Inzersdorf (Ort)

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Inzersdorf (1960)
Daten zum Objekt
Art des Objekts Ort
Datum von 1120
Datum bis 1938
Name seit 1880
Andere Bezeichnung
Frühere Bezeichnung Imicinesdorf, Imzeinsdorf, Inzestorff, Iczersdorf, Inzersdorf am Wiener Berg, Inzersdorf am Wienerberge, Inzersdorf bei Wien
Benannt nach Imizi
Bezirk 23
Prominente Bewohner Alois Miesbach, Heinrich Drasche
Besondere Bauwerke Inzersdorfer Kirche
PageID 14278
GND
WikidataID
Objektbezug
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Letzte Änderung am 8.01.2024 durch WIEN1.lanm08uns
Bildname Inzersdorf.jpg
Bildunterschrift Inzersdorf (1960)

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48° 8' 57.20" N, 16° 21' 12.45" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Inzersdorf (10., 23.), ehemalige selbständige Ortsgemeinde, heute Katastralgemeinde in Liesing; 1890 wurde zwar nicht das eigentliche Dorf Inzersdorf, wohl aber fast das gesamte nördliche desselben gelegene Gemeindegebiet nach Wien eingemeindet (der ursprüngliche Gemeindename "Inzersdorf am Wiener Berg" [1869; 1880 Inzersdorf, 1890 Inzersdorf am Wienerberge] wurde 1893 in "Inzersdorf bei Wien" abgeändert); der eingemeindete Teil erhielt die Bezeichnung "Katastralgemeinde Inzersdorf-Stadt" (10. Bezirk Favoriten); gleichzeitig kamen 17 % der Fläche mit rund 1 % der Bevölkerung von Altmannsdorf zu Inzersdorf. Am 15. Oktober 1938 wurde das selbständig gebliebene Ortsgebiet dem neugeschaffenen 25. Bezirk Liesing eingegliedert (seit 1946/1954 23. Bezirk).

Ursprünglich eine durch Häuserzeilen entlang des Liesingbachs erweiterte Breitangeranlage mit alten Haken-, Dreiseit- und Zwerchhöfen; das Inzersdorfer Schloss stammt aus dem 17. Jahrhundert. Der Ort dürfte spätestens im 12. Jahrhundert entstanden sein (Erstnennung um 1120/1130 als Imicinesdorf); weitere Bezeichnungen sind Imzeinsdorf (1271), Inzestorff (1362), Iczersdorf (1376), alle nach dem Personennamen Imizi (vermutlich Dorfgründer). Bereits 1200 bestätigt Leopold VI. Schenkungen an das Schottenstift, darunter die Kirche und Mühle in Inzersdorf ("Enceinsdorf"). Im 13. Jahrhundert begegnet man einem nach Inzersdorf benannten Geschlecht (als ältester "derer von Inzersdorf" wird 1221 Rudger genannt, der Spitalmeister des Wiener Bürgerspitals war; Inzersdorfer Kirche). Gegen Ende des 15. Jahrhunderts ist Wenzel von Wyndten Besitzer des Guts Inzersdorf, 1508-1542 besaß die Herrschaft Matseber zu Sonnberg; in diese Zeit fällt nicht nur die erste Türkenbelagerung Wiens, sondern auch eine erfolgreiche abgewehrte Invasion der Osmanen in die Gebiete südlich Wiens (1532).

Im 16. Jahrhundert finden wir unter den Besitzern von Inzersdorf Adam Geyer von Osterburg (bis 1563) und seinen Bruder Christof (1563-1586). Die Brüder Geyer öffneten Inzersdorf der protestantischen Lehre und verjagten den katholischen Pfarrer. Bis 1653 blieb Inzersdorf Besitz von Mitgliedern der Familie Geyer. 1706 kaufte Egyd Anton von Königsacker das Gut, wenig später Maria Antonia Gräfin Auersperg, danach Ferdinand Bonaventura Anton Graf Harrach. Nach dessen Tod 1777 ging der Besitz an dessen Tochter Maria Rosalia Fürstin Kinsky, die die Herrschaft 1802 an Jacob Josef von Simonis verkaufte. 1811 wurde eine Baumwoll-, 1832 eine Fez- (Theodor Gülcher) und 1869 eine Ziegelfabrik gegründet. 1826 kam Inzersdorf an den Industriellen Alois Miesbach, nach seinem Tod 1857 an seinen Neffen Heinrich Drasche von Wartinberg († 1880).

