Isa Strasser

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Daten zur Person

Isa Strasser, * 29. März 1891 Coburg, † 24. August 1970 Wien, Kindergärtnerin, Journalistin, Schriftstellerin, Krankenschwester, Parteifunktionärin.

Biografie

Isa Strasser verbrachte ihre Kindheit in Gotha, Frankfurt am Main, Berlin, Mainz und Saarbrücken, die beruflichen Stationen ihres Vaters und Hauptmanns Friedrich Ernst von Schwartzkoppen. Nach neun Schulklassen schloss sie 1908 eine Ausbildung zur Kindergärtnerin im Pestalozzi-Fröbel-Haus in Berlin ab. Beeinflusst von der "genialen Pädagogin und Sozialistin"[1] Frida Winckelmann las sie Karl Kautsky, das Kommunistische Manifest und die Reden von Karl Liebknecht. 1912 lernte sie den geschiedenen Josef Strasser (* 1898 in Krakau) in einer reformpädagogischen Einrichtung Winckelmanns in Birkenwerder kennen, das Teil des sozialen Netzwerkes der Zweiten Sozialistischen Internationalen war. Josef Strasser war Chefredakteur der sozialdemokratischen Tageszeitung "Vorwärts" und ein führender Kopf der Reichenberger Linken. Nach der Hochzeit am 2. Dezember 1912 blieb nur der Kontakt zur Mutter Frieda von Schwartzkoppen (geborene Freifrau von Seebach) erhalten.

Isabella Strasser engagierte sich in der sozialdemokratischen Frauenbewegung sowie der Kinder- und Jugendarbeit in Reichenberg. 1913 zog das Paar nach Wien, wo sie für sozialistische Zeitungen wie "Der Kampf" schrieb. Während des Ersten Weltkriegs positionierte sie sich als Kriegsgegnerin. Für 1916 ist ihr Engagement im Bildungsverein Karl Marx dokumentiert, in dem sich Oppositionelle um Friedrich Adler sammelten. Am 3. Juli 1917 kam Peter Strasser auf die Welt. Zur finanziellen Absicherung gründete Isabella Strasser einen privaten Montessori-Kindergarten im Cottageviertel, den sie bis 1919 betrieb. Nach der Geburt Lieselotte Strassers am 30. März 1919 schrieb sie noch im Wochenbett über die ungarische Räterepublik. Im selben Jahr trat sie der Kommunistischen Partei Österreichs (KPÖ) bei. Sie war Mitglied des Frauenzentralsekretariats, betreute die Frauenseite der "Roten Fahne" und referierte bei der "Ersten Frauenkonferenz" am 22. Jänner 1921. Gemeinsam mit Josef Strasser war sie in die Gründung der Kommunistischen Partei der Tschechoslowakei involviert. Bei einem Protest gegen die Teuerung von Lebensmitteln 1922 wurde sie verhaftet. Laut der Historikerin Gabriella Hauch war sie eine von "wenigen Kommunistinnen" in der kleinen und von Männern dominierten Partei, die in diesen Jahren in der Wiener Öffentlichkeit standen.

Als Josef Strasser Anfang 1923 als Redakteur nach Moskau berufen wurde, schloss sich Isabella Strasser an. Die Kinder verblieben bei ihrer Mutter in Jena. Der Abschied blieb ein familiäres Trauma, so die Historikerin Gabriella Hauch. Für die sozialwissenschaftliche Abteilung der Roten Gewerkschaftsinternationalen verfasste sie die Schriften "Arbeiterin und Gewerkschaft" (1924) und "Frauenarbeit und Rationalisierung" (1927). Das Leben in dem kleinen Zimmer im Hotel Lux und die Arbeit verbindet sie mit positiven Erinnerungen, wie sie im zum teils autobiografischen Roman "Land ohne Schlaf" (1970) festhält. Die Zeiten der "naiven Parteigläubigkeit" seien aber vorbei und die "Keime" des stalinistischen Terrors sichtbar gewesen.[2] Ende Dezember 1927 konnten die erleichterten Strassers Russland aufgrund einer "Anforderung" der KPÖ verlassen.[3] 1929 wurde Isabella Strasser aus der Partei ausgeschlossen, nachdem sie bereits im Juni 1928 wegen "rechter Abweichungen" von der "Roten Fahne" entlassen worden war.[4] Die aus dieser Zeit stammende Korrespondenz mit Leo Trotzki zeugt laut Gabriella Hauch von ihrer eigenständigen Denkweise. Strasser war Teil der klandestinen "Innerparteilichen Gruppe", der auch Raissa Adler angehörte. 1930 zog sie sich auch aus der oppositionellen kommunistischen Szene zurück.

In der prekären Situation führte Strasser zwei Jahre lang in einem von Therese Schlesinger zur Verfügung gestellten Raum ein Übersetzungs- Schreib- und Vervielfältigungsbüro. Mit anderen ehemaligen Kommunist*innen versuchte sie erfolglos ein Reklamebüro aufzubauen. Sie schrieb für verschiedene Zeitungen und den erst 1949 veröffentlichen historischen Roman "Tzu Hsi, Chinas letzte Kaiserin". Weitere Romane blieben unveröffentlicht. Ab 1933 engagierte sie sich in der Sozialdemokratie und während des Parteiverbots im "Ständestaat" bei den Revolutionären Sozialisten. 1935 starb Josef Strasser. Als Sohn Peter und Jenny Strasser nach dem "Anschluss" 1938 flohen, blieb Isabella Strasser bei Tochter Lieselotte, die in Wien Medizin studierte. Zwischen 1938 und 1939 bildete sie sich zur Krankenschwester für Physikalische Heilmethoden aus und arbeitete ab 1941 bei der Wiener und der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse. Muriel Gardiner berichtet von ihrem Einsatz als Fluchthelferin. Strasser selbst dokumentierte Erfahrungen von Opfern des NS-Regimes in ihrer journalistischen Tätigkeit nach 1945, wie zum Beispiel der Psychoanalytikerin Margarete Hilferding. Strasser überlebte ihre beiden Kinder. Lieselotte nahm sich 1949 das Leben, Peter verstarb 1962 an Leukämie. Nach ihrer Pensionierung 1955 gründete sie den überparteilichen Pensionistenklub "Weiße Margariten". Am 23. August 1970 starb sie kurz vor der Veröffentlichung von "Land ohne Schlaf" unerwartet nach einer Operation an einem Lungeninfarkt.

Werke (Auswahl)

  • Isa Strasser: Land ohne Schlaf. Mit einem Nachwort von Joseph Buttinger. Wien, Frankfurt, Zürich: Europa Verlag, 1970
  • Isa Strasser: Tzu Hsi, Chinas letzte Kaiserin. Roman. Linzer Tagblatt, 1949
  • Isa Strasser: So war es. In: Arbeiter-Zeitung, Beilage, 10.7.1948
  • Isa Strasser: Dr. Margret Hilferding. In: Die Frau, 3. Jg., Nr. 1, 4.1.1947
  • Isa Strasser: Die Ära Brunner II. In: Arbeiter-Zeitung, 11.5.1946
  • Isa Strasser: Ein Königreich für ein bisschen Liebe. Marquise von Pompadour. Unveröffentlichter Roman
  • Isa Strasser: Die Liebe der Marianne von Alcoforado. Unveröffentlichte Novelle
  • Isa Strasser: "Frauenarbeit und Rationalisierung", Moskau 1927
  • Isa Strasser: "Arbeiterin und Gewerkschaft", Moskau 1924

Quellen

Literatur

  • Gabriella Hauch, "Welcher Weg ist einzuschlagen…?" Spurensuche nach Isa Strasser, geb. von Schwartzkoppen (1891-1970). In: Dreidemy, Lucile (Hg.) u. a.: Bananen, Cola, Zeitgeschichte. Oliver Rathkolb und das lange 20. Jahrhundert. Band 1. Wien, Köln u. a.: Böhlau, 2015, S. 137 – 149.
  • BiografiA: Isabella Strasser
  • Herbert Exenberger – Archiv der Theodor Kramer Gesellschaft: Isa Strasser
  • Isa Strasser: Josef Strasser – ein Lebensbild. In: Josef Strasser: Der Arbeiter und die Nation. Anhang: Schriften zum Austromarxismus. Wien: Junius, 1982, S. 101 – 109.
  • Muriel Gardiner / Joseph Buttinger: Damit wir nicht vergessen. Unsere Jahre 1934 – 1947 in Wien, Paris und New York. Wien: Verlag der Wiener Volksbuchhandlung 1978
  • Isa Strasser: Brief an den Leser. In: Land ohne Schlaf. Mit einem Nachwort von Joseph Buttinger. Reihe: ‚Begegnung‘ in der Büchergilde Gutenberg Wien, Frankfurt, Zürich. Europa Verlag, Wien 1970, S. 8 – 10.
  • Isa Strasser gestorben. In: Arbeiter-Zeitung, 25.8.1970

Referenzen

  1. Isa Strasser: Brief an den Leser. In: Land ohne Schlaf. Mit einem Nachwort von Joseph Buttinger. Reihe: ‚Begegnung‘ in der Büchergilde Gutenberg Wien, Frankfurt, Zürich. Europa Verlag, Wien 1970, S. 8
  2. Isa Strasser: Brief an den Leser. In: Land ohne Schlaf. Mit einem Nachwort von Joseph Buttinger. Reihe: ‚Begegnung‘ in der Büchergilde Gutenberg Wien, Frankfurt, Zürich. Europa Verlag, Wien 1970, S. 9
  3. Isa Strasser: Josef Strasser – ein Lebensbild. In: Josef Strasser: Der Arbeiter und die Nation. Anhang: Schriften zum Austromarxismus. Wien: Junius, 1982, S. 106
  4. Isa Strasser: Brief an den Leser. In: Land ohne Schlaf. Mit einem Nachwort von Joseph Buttinger. Reihe: ‚Begegnung‘ in der Büchergilde Gutenberg Wien, Frankfurt, Zürich. Europa Verlag, Wien 1970, S. 10