häuser, die je nach Erfordernis als Gästehäuser oder Kinderheime dienen sollten
  3. Wirtschaftsgebäude
  4. Anlagen für Körperkultur, Leibesübungen und Erholung, die auch für Gruppen, die nicht zur Kulturstätte gehörten zur Verfügung stehen sollten
  5. Sammelplatz und Zeltstadt für 2000 Menschen.

"Die Ausführung sah, nicht nur aus finanziellen, auch aus konzeptionellen Gründen eine Entstehung über acht Baulose hinweg vor. „Nicht plötzlich, über Nacht, sondern Schritt für Schritt, organisch, wie es der Bedarf fordert; aber ein Plan, ein Gesamtkonzept bildet die Grundlage, ebenso wie die menschliche Gesellschaft ein langfristiges Konzept braucht, um sich besser zu formen, als es die trübe Vergangenheit war.“ (Adolf Hoch) Das Gemeinschaftshaus war das Herz der Anlage und sollte mit dem großen Saal mit Bühne und den Kursräumen die Plattform für kulturellen Austausch und Produktion werden. Der geschwungene, eingeschossige Bau, für alle zugänglich, mit seiner einladenden, durchlässigen Fassade, beschreibt auch formal eine Geste der Öffnung, Bewegung, Durchlässigkeit, Freiheit. Die „Gemeinden“, so konzipierten es die Architekten, sollten von verschiedenen Ländern errichtet und in deren jeweiligem Stil auch eingerichtet werden, um den ausländischen Gästen ein Stück Heimat geben zu können, Ziel war es aber auch einen Geist des Austausches und der Begegnung zu schaffen, welcher Grundlage des Projektes war. Sport- und Zeltplatz vervollkommneten das Konzept einer „Kulturstätte“. Der sozial motivierte Hintergrund und die Formensprache vor allem des Gemeinschaftshauses fügen sich in eine Reihe von zeitgenössischen Beispielen, die die damalige Auseinandersetzung mit kulturellen, pädagogischen aber auch politischen und philosophischen Theorien wiederspiegeln."[2]

Baugeschichte

Die Internationale Kulturstätte im seit 1973 naturgeschützten Hörndlwald wurde von der Gemeinde Wien mit namhafter finanzieller Unterstützung durch das Schweizer Arbeiterhilfswerk, das Schweizer Europahilfswerk und andere internationale Organisationen errichtet. Die Baukosten betrugen 1,5 Millionen Schilling. Ab 1949 erhielt der Verein "Volkshilfe" die Anlage in Pacht. Der Pachtvertrag läuft bis 2023. Die Anlage lag im Hörndlwald am Ostrand des Lainzer Tiergartens.

Der Entwurf für das Gebäude stammte aus dem Jahr1949 von den Architekten Adolf Hoch, Rudolf J. Boeck und Julius Bergmann, der Bau erfolgte in den Jahren 1950/51. Die Errichtung erfolgte in Skelettbauweise mit bogenförmigen Grundriss. Rund um ein zentrales Gemeinschaftshaus in dem bis zu 500 Personen mit Essen versorgt werden konnten, wurden kleine Häuser im spezifischen Baustil der ausländischen Spender errichtet. Die Eingangshalle wurde durch eine milchige Glasdecke mit Tageslicht zusätzlich beleuchtet. In der Mitte des Gemeinschaftshauses befand sich ein großer Saal als Holz-Glas-Konstruktion, der als Speisessal genutzt wurde. Kurs- und Klubräume waren angeschlossen. Die Fassadengestaltung dominierten große Fenster die etwa 90 Prozent der Fassadenfläche ausmachten. Die architektonische Gestaltung mit ihrer starken Öffnung zur Umgebung war Symbol für die damalige soziokulturelle Öffnung und die Lebensfreude der Nachkriegsjahre. Die Auseinandersetzung mit sozialen Themen und die Verantwortung von Kultur und Architektur gegenüber den Menschen und gerade den Kindern sollten auch in der gewählten Gestaltung des Gebäudes zum Ausdruck kommen.

Nach zahlreichen finanziellen Hürden und mit Hilfe großzügiger Spender aus der Schweiz und Schweden wurde es möglich, zwei weitere Häuser dazuzubauen. Rund 150 Gäste konnten in der Kulturstätte untergebracht werden - in den Ferienmonaten als Kindererholungsheim, an den Wochenenden als Lehrzentrum. 1967 wurde die Bewilligung zum Einbau einer Ölfeuerungsanlage, 1982 für eine Trafostation erteilt. 2006 war der Gebäudekomplex durch Witterungseinflüsse bereits weitgehend zerstört. 2009 erklärte das Bundesdenkmalamt eine Instandsetzung ohne weitgehenden Substanzaustausch für unmöglich. Der Denkmalschutz wurde aufgehoben. 2009 wurde eine Büro-Blechhütte errichtet. Die Anbauten der Kulturstätte wurden später zur Unterkunft und Betreuung von Asylwerbern genutzt. 2008 erhielten sie den Namen "Franziska-Fast-Wohnanlage", 2009 hatten sie eine Kapazität von 110 Plätzen. 2013 wurde das bereits völlig verfallene Afritsch-Heim abgerissen, im Jahr 2020 wurden auch die drei Blöcke der Fanziska-Fast-Wohnanlage abgetragen.

Bereits ab 1986 bestanden verschiedene Neubaupläne, zuerst sollten die 1984 umgebauten „Häuser der Gemeinde“ in ein Integrationszentrum für Flüchtlinge internationaler Herkunft gewandelt werden. 1990 folgte ein Plan für ein Hotel mit 114 Zimmern von Architekt Harry Glück, 1995 entwickelte Karl Peyrer-Heimstätt ein Projekt, 2000 war es erneut ein Hotelprojekt, 2007 ein "Pflege- und Betreuungszentrum für Hietzinger Bürger", 2008 eine Seniorenresidenz. Keines der Projekte wurde umgesetzt.

Benennung und Nutzung

Die Initiative zum ursprünglichen Projekt ging von der Österreichischen Volkshilfe aus. Die Idee war die Schaffung eines Kinder- und Jugendheimes der anderen Art mit kleinen Wohneinheiten. Schon 1952 fand in der Kulturstätte ein Camp der Sozialistischen Jugendinternationale (IUSY) statt. Die Benennung nach Josef Afritsch erfolgte 1965. Ab den 1980er Jahren verfiel die Hauptanlage. Das vom damaligen Präsidenten der Volkshilfe Josef Afritsch betriebene Projekt sah ursprünglich eine Nutzung als internationales Studienzentrum vor. Schwerpunkt bildete die Kinder- und Jugendarbeit. Zu diesem Zweck konzipierte Architekt Adolf Hoch ein Großkinderheim für 10 bis 14jährige Kinder aus dem In- und Ausland aus sozial oder familiär prekären Familienverhältnissen für Daueraufenthalte. Eine weitere Nutzung betraf Wander- und Reisegruppen, für die Gästehäuser vorgesehen waren. Ein Institut für die Ausbildung von Pädagoginnen und Pädagogen war eine weitere Nutzung. Ab den 1980er Jahren diente der bereits baulich sanierungsbedürftige Komplex als Wohnstätte für Flüchtlinge.

Quellen

Literatur

  • Friedrich Achleitner: Österreichische Architektur im 20. Jahrhundert. Band III/2: Wien 13. – 18. Bezirk. Salzburg: Residenz 1995, S. 16
  • Bundesdenkmalamt [Hg.]: Dehio-Handbuch. Die Kunstdenkmäler Österreichs. Wien X. bis XIX. und XXI. bis XXIII. Bezirk. Wien: Schroll 1996, S. 239
  • Harald Saiko: Biographie. Internationale Kulturstätte "Hörndlwald". Josef Afritsch Heim in Wien, 13. Studie im Auftrag der MA 19 "Architektur und Stadtgestaltung", Wien (2009)

Einzelnachweise

  1. Wiener Stadt- und Landesarchiv, Adressen, A1/1.233 - Grundsteinlegungsurkunde für die Kulturstätte 'Hörndlwald', 21.08.1949
  2. Harald Saiko: Biographie. Internationale Kulturstätte "Hörndlwald". Josef Afritsch Heim in Wien, 13. Studie im Auftrag der MA 19 "Architektur und Stadtgestaltung", Wien (2009), 24