Das Gebiet von Inzersdorf ist am Wienerberg reich an Tegellagern, die seit alters abgebaut wurden, wobei man Überreste aus der Römerzeit entdeckte. Die Ziegelindustrie nahm unter Heinrich Drasche einen besonderen Aufschwung. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde für das Einzugsgebiet des Liesingbachs westlich der Pottendorfer Linie der Bundesbahn die mechanisch-biologische Kläranlage Inzersdorf-Blumental errichtet, 1972 wurde in Inzersdorf der Großgrünmarkt eröffnet.

Häuser

  • 1590: 117
  • 1637: 92
  • 1713: 70
  • 1731: 92
  • 1751: 92
  • 1771: 116
  • 1787: 126
  • 1794: 137
  • 1822: 152
  • 1830: 153
  • 1851: 220
  • 1869: 231
  • 1880: 287 (bis 1889: Grenze entlang der Inzersdorfer Straße, Grenzackerstraße, Absberggasse)
  • 1890: 229 (neue Grenze gegen Favoriten)
  • 1900: 263
  • 1910: 308
  • 1923: 353
  • 1934: 566
  • 1951: 874

Einwohner

  • 1643: 800
  • 1769: 733
  • 1783: 1.115
  • 1794: 1.059
  • 1830: 1.541
  • 1837: 2.633
  • 1843: 3.050
  • 1846: 3.683
  • 1851: 3.785
  • 1857: 5.120
  • 1869: 7.504
  • 1880: 8.317 (bis 1889: Grenze entlang der Inzersdorfer Straße, Grenzackerstraße, Absberggasse)
  • 1890: 4.091 (neue Grenze gegenüber Favoriten)
  • 1900: 5.169
  • 1910: 6.471
  • 1923: 5.578
  • 1934: 6.146
  • 1939: 6.465
  • 1951: 6.026

Bürgermeister

  • Josef Partl (1850-1864; * 1813, † 1880)
  • Franz Breitenecker (?)
  • Emil Schulz (1910-1914; Schulzgasse)
  • Karl Krestan (1924-1934; Ortsvorsteher 1946-1954; Karl-Krestan-Gasse).

Ortsteile

Calvi erwähnt 1901:

  • Inzersdorf bei Wien, auch Alt-Inzersdorf (Schule 1446; Feuerwehr 1873) [damaliger Ortskern heute: Draschestraße, am anderen Ufer der Liesing Hochwassergasse und Oberlaaer Straße]
  • Rudolfshügel ging mit einem großen Teil Inzersdorfs 1892 als Inzersdorf-Stadt an Wien-Favoriten (Feuerwehr 1880; Schule 1885)
  • Inzersdorf an der Triesterstraße (mit Neusteinhof); davor [1829, 1872] Neustift (ehemalige Neustiftgasse, Pfarre Inzersdorf-Neustift), Straßenhäuser oder Auf der Straße; der 1820 vorgebrachte Wunsch es als Neu-Inzersdorf auszugliedern wurde abgewiesen (entstanden 1773, Feuerwehr 1886; Schule 1888) [damaliger Bereich heute: Triesterstraße von der Anton-Baumgartner-Straße bis zur Altmannsdorfer Straße]
  • Der kleine 1892 dazugekommene Teil von Altmannsdorf wird noch 1900 aber schon nicht mehr 1910 extra ausgewiesen

Archäologie

Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts wurden im Großraum Inzersdorf, vor allem im Bereich der Ziegelwerke und daher schwer lokalisierbar, immer wieder römische Funde gemacht. Die wichtigsten sind wohl Meilensteine, die die vierte Meile (cirka 6 Kilometer) von Vindobona angeben, und Grabsteine mit Namen von Sklaven. Als Alfred Neumann 1951 in der ehemaligen Kläranlage Blumental römische Gebäude freilegte, hielt er diese für den Teil einer Veteranensiedlung der zehnten Legion. Da aber an dieser Stelle die vom hinteren Lagertor ausgehende, über den Michaelerplatz und das Terrain der heutigen Hofburg sowie über die Gumpendorfer Straße nach Scarbantia (Ödenburg) führende Römerstraße die Liesing überquert hat, dürfte sich dort eine bedeutendere Siedlung und unter Umständen die Grenze des Territoriums von Vindobona befunden haben (wohl deshalb die Meilensteine). Beim Bau der Philips-Computer- und Videofabrik sollen bedeutende Reste zerstört worden sein; ins Historische Museum gelangten keltische Münzen, die auf eine keltische Vorgängersiedlung hinweisen.

Quellen

Literatur

  • Elisabeth Schuster: Die Etymologie der niederösterreichischen Ortsnamen. Band 2: Ortsnamen F bis M. Wien: Verein für Landeskunde von Niederösterreich 1990 (Historisches Ortsnamenbuch von Niederösterreich, Reihe B), S. 324 f.
  • Ferdinand Opll: Erstnennung von Siedlungsnamen im Wiener Raum. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1981 (Kommentare zum Historischen Atlas von Wien, 2), S. 35
  • Heinrich Weigl: Historisches Ortsnamenbuch von Niederösterreich. Wien: Verein für Landeskunde von Niederösterreich und Wien 1964-1975, S. 179
  • Gebiets- und Namensänderungen der Stadtgemeinden Österreichs seit der Mitte des 19. Jahrhunderts. Hg. von Wilhelm Rausch. Bearb. durch Hermann Rafetseder. Linz: Landesverlag 1989 (Forschungen zur Geschichte der Städte und Märkte Österreichs, 2), S. 320
  • Adalbert Klaar: Die Siedlungsformen Wiens. Wien: Zsolnay 1971, S. 127
  • Robert Messner: Die Wieden im Vormärz. Historisch-topographische Darstellung der südwestlichen Vorstädte und Vororte Wiens auf Grund der Katastralvermessung. Wien: Verein für Geschichte der Stadt Wien 1982 (Topographie von Alt-Wien, 7), S. 69 ff.
  • Werner Schubert: Favoriten. Wien: Mohl 1980
  • Klemens Dorn: Favoriten. Ein Heimatbuch des 10. Wiener Gemeindebezirkes. Wien: Deutscher Verlag für Jugend und Volk 1928, Register
  • Ferdinand Opll: Liesing. Geschichte des 23. Wiener Gemeindebezirkes und seiner alten Orte. Wien: Jugend & Volk 1982 (Wiener Heimatkunde, 23), S. 31 ff., S. 92 ff.
  • Primo Calvi: Darstellung des politischen Bezirkes Hietzing Umgebung. Durch umfassende Beschreibung aller Dörfer, Ortschaften, Kirchen, Schulen, Schlösser, Anstalten und bemerkenswerten Objecte. Wien: Selbstverlag 1901, S. 105 ff.
  • Josef Jahne: Heimatkunde des politischen Bezirkes Hietzing Umgebung. 1911
  • Artur Grimm: Heimatbuch der Gemeinde Inzersdorf bei Wien. 1940
  • Hanns Jäger-Sunstenau: Das Wappen der ehemaligen Gemeinde Inzersdorf bei Wien. In: Zeitschrift Adler, 4. (18.) Band. 1956/1958, S. 94
  • Topographie von Niederösterreich. 8 Bände. Wien: Verlag des Vereines für Landeskunde von Niederösterreich 1877-1929. Band 4, S. 463 ff.
  • Grete Merk: Zwei Pioniere der österreichischen Industrie. Alois Miesbach und Heinrich Dräsche. In: Wiener Forschungen zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte lnzersdorf. 1966
  • Alfred Neumann: Die römische Siedlung in Wien-Inzersdorf am Wienerberg. In: Wissenschaftliche Arbeiten aus dem Burgenland, Heft 35 (Festschrift A. Barb 1966), S. 115 ff.
  • Ferdinand Opll: Liesing. Geschichte des 23. Wiener Gemeindebezirkes und seiner alten Orte. Wien: Jugend & Volk 1982 (Wiener Heimatkunde, 23), S. 198 (Häuser und Bewohner)

Bevölkerungsgeschichte