Ilse M. Aschner

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Daten zur Person

Ilse M. Aschner, * 26. September 1918 Wien, † 10. Oktober 2012 Wien, Kindergärtnerin, Journalistin, Zeitzeugin.

Biografie

Ilse M. Aschner war die Tochter von Gustav Römer, einem Ingenieur und Beamten der Gebietskrankenkasse, und Paula Römer, geborene Reif, die beide engagierte Sozialdemokraten und im Widerstand gegen den austrofaschistischen "Ständestaat" unter Engelbert Dollfuß aktiv waren. Der Vater war nach dem Ersten Weltkrieg vom Judentum zum evangelischen Glauben konvertiert und ließ Aschner und ihren Bruder Wolfgang Römer evangelisch taufen. Bis zum sogenannten Anschluss wusste das Geschwisterpaar nichts davon, dass sie nach den "Nürnberger Rassengesetzen" als "Volljuden" galten. Sie besuchte die Volksschule und das Gymnasium in Wien, das sie 1937 mit der Matura absolvierte. Zudem gehörte sie dem Bund sozialistischer Mittelschüler an.

1937 nahm sie an der Universität Wien ein Germanistik- und Kinderspsychologie-Studium bei Karl und Charlotte Bühler auf. Ihr Studium musste sie nach dem "Anschluss" abbrechen, da sie die Universität nicht mehr betreten durfte. Ihr Vater verlor seine Anstellung bei der Krankenkasse, ihr Bruder seine als Lehrer.

Aschner konnte nach einem langen Genehmigungsverfahren am 13. März 1939 mit Hilfe der Quäker legal nach Großbritannien emigrieren, wo sie in einem englischen Pfarrhaus eine Beschäftigung gefunden hatte. Sie lernte innerhalb kürzester Zeit Englisch. 1942 kam ihr Bruder nach, wurde allerdings nach Kriegsausbruch in Kanada interniert und fand nach seiner Freilassung eine Anstellung in Manchester. Aschner folgte ihm und zog zu ihm und seiner Familie. In Manchester legte sie die staatliche KindergärtnerInnenprüfung ab, die sie mit einem Diplom abschloss und war anschließend in der Säuglingspflege und als Kindergärtnerin tätig. Zudem arbeitete sie in der österreichischen Emigrantenjugendorganisation "Young Austria" mit, die Aschner als die "Tarn-Organisation des österreichischen Kommunistischen Jugendverbandes" bezeichnete.

In der Organisation lernte sie 1942 einen Freund ihres Bruders und ihren späteren Ehemann Peter Aschner kennen, einen Journalisten, Lektor und Übersetzer, der zu dem Zeitpunkt allerdings verheiratet und Familienvater war, weswegen eine Beziehung der beiden innerhalb der Partei nicht gern gesehen wurde.

1946 kehrte sie nach Österreich zurück, wo sie erfahren musste, dass ihre gesamte Familie in der Shoah ermordet worden war. Zunächst hatte sie die Hoffnung, ihr Studium abschließen zu können. Auf Vorgabe der KPÖ ging sie allerdings nach Salzburg, um eine FÖJ-Gruppe (Jugendorganisation der KPÖ) aufzubauen, und wo sie bis zur Geburt ihrer Tochter Susanna bei der amerikanischen Besatzungsmacht als Dolmetscherin arbeitete.

1950 wurde sie von der KPÖ nach Linz versetzt, wo das Paar 1953, nach der nun erfolgten Scheidung Peter Aschners, heiraten konnte. 1956 wurde ihr Sohn Georg geboren. 1958 übersiedelte die Familie nach Prag, wo Aschner als Redakteurin beim tschechoslowakischen Rundfunk arbeitete.

1962 kam sie nach Wien zurück und begann eine journalistische Karriere als Autorin für die kommunistische Frauenzeitschrift "Stimme der Frau". 1969 trat sie wie viele andere Intellektuelle aus Protest gegen die Niederschlagung des Prager Frühlings 1968 aus der KPÖ aus (ihr offizieller Austritt erfolgte 1970). Stattdessen nahm sie eine Tätigkeit bei der von Günther Nenning gegründeten Zeitschrift "NEUES FORVM" auf und wirkte als Sekretärin bei der Grazer Autorinnenversammlung, wo sie mit Ernst Jandl und Josef Haslinger zusammenarbeitete. In einem Kapitel von Haslingers Buch "Politik der Gefühle" behandelt er ihr Leben.

In den 1980er-Jahren fing sie an, als Zeitzeugin an Wiener Schulen Vorträge zu halten. 1986 trat sie im Zuge der Waldheim-Affäre dem Republikanischen Club "Neues Österreich" bei, wo sie langjähriges Vorstandsmitglied war. In den 1990er-Jahren wirkte sie im Ersten Wiener Lesetheater und zweiten Wiener Stegreiftheater (gemeinsam mit Rolf Schwendter und Eva Fillipp) mit, wodurch sie zur Germanistik und Literatur zurückfand. Anfang 2006 legte sie ihre Funktionen zurück und trat nur noch gelegentlich als Mitlesende auf.

2012 starb sie im Alter von 94 Jahren.

Literatur

  • Ilse Maria Aschner. In: Sonja Frank (Hg.): Young Austria. Österreicherinnen im britischen Exil 1938–1947. Theodor Kramer Gesellschaft: Wien 2014, S. 54–60


Ilse M. Aschner im Katalog der Wienbibliothek im Rathaus.


Weblinks