Johann Thomas von Trattner

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Daten zur Person
Personenname Trattner, Johann Thomas von
Abweichende Namensform Trattner von Trattnern, Johann Thomas
Titel Edler
Geschlecht männlich
PageID 25049
GND 118760726
Wikidata Q112413
Geburtsdatum 11. November 1717
Geburtsort Jormannsdorf bei Güns, Ungarn
Sterbedatum 31. Juli 1798
Sterbeort Wien
Beruf Buchdrucker, Verleger
Parteizugehörigkeit
Ereignis
Nachlass/Vorlass
Objektbezug Frühe Neuzeit, Langes 19. Jahrhundert
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien, Gedenktage, Gedenktage-GW
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Recherche
Letzte Änderung am 3.11.2023 durch WIEN1.lanm09fri
Begräbnisdatum
Friedhof Mausoleum an der Dorfkirche von Wienerherberg
Grabstelle
  • 1., Graben 29-29a (Sterbeadresse)
Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft

Johann Thomas Trattner (1764 Edler von Trattner[n]), * 11. November 1717[1] Jormannsdorf, Burgenland, † 31. Juli 1798 Wien, Buchdrucker, Verleger.

Biografie

Der Sohn evangelischer Eltern wuchs, da früh verwaist, bei Verwandten in Wiener Neustadt auf und wurde katholisch erzogen. 1735 kam er zum Buchdrucker Samuel Müller in Wiener Neustadt in die Lehre, wurde 1739 Geselle und zog nach Wien, wo er in die Buchdruckerei des Johann Peter van Ghelen eintrat und in dieser bald als Setzer arbeitete. Mit Hilfe eines von seinem Freund, dem bürgerlichen Gewürzhändler Anton Bilizotti, gewährten Kredits von 4.000 Gulden machte er sich selbständig und kaufte die Jahnsche Buchdruckerei im Schottenhof. Sein Bemühen, sich bei der Geistlichkeit beliebt zu machen, hatte Erfolg: Bald ließen die Jesuiten die meisten ihrer Schriften bei ihm drucken. Im geistlichen Hofphysikus Jean François de Marcy fand er einen neuen einflussreichen Förderer, der es ihm ermöglichte, Maria Theresia persönlich seine Pläne zur Förderung des österreichischen Buchhandels vorzutragen. Da diese im Zuge ihrer Studienreform einen leistungsfähigen Buchdrucker benötigte, übertrug sie ihm Druck und Verlag aller neu zu verfassenden Lehrbücher. Damit nahm das Unternehmen einen sprunghaften Aufstieg. Trattner vermehrte die Zahl seiner Pressen auf 16, dann auf 34 und war damit Besitzer der größten Buchdruckerei Österreichs. Zu seinem gesellschaftlichen Aufstieg trug auch die Eheschließung mit der Tochter eines adeligen Reichshofratspräsidenten, Maria von Retzenheim (1750), bei.

Mit Bewilligung der Regierung eröffnete er in Wien eine Buchhandlung und weitere sieben in anderen Städten der Monarchie, darunter Triest, Prag, Innsbruck und Linz. Eine von ihm eingerichtete Schriftgießerei war für alle Erblande privilegiert und erhielt eine staatliche Unterstützung. Er druckte jedoch auch skrupellos Werke deutscher Verleger nach, ohne die Rechte daran zu besitzen. Dadurch konnte er die Preise unterbieten und groß ins Geschäft einsteigen. Trattners Ansehen bei Hof war nicht zu erschüttern, umso weniger, als die Regierung seine illegalen Nachdrucke aus wirtschaftlich-politischen Erwägungen sogar förderte. Durch die Ausbildung inländischer Buchdrucker machte er sich bei Maria Theresia beliebt, weil dadurch der Zuzug protestantischer Gesellen aus Holland und Deutschland eingedämmt werden konnte. Als nach habsburgischem Brauch auch Erzherzog Joseph ein Handwerk erlernen sollte, entschied man sich für die Buchdruckerkunst und wandte sich an Trattner. 1751 erhielt er das Privileg als Hofbuchhändler, 1754 (nach dem Tod des Hofbuchdruckers Johann Peter van Ghelen) schließlich das Privileg des Hofbuchdruckers.

1759 kaufte Trattner von der Erbin der erloschenen gräflichen Familie Mollard deren Besitz in der Vorstadt Altlerchenfeld (Palais und Garten; 8, Josefstädter Straße 71-77, hinten bis zur Pfeilgasse reichend) und errichtete dort eine Druckerei, den sogenannten "Typographischen Palast", die Franz I. am 22. Dezember 1763 besichtigte (von Trattners Enkel 1816 um 80.000 Gulden an das k.k. Militärärar verkauft). 1762/1763 scheiterte er mit seinem Vorhaben, durch die Gründung eines "Intelligenz-Amts" samt damit verbundenem Intelligenzblatt dem von den Ghelenschen Erben gepachteten Fragamt und dessen Kundschaftsblatt Konkurrenz zu machen. In Franzensthal (Liechtensteinsche Herrschaft Ebergassing) baute er 1767-1769 eine Papierfabrik, um sich billiges Material für seine Bücher zu sichern (ein Jahrhundert später übernahm den Betrieb die "Neusiedler AG für Papierfabrikation"). Sein Versuch, eine Monopolstellung auch bei der Herstellung und Lieferung von Lettern zu erwerben scheiterte, da die Konkurrenz ihm vorwarf, schlechte Qualität zu liefern, dennoch erhielt Trattner 1772 ein Schriftgießereiprivileg für 15 Jahre.

1773 erwarb Trattner den mittelalterlichen Freisinger Hof am Graben samt fünf kleiner benachbarter Häuser und ließ den sogenannten "Trattnerhof" errichten, in dem er eine Druckerei sowie eine Buch- und Papierhandlung etablierte; 1777 wurde er Eigentümer des dorthin 1775/1776 übersiedelten Lektürekabinetts, das auch als "Trattnersches Kasino" bezeichnet wurde. Im selben Jahr heiratete er Maria Theresia Nagel (1758-1793).

1786 errichtete Trattner auf dem Gut Ebergassing eine weitere Papierfabrik und kaufte 1787 die gesamte Herrschaft. Anlässlich der Krönung Josephs II. zum römischen König wurde Trattner in den Reichsritterstand erhoben. Er war Taufpate von drei Söhnen Wolfgang Amadeus Mozarts.

Trattner starb in seinem Haus, Stadt 659 (1, Graben 29-29a, Trattnerhof) und wurde in einem Mausoleum an der Dorfkirche von Wienerherberg bestattet. Eine fiktive Büste Trattners (auf Stele) befindet sich im Kurpark von Bad Tatzmannsdorf. Eine lebensechte, von Johann Martin Fischer angefertigte Büste Trattners befindet sich in der Kirche von Wienerherberg.

Quellen

Literatur

  • Constantin von Wurzbach: Biographisches Lexikon des Kaiserthums Österreich. Enthaltend die Lebensskizzen der denkwürdigen Personen, welche 1750 bis 1850 im Kaiserstaate und in seinen Kronländern gelebt haben. 60 Bände. Wien: Verlag der typografisch-literarisch-artistischen Anstalt 1856-1891.
  • Eduard Castle: Geschichte einer Wiener Buchdruckerei 1548-1948. Wien: Ueberreuter 1948
  • Ursula Giese, Johann Thomas Edler von Trattner. Seine Bedeutung als Buchdrucker, Buchhändler und Herausgeber. In: Börsenblatt für den deutschen Buchhandel Frankfurt 16 (1960), Nummer 101a , S. 2153 ff.
  • Hermine Cloeter: Johann Thomas Trattner. Ein Großunternehmer im Theresianischen Wien. Graz: Böhlau 1952
  • Hans Rotter: Die Josefstadt. Geschichte des 8. Wiener Gemeindebezirkes. Wien: Selbstverlag 1918, S. 240 ff, S. 33 ff.
  • Josef Mentschl: Österreichische Wirtschaftspioniere. Wien: Birken Verlag 1959, S. 10 ff.
  • Felix Czeike: Der Graben. Wien [u.a.]: Zsolnay 1972 (Wiener Geschichtsbücher, 10), S. 65 ff.
  • Hans Pemmer: Der Graben und seine Bewohner. In: Jahrbuch des Vereines für Geschichte der Stadt Wien 14 (1956), S. 114-132, S. 128 f.
  • Peter Csendes [Hg.]: Österreich 1790-1848. Kriege gegen Frankreich, Wiener Kongreß, Ära Metternich, Zeit des Biedermeier, Revolution von 1848. Das Tagebuch einer Epoche. Wien: Brandstätter 1987, S. 51
  • Franz Gräffer: Kleine Wiener Memoiren und Wiener Dosenstücke. In Auswahl hg. von Anton Schlossar unter Mitwirkung von Gustav Gugitz. München: G. Müller 1918-1922 (Denkwürdigkeiten aus Alt-Österreich, 13/14), S. 380 f.
  • Siegfried Weyr: Die Wiener. Zuagraste und Leut' vom Grund. Wien: Zsolnay 1971, S. 92 ff.
  • Paul Harrer-Lucienfeld: Wien, seine Häuser, Geschichte und Kultur. Band 1, 1. Teil. Wien ²1951 (Manuskript im WStLA), S. 141
  • Anton Durstmüller: 500 Jahre Druck in Österreich. Die Entwicklungsgeschichte der graphischen Gewerbe von den Anfängen bis zur Gegenwart. [Band 1]. Wien: Hauptverband der graphischen Unternehmungen Österreichs 1981
  • Ingeborg Jaklin: Das österreichische Schulbuch im 18. Jahrhundert aus dem Wiener Verlag Trattner und dem Schulbuchverlag. Wien: Edition Praesens 2003 (Buchforschung, 3)
  • Walter Garber: Johann Thomas Edler von Trattner. Magnat und Raubdrucker aus Wien. In: Kulturelemente. Zeitschrift für aktuelle Fragen 17 (1999), S. 14-15
  • Anton Tantner: Das Wiener Frag- und Kundschaftsamt. Informationsvermittlung im Wien der Frühen Neuzeit. In: Wiener Geschichtsblätter 66, 2011/4, S. 313-342, hier 331-334 (leicht modifizierter Auszug aus: Anton Tantner: Adressbüros im Europa der Frühen Neuzeit. Wien: Habilitationsschrift an der historisch-kulturwisenschaftlichen Fakultät der Universität Wien, 2011)
  • Wienbibliothek, Tagblattarchiv

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Pfarre Pinkafeld, Taufbuch Bd.III, 1712-1743, fol. 26r. Die Datierung in Gert Polster: Die Familien der heutigen Großgemeinde Bad Tatzmannsdorf in genealogischer, sozial- und wirtschaftsgeschichtlicher Sicht, Wien 2001, S. 151 ist irrig